Betreff
Antrag gemäß § 24 GO:
Gründung eines muslimischen Friedhofes in Hilden
Vorlage
WP 14-20 SV 68/061
Aktenzeichen
IV/68
Art
Anregung/Beschwerde nach § 24 GO NRW
Untergeordnete Vorlage(n)

Begründung:

 

Aufgrund der aktuellen Situation und den starken Einschränkungen, mit denen wir überraschend umgehen müssen, ergeben sich viele Fragen und Unsicherheiten bei vielen Bürgerinnen und Bürgern. Auch die islamische Gemeinde stellt diese besondere Situation vor neue Herausforderungen. Es gilt nicht nur neue Fragestellungen zu klären, sondern auch bereits da gewesene Begehren erfordern nun dringenden Handlungsbedarf, sowie schnelle und unkomplizierte Umsetzung. Speziell die Frage was mit den sterblichen Überresten muslimischer Bürgerinnen und Bürger im Todesfall passiert, schürt besonders bei älteren muslimischen HiIdenerinnen und Hildenern Ängste. Aus diesem Grund möchte ich unser Gespräch am Tag der offenen Moschee im letzten Jahr aufgreifen und die Eröffnung eines muslimischen Friedhofs für islamkonforme Bestattungen beantragen.

 

Wir sehen uns in der Verantwortung gemeinsam mit lhnen Grabstätten für die Totenruhe unserer muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger bereitzustellen. Unsere Vereinsmitglieder     haben bereits signalisiert ein Grundstück wie z.B. den nicht genutzten Teil des Nordfriedhofs käuflich zu erwerben, sofern eine unentgeltliche Bereitstellung durch die Stadtverwaltung nicht möglich ist. Die Einzelheiten wie zum Beispiel:

 

       -    Ruhezeiten für muslimische Grabstätten,

       -    Einhüllung eines Leichnams in Leichentüchern,

       -    Erdbestattung mit Ausrichtung des Grabfeldes wie auch des Gesichtes des bzw. der darin Bestatteten nach Mekka,

       -    Friedhofssatzung, etc.

 

möchten wir gerne in einem persönlichen Gespräch mit ihnen erläutern. Selbstverständlich         kann dieses auch als Telefon- oder Videokonferenz erfolgen.

 

Aufgrund der aktuellen Coronakrise und der damit verbundenen Ausreisebeschränkungen (auch für Überführungen sterblicher Überresten), bitte ich meinen Antrag mit besonderer Dringlichkeit zu behandeln. Bitte helfen Sie uns den in Hilden beheimateten Musliminnen und Muslime Gewissheit und Sicherheit zu schenken und ihre starke Verbundenheit zur Stadt Hilden auch über den Tod hinaus zu besiegeln.

 


Antragstext:

 

Es wird die Eröffnung eines muslimischen Friedhofs für islamkonforme Bestattungen beantragt.


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Mit dem in der Anlage beigefügten Schreiben vom 08.04.2020 beantragt das Islamisch-Marokkanische Kulturzentrum Arrahman Moschee e.V. und das Netzwerk Hildener Moscheevereine, dass in Hilden ein muslimischer Friedhof eingerichtet wird.

 

Ein muslimischer Friedhof kennzeichnet sich dadurch aus, dass er ewig Bestand haben muss. Die einzelnen Grabstellen können nach einer angemessenen Liegezeit durchaus erneut belegt werden, aber die Fläche als solches muss ewig Friedhof bleiben und darf nicht einer anderen Nutzung werden. Nach deutschen Recht könnten Friedhöfe „entwidmet“ werden.

Weiterhin dürfen dort nur Muslime bestattet, denn der Islam verbietet eine Bestattung unter sogenannten Ungläubigen. Außerdem entspricht es der muslimischen Bestattungskultur, dass die Bestattung im Leichentuch ohne Sarg erfolgt und der Leichnam auf der rechten Seite mit dem Gesicht in Richtung der Kaaba in Mekka liegt.

