Beschlussvorschlag:
Der Rat der Stadt Hilden nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
Erläuterungen und Begründungen:
Die Verwaltung hat auf eine Anfrage der Fraktion Bürgeraktion vom
25.07.2017 einen detaillierten Zwischen-Sachstandsbericht mit Datum vom
02.08.2017 erstellt und allen im Rat der Stadt Hilden vertretenen Fraktionen
zukommen lassen. Dieses Schreiben ist in Anlage beigefügt. Zudem hat die
Verwaltung zugesagt, den Rat der Stadt Hilden über die noch zu treffenden Entscheidungen
über eingereichte Anträge nach dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) und seines
Ausführungsgesetzes für Nordrhein-Westfalen (AG GlüStV NRW) gesondert zu
informieren.
Zwischenzeitlich hat die Verwaltung in enger Abstimmung mit einer
beauftragten Rechtsanwalts-Kanzlei nachfolgende Einzelfallentscheidungen
getroffen:
1. Grundsätzliches
1.1 Jeder
Spielhallenstandort, der bereits vor Inkrafttreten des GlüStV auf Grundlage
einer (Alt-)Erlaubnis nach § 33 i der Gewerbeordnung (GewO) betrieben wurde
(gilt in Hilden für alle Standorte), hat nach dem GlüStV und dem AG GlüStV NRW
einen grundsätzlichen Rechtsanspruch auf Erhalt einer neuen Erlaubnis
ab dem 01.12.2017 für eine Spielhalle mit 12 Geldspielgeräten (GSG),
soweit sich nicht aus dem Gesetz selbst eine Antragsablehnung (z.B. wegen
Unterschreitung des Mindestabstandsgebotes von 350 m Luftlinie zu einer anderen
Spielhalle) ergibt.
1.2 Nach § 17 AG GlüStV NRW
beginnt die Sperrzeit um 1 Uhr und endet um 6 Uhr. Der Gesetzgeber hat
hierzu keine Ausnahmen eingeräumt. Allein dies stellt nach Bewertung
durch die Verwaltung bereits einen spürbaren Einschnitt für die
Spielhallen-Landschaft in Hilden dar und ist somit geeignet, eines der
Schutzziele des § 1 GlüStV
„…das Entstehen von
Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine
wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen…“
zu unterstützen.
1.3 Nachfolgend werden die
Begriffe „Härtefall“ und „Abschmelzungskonzept“ verwendet.
Unter dem Begriff „Härtefall“ versteht der GlüStV begründete
Einzelfälle, in denen der Antragsteller nachweisen kann, dass er im Vertrauen
auf die bisherige Erlaubnis nach der Gewerbeordnung in der Vergangenheit
umfangreiche Vermögensdispositionen für das Unternehmen getroffen hat und eine
Versagung der Erlaubnis für eine sog. Mehrfachkonzession (mehr als 12 GSG je
Spielhallenstandort) zu einer unbilligen (wirtschaftlichen) Härte im Einzelfall
führen würde.
Der Begriff „Abschmelzungskonzept“ ergibt sich u.a. aus dem Erlass des
Ministeriums für Inneres und Kommunales in Nordrhein-Westfalen (MIK NRW) vom
10.05.2016. Danach ist es rechtlich vertretbar, dass ein durch den
Antragsteller vorgelegtes und dabei tragfähiges Konzept zum stufenweisen Abbau
von Geldspielgeräten bis zum Ablauf des GlüStV (30.06.2021) im Zusammenhang mit
der Geltendmachung des Härtefalls genehmigungsfähig ist. Durch die Umsetzung
eines Abschmelzungskonzepts tragen die Spielhallenbetreiber zur Erreichung der
Ziele des GlüStV bei.
1.4 Der Begriff
„Störerauswahl“ (u.a. MIK-Erlass vom 10.05.2016) wird auch im Zusammenhang mit
der Unterschreitung des Mindestabstandsgebotes von 350 m Luftlinie zwischen
zwei Spielhallenobjekten verwendet. Dabei sollen durch die Ordnungsbehörde
festgestellte Mängel im gewerberechtlichen Sinne eine mögliche
Entscheidungshilfe bei der Auswahl, welche der betroffenen Spielhallen keine
Erlaubnis erhält, darstellen. Das Ordnungsamt hat hierauf vier in 2016 und 2017
Kontrollen anhand eines Prüfschemas in allen in Hilden von der
Abstandsproblematik betroffenen Spielhallenobjekten durchgeführt. Die
Überprüfung führte zu keinem entscheidungsunterstützenden Ergebnis. Die
nachfolgenden Einzelfallentscheidungen zur Abstandsproblematik basieren daher
auf den übergeordneten Zielsetzungen des GlüStV, die nicht in der Person des
Antragstellers oder in der Führung des Spielhallenbetriebes selbst liegen.
2.
Einzelfall-Entscheidungen der Verwaltung
2.1 Spielhallenobjekt Düsseldorfer Str. 67
In dem o.a. Objekt hat die Betreiberin bisher 5 Spielhallen (60 GSG)
betrieben. Da eine Unterschreitung des Mindestabstandes von 350 m Luftlinie zu
einer anderen Spielhalle nicht vorliegt, war somit mit Datum vom 08.11.2017
- die
Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle mit 12 GSG zu erteilen.
Für den Fortbetrieb der weiteren 4 Spielhallen im Objekt wurde der
Härtefallantrag gestellt und ein genehmigungsfähiges Abschmelzungskonzept
vorgelegt. Mit Datum vom 08.11.2017 wurde die Härtefallerlaubnis wie folgt
erteilt:
- Wegfall
von 12 GSG ab dem 01.01.2018
- Wegfall
von 12 GSG ab dem 01.09.2019
- durchgängige Erlaubnis für 24 GSG bis zum
30.06.2021
Bis zum Ablauf des GlüStV werden somit 24 GSG
(= 50%) der über die eine (Regel-) Erlaubnis hinausgehenden Geldspielgeräte
abgebaut.
Da das Konzept mit der Verwaltung abgestimmt
ist, besteht hier für die Stadt Hilden kein Klagerisiko.
2.2. Spielhallenobjekt Niedenstr. 121
In dem o.a. Objekt hat die Betreiberin bisher 6 Spielhallen (72 GSG)
betrieben. Da eine Unterschreitung des Mindestabstandes von 350 m Luftlinie zu
einer anderen Spielhalle nicht vorliegt, war somit mit Datum vom 22.11.2017
- die
Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle mit 12 GSG zu erteilen.
Für den Fortbetrieb der weiteren 5 Spielhallen im Objekt wurde der
Härtefallantrag gestellt und ein genehmigungsfähiges Abschmelzungskonzept
vorgelegt. Mit Datum vom 22.11.2017 wurde die Härtefallerlaubnis wie folgt
erteilt:
- Abbau
von