Gründung eines muslimischen Friedhofes in Hilden
Begründung:
Aufgrund der aktuellen Situation und den
starken Einschränkungen, mit denen wir überraschend umgehen müssen, ergeben
sich viele Fragen und Unsicherheiten bei vielen Bürgerinnen und Bürgern. Auch
die islamische Gemeinde stellt diese besondere Situation vor neue Herausforderungen.
Es gilt nicht nur neue Fragestellungen zu klären, sondern auch bereits da gewesene
Begehren erfordern nun dringenden Handlungsbedarf, sowie schnelle und unkomplizierte
Umsetzung. Speziell die Frage was mit den sterblichen Überresten muslimischer
Bürgerinnen und Bürger im Todesfall passiert, schürt besonders bei älteren
muslimischen HiIdenerinnen und Hildenern Ängste. Aus diesem Grund möchte ich
unser Gespräch am Tag der offenen Moschee im letzten Jahr aufgreifen und die
Eröffnung eines muslimischen Friedhofs für islamkonforme Bestattungen
beantragen.
Wir sehen uns in der Verantwortung gemeinsam
mit lhnen Grabstätten für die Totenruhe unserer muslimischen Mitbürgerinnen und
Mitbürger bereitzustellen. Unsere Vereinsmitglieder haben bereits signalisiert ein Grundstück wie z.B. den nicht
genutzten Teil des Nordfriedhofs käuflich zu erwerben, sofern eine
unentgeltliche Bereitstellung durch die Stadtverwaltung nicht möglich ist. Die
Einzelheiten wie zum Beispiel:
- Ruhezeiten
für muslimische Grabstätten,
- Einhüllung
eines Leichnams in Leichentüchern,
- Erdbestattung
mit Ausrichtung des Grabfeldes wie auch des Gesichtes des bzw. der darin
Bestatteten nach Mekka,
- Friedhofssatzung,
etc.
möchten wir gerne in einem persönlichen
Gespräch mit ihnen erläutern. Selbstverständlich kann dieses auch als Telefon- oder Videokonferenz erfolgen.
Aufgrund der aktuellen Coronakrise und der damit verbundenen Ausreisebeschränkungen (auch für Überführungen sterblicher Überresten), bitte ich meinen Antrag mit besonderer Dringlichkeit zu behandeln. Bitte helfen Sie uns den in Hilden beheimateten Musliminnen und Muslime Gewissheit und Sicherheit zu schenken und ihre starke Verbundenheit zur Stadt Hilden auch über den Tod hinaus zu besiegeln.
Antragstext:
Es wird die Eröffnung eines muslimischen Friedhofs für islamkonforme Bestattungen beantragt.
Stand: 27.04.2022
Zusätzliche Stellungahme
der Verwaltung:
(nach Umsetzung des
Auftrags des Hauptausschusses vom 20.05.2020)
Im Hauptausschuss am 20.05.20 wurde der Bürgerantrag ohne Abstimmung beraten. Es herrschte Einigkeit darüber, nicht über den Antrag abzustimmen, sondern diesen zum Anlass zu nehmen, die Verwaltung zu beauftragen, ein Konzept zu erstellen. Die Ergebnisse sind den politischen Gremien zur Beratung und Entscheidung vorzulegen. Diesem Auftrag soll mit diesen zusätzlichen Erläuterungen nachgekommen werden. In ihnen werden der Ablauf der Gespräche und deren derzeitigen Stand geschildert.
In Folge gab es mehrere Gesprächsrunden und eine Ortsbegehung mit Vertretern der drei muslimischen Vereine.
Basis für die Gespräche mit den muslimischen Vereinen war das zuvor im Ältestenrat am 03.09.2020 vorgestellte Grundkonzept. In der Präsentation wurden u.a. die Voraussetzungen zur Errichtung eines muslimischen Friedhofes benannt:
Auch die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Lösungen wurden dargestellt.
