Betreff
Antrag der Fraktion Bündnis´90/DIE GRÜNEN vom 18.01.2022:
Verpflichtung zum Bau von PV-Anlagen auf Neubauten und bei Dacherneuerungen
Vorlage
WP 20-25 SV 26/021/1
Aktenzeichen
IV/26.2
Art
Antragsvorlage
Referenzvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Erläuterungen zum Antrag:

 

Ohne den Ausbau von PV-Anlagen ist Klimaneutralität in Deutschland nicht erreichbar. Deshalb soll sich ihre Gesamtleistung bis 2030 bundesweit mehr als verdreifachen. Hier stehen besonders Städte in der Pflicht, der örtlichen Wirtschaft und den Bürger*innen als Vorbild zu dienen.


Antragstext:

 

Auf Neubauten der Stadt Hilden und ihrer Töchter werden grundsätzlich Photovoltaikanlagen installiert. Das gleiche gilt bei Dacherneuerungen, sofern dies technisch möglich ist und dem Denkmalschutz nicht entgegensteht.
Die Verpflichtung zur Installation von PV-Anlagen ergibt sich, wenn eine Amortisierung der Kosten innerhalb von 20 Jahren zu erwarten ist.


Hinweise zum Verfahren:

 

Gemäß § 6 Absatz 4 der Zuständigkeitsordnung des Rates werden die „Angelegenheiten des Amtes für Gebäudewirtschaft insbesondere investive Neubau- und Unterhaltungsmaßnahmen“ im Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz nur vorberaten.
Laut § 5a Ziffer 6 der Zuständigkeitsordnung entscheidet der Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen über die Festlegung eines langfristigen Investitionsprogramms.

Da dieser Antrag nicht nur Baumaßnahmen der juristischen Person „Stadt Hilden“ betrifft, sondern auch die städtischen Töchtergesellschaften - wie z.B. Stadtwerke Hilden GmbH oder die WGH Wohnungsbaugesellschaft Hilden mbH - binden soll, ist der Antrag im Rat als Vertretungs- und Entscheidungsorgan des Gesellschafters abschließend zu beraten.

 

Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Tochtergesellschaften Wirtschaftspläne für die Unternehmensplanungen relevant sind, deren Änderung / Fortschreibung verschiedenste Auswirkungen haben können. Diese Auswirkungen sollten vor einem möglichen Beschluss über die zuständigen Gesellschaftsorgane aufgezeigt werden. Eine Bindungswirkung kann ein Beschluss des Rates in Bezug nur in Form einer konkreten Gesellschafterweisung erreichen. Im Übrigen sind die Gesellschaftsorgane im Rahmen der nach Gesellschaftsvertrag zugewiesenen Aufgaben einzubeziehen.

 

 

 

Stand: 26.04.2022

Stellungnahme der Verwaltung

 

In den letzten Jahren wurde bei anstehenden Neubaumaßnahmen kontrovers diskutiert, ob auf ihren Dächern Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) errichtet und betrieben werden sollen. Die Verwaltung wurde in der Regel im bereits laufenden Planungsverfahren beauftragt, auf Grundlage einer anzufertigenden Entwurfsplanung mit Kostenberechnung die voraussichtliche Wirtschaftlichkeit von PV-Anlagen zu untersuchen.

 

Derzeit befinden sich rund 120 Gebäude im städtischen Besitz und werden von dem Amt für Gebäudewirtschaft unterhalten. Auf vier Gebäuden sind PV-Anlagen installiert. Eine zusätzliche PV-Anlage entsteht auf dem Neubau des Funktionsgebäudes Weidenweg, eine weitere PV-Anlage auf dem Neubau des Schulgebäudes an der Walder Str. ist in Planung. Im Rahmen der Vorplanung für weitere Neu- / Erweiterungsbauten (Feuerwehr, Kita Holterhöfchen) wird die Nutzung von solarer Strahlungsenergie bereits jetzt berücksichtigt.

