Gründung eines muslimischen Friedhofes in Hilden
Begründung:
Aufgrund der aktuellen Situation und den
starken Einschränkungen, mit denen wir überraschend umgehen müssen, ergeben
sich viele Fragen und Unsicherheiten bei vielen Bürgerinnen und Bürgern. Auch
die islamische Gemeinde stellt diese besondere Situation vor neue Herausforderungen.
Es gilt nicht nur neue Fragestellungen zu klären, sondern auch bereits da gewesene
Begehren erfordern nun dringenden Handlungsbedarf, sowie schnelle und unkomplizierte
Umsetzung. Speziell die Frage was mit den sterblichen Überresten muslimischer
Bürgerinnen und Bürger im Todesfall passiert, schürt besonders bei älteren
muslimischen HiIdenerinnen und Hildenern Ängste. Aus diesem Grund möchte ich
unser Gespräch am Tag der offenen Moschee im letzten Jahr aufgreifen und die
Eröffnung eines muslimischen Friedhofs für islamkonforme Bestattungen
beantragen.
Wir sehen uns in der Verantwortung gemeinsam
mit lhnen Grabstätten für die Totenruhe unserer muslimischen Mitbürgerinnen und
Mitbürger bereitzustellen. Unsere Vereinsmitglieder haben bereits signalisiert ein Grundstück wie z.B. den nicht
genutzten Teil des Nordfriedhofs käuflich zu erwerben, sofern eine
unentgeltliche Bereitstellung durch die Stadtverwaltung nicht möglich ist. Die
Einzelheiten wie zum Beispiel:
- Ruhezeiten
für muslimische Grabstätten,
- Einhüllung
eines Leichnams in Leichentüchern,
- Erdbestattung
mit Ausrichtung des Grabfeldes wie auch des Gesichtes des bzw. der darin
Bestatteten nach Mekka,
- Friedhofssatzung,
etc.
möchten wir gerne in einem persönlichen
Gespräch mit ihnen erläutern. Selbstverständlich kann dieses auch als Telefon- oder Videokonferenz erfolgen.
Aufgrund der aktuellen Coronakrise und der damit verbundenen Ausreisebeschränkungen (auch für Überführungen sterblicher Überresten), bitte ich meinen Antrag mit besonderer Dringlichkeit zu behandeln. Bitte helfen Sie uns den in Hilden beheimateten Musliminnen und Muslime Gewissheit und Sicherheit zu schenken und ihre starke Verbundenheit zur Stadt Hilden auch über den Tod hinaus zu besiegeln.
Antragstext:
Es wird die Eröffnung eines muslimischen Friedhofs für islamkonforme Bestattungen beantragt.
Stellungnahme der
Verwaltung:
Mit
dem in der Anlage beigefügten Schreiben vom 08.04.2020 beantragt das
Islamisch-Marokkanische Kulturzentrum Arrahman Moschee e.V. und das Netzwerk
Hildener Moscheevereine, dass in Hilden ein muslimischer Friedhof eingerichtet
wird.
Ein
muslimischer Friedhof kennzeichnet sich dadurch aus, dass er ewig Bestand haben
muss. Die einzelnen Grabstellen können nach einer angemessenen Liegezeit
durchaus erneut belegt werden, aber die Fläche als solches muss ewig Friedhof
bleiben und darf nicht einer anderen Nutzung werden. Nach deutschen Recht
könnten Friedhöfe „entwidmet“ werden.
Weiterhin
dürfen dort nur Muslime bestattet, denn der Islam verbietet eine Bestattung
unter sogenannten Ungläubigen. Außerdem entspricht es der muslimischen
Bestattungskultur, dass die Bestattung im Leichentuch ohne Sarg erfolgt und der
Leichnam auf der rechten Seite mit dem Gesicht in Richtung der Kaaba in Mekka
liegt.