In einer gemeinsamen Ortsbegehung auf dem Südfriedhof am 04.03.2021 wurden mögliche Potentialflächen bewertet, die nach folgenden Kriterien ausgewählt wurden:
Die muslimischen Vereine verständigten sich auf ein im Nordwesten des Südfriedhofes an den Straßen Zur Bredharter Heide/Krabbenburg angrenzend liegendes Grundstück, das außerhalb der bisher vom Südfriedhof genutzten Flächen liegt (Teil der Potentialflächen 3 und 4). Diese Fläche wurde anschließend hinsichtlich der zu beachtenden Rahmenbedingungen - wie z.B. die Notwendigkeit der Errichtung eines Regenwasserrückhalte- und -versickerungsbeckens oder Abstandsfestsetzungen im Bebauungsplan - konkretisiert und besitzt eine Größe von rund 9.550 m².
Um den muslimischen Vereinen die Erstellung einer konkreteren Friedhofsplanung zu ermöglichen, die ebenfalls als Basis einer von den Vereinen vorzunehmenden Kostenschätzung/-berechnung für die Errichtung des muslimischen Friedhofes in Trägerschaft der drei Moscheevereine dienen sollte, wurden den Vereinen Pläne dieser Fläche digital zur Verfügung gestellt.
Auf Wunsch der Vertreter der drei Moscheevereine wurde zudem ein erster Entwurf für einen Erbbaupachtvertrag entwickelt und zur Verfügung gestellt. Ebenfalls wurde eine erste Berechnung der Erbbaupacht vorgenommen. Zur Errechnung des Pachtbetrages, der nach Wahl der Moscheevereine als Einmalzahlung oder als jährlicher Betrag fällig werden sollte, wurden durch das Planungs- und Vermessungsamt die Grundstückswerte wie folgt ermittelt:
Die Flurstücke sind derzeit wie folgt veranlagt:
Bei den Flurstücken 64/1441, 64/922 und 64/586 handelt es sich um Friedhofsflächen, die mit 92,5 €/m² unter der Anlagenummer ANL7488 erfasst sind.
Die Flurstücke 64/1709, 64/1710 und 64/1712 sind (durch ihren ursprünglichen Kaufpreis bedingt) mit 62,58 €/m² unter der Anlagenummer ANL5036 erfasst.
Berechnung
der Höhe der Veranlagung
Flurstück |
m² (anteilig) |
m² |
€/m² |
€ |
1411 |
973 |
6711 |
92,50 |
620.768 |
586 |
2720 |
|||
922 |
3018 |
|||
1710 |
698 |
2839 |
62,58 |
177.665 |
1709 |
1335 |
|||
1712 |
806 |
|||
|
|
|
|
Σ= 798.433 € |
Der Vertragsentwurf und die Erbbaupachtberechnung sollte den Moscheevereinen die interne Diskussion dieses Rechtsmodells ermöglichen, da seit Beginn der Gespräche die Vereinsvertreter hierzu eine kritische Position eingenommen hatten. Aus Sicht der Verwaltung stellt die Bildung des Eigentums in Form eines immobiliengleichen Rechts hinsichtlich der Ewigkeitsgarantie eines muslimischen Friedhofs, die auch die Stadt dauerhaft ermöglichen muss, gegenüber einer Rückkaufoption die flexibelste und sicherste Variante dar. Bewusst wurde als Alternative eine zu Beginn des Vertrages liegende Einmalzahlung vorgeschlagen, um so den Bedenken gegen eine wiederkehrende Zinszahlung entgegen zu kommen
Mit Mail vom 13.12.2021 meldete sich der Sprecher der drei Moscheevereine. Er teilte mit, dass
- ein Erbbaupachtvertrag grundsätzlich nicht akzeptiert wird,
- die marokkanischen Moscheevereine weiterhin einen muslimischen Friedhof errichten wollen
o jedoch das Grundstück gekauft werden müsste und
o ein Grundstückspreis auf Basis der bei „Boris-NRW“ hinterlegten Bodenpreise gezahlt werden sollte
- der türkische Moscheeverein weder einen Erbbaurechtsvertrag abschließen noch einen Kauf des Grundstücks vornehmen möchte, sondern
-
der türkische Moscheeverein fordert,
o
dass den muslimischen Bürgern der Stadt Hilden ein
gesondertes Grabfeld zur Verfügung gestellt wird, welches den islamischen
Anforderungen entspricht
o
die muslimischen Gemeinden nicht zur Erbringung
einer Kaufleistung gezwungen werden.