 

 

Im Hinblick darauf, dass mit der am 31. August 2021 in Kraft getretenen Änderung des Klimaschutzgesetzes die Bundesregierung die Klimaschutzvorgaben verschärft und das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verankert hat, sind auch die Stadtverwaltung sowie die Immobilien errichtenden und verwaltenden Gesellschaften des Konzerns Stadt Hilden verpflichtet, den Treibhausgasausstoß nachhaltig zu verringern.

Eine umfassendere Nutzung der solaren Strahlungsenergie ist unstrittig ein Baustein, während des Betriebs einer Immobilie deren Treibhausgasausstoß zu verringern.

 

Deshalb unterstützt die Verwaltung das Ansinnen der Fraktion Bündnis´90 / DIE GRÜNEN Abstand von der immer wieder spät im Planungsverfahren initiierten Einzelfallprüfung zu nehmen und eine standardisierte Vorgehensweise festzulegen.

 

Jedoch kann die solare Strahlungsenergie derzeit nicht nur in Form von Photovoltaik, sondern auch in Form von Solarthermie genutzt werden.

 

Deshalb regt die Verwaltung an, einen anderen Antragstext zur beraten:

     „Bei Neubauten und Dacherneuerungen von Gebäuden der Stadt Hilden sowie ihrer Töchter wird im Rahmen der Vorplanung geprüft, ob solare Strahlungsenergie wirtschaftlich nutzbar ist. Sofern die wirtschaftliche Nutzbarkeit durch einen zertifizierten Energieberater zum Abschluss der Vorplanung bestätigt wird, erfolgt die Ausstattung des Gebäudes mit Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.“

 

Hierdurch würde aus Sicht der Verwaltung ein standardisierter Prozess festgelegt, der die Berücksichtigung von solarer Strahlungsenergie in der Planung sowie eine transparente Bewertung durch einen zertifizierten Energieberater beinhaltet. Die Entscheidungsfindung könnte somit für alle Neubauten und Dacherneuerungen gleichartig und nachvollziehbar erfolgen.

 

Die Kosten für die Bewertung durch einen zertifizierten Energieberater sind im Kontext der Gesamtplanungskosten innerhalb des Projektes vernachlässigbar. Die Kosten für die ggf. folgende Erstellung der PV-Anlage sind von diversen gebäudebezogenen Faktoren abhängig. Insofern sind die finanziellen Auswirkungen dieser Sitzungsvorlage gebäudebezogen und noch nicht abzusehen.

 

Neben dieser Verfahrensergänzung ist eine systematische Ermittlung der Potenziale für die Nutzung erneuerbarer Energien auf städtischen Gebäude sinnvoll, um das übergeordnete Ziel der Klimaneutralität zu erreichen.

 

Mit der Besetzung der vakanten Stellen der Klimamanagerin und der technischen Sachgebietsleitung im Gebäudemanagement stehen nun die erforderlichen personellen Ressourcen ab 01.04 2022 zur Verfügung, um nun entsprechend des Antrages der Fraktion Bündnis´90 / DIE GRÜNEN vom 01.03.2021 (Photovoltaik-Anlagen auf städtischen Dächern, WP 20-25 SV 26/004/1) in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Hilden GmbH für alle kommunalen Gebäude das Potential zur Nutzung solarer Strahlungsenergie zu ermitteln.

 

Für die Erstellung der Potentialanalyse könnte eine Förderung von Beratungsleistung zum Photovoltaikausbau durch die Bezirksregierung Arnsberg in Anspruch genommen werden. Es werden maximal 90 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben bzw. eine maximale Förderung in Höhe von 40.000 Euro bewilligt. (https://www.bra.nrw.de/energie-bergbau/foerderinstrumente-fuer-die-energiewende/foerderung-von-beratungsleistungen-zum-Photovoltaikausbau).