In Hilden war bisher die Nachfrage für
Bestattungen von Angehörigen muslimischen Glaubens äußerst gering. Die
Friedhofsverwaltung bietet bisher bei Anfragen normale Grabstätten an, die den
religiösen Vorstellungen entsprechend selbst ausgesucht werden können. Die
Ruhefrist beträgt gemäß Friedhofssatzung 20 Jahre mit der Möglichkeit zur
Verlängerung für Einzel- und Familiengräber. Bei Verstorbenen bis zur
Vollendung des 5. Lebensjahres beträgt die Ruhezeit 15 Jahre. In Hilden besteht
Sargzwang und keine Möglichkeit, Tuchbestattungen durchzuführen. Die
Verstorbenen können nach den vorgegebenen Ritualen in der Moschee gewaschen
werden, auf den Friedhöfen selbst bestehen dazu keine Möglichkeiten. Von dieser
Möglichkeit wurde gelegentlich Gebrauch gemacht.
Muslimische Bestattungen waren in den
vergangenen Jahren wiederholt ein Thema zu Beratungen in unterschiedlichen
Gremien.
Die nachfolgende auszugsweise Auflistung
erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
15.07.2004 AK Friedhof
„Generell wurde die Zulassung muslimischer
Beerdigungen begrüßt. Aufgrund der Diskussion im Arbeitskreis hinsichtlich Lage
eines nach Osten ausgerichteten Feldes, Dauerhaftigkeit von Grabflächen
einschl. Gebührenfindung, verständigte sich der Arbeitskreis auf Vorschlag von
Herrn Beigeordneten Rech, dieses Thema in den Fraktionen zu diskutieren; evtl.
könne auch ein interfraktioneller Meinungsaustausch in anderen Gremien, z. B. im
Ältestenrat bzw. in der nächsten kleinen Gebührenkommission vorgenommen
werden.“
11.05.2006 Integrationsbeirat
„Es wurde gemeinsam festgestellt, dass gegenwärtig
ein Bedarf nach muslimischen Bestattungen nicht konkretisiert werden kann. In
den letzten Jahren ist vereinzelt der Wunsch nach einer muslimischen Bestattung
in Hilden geäußert worden. Die Regel ist, dass eine Bestattung im Herkunftsland
erfolgt. Ein Bedarf wird erst in ca. 10 Jahren erwartet, da dann die 2. und 3.
Generation der Migranten aus Hauptherkunftsländern Türkei und Marokko sich hier
bestatten lassen werden.“
21.05.2014 Runder Tisch gegen Extremismus
Im Runden Tisch gegen Extremismus wurde
unter Federführung des Amts für Soziales und Integration über Islamische
Bestattungen beraten. In der Niederschrift wird u.a. aufgeführt:
„Natürlich sei es entscheidend, ob
überhaupt ein Bedarf für islamische Bestattungen vorhanden ist.
Herr Gatzke teilte mit, dass die Stadt vom Grundsatz her bereit
ist, die Einführung eines islamischen Friedhofes zu unterstützen.
Herr Bouziani sagte, dass lange Zeit kein solcher Bedarf gesehen
wurde. Nun würde es aber Diskussionen zu dem Thema geben. Ein islamischer
Friedhof in Hilden würde in Anspruch genommen werden. Mittlerweile besteht eine
entsprechende Nachfrage.
Die bestehenden
Friedhöfe kämen für islamische Bestattungen schon aufgrund der Befristung nicht
in Betracht.
Herr Thiele empfahl den Vereinen, nach internen Beratungen auf
die Stadt zuzukommen. Die Stadt würde ggf. in Betracht ziehen, ein bereits
bestehendes Gräberfeld zu trennen, und so ein Grundstück für islamische
Bestattungen bereit zu stellen. Derzeit existierten große Flächen auf den
Friedhöfen, die derzeit nicht belegt würden.“
Mit dem eingereichten Bürgerantrag greift
das Islamisch-Marokkanische Kulturzentrum Arrahman Moschee e.V. und das
Netzwerk Hildener Moscheevereine die Diskussion auf, in dem die Eröffnung eines
muslimischen Friedhofes für islamkonforme Bestattungen beantragt wird.
In Nachbarstädten wurden vereinzelt muslimische
Gräberfelder eingerichtet.