Zu den weiteren Voraussetzungen eines muslimischen Friedhofes, die zu klären wären, enthält die Mail keine Ausführungen.
In einer weiteren Sitzung des Ältestenrates am 03.02.2022 wurde der bisherige Stand zwischen Moscheevereinen und der Stadtverwaltung der Gespräche erörtert:
1. Aus Sicht der Verwaltung ist die „Geschäftsgrundlage“ des Bürgerantrages vom 08.04.20 entfallen, da einer der drei Antragsteller nicht mehr die Errichtung eines muslimischen Friedhofes in Trägerschaft der drei Moscheevereine weiterverfolgt.
2. Bei Umsetzung der geäußerten Wünsche würden auf Hildener Stadtgebiet zwei muslimische Bestattungsmöglichkeiten in Konkurrenz zueinanderstehen. Dies wurde im Ältestenrat einhellig abgelehnt.
3.
Die Mehrheit im Ältestenrat hielt die
Einrichtung eines muslimischen Friedhofes in Trägerschaft und Verantwortung
eines Vereins oder einer anderen rechtsfähigen Person für das richtige Angebot,
muslimische Bestattungen in Hilden zu ermöglichen.
4.
Um dies zu ermöglichen, soll die Stadt Hilden
jedoch nicht das Grundstück an den Träger veräußern, sondern es zur Sicherstellung
des ewigen Erhalts des Friedhofes durch Schaffung eines Erbbaurechts dauerhaft
dem Träger übertragen.
5. „Boris-NRW“ ist das zentrale Informationssystem der Gutachterausschüsse und des Oberen Gutachterausschusses für Grundstückswerte über den Immobilienmarkt in Nordrhein-Westfalen. Für das in Frage kommende Grundstück wird als Bodenrichtwert angegeben:
Der
Bodenrichtwert für forstwirtschaftliche Flächen gilt für den gesamten Kreis
Mettmann (mit Ausnahme der Städte Ratingen und Velbert). Es handelt sich um
Durchschnittswerte für Waldflächen (Laub-, Nadelwald oder Mischwald). Der
Aufwuchs ist in dem Bodenrichtwert enthalten. Es können Abweichungen
insbesondere für besonders hochwertigen oder minderwertigen Baumbestand, wegen
Topographie (z.B. Hanglage), Grundstücksgröße oder ungünstigem Zuschnitt
notwendig sein.
Die
Bodenrichtwert beträgt:
· 1,50 €/m² für Waldflächen
inklusive Aufwuchs
Statt des wie oben durch das Planungs- und Vermessungsamtes auf Basis des Anlagennachweises ermittelten Grundstückswertes in Höhe von 798.433 € ergäbe sich bei einer Gesamtfläche von 9.550 m² ein Kaufangebot von 14.325 €.
Im Ältestenrat wurde die Verwaltung einstimmig gebeten, den Anlagenbuchwert in Höhe von 798.433 € weiterhin als Basis einer möglichen Grundstücksübertragung zu betrachten.
6. Um die auch dadurch entstehenden hohen Anfangskosten für Erwerb und Erschließung über einen längeren Zeitraum zu strecken, regten Vertreter des Rates eine Aufteilung der Gesamtfläche in sinnvolle Abschnitte an, die dann sukzessive und bedarfsorientiert an den Trägerverein übertragen werden könnten.
Sollte ein niedriger Grundstückswert, als er in der Anlagenbuchhaltung hinterlegt ist, bei einer Eigentumsübertragung vereinbart werden, müsste der Differenzbetrag als Sonderabschreibung gebucht werden. Diese Buchung belastet den städtischen Haushalt.
