Betreff
Antrag gemäß § 24 GO:
Gründung eines muslimischen Friedhofes in Hilden
Vorlage
WP 14-20 SV 68/061/1
Aktenzeichen
IV/68
Art
Anregung/Beschwerde nach § 24 GO NRW
Referenzvorlage

Begründung:

 

Aufgrund der aktuellen Situation und den starken Einschränkungen, mit denen wir überraschend umgehen müssen, ergeben sich viele Fragen und Unsicherheiten bei vielen Bürgerinnen und Bürgern. Auch die islamische Gemeinde stellt diese besondere Situation vor neue Herausforderungen. Es gilt nicht nur neue Fragestellungen zu klären, sondern auch bereits da gewesene Begehren erfordern nun dringenden Handlungsbedarf, sowie schnelle und unkomplizierte Umsetzung. Speziell die Frage was mit den sterblichen Überresten muslimischer Bürgerinnen und Bürger im Todesfall passiert, schürt besonders bei älteren muslimischen HiIdenerinnen und Hildenern Ängste. Aus diesem Grund möchte ich unser Gespräch am Tag der offenen Moschee im letzten Jahr aufgreifen und die Eröffnung eines muslimischen Friedhofs für islamkonforme Bestattungen beantragen.

 

Wir sehen uns in der Verantwortung gemeinsam mit lhnen Grabstätten für die Totenruhe unserer muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger bereitzustellen. Unsere Vereinsmitglieder     haben bereits signalisiert ein Grundstück wie z.B. den nicht genutzten Teil des Nordfriedhofs käuflich zu erwerben, sofern eine unentgeltliche Bereitstellung durch die Stadtverwaltung nicht möglich ist. Die Einzelheiten wie zum Beispiel:

 

       -    Ruhezeiten für muslimische Grabstätten,

       -    Einhüllung eines Leichnams in Leichentüchern,

       -    Erdbestattung mit Ausrichtung des Grabfeldes wie auch des Gesichtes des bzw. der darin Bestatteten nach Mekka,

       -    Friedhofssatzung, etc.

 

möchten wir gerne in einem persönlichen Gespräch mit ihnen erläutern. Selbstverständlich         kann dieses auch als Telefon- oder Videokonferenz erfolgen.

 

Aufgrund der aktuellen Coronakrise und der damit verbundenen Ausreisebeschränkungen (auch für Überführungen sterblicher Überresten), bitte ich meinen Antrag mit besonderer Dringlichkeit zu behandeln. Bitte helfen Sie uns den in Hilden beheimateten Musliminnen und Muslime Gewissheit und Sicherheit zu schenken und ihre starke Verbundenheit zur Stadt Hilden auch über den Tod hinaus zu besiegeln.

 


Antragstext:

 

Es wird die Eröffnung eines muslimischen Friedhofs für islamkonforme Bestattungen beantragt.


Stand: 27.04.2022

Zusätzliche Stellungahme der Verwaltung:

(nach Umsetzung des Auftrags des Hauptausschusses vom 20.05.2020)

 

Im Hauptausschuss am 20.05.20 wurde der Bürgerantrag ohne Abstimmung beraten. Es herrschte Einigkeit darüber, nicht über den Antrag abzustimmen, sondern diesen zum Anlass zu nehmen, die Verwaltung zu beauftragen, ein Konzept zu erstellen. Die Ergebnisse sind den politischen Gremien zur Beratung und Entscheidung vorzulegen. Diesem Auftrag soll mit diesen zusätzlichen Erläuterungen nachgekommen werden. In ihnen werden der Ablauf der Gespräche und deren derzeitigen Stand geschildert.

 

In Folge gab es mehrere Gesprächsrunden und eine Ortsbegehung mit Vertretern der drei muslimischen Vereine.