 

In dem zu beauftragenden Gutachten sollen Restriktionen (Statik, Denkmalschutz) und gegebenenfalls geplante Sanierungen detailliert erfasst und überprüft werden. Fester Bestandteil und Ergebnis der Potentialanalyse soll die Identifizierung und Ausweisung von Vorranggebäuden darstellen. Dies könnte zum Beispiel in Form einer Liste und einer Kategorisierung in Eignungsgrade für die jeweilige Technologie (Erfassung aller relevanten Angaben wie Neigung, Ausrichtung, Gebäudehöhe und Statik) erfolgen. Für die Nutzung solarer Strahlungsenergie sind zudem die klimatologisch relevanten Voraussetzungen (Himmelsrichtungen, Topografie, Baumbestände, Hauptwindrichtung) genauso zu berücksichtigen wie die Sektorenkopplungspotentiale. Dabei steht die engere Verzahnung und Verknüpfung im Anwendungsbereich der Energie in der Bereitstellung von Strom, Wärme und Mobilität im Vordergrund. Prioritär sollten Gebäude mit hohem Energieverbrauch in den Blick genommen werden.

 

Soweit technisch sinnvoll werden dabei die Ergebnisse des Gutachtens zur CO2 - Reduzierung aus 2010 unter heutigen Gesichtspunkten fortgeschrieben. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seit 2010 wesentlich geändert haben. Insofern sind die seinerzeit erzielten Arbeitsergebnisse hinsichtlich Sanierungserfordernissen der Dächer, Umgebungsveränderungen, Sektorenkopplungspotentialen, effizienteren PV-Anlagen und veränderten Energiebedarfen auch unter Einbeziehung der geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (Verringerung der Einspeisevergütung) neu zu bewerten.

 

Die Wahl der geeigneten Energieversorgung steht in Abhängigkeit von der Größe und dem Energiebedarf des zu versorgenden Gebäudes. Dabei geht es im Wesentlichen um zwei Ziele:

 

1. Minimierung des Eigenbedarfs

2. Möglichst klimaneutrale Deckung des verbleibenden Energiebedarfs.

 

Demnach strebt eine optimierte Nutzung der solaren Strahlungsenergie die Erreichung möglichst hoher solarer Erträge an, die dem Gebäude zur Verfügung stehen. Für den wirtschaftlichen Betrieb der Systeme ist vor allem ein konstanter Eigenversorgungsanteil bzw. hoher Autarkiegrad zielführend. Aus diesem Grunde sind Gebäude mit hohem energetischen Verbrauch, welcher tagsüber anfällt, in der Analyse bevorzugt zu betrachten.

 

Darüber hinaus ist es empfehlenswert bei Vorplanungsstudien zu dem kommunalen Ausbau von PV-Anlagen das Betreibermodell im Vorhinein festzulegen. Derzeit erweisen sich zwei Modelle als geeignet: optimal ist es, wenn die Kommune die PV-Anlage selbst baut und betreibt. Fehlen die investiven Mittel kann der Bau einem Dritten übertragen werden, dieser verpachtet die Anlage zurück an die Kommune. Damit wird die Personenidentität von Betreiber und Stromnutzer sichergestellt.

 

 

gez.

Dr. Claus Pommer

Bürgermeister

 

Klimarelevanz:

 

Die Bauindustrie ist einer der größten „Ressourcenkonsumenten“ und hat mit 30% einen erheblichen Anteil am deutschen CO2-Ausstoß. Ein nachhaltiges und suffizient handelndes Bauwesen kann einen maßgeblichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten. Der Gebäudesektor ist gefordert, seine Emissionen von 118 Mio. t CO2-Äquivalent im Jahr 2020 auf 67 Mio. t 2030 zu reduzieren.

Eine umfassendere Nutzung der solaren Strahlungsenergie ist unstrittig ein Baustein, während des Betriebs einer Immobilie deren Treibhausgasausstoß zu verringern.