Ebenfalls müssten die früheren Grundstückskaufverträge, mit denen damals die Stadt Hilden die Grundstücke erworben hatte, nochmals eingehend geprüft werden. In den Verträgen sind Klauseln enthalten, die unter gewissen Umständen eine Rückübertragungsrecht an die ehemaligen Eigentümer auslösen könnte.
Übergangslösung
In ihrem Bürgerantrag weisen die Antragsteller auf die Dringlichkeit ihres Anliegens hin. Sollte dem Bürgerantrag entsprochen werden, wird es noch geraume Zeit benötigen, bis dass die ersten Beerdigungen tatsächlich ausgeführt werden können. Auch bei alternativen Planungen wird ebenfalls einige Zeit vergehen. Deshalb wurde in der Ältestenratssitzung auch angeregt, mit der Stadt Solingen das Gespräch hinsichtlich eines kurzfristigen Angebotes für muslimische Bestattungen zu suchen. Solingen verfügt sowohl auf dem Waldfriedhof, Hermann-Löhns-Weg 42 (Ohligs) als auch auf dem Parkfriedhof Wuppertaler Straße 173 (Gräfrath) über muslimische Grabfelder. Auf dem Parkfriedhof befinden sich Räume für Waschungen.
Laut Auskunft der Stadt Solingen sind Beisetzungen Hildener Muslime in dem derzeit erwarteten Umfang möglich und für eine Übergangszeit willkommen.
Der Waldfriedhof liegt jenseits des Ohligser Stadtwaldes in Nähe der Hildener Stadtgrenze. Von einer angenommenen Stadtmitte Hildens (Kreuzung Hochdahler Straße/Berliner Straße) beträgt die Fahrstrecke zum Südfriedhof (Krabbenburg 6) 2,27 km bei 4 Minuten Fahrtdauer, der Waldfriedhof Solingen ist 5,49 km entfernt bei einer Fahrtdauer von 9 Minuten. Luftlinie liegen der Hildener Südfriedhof ca. 1.850 Meter von dem Solinger Waldfriedhof entfernt. entfernt. Die Entfernung zum Parkfriedhof beträgt 12,2 km mit einer Fahrtzeit von knapp 20 Minuten.
Hildener Südfriedhof und Solinger Park- und Waldfriedhof sind mit einem
roten Kreis gekennzeichnet
In § 2 Abs. 3 Solinger Friedhofssatzung wird die Bestattung
von „Nicht-Solingern“ zugelassen. In den §§ 9, 10 und 14 finden sich
Regelungen, die sich auf islamische Bestattungen/Grabstätten beziehen. Letztes Jahr wurden rund 50 muslimische Bestattungen in
Solingen durchgeführt. Die vergleichsweise hohe Zahl ergab sich aufgrund der
Corona-Restriktionen. Wesentlich waren aber auch die hohe Zahl an Bestattungen
von Muslimen aus Wuppertal, da dort kaum noch muslimische Bestattungen möglich
sind und der Parkfriedhof an der Stadtgrenze zu Wuppertal liegt. Derzeit ist
auf dem Waldfriedhof eine Erweiterung des muslimischen Feldes angedacht.
4. Arbeitstreffen am
05.04.2022
Auf Einladung des Bürgermeisters, Herr Dr. Pommer, fand am 05.04.22 nochmals eine gemeinsame Gesprächsrunde statt. Neben den Vertretern aller drei muslimischen Moscheevereine waren auch der Integrationsbeauftragte der Stadt Hilden, Herr Wobisch, der Interkulturelle Berater, Herr Assila, sowie von der Stadt Solingen, Herr Brühne, Sachgebietsleiter Friedhöfe, anwesend. Die Vertreter der marokkanischen Moscheevereine erläuterten nochmals ihre Bedenken gegen die vorgeschlagene Eigentumsübertragung durch einen Erbbaurechtsvertrag vor. Die Verwaltung warb nochmals für diese Lösung in Verbindung mit einer zu Beginn des Vertrages zu erfolgenden Einmalzahlung.