Basis für die Gespräche mit den muslimischen Vereinen war das zuvor im Ältestenrat am 03.09.2020 vorgestellte Grundkonzept. In der Präsentation wurden u.a. die Voraussetzungen zur Errichtung eines muslimischen Friedhofes benannt: 

 

 

Auch die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Lösungen wurden dargestellt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

In einer gemeinsamen Ortsbegehung auf dem Südfriedhof am 04.03.2021 wurden mögliche Potentialflächen bewertet, die nach folgenden Kriterien ausgewählt wurden:

 

 

 

Die muslimischen Vereine verständigten sich auf ein im Nordwesten des Südfriedhofes an den Straßen Zur Bredharter Heide/Krabbenburg angrenzend liegendes Grundstück, das außerhalb der bisher vom Südfriedhof genutzten Flächen liegt (Teil der Potentialflächen 3 und 4). Diese Fläche wurde anschließend hinsichtlich der zu beachtenden Rahmenbedingungen - wie z.B. die Notwendigkeit der Errichtung eines Regenwasserrückhalte- und -versickerungsbeckens oder Abstandsfestsetzungen im Bebauungsplan - konkretisiert und besitzt eine Größe von rund 9.550 m².

 

Um den muslimischen Vereinen die Erstellung einer konkreteren Friedhofsplanung zu ermöglichen, die ebenfalls als Basis einer von den Vereinen vorzunehmenden Kostenschätzung/-berechnung für die Errichtung des muslimischen Friedhofes in Trägerschaft der drei Moscheevereine dienen sollte, wurden den Vereinen Pläne dieser Fläche digital zur Verfügung gestellt.

Auf Wunsch der Vertreter der drei Moscheevereine wurde zudem ein erster Entwurf für einen Erbbaupachtvertrag entwickelt und zur Verfügung gestellt. Ebenfalls wurde eine erste Berechnung der Erbbaupacht vorgenommen. Zur Errechnung des Pachtbetrages, der nach Wahl der Moscheevereine als Einmalzahlung oder als jährlicher Betrag fällig werden sollte, wurden durch das Planungs- und Vermessungsamt die Grundstückswerte wie folgt ermittelt:

 

Die Flurstücke sind derzeit wie folgt veranlagt:

Bei den Flurstücken 64/1441, 64/922 und 64/586 handelt es sich um Friedhofsflächen, die mit 92,5 €/m² unter der Anlagenummer ANL7488 erfasst sind.

Die Flurstücke 64/1709, 64/1710 und 64/1712 sind (durch ihren ursprünglichen Kaufpreis bedingt) mit 62,58 €/m² unter der Anlagenummer ANL5036 erfasst.

 

Berechnung der Höhe der Veranlagung

 

Flurstück

m² (anteilig)

€/m²

1411

973

6711

92,50

620.768

586

2720

922

3018

1710

698

2839

62,58

177.665

1709

1335

1712

806

 

 

 

 

Σ= 798.433

 

Der Vertragsentwurf und die Erbbaupachtberechnung sollte den Moscheevereinen die interne Diskussion dieses Rechtsmodells ermöglichen, da seit Beginn der Gespräche die Vereinsvertreter hierzu eine kritische Position eingenommen hatten. Aus Sicht der Verwaltung stellt die Bildung des Eigentums in Form eines immobiliengleichen Rechts hinsichtlich der Ewigkeitsgarantie eines muslimischen Friedhofs, die auch die Stadt dauerhaft ermöglichen muss, gegenüber einer Rückkaufoption die flexibelste und sicherste Variante dar. Bewusst wurde als Alternative eine zu Beginn des Vertrages liegende Einmalzahlung vorgeschlagen, um so den Bedenken gegen eine wiederkehrende Zinszahlung entgegen zu kommen

 

Mit Mail vom 13.12.2021 meldete sich der Sprecher der drei Moscheevereine. Er teilte mit, dass

-       ein Erbbaupachtvertrag grundsätzlich nicht akzeptiert wird,

-       die marokkanischen Moscheevereine weiterhin einen muslimischen Friedhof errichten wollen

o   jedoch das Grundstück gekauft werden müsste und

o   ein Grundstückspreis auf Basis der bei „Boris-NRW“ hinterlegten Bodenpreise gezahlt werden sollte

-       der türkische Moscheeverein weder einen Erbbaurechtsvertrag abschließen noch einen Kauf des Grundstücks vornehmen möchte, sondern

-       der türkische Moscheeverein fordert,

o   dass den muslimischen Bürgern der Stadt Hilden ein gesondertes Grabfeld zur Verfügung gestellt wird, welches den islamischen Anforderungen entspricht

o   die muslimischen Gemeinden nicht zur Erbringung einer Kaufleistung gezwungen werden.

Zu den weiteren Voraussetzungen eines muslimischen Friedhofes, die zu klären wären, enthält die Mail keine Ausführungen.

 

In einer weiteren Sitzung des Ältestenrates am 03.02.2022 wurde der bisherige Stand zwischen Moscheevereinen und der Stadtverwaltung der Gespräche erörtert:

 

1.    Aus Sicht der Verwaltung ist die „Geschäftsgrundlage“ des Bürgerantrages vom 08.04.20 entfallen, da einer der drei Antragsteller nicht mehr die Errichtung eines muslimischen Friedhofes in Trägerschaft der drei Moscheevereine weiterverfolgt.

 

2.    Bei Umsetzung der geäußerten Wünsche würden auf Hildener Stadtgebiet zwei muslimische Bestattungsmöglichkeiten in Konkurrenz zueinanderstehen. Dies wurde im Ältestenrat einhellig abgelehnt.

 

3.    Die Mehrheit im Ältestenrat hielt die Einrichtung eines muslimischen Friedhofes in Trägerschaft und Verantwortung eines Vereins oder einer anderen rechtsfähigen Person für das richtige Angebot, muslimische Bestattungen in Hilden zu ermöglichen.

4.    Um dies zu ermöglichen, soll die Stadt Hilden jedoch nicht das Grundstück an den Träger veräußern, sondern es zur Sicherstellung des ewigen Erhalts des Friedhofes durch Schaffung eines Erbbaurechts dauerhaft dem Träger übertragen.

5.    „Boris-NRW“ ist das zentrale Informationssystem der Gutachterausschüsse und des Oberen Gutachterausschusses für Grundstückswerte über den Immobilienmarkt in Nordrhein-Westfalen. Für das in Frage kommende Grundstück wird als Bodenrichtwert angegeben:

Der Bodenrichtwert für forstwirtschaftliche Flächen gilt für den gesamten Kreis Mettmann (mit Ausnahme der Städte Ratingen und Velbert). Es handelt sich um Durchschnittswerte für Waldflächen (Laub-, Nadelwald oder Mischwald). Der Aufwuchs ist in dem Bodenrichtwert enthalten. Es können Abweichungen insbesondere für besonders hochwertigen oder minderwertigen Baumbestand, wegen Topographie (z.B. Hanglage), Grundstücksgröße oder ungünstigem Zuschnitt notwendig sein.

Die Bodenrichtwert beträgt:

· 1,50 €/m² für Waldflächen inklusive Aufwuchs

 

Statt des wie oben durch das Planungs- und Vermessungsamtes auf Basis des Anlagennachweises ermittelten Grundstückswertes in Höhe von 798.433 € ergäbe sich bei einer Gesamtfläche von 9.550 m² ein Kaufangebot von 14.325 €.

 

Im Ältestenrat wurde die Verwaltung einstimmig gebeten, den Anlagenbuchwert in Höhe von 798.433 € weiterhin als Basis einer möglichen Grundstücksübertragung zu betrachten.

 

6.    Um die auch dadurch entstehenden hohen Anfangskosten für Erwerb und Erschließung über einen längeren Zeitraum zu strecken, regten Vertreter des Rates eine Aufteilung der Gesamtfläche in sinnvolle Abschnitte an, die dann sukzessive und bedarfsorientiert an den Trägerverein übertragen werden könnten.

 

Sollte ein niedriger Grundstückswert, als er in der Anlagenbuchhaltung hinterlegt ist, bei einer Eigentumsübertragung vereinbart werden, müsste der Differenzbetrag als Sonderabschreibung gebucht werden. Diese Buchung belastet den städtischen Haushalt.

Ebenfalls müssten die früheren Grundstückskaufverträge, mit denen damals die Stadt Hilden die Grundstücke erworben hatte, nochmals eingehend geprüft werden. In den Verträgen sind Klauseln enthalten, die unter gewissen Umständen eine Rückübertragungsrecht an die ehemaligen Eigentümer auslösen könnte.

 

 

 

 

Übergangslösung

 

In ihrem Bürgerantrag weisen die Antragsteller auf die Dringlichkeit ihres Anliegens hin. Sollte dem Bürgerantrag entsprochen werden, wird es noch geraume Zeit benötigen, bis dass die ersten Beerdigungen tatsächlich ausgeführt werden können. Auch bei alternativen Planungen wird ebenfalls einige Zeit vergehen. Deshalb wurde in der Ältestenratssitzung auch angeregt, mit der Stadt Solingen das Gespräch hinsichtlich eines kurzfristigen Angebotes für muslimische Bestattungen zu suchen. Solingen verfügt sowohl auf dem Waldfriedhof, Hermann-Löhns-Weg 42 (Ohligs) als auch auf dem Parkfriedhof Wuppertaler Straße 173 (Gräfrath) über muslimische Grabfelder. Auf dem Parkfriedhof befinden sich Räume für Waschungen.

Laut Auskunft der Stadt Solingen sind Beisetzungen Hildener Muslime in dem derzeit erwarteten Umfang möglich und für eine Übergangszeit willkommen.

 

Der Waldfriedhof liegt jenseits des Ohligser Stadtwaldes in Nähe der Hildener Stadtgrenze. Von einer angenommenen Stadtmitte Hildens (Kreuzung Hochdahler Straße/Berliner Straße) beträgt die Fahrstrecke zum Südfriedhof (Krabbenburg 6) 2,27 km bei 4 Minuten Fahrtdauer, der Waldfriedhof Solingen ist 5,49 km entfernt bei einer Fahrtdauer von 9 Minuten. Luftlinie liegen der Hildener Südfriedhof ca. 1.850 Meter von dem Solinger Waldfriedhof entfernt. entfernt. Die Entfernung zum Parkfriedhof beträgt 12,2 km mit einer Fahrtzeit von knapp 20 Minuten.

 

Hildener Südfriedhof und Solinger Park- und Waldfriedhof sind mit einem roten Kreis gekennzeichnet

 

In § 2 Abs. 3 Solinger Friedhofssatzung wird die Bestattung von „Nicht-Solingern“ zugelassen. In den §§ 9, 10 und 14 finden sich Regelungen, die sich auf islamische Bestattungen/Grabstätten beziehen. Letztes Jahr wurden rund 50 muslimische Bestattungen in Solingen durchgeführt. Die vergleichsweise hohe Zahl ergab sich aufgrund der Corona-Restriktionen. Wesentlich waren aber auch die hohe Zahl an Bestattungen von Muslimen aus Wuppertal, da dort kaum noch muslimische Bestattungen möglich sind und der Parkfriedhof an der Stadtgrenze zu Wuppertal liegt. Derzeit ist auf dem Waldfriedhof eine Erweiterung des muslimischen Feldes angedacht.

 

4. Arbeitstreffen am 05.04.2022

 

Auf Einladung des Bürgermeisters, Herr Dr. Pommer, fand am 05.04.22 nochmals eine gemeinsame Gesprächsrunde statt. Neben den Vertretern aller drei muslimischen Moscheevereine waren auch der Integrationsbeauftragte der Stadt Hilden, Herr Wobisch, der Interkulturelle Berater, Herr Assila, sowie von der Stadt Solingen, Herr Brühne, Sachgebietsleiter Friedhöfe, anwesend. Die Vertreter der marokkanischen Moscheevereine erläuterten nochmals ihre Bedenken gegen die vorgeschlagene Eigentumsübertragung durch einen Erbbaurechtsvertrag vor. Die Verwaltung warb nochmals für diese Lösung in Verbindung mit einer zu Beginn des Vertrages zu erfolgenden Einmalzahlung.

 

 

Schriftliche Stellungnahmen der islamischen Kulturvereine:

 

Wie von Herrn Bürgermeister Dr. Pommer erbeten, haben die Vertreter der marokkanischen Moscheevereine mit Schreiben vom 20.04.2022 sowie der DiTiB mit E-Mail vom 25.04.2022 ihren Standpunkt zu der städtischen Position schriftlich fixiert (siehe Anlagen). Zu den weiteren oben aufgeführten Erläuterungen ergeben sich aus Sicht der Verwaltung keine weiteren Erkenntnisse. Jedoch erfordern Sie in Teilen eine weitergehende Einordnung.

 

Wie oben erläutert, wurde mit der Stadt Solingen Kontakt aufgenommen, um eine kurzfristige und ortsnahe Lösung für muslimische Beisetzungen aufzeigen zu können. Eine Vermittlung von Grabstätten in Solingen war nicht beabsichtigt, vielmehr ging es um die Weitergabe von Informationen und Hinweisen. In der Gesprächsrunde am 05.04.22 wurde in Anwesenheit eines Vertreters der Stadt Solingen auch klar zum Ausdruck gebracht, dass bei Interesse unmittelbar und ausschließlich die Solinger Friedhofsverwaltung Ansprechpartner ist. In dem Gespräch wurde von einem Teilnehmer berichtet, dass wenige Tage zuvor ein Hildener islamischen Glaubens auf dem Waldfriedhof in Solingen beigesetzt worden war. Dass dies gegen jegliche islamischen Grundlagen verstoßen würde, wurde nicht erwähnt.

 

Es ist sehr bedauerlich, dass die Gespräche und die in den Gesprächen vorgelegten Vorschläge als sehr verletzend empfunden werden. Dies war weder gewollt noch beabsichtigt und wurde so auch nicht wahrgenommen oder im Verlauf der Gespräche von den Vertretern der Moscheegemeinden auch nicht so geäußert. Die Gesprächsatmosphäre war offen, sachlich und engagiert.

 

In eine Frage gekleidet wird in der Stellungnahme erstmalig indirekt die Erwartungshaltung beschrieben, dass die Grundstücke für einen muslimischen Friedhof ohne finanziellen Gegenwert zur Verfügung gestellt werden. Dazu wird auf eine andere kreisangehörige Stadt im Kreis Mettmann verwiesen, die zur Errichtung von zwei Moscheen die Grundstücke kostenfrei übereignet habe. In Medienberichten wurde dies im Jahre 2016 auch so vermittelt. Eine direkte, kostenfreie Grundstücksübereignung hat es jedoch nach Kenntnis der Verwaltung nicht gegeben. Aus öffentlich zugänglichen Sitzungsvorlagen sowie Vertragsentwürfen ist zu entnehmen, dass eine städtische Gesellschaft die Grundstücke zu einem Gesamtpreis von 730.000 € verkauft hat. In einem weiteren Schritt erhielten die Trägervereine der Moscheen von der Stadt selbst einen Zuschuss in entsprechender Höhe.

 

 

Auch die als Vorbild für die Stadt Hilden erwähnte kreisangehörige Stadt hatte sich damals mit der Vertragsgestaltung auseinandergesetzt. In der Sitzungsvorlage findet sich folgende Passage:

Es verblieben damit der Abschluss eines Erbpachtvertrages oder die Übertragung zu Eigentum. Bei der Erbpacht sind die Zahlung eines laufenden Erbbauzinses ebenso wie die zeitliche Befristung unumgänglich. Für den Heimfall lässt sich eine Entschädigung für die Aufbauten auch vertraglich nicht vollständig ausschließen, so dass die Stadt bei Rückübertragung zu einem vorher nicht bestimmbaren Zeitpunkt finanziell ein Verwendungsrisiko für das Gebäude trägt, das anders als für den vereinbarten Zweck kaum nutzbar ist und für das auch kaum ein anderer Interessent am Markt erkennbar ist. Vor diesem Hintergrund bietet sich die Übertragung zu Eigentum mit entsprechenden Sicherungen des Rückkaufanspruchs an. Die entsprechende vertragliche Umsetzung ist dem beigefügten Vertragsentwurf zu entnehmen.“

Der dort geschilderte Heimfall stellt sich bei einem muslimischen Friedhof anders dar. Sollte es zu einem Heimfall kommen, ist die Stadt Hilden gesetzlich verpflichtet, den Friedhof weiter zu führen. Zudem kann der muslimische Friedhof grundsätzlich nur im Wege einer Beleihung durch die Stadt Hilden durch einen Trägerverein geführt werden. Solche rechtlichen Konstellationen fallen bei der Errichtung von Moscheen nicht an. Insbesondere dieser Aspekt war der Grund, warum die Stadtverwaltung gemäß bisheriger Absprache im Ältestenrat auf einer Grundstücksübereignung im Wege eines Erbbaurechts mit vorgezogener Zahlung der Erbbaupacht bestanden wurde.

 

Hinsichtlich des Wunsches der DiTiB, doch einem Angebot eines muslimischen Grabfeldes - wie von der Stadt Solingen aus Sicht der Stadtverwaltung leider nicht haftungsrechtlich konform praktiziert - näher zu treten, wird auf die eingangs dargestellte Abwägung mit ihren Vor- und Nachteilen verwiesen.

 

Der Weg zu einem muslimischen Friedhof ist nicht leicht. Viele noch zu regelnden Aufgabenstellungen wurden noch nicht begonnen, da im Wesentlichen nur die Grundstücksfragen besprochen wurden. Auch der derzeitige Stand des immer wieder als Vorbild angeführten muslimischen Friedhofes in Wuppertal zeigt, dass die Probleme sehr vielschichtig sind.

 

Aus Sicht der Stadtverwaltung sind nun entsprechend dem Wunsch des Hauptausschusses vom 20.05.2020 alle vorbereitenden Gespräche, die möglich waren, um eine möglichst einvernehmliche Lösung zu finden, geführt und die jeweiligen Wünsche, Erwartungen und Positionen klargestellt sowie diskutiert worden.
Nun ist der Zeitpunkt gekommen, dass der Rat eine Entscheidung zu dem § 24 GO-Antrag des Netzwerkes der muslimischen Kulturvereine und somit zu den Wünschen, Erwartungen und Positionen trifft.

 

 

gez.
Dr. Claus Pommer
Bürgermeister

 


Stand: 21.04.2020
zur Beratung im Hauptausschuss am 20.05.2020

 

Stellungnahme der Verwaltung:

 

Mit dem in der Anlage beigefügten Schreiben vom 08.04.2020 beantragt das Islamisch-Marokkanische Kulturzentrum Arrahman Moschee e.V. und das Netzwerk Hildener Moscheevereine, dass in Hilden ein muslimischer Friedhof eingerichtet wird.

 

Ein muslimischer Friedhof kennzeichnet sich dadurch aus, dass er ewig Bestand haben muss. Die einzelnen Grabstellen können nach einer angemessenen Liegezeit durchaus erneut belegt werden, aber die Fläche als solches muss ewig Friedhof bleiben und darf nicht einer anderen Nutzung werden. Nach deutschen Recht könnten Friedhöfe „entwidmet“ werden.

Weiterhin dürfen dort nur Muslime bestattet, denn der Islam verbietet eine Bestattung unter sogenannten Ungläubigen. Außerdem entspricht es der muslimischen Bestattungskultur, dass die Bestattung im Leichentuch ohne Sarg erfolgt und der Leichnam auf der rechten Seite mit dem Gesicht in Richtung der Kaaba in Mekka liegt.

 

In Hilden war bisher die Nachfrage für Bestattungen von Angehörigen muslimischen Glaubens äußerst gering. Die Friedhofsverwaltung bietet bisher bei Anfragen normale Grabstätten an, die den religiösen Vorstellungen entsprechend selbst ausgesucht werden können. Die Ruhefrist beträgt gemäß Friedhofssatzung 20 Jahre mit der Möglichkeit zur Verlängerung für Einzel- und Familiengräber. Bei Verstorbenen bis zur Vollendung des 5. Lebensjahres beträgt die Ruhezeit 15 Jahre. In Hilden besteht Sargzwang und keine Möglichkeit, Tuchbestattungen durchzuführen. Die Verstorbenen können nach den vorgegebenen Ritualen in der Moschee gewaschen werden, auf den Friedhöfen selbst bestehen dazu keine Möglichkeiten. Von dieser Möglichkeit wurde gelegentlich Gebrauch gemacht.

 

 

Muslimische Bestattungen waren in den vergangenen Jahren wiederholt ein Thema zu Beratungen in unterschiedlichen Gremien.

 

Die nachfolgende auszugsweise Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

 

15.07.2004 AK Friedhof

„Generell wurde die Zulassung muslimischer Beerdigungen begrüßt. Aufgrund der Diskussion im Arbeitskreis hinsichtlich Lage eines nach Osten ausgerichteten Feldes, Dauerhaftigkeit von Grabflächen einschl. Gebührenfindung, verständigte sich der Arbeitskreis auf Vorschlag von Herrn Beigeordneten Rech, dieses Thema in den Fraktionen zu diskutieren; evtl. könne auch ein interfraktioneller Meinungsaustausch in anderen Gremien, z. B. im Ältestenrat bzw. in der nächsten kleinen Gebührenkommission vorgenommen werden.“

 

 

11.05.2006 Integrationsbeirat

„Es wurde gemeinsam festgestellt, dass gegenwärtig ein Bedarf nach muslimischen Bestattungen nicht konkretisiert werden kann. In den letzten Jahren ist vereinzelt der Wunsch nach einer muslimischen Bestattung in Hilden geäußert worden. Die Regel ist, dass eine Bestattung im Herkunftsland erfolgt. Ein Bedarf wird erst in ca. 10 Jahren erwartet, da dann die 2. und 3. Generation der Migranten aus Hauptherkunftsländern Türkei und Marokko sich hier bestatten lassen werden.“

 

21.05.2014 Runder Tisch gegen Extremismus

Im Runden Tisch gegen Extremismus wurde unter Federführung des Amts für Soziales und Integration über Islamische Bestattungen beraten. In der Niederschrift wird u.a. aufgeführt:

Natürlich sei es entscheidend, ob überhaupt ein Bedarf für islamische Bestattungen vorhanden ist.

Herr Gatzke teilte mit, dass die Stadt vom Grundsatz her bereit ist, die Einführung eines islamischen Friedhofes zu unterstützen.

Herr Bouziani sagte, dass lange Zeit kein solcher Bedarf gesehen wurde. Nun würde es aber Diskussionen zu dem Thema geben. Ein islamischer Friedhof in Hilden würde in Anspruch genommen werden. Mittlerweile besteht eine entsprechende Nachfrage.

Die bestehenden Friedhöfe kämen für islamische Bestattungen schon aufgrund der Befristung nicht in Betracht.

Herr Thiele empfahl den Vereinen, nach internen Beratungen auf die Stadt zuzukommen. Die Stadt würde ggf. in Betracht ziehen, ein bereits bestehendes Gräberfeld zu trennen, und so ein Grundstück für islamische Bestattungen bereit zu stellen. Derzeit existierten große Flächen auf den Friedhöfen, die derzeit nicht belegt würden.“

 

 

Mit dem eingereichten Bürgerantrag greift das Islamisch-Marokkanische Kulturzentrum Arrahman Moschee e.V. und das Netzwerk Hildener Moscheevereine die Diskussion auf, in dem die Eröffnung eines muslimischen Friedhofes für islamkonforme Bestattungen beantragt wird.

 

 

In Nachbarstädten wurden vereinzelt muslimische Gräberfelder eingerichtet.

 

·      In Mettmann wurde schon sehr früh begonnen. Neben einem Gräberfeld aus Reihengräbern wurde auch ein Raum zur Waschung des Leichnams hergerichtet. Aus Mettmann wird berichtet, dass dort die erste muslimische Bestattung am 23.12.2003 stattgefunden hat. In den zurückliegenden 16 Jahren sind 10 Bestattungen durchgeführt worden. Derzeit ist noch keine verstärkte Nachfrage zu verzeichnen. Die Liegezeit beträgt dort 30 Jahre.

 

·      Auch Velbert hat seit Jahren ein muslimisches Gräberfeld. Im Gegensatz zu Mettmann werden auch auswärtige Bestattungsfälle angenommen. Im Schnitt kommt es monatlich zu einer Bestattung. Auf dem muslimischen Bestattungsfeld befinden sich zukünftig nur noch Wahlgräber, so dass von den Nutzungsberechtigten das Nutzungsrecht von in der Regel 25 Jahren immer verlängert werden kann. Aktuell ist eine erhöhte Nachfrage zu verzeichnen.

 

·      In Wuppertal wird ein anderes Modell für einen Muslimischen Friedhof verfolgt.

Seit Änderung des Bestattungsgesetzes NRW im Jahre 2014 können auch religiöse Vereine Friedhöfe betreiben. Als Träger eines künftigen Wuppertaler Friedhofes fungiert eine Vereinigung der zehn Wuppertaler Moscheevereine. Das Eigentum an der Friedhofsfläche, eine ehemalige Friedhofsfläche der ev. Kirche, liegt bei dem Trägerverein. Die Verwaltung, die Finanzierung und die Durchführung der Bestattungen werden in Eigenregie durch den Trägerverein vorgenommen.

 

 

Die Zeit zwischen Antragseingang und Erstellung der Sitzungsvorlage reichte nicht aus, um vorbehaltlich einer Entscheidung des Rates ein grobes Konzept mit einer Schätzung der der Stadt Hilden entstehenden Kosten zu erstellen und abzustimmen. Schon im Bürgerantrag selbst wird ausgeführt, dass weitere persönliche Gespräche geführt werden sollten.

 

Daher wird vorgeschlagen, die Verwaltung zu beauftragen, vorbehaltlich der Entscheidung des Rates ein Konzept zu entwickeln. Hierfür sind zeitnah die Gespräche mit den Vertretern des Islamisch-Marokkanisches Kulturzentrum Arrahman Moschee e.V. und dem Netzwerk Hildener Moscheevereine aufzunehmen. Dabei soll der voraussichtliche Bedarf geklärt werden. Die Verwaltung soll Flächen für einen potentiellen muslimischen Friedhof im Umfeld der städtischen Friedhöfe benennen und deren Geeignetheit mit den Vertretern des Islamisch-Marokkanisches Kulturzentrum Arrahman Moschee e.V. und dem Netzwerk Hildener Moscheevereine prüfen. Die potentiellen Kosten für die Stadt Hilden, die Trägerschaft und die rechtlichen Voraussetzungen sind zu klären. Die Ergebnisse sind den politischen Gremien zur Beratung und zur Entscheidung vorzulegen.

 

 

 

Klimarelevanz:

 

Die Friedhöfe erfüllen aufgrund ihrer gärtnerischen Gestaltung auch allgemeine Grünflächenfunktionen.

 

 

gez.

Alkenings

 

 

Hinweis zum Beratungsablauf:

Gemäß § 6 Abs. 4 Ziffer 2 der Zuständigkeitsordnung obliegt dem Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz die Vorberatung von "gesamtstädtischen Konzepten" zu Friedhöfen. Angesichts des Eingangs des Antrags, der Bearbeitungszeit sowie der Absage der Sitzung des UKS am 20.05.20 wird aufgrund der im Antrag geschilderten Dringlichkeit der Bürgerantrag unmittelbar dem Haupt- und Finanzausschuss zur Beratung vorgelegt. Hier könnte der vorgeschlagene Arbeitsauftrag abschließend beschlossen werden.
Die endgültige Entscheidung über die Einrichtung eines muslimischen Friedhofes obliegt dem Rat, da in der Zuständigkeitsordnung keine von der Allzuständigkeit abweichende Regelung getroffen wurde.