Betreff
Auswirkungen geänderter Arbeitsschutzregeln auf Straßen- und Kanalbaumaßnahmen
Vorlage
WP 14-20 SV 66/132
Aktenzeichen
66.1
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtentwicklungsausschuss nimmt die Erläuterungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Baustellen im Straßenraum stellen vielfach aus unterschiedlichen Gründen für die Verkehrsteilnehmer ein Ärgernis dar. Sei es wegen Staus, Umleitungen, entfallender Parkplätze oder Lärm. Ein besonderes Augenmerk lag und liegt beim Tiefbau- und Grünflächenamt daher bei städtischen wie fremden Baumahmen neben Fragen der Verkehrssicherheit auf der Baustellenorganisation, um die o.a. Beeinträchtigungen nach Möglichkeit kurz und überschaubar zu halten. Auch die Baustellenterminierung wurde und wird vielfach darauf ausgerichtet (Stichwort Ferienbaustellen).

 

Beim Bauen im Bestand sind allerdings Beeinträchtigungen in der Regel unvermeidbar.

 

Bisher war es ein Anliegen, insbesondere Vollsperrungen von verkehrsbedeutenden Straßen nach Möglichkeit zu vermeiden. So sollte wenigstens in eine Fahrtrichtung der Verkehr aufrechterhalten werden.

 

Dies wird so nach derzeitiger Einschätzung vielfach nicht mehr möglich sein.

 

Wegen der sehr wahrscheinlichen weitreichenden verkehrlichen Auswirkungen, wird mit dieser Vorlage über die rechtlichen Grundlagen und über wahrscheinliche Auswirkungen informiert.

 

Ausgangspunkt sind die bundesweit geltenden Gesetze und Regelungen zum Bereich des Arbeitsschutzes. Für den Bereich von Straßenbaustellen hat es hier im Dezember 2018 eine Änderung gegeben, die weitreichende Konsequenzen hat, wobei es im Kern „nur“ um die Sicherheitsabstände zwischen Baustellenmitarbeitern und fließendem Verkehr geht.

 

Festgelegt ist dies in den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen Technische Regeln für Arbeitsstätten in denen „Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Baustellen im Grenzbereich zum Straßenverkehr – Straßenbaustellen ASR A5.2“ festgelegt worden sind. Anmerkung: Wegen der erheblichen Auswirkungen auf die Abwicklung von Straßenbaustellen war die Einführung dieser ASR A5.2 seit 2013 zwischen dem Bundesverkehrsministerium und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales umstritten.

 

Diese Regeln gelten direkt eigentlich erst einmal nur für den Arbeitgeber, der auf den o.a. Baustellen eingesetzten Mitarbeiter, also für die von der Stadt beauftragten Baufirmen. Das Tiefbau- und Grünflächenamt kann aber letztlich keine Bauaufträge erteilen, die nur unter Nichtbeachtung der o.a. Regeln umsetzbar wären. Die Zusammenhänge werden noch erläutert.

 

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für die von ihm durchzuführenden Arbeiten Gefährdungsbeurteilungen zu erstellen. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind.

 

Die ASR A5.2 fordert:

 

-Straßenbaustellen sind so zu planen und einzurichten, dass Gefährdungen durch den fließenden Verkehr für Beschäftigte möglichst vermieden und verbleibende Gefährdungen möglichst gering gehalten werden.

 

-Sofern Gefährdungen für Beschäftigte durch den fließenden Verkehr nicht vermieden werden können, sind diese so weit wie möglich zu minimieren. Zur Minimierung dieser Gefährdungen sind für Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Straßenbaustellen bereits in der Planung der Ausführung der Arbeiten unter Berücksichtigung der zum Einsatz kommenden Arbeitsverfahren und Arbeitsmittel geeignete Schutzmaßnahmen vorzusehen.

 

- Zum Schutz der Beschäftigten ist für Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Straßenbaustellen ein seitlicher Sicherheitsabstand zum fließenden Verkehr vorzusehen. Damit werden z. B. unbeabsichtigte Bewegungen von Beschäftigten aus dem Bereich von diesen Arbeitsplätzen und Verkehrswegen heraus oder unbeabsichtigte Fahrbewegungen des fließenden Verkehrs berücksichtigt.

 

Dabei werden folgende Sicherheitsabstände und Mindestbreiten gefordert (am Beispiel Asphalteinbau):

 


 

BM (Mindesbreite Arbeitsplatz neben Gerät) muss mindestens 80cm betragen

SQ (Mindesbreite Sicherheitsabstand zu Mittelachse Absperrbake) muss mindestens 30-50cm betragen (je nach zulässiger Geschwindigkeit des vorbeigeführten Verkehrs)

 

Was bedeutet dies nun für die Baustellenpraxis?