Schriftliche
Stellungnahmen der islamischen Kulturvereine:
Wie von Herrn Bürgermeister Dr. Pommer erbeten, haben die Vertreter der marokkanischen Moscheevereine mit Schreiben vom 20.04.2022 sowie der DiTiB mit E-Mail vom 25.04.2022 ihren Standpunkt zu der städtischen Position schriftlich fixiert (siehe Anlagen). Zu den weiteren oben aufgeführten Erläuterungen ergeben sich aus Sicht der Verwaltung keine weiteren Erkenntnisse. Jedoch erfordern Sie in Teilen eine weitergehende Einordnung.
Wie oben erläutert, wurde mit der Stadt Solingen Kontakt aufgenommen, um eine kurzfristige und ortsnahe Lösung für muslimische Beisetzungen aufzeigen zu können. Eine Vermittlung von Grabstätten in Solingen war nicht beabsichtigt, vielmehr ging es um die Weitergabe von Informationen und Hinweisen. In der Gesprächsrunde am 05.04.22 wurde in Anwesenheit eines Vertreters der Stadt Solingen auch klar zum Ausdruck gebracht, dass bei Interesse unmittelbar und ausschließlich die Solinger Friedhofsverwaltung Ansprechpartner ist. In dem Gespräch wurde von einem Teilnehmer berichtet, dass wenige Tage zuvor ein Hildener islamischen Glaubens auf dem Waldfriedhof in Solingen beigesetzt worden war. Dass dies gegen jegliche islamischen Grundlagen verstoßen würde, wurde nicht erwähnt.
Es ist sehr bedauerlich, dass die Gespräche und die in den Gesprächen vorgelegten Vorschläge als sehr verletzend empfunden werden. Dies war weder gewollt noch beabsichtigt und wurde so auch nicht wahrgenommen oder im Verlauf der Gespräche von den Vertretern der Moscheegemeinden auch nicht so geäußert. Die Gesprächsatmosphäre war offen, sachlich und engagiert.
In eine Frage gekleidet wird in der Stellungnahme erstmalig indirekt die Erwartungshaltung beschrieben, dass die Grundstücke für einen muslimischen Friedhof ohne finanziellen Gegenwert zur Verfügung gestellt werden. Dazu wird auf eine andere kreisangehörige Stadt im Kreis Mettmann verwiesen, die zur Errichtung von zwei Moscheen die Grundstücke kostenfrei übereignet habe. In Medienberichten wurde dies im Jahre 2016 auch so vermittelt. Eine direkte, kostenfreie Grundstücksübereignung hat es jedoch nach Kenntnis der Verwaltung nicht gegeben. Aus öffentlich zugänglichen Sitzungsvorlagen sowie Vertragsentwürfen ist zu entnehmen, dass eine städtische Gesellschaft die Grundstücke zu einem Gesamtpreis von 730.000 € verkauft hat. In einem weiteren Schritt erhielten die Trägervereine der Moscheen von der Stadt selbst einen Zuschuss in entsprechender Höhe.
Auch die als Vorbild für die Stadt Hilden erwähnte kreisangehörige Stadt hatte sich damals mit der Vertragsgestaltung auseinandergesetzt. In der Sitzungsvorlage findet sich folgende Passage:
„Es verblieben damit der Abschluss eines Erbpachtvertrages oder die
Übertragung zu Eigentum. Bei der Erbpacht sind die Zahlung eines laufenden
Erbbauzinses ebenso wie die zeitliche Befristung unumgänglich. Für den Heimfall
lässt sich eine Entschädigung für die Aufbauten auch vertraglich nicht
vollständig ausschließen, so dass die Stadt bei Rückübertragung zu einem vorher
nicht bestimmbaren Zeitpunkt finanziell ein Verwendungsrisiko für das Gebäude
trägt, das anders als für den vereinbarten Zweck kaum nutzbar ist und für das
auch kaum ein anderer Interessent am Markt erkennbar ist. Vor diesem
Hintergrund bietet sich die Übertragung zu Eigentum mit entsprechenden
Sicherungen des Rückkaufanspruchs an. Die entsprechende vertragliche Umsetzung
ist dem beigefügten Vertragsentwurf zu entnehmen.“
Der dort geschilderte Heimfall stellt sich bei einem muslimischen Friedhof anders dar. Sollte es zu einem Heimfall kommen, ist die Stadt Hilden gesetzlich verpflichtet, den Friedhof weiter zu führen. Zudem kann der muslimische Friedhof grundsätzlich nur im Wege einer Beleihung durch die Stadt Hilden durch einen Trägerverein geführt werden. Solche rechtlichen Konstellationen fallen bei der Errichtung von Moscheen nicht an. Insbesondere dieser Aspekt war der Grund, warum die Stadtverwaltung gemäß bisheriger Absprache im Ältestenrat auf einer Grundstücksübereignung im Wege eines Erbbaurechts mit vorgezogener Zahlung der Erbbaupacht bestanden wurde.