·
In Mettmann wurde schon sehr früh begonnen. Neben
einem Gräberfeld aus Reihengräbern wurde auch ein Raum zur Waschung des
Leichnams hergerichtet. Aus Mettmann wird berichtet, dass dort die erste muslimische
Bestattung am 23.12.2003 stattgefunden hat. In den zurückliegenden 16 Jahren
sind 10 Bestattungen durchgeführt worden. Derzeit ist noch keine verstärkte
Nachfrage zu verzeichnen. Die Liegezeit beträgt dort 30 Jahre.
·
Auch Velbert hat seit Jahren ein muslimisches
Gräberfeld. Im Gegensatz zu Mettmann werden auch auswärtige Bestattungsfälle
angenommen. Im Schnitt kommt es monatlich zu einer Bestattung. Auf dem
muslimischen Bestattungsfeld befinden sich zukünftig nur noch Wahlgräber, so
dass von den Nutzungsberechtigten das Nutzungsrecht von in der Regel 25 Jahren
immer verlängert werden kann. Aktuell ist eine erhöhte Nachfrage zu
verzeichnen.
·
In Wuppertal wird ein anderes Modell für einen
Muslimischen Friedhof verfolgt.
Seit Änderung des
Bestattungsgesetzes NRW im Jahre 2014 können auch religiöse
Vereine Friedhöfe betreiben. Als Träger eines künftigen Wuppertaler Friedhofes
fungiert eine Vereinigung der zehn Wuppertaler Moscheevereine. Das Eigentum an
der Friedhofsfläche, eine ehemalige Friedhofsfläche der ev. Kirche, liegt bei
dem Trägerverein. Die Verwaltung, die Finanzierung und die Durchführung der
Bestattungen werden in Eigenregie durch den Trägerverein vorgenommen.
Die
Zeit zwischen Antragseingang und Erstellung der Sitzungsvorlage reichte nicht
aus, um vorbehaltlich einer Entscheidung des Rates ein grobes Konzept mit einer
Schätzung der der Stadt Hilden entstehenden Kosten zu erstellen und
abzustimmen. Schon im Bürgerantrag selbst wird ausgeführt, dass weitere
persönliche Gespräche geführt werden sollten.
Daher
wird vorgeschlagen, die Verwaltung zu beauftragen, vorbehaltlich der
Entscheidung des Rates ein Konzept zu entwickeln. Hierfür sind zeitnah die
Gespräche mit den Vertretern des Islamisch-Marokkanisches Kulturzentrum
Arrahman Moschee e.V. und dem Netzwerk Hildener Moscheevereine aufzunehmen.
Dabei soll der voraussichtliche Bedarf geklärt werden. Die Verwaltung soll
Flächen für einen potentiellen muslimischen Friedhof im Umfeld der städtischen
Friedhöfe benennen und deren Geeignetheit mit den Vertretern des
Islamisch-Marokkanisches Kulturzentrum Arrahman Moschee e.V. und dem Netzwerk
Hildener Moscheevereine prüfen. Die potentiellen Kosten für die Stadt Hilden,
die Trägerschaft und die rechtlichen Voraussetzungen sind zu klären. Die
Ergebnisse sind den politischen Gremien zur Beratung und zur Entscheidung
vorzulegen.
Klimarelevanz:
Die Friedhöfe erfüllen aufgrund ihrer gärtnerischen Gestaltung auch
allgemeine Grünflächenfunktionen.
gez.
Alkenings
Hinweis
zum Beratungsablauf:
Gemäß
§ 6 Abs. 4 Ziffer 2 der Zuständigkeitsordnung obliegt dem Ausschuss für Umwelt-
und Klimaschutz die Vorberatung von "gesamtstädtischen Konzepten" zu
Friedhöfen. Angesichts des Eingangs des Antrags, der Bearbeitungszeit sowie der
Absage der Sitzung des UKS am 20.05.20 wird aufgrund der im Antrag
geschilderten Dringlichkeit der Bürgerantrag unmittelbar dem Haupt- und
Finanzausschuss zur Beratung vorgelegt. Hier könnte der vorgeschlagene
Arbeitsauftrag abschließend beschlossen werden.
Die endgültige Entscheidung über die Einrichtung eines muslimischen Friedhofes
obliegt dem Rat, da in der Zuständigkeitsordnung keine von der Allzuständigkeit
abweichende Regelung getroffen wurde.