 

Am Beispiel einer Erneuerung einer Asphaltdeckschicht einer Straße soll dies einmal deutlich gemacht werden. Der Asphalt wird wechselseitig nacheinander jeweils auf einer Straßenhälfte eingebaut. Also das klassischerweise angestrebte innerstädtische Bauverfahren.

 

Es wird geprüft, ob und ggfls. welcher Verkehr noch in einer Fahrtrichtung an der Baustelle vorbeigeführt werden kann. Dabei wird schon eine verminderte zulässige Geschwindigkeit von 30 km/h im Baustellenbereich unterstellt.

 

Es ergibt sich dann unter Berücksichtigung der Forderung des ASR A5.2 und den verkehrsrechtlichen Regelungen folgende Situation:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                    

Angesetzte Straßenbreite (Fahrbahn) 6,50m (klassische Hauptverkehrsstraße)

 

 

Fazit: Selbst bei einer Gesamtbreite von 6,50m verbleibt nur noch eine nutzbare Fahrbahnbreite von 1,75m. Also selbst Pkw können nicht mehr an der Baustelle vorbeigeführt werden.

 

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An folgendem Bild wird die Mindestbreite einer Straße aufgezeigt, wenn eine Vorbeiführung des Lkw-Verkehrs möglich sein soll.

 

 

 

 

Eine solche Straßengesamtbreite (Fahrbahn) haben wir in Hilden im kommunalen Zuständigkeitsbereich nirgendwo.

 

Beispiele für wichtige Straßen in Hilden (ohne Straßen im Zuständigkeitsbereich des Landesbetriebs Straßenbau.NRW):

 

Gerresheimer Straße             6,80 – 7,20m

Hochdahler Straße                7,50 – 7,70m

Mozartstraße                          4,00 – 6,00m (mit Parkstreifen)

Beethovenstraße                   5,60 – 7,20m (mit Parkstreifen)

Oststraße                               6,10 – 6,70m (mit Parkstreifen)

Kalstert                                   5,80 – 6,20m

Erikaweg                                6,20m

 

Diese Beispiele zeigen deutlich, dass es keine Straßen im Zuständigkeitsbereich der Stadt gibt, welche bei Erfüllung der o.a. Vorgaben zukünftig ohne Vollsperrungen bei Sanierungen auskommen werden.

 

Ergänzender Hinweis: Die o.a. Arbeitssicherheitsregelungen kommen natürlich nicht nur bei Straßenbaumaßnahmen zum Tragen, sondern auch z.B. bei Kanalbaumaßnahmen (bzw. allen Leitungsbaumaßnahmen). Insofern kann es also auch dazu kommen, dass Kanalbaumaßnahmen, die in der Nähe der Straßenmitte liegen, Vollsperrungen nötig werden.

 

 

 

 

Wie in den Eingangserläuterungen beschrieben, richtet sich die ASR A5.2 an die bauausführende Firma als Arbeitgeber. Er ist für die Schaffung sicherer Arbeitsbedingungen verantwortlich. Insofern könnte die Stadt meinen, sich als Auftraggeber dahingehend „raushalten“ zu können, wie der Auftragnehmer die Baustelle organisiert. Gleichzeitig könnte die Stadt als Straßenverkehrsbehörde eine Vollsperrung untersagen.

 

Für den Auftraggeber greift aber die sogenannte Baustellenverordnung und damit die „Regeln für Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB 33)“. Danach muss bei Baustellen ab einer bestimmten Größenordnung ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator schon während der Baustellenplanung beauftragt werden.

Er hat einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan zu erstellen. Der Plan muss die für die betreffende Baustelle anzuwendenden Arbeitsschutzbestimmungen erkennen lassen……

Insofern muss sich die Stadt Hilden als Bauherr schon  im Vorfeld der Bauabwicklung mit dem Thema ASR 5.2 beschäftigen.

 

Hinzu kommt, dass auch die VOB für das Bauleistungsverzeichnis die genaue Darlegung der zu berücksichtigenden Baustellenrandbedingungen fordert.

 

Insgesamt bleibt festzustellen, dass die Baustellenplanung im Straßenbereich aufwendiger wird und die Auswirkungen auf den Straßenverkehr deutlich zunehmen werden.

 

Birgit Alkenings