Hinsichtlich des Wunsches der DiTiB, doch einem Angebot eines muslimischen Grabfeldes - wie von der Stadt Solingen aus Sicht der Stadtverwaltung leider nicht haftungsrechtlich konform praktiziert - näher zu treten, wird auf die eingangs dargestellte Abwägung mit ihren Vor- und Nachteilen verwiesen.
Der Weg zu einem muslimischen Friedhof ist nicht leicht. Viele noch zu regelnden Aufgabenstellungen wurden noch nicht begonnen, da im Wesentlichen nur die Grundstücksfragen besprochen wurden. Auch der derzeitige Stand des immer wieder als Vorbild angeführten muslimischen Friedhofes in Wuppertal zeigt, dass die Probleme sehr vielschichtig sind.
Aus Sicht der Stadtverwaltung sind nun entsprechend dem
Wunsch des Hauptausschusses vom 20.05.2020 alle vorbereitenden Gespräche, die
möglich waren, um eine möglichst einvernehmliche Lösung zu finden, geführt und
die jeweiligen Wünsche, Erwartungen und Positionen klargestellt sowie
diskutiert worden.
Nun ist der Zeitpunkt gekommen, dass der Rat eine Entscheidung zu dem § 24
GO-Antrag des Netzwerkes der muslimischen Kulturvereine und somit zu den
Wünschen, Erwartungen und Positionen trifft.
gez.
Dr. Claus Pommer
Bürgermeister
Stand: 21.04.2020
zur Beratung im Hauptausschuss am 20.05.2020
Stellungnahme der
Verwaltung:
Mit
dem in der Anlage beigefügten Schreiben vom 08.04.2020 beantragt das
Islamisch-Marokkanische Kulturzentrum Arrahman Moschee e.V. und das Netzwerk
Hildener Moscheevereine, dass in Hilden ein muslimischer Friedhof eingerichtet
wird.
Ein
muslimischer Friedhof kennzeichnet sich dadurch aus, dass er ewig Bestand haben
muss. Die einzelnen Grabstellen können nach einer angemessenen Liegezeit
durchaus erneut belegt werden, aber die Fläche als solches muss ewig Friedhof
bleiben und darf nicht einer anderen Nutzung werden. Nach deutschen Recht
könnten Friedhöfe „entwidmet“ werden.
Weiterhin
dürfen dort nur Muslime bestattet, denn der Islam verbietet eine Bestattung
unter sogenannten Ungläubigen. Außerdem entspricht es der muslimischen Bestattungskultur,
dass die Bestattung im Leichentuch ohne Sarg erfolgt und der Leichnam auf der
rechten Seite mit dem Gesicht in Richtung der Kaaba in Mekka liegt.
In Hilden war bisher die Nachfrage für
Bestattungen von Angehörigen muslimischen Glaubens äußerst gering. Die
Friedhofsverwaltung bietet bisher bei Anfragen normale Grabstätten an, die den
religiösen Vorstellungen entsprechend selbst ausgesucht werden können. Die
Ruhefrist beträgt gemäß Friedhofssatzung 20 Jahre mit der Möglichkeit zur
Verlängerung für Einzel- und Familiengräber. Bei Verstorbenen bis zur
Vollendung des 5. Lebensjahres beträgt die Ruhezeit 15 Jahre. In Hilden besteht
Sargzwang und keine Möglichkeit, Tuchbestattungen durchzuführen. Die
Verstorbenen können nach den vorgegebenen Ritualen in der Moschee gewaschen
werden, auf den Friedhöfen selbst bestehen dazu keine Möglichkeiten. Von dieser
Möglichkeit wurde gelegentlich Gebrauch gemacht.