 

In Hilden war bisher die Nachfrage für Bestattungen von Angehörigen muslimischen Glaubens äußerst gering. Die Friedhofsverwaltung bietet bisher bei Anfragen normale Grabstätten an, die den religiösen Vorstellungen entsprechend selbst ausgesucht werden können. Die Ruhefrist beträgt gemäß Friedhofssatzung 20 Jahre mit der Möglichkeit zur Verlängerung für Einzel- und Familiengräber. Bei Verstorbenen bis zur Vollendung des 5. Lebensjahres beträgt die Ruhezeit 15 Jahre. In Hilden besteht Sargzwang und keine Möglichkeit, Tuchbestattungen durchzuführen. Die Verstorbenen können nach den vorgegebenen Ritualen in der Moschee gewaschen werden, auf den Friedhöfen selbst bestehen dazu keine Möglichkeiten. Von dieser Möglichkeit wurde gelegentlich Gebrauch gemacht.

 

 

Muslimische Bestattungen waren in den vergangenen Jahren wiederholt ein Thema zu Beratungen in unterschiedlichen Gremien.

 

Die nachfolgende auszugsweise Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

 

15.07.2004 AK Friedhof

„Generell wurde die Zulassung muslimischer Beerdigungen begrüßt. Aufgrund der Diskussion im Arbeitskreis hinsichtlich Lage eines nach Osten ausgerichteten Feldes, Dauerhaftigkeit von Grabflächen einschl. Gebührenfindung, verständigte sich der Arbeitskreis auf Vorschlag von Herrn Beigeordneten Rech, dieses Thema in den Fraktionen zu diskutieren; evtl. könne auch ein interfraktioneller Meinungsaustausch in anderen Gremien, z. B. im Ältestenrat bzw. in der nächsten kleinen Gebührenkommission vorgenommen werden.“

 

 

11.05.2006 Integrationsbeirat

„Es wurde gemeinsam festgestellt, dass gegenwärtig ein Bedarf nach muslimischen Bestattungen nicht konkretisiert werden kann. In den letzten Jahren ist vereinzelt der Wunsch nach einer muslimischen Bestattung in Hilden geäußert worden. Die Regel ist, dass eine Bestattung im Herkunftsland erfolgt. Ein Bedarf wird erst in ca. 10 Jahren erwartet, da dann die 2. und 3. Generation der Migranten aus Hauptherkunftsländern Türkei und Marokko sich hier bestatten lassen werden.“

 

21.05.2014 Runder Tisch gegen Extremismus

Im Runden Tisch gegen Extremismus wurde unter Federführung des Amts für Soziales und Integration über Islamische Bestattungen beraten. In der Niederschrift wird u.a. aufgeführt:

Natürlich sei es entscheidend, ob überhaupt ein Bedarf für islamische Bestattungen vorhanden ist.

Herr Gatzke teilte mit, dass die Stadt vom Grundsatz her bereit ist, die Einführung eines islamischen Friedhofes zu unterstützen.

Herr Bouziani sagte, dass lange Zeit kein solcher Bedarf gesehen wurde. Nun würde es aber Diskussionen zu dem Thema geben. Ein islamischer Friedhof in Hilden würde in Anspruch genommen werden. Mittlerweile besteht eine entsprechende Nachfrage.

Die bestehenden Friedhöfe kämen für islamische Bestattungen schon aufgrund der Befristung nicht in Betracht.

Herr Thiele empfahl den Vereinen, nach internen Beratungen auf die Stadt zuzukommen. Die Stadt würde ggf. in Betracht ziehen, ein bereits bestehendes Gräberfeld zu trennen, und so ein Grundstück für islamische Bestattungen bereit zu stellen. Derzeit existierten große Flächen auf den Friedhöfen, die derzeit nicht belegt würden.“

 

 

Mit dem eingereichten Bürgerantrag greift das Islamisch-Marokkanische Kulturzentrum Arrahman Moschee e.V. und das Netzwerk Hildener Moscheevereine die Diskussion auf, in dem die Eröffnung eines muslimischen Friedhofes für islamkonforme Bestattungen beantragt wird.

 

 

In Nachbarstädten wurden vereinzelt muslimische Gräberfelder eingerichtet.