Muslimische Bestattungen waren in den
vergangenen Jahren wiederholt ein Thema zu Beratungen in unterschiedlichen
Gremien.
Die nachfolgende auszugsweise Auflistung
erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
15.07.2004 AK Friedhof
„Generell wurde die Zulassung muslimischer
Beerdigungen begrüßt. Aufgrund der Diskussion im Arbeitskreis hinsichtlich Lage
eines nach Osten ausgerichteten Feldes, Dauerhaftigkeit von Grabflächen
einschl. Gebührenfindung, verständigte sich der Arbeitskreis auf Vorschlag von
Herrn Beigeordneten Rech, dieses Thema in den Fraktionen zu diskutieren; evtl.
könne auch ein interfraktioneller Meinungsaustausch in anderen Gremien, z. B.
im Ältestenrat bzw. in der nächsten kleinen Gebührenkommission vorgenommen
werden.“
11.05.2006 Integrationsbeirat
„Es wurde gemeinsam festgestellt, dass gegenwärtig
ein Bedarf nach muslimischen Bestattungen nicht konkretisiert werden kann. In
den letzten Jahren ist vereinzelt der Wunsch nach einer muslimischen Bestattung
in Hilden geäußert worden. Die Regel ist, dass eine Bestattung im Herkunftsland
erfolgt. Ein Bedarf wird erst in ca. 10 Jahren erwartet, da dann die 2. und 3.
Generation der Migranten aus Hauptherkunftsländern Türkei und Marokko sich hier
bestatten lassen werden.“
21.05.2014 Runder Tisch gegen Extremismus
Im Runden Tisch gegen Extremismus wurde
unter Federführung des Amts für Soziales und Integration über Islamische
Bestattungen beraten. In der Niederschrift wird u.a. aufgeführt:
„Natürlich sei es entscheidend, ob
überhaupt ein Bedarf für islamische Bestattungen vorhanden ist.
Herr Gatzke teilte mit, dass die Stadt vom Grundsatz her bereit
ist, die Einführung eines islamischen Friedhofes zu unterstützen.
Herr Bouziani sagte, dass lange Zeit kein solcher Bedarf gesehen
wurde. Nun würde es aber Diskussionen zu dem Thema geben. Ein islamischer
Friedhof in Hilden würde in Anspruch genommen werden. Mittlerweile besteht eine
entsprechende Nachfrage.
Die bestehenden
Friedhöfe kämen für islamische Bestattungen schon aufgrund der Befristung nicht
in Betracht.
Herr Thiele empfahl den Vereinen, nach internen Beratungen auf
die Stadt zuzukommen. Die Stadt würde ggf. in Betracht ziehen, ein bereits
bestehendes Gräberfeld zu trennen, und so ein Grundstück für islamische
Bestattungen bereit zu stellen. Derzeit existierten große Flächen auf den
Friedhöfen, die derzeit nicht belegt würden.“
Mit dem eingereichten Bürgerantrag greift
das Islamisch-Marokkanische Kulturzentrum Arrahman Moschee e.V. und das
Netzwerk Hildener Moscheevereine die Diskussion auf, in dem die Eröffnung eines
muslimischen Friedhofes für islamkonforme Bestattungen beantragt wird.
In Nachbarstädten wurden vereinzelt muslimische
Gräberfelder eingerichtet.
·
In Mettmann wurde schon sehr früh begonnen. Neben
einem Gräberfeld aus Reihengräbern wurde auch ein Raum zur Waschung des
Leichnams hergerichtet. Aus Mettmann wird berichtet, dass dort die erste
muslimische Bestattung am 23.12.2003 stattgefunden hat. In den zurückliegenden
16 Jahren sind 10 Bestattungen durchgeführt worden. Derzeit ist noch keine
verstärkte Nachfrage zu verzeichnen. Die Liegezeit beträgt dort 30 Jahre.
·
Auch Velbert hat seit Jahren ein muslimisches
Gräberfeld. Im Gegensatz zu Mettmann werden auch auswärtige Bestattungsfälle
angenommen. Im Schnitt kommt es monatlich zu einer Bestattung. Auf dem
muslimischen Bestattungsfeld befinden sich zukünftig nur noch Wahlgräber, so
dass von den Nutzungsberechtigten das Nutzungsrecht von in der Regel 25 Jahren
immer verlängert werden kann. Aktuell ist eine erhöhte Nachfrage zu verzeichnen.
·
In Wuppertal wird ein anderes Modell für einen
Muslimischen Friedhof verfolgt.
Seit Änderung des
Bestattungsgesetzes NRW im Jahre 2014 können auch religiöse
Vereine Friedhöfe betreiben. Als Träger eines künftigen Wuppertaler Friedhofes
fungiert eine Vereinigung der zehn Wuppertaler Moscheevereine. Das Eigentum an
der Friedhofsfläche, eine ehemalige Friedhofsfläche der ev. Kirche, liegt bei
dem Trägerverein. Die Verwaltung, die Finanzierung und die Durchführung der
Bestattungen werden in Eigenregie durch den Trägerverein vorgenommen.
Die
Zeit zwischen Antragseingang und Erstellung der Sitzungsvorlage reichte nicht
aus, um vorbehaltlich einer Entscheidung des Rates ein grobes Konzept mit einer
Schätzung der der Stadt Hilden entstehenden Kosten zu erstellen und
abzustimmen. Schon im Bürgerantrag selbst wird ausgeführt, dass weitere
persönliche Gespräche geführt werden sollten.
Daher
wird vorgeschlagen, die Verwaltung zu beauftragen, vorbehaltlich der
Entscheidung des Rates ein Konzept zu entwickeln. Hierfür sind zeitnah die
Gespräche mit den Vertretern des Islamisch-Marokkanisches Kulturzentrum
Arrahman Moschee e.V. und dem Netzwerk Hildener Moscheevereine aufzunehmen.
Dabei soll der voraussichtliche Bedarf geklärt werden. Die Verwaltung soll Flächen
für einen potentiellen muslimischen Friedhof im Umfeld der städtischen
Friedhöfe benennen und deren Geeignetheit mit den Vertretern des
Islamisch-Marokkanisches Kulturzentrum Arrahman Moschee e.V. und dem Netzwerk
Hildener Moscheevereine prüfen. Die potentiellen Kosten für die Stadt Hilden,
die Trägerschaft und die rechtlichen Voraussetzungen sind zu klären. Die
Ergebnisse sind den politischen Gremien zur Beratung und zur Entscheidung
vorzulegen.
Klimarelevanz:
Die Friedhöfe erfüllen aufgrund ihrer gärtnerischen Gestaltung auch
allgemeine Grünflächenfunktionen.
gez.
Alkenings
Hinweis
zum Beratungsablauf:
Gemäß
§ 6 Abs. 4 Ziffer 2 der Zuständigkeitsordnung obliegt dem Ausschuss für Umwelt-
und Klimaschutz die Vorberatung von "gesamtstädtischen Konzepten" zu
Friedhöfen. Angesichts des Eingangs des Antrags, der Bearbeitungszeit sowie der
Absage der Sitzung des UKS am 20.05.20 wird aufgrund der im Antrag
geschilderten Dringlichkeit der Bürgerantrag unmittelbar dem Haupt- und Finanzausschuss
zur Beratung vorgelegt. Hier könnte der vorgeschlagene Arbeitsauftrag
abschließend beschlossen werden.
Die endgültige Entscheidung über die Einrichtung eines muslimischen Friedhofes
obliegt dem Rat, da in der Zuständigkeitsordnung keine von der Allzuständigkeit
abweichende Regelung getroffen wurde.