 

·      In Mettmann wurde schon sehr früh begonnen. Neben einem Gräberfeld aus Reihengräbern wurde auch ein Raum zur Waschung des Leichnams hergerichtet. Aus Mettmann wird berichtet, dass dort die erste muslimische Bestattung am 23.12.2003 stattgefunden hat. In den zurückliegenden 16 Jahren sind 10 Bestattungen durchgeführt worden. Derzeit ist noch keine verstärkte Nachfrage zu verzeichnen. Die Liegezeit beträgt dort 30 Jahre.

 

·      Auch Velbert hat seit Jahren ein muslimisches Gräberfeld. Im Gegensatz zu Mettmann werden auch auswärtige Bestattungsfälle angenommen. Im Schnitt kommt es monatlich zu einer Bestattung. Auf dem muslimischen Bestattungsfeld befinden sich zukünftig nur noch Wahlgräber, so dass von den Nutzungsberechtigten das Nutzungsrecht von in der Regel 25 Jahren immer verlängert werden kann. Aktuell ist eine erhöhte Nachfrage zu verzeichnen.

 

·      In Wuppertal wird ein anderes Modell für einen Muslimischen Friedhof verfolgt.

Seit Änderung des Bestattungsgesetzes NRW im Jahre 2014 können auch religiöse Vereine Friedhöfe betreiben. Als Träger eines künftigen Wuppertaler Friedhofes fungiert eine Vereinigung der zehn Wuppertaler Moscheevereine. Das Eigentum an der Friedhofsfläche, eine ehemalige Friedhofsfläche der ev. Kirche, liegt bei dem Trägerverein. Die Verwaltung, die Finanzierung und die Durchführung der Bestattungen werden in Eigenregie durch den Trägerverein vorgenommen.

 

 

Die Zeit zwischen Antragseingang und Erstellung der Sitzungsvorlage reichte nicht aus, um vorbehaltlich einer Entscheidung des Rates ein grobes Konzept mit einer Schätzung der der Stadt Hilden entstehenden Kosten zu erstellen und abzustimmen. Schon im Bürgerantrag selbst wird ausgeführt, dass weitere persönliche Gespräche geführt werden sollten.

 

Daher wird vorgeschlagen, die Verwaltung zu beauftragen, vorbehaltlich der Entscheidung des Rates ein Konzept zu entwickeln. Hierfür sind zeitnah die Gespräche mit den Vertretern des Islamisch-Marokkanisches Kulturzentrum Arrahman Moschee e.V. und dem Netzwerk Hildener Moscheevereine aufzunehmen. Dabei soll der voraussichtliche Bedarf geklärt werden. Die Verwaltung soll Flächen für einen potentiellen muslimischen Friedhof im Umfeld der städtischen Friedhöfe benennen und deren Geeignetheit mit den Vertretern des Islamisch-Marokkanisches Kulturzentrum Arrahman Moschee e.V. und dem Netzwerk Hildener Moscheevereine prüfen. Die potentiellen Kosten für die Stadt Hilden, die Trägerschaft und die rechtlichen Voraussetzungen sind zu klären. Die Ergebnisse sind den politischen Gremien zur Beratung und zur Entscheidung vorzulegen.

 

 

Klimarelevanz:

 

Die Friedhöfe erfüllen aufgrund ihrer gärtnerischen Gestaltung auch allgemeine Grünflächenfunktionen.

 

 

gez.

Alkenings

 

 

Hinweis zum Beratungsablauf:

Gemäß § 6 Abs. 4 Ziffer 2 der Zuständigkeitsordnung obliegt dem Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz die Vorberatung von "gesamtstädtischen Konzepten" zu Friedhöfen. Angesichts des Eingangs des Antrags, der Bearbeitungszeit sowie der Absage der Sitzung des UKS am 20.05.20 wird aufgrund der im Antrag geschilderten Dringlichkeit der Bürgerantrag unmittelbar dem Haupt- und Finanzausschuss zur Beratung vorgelegt. Hier könnte der vorgeschlagene Arbeitsauftrag abschließend beschlossen werden.
Die endgültige Entscheidung über die Einrichtung eines muslimischen Friedhofes obliegt dem Rat, da in der Zuständigkeitsordnung keine von der Allzuständigkeit abweichende Regelung getroffen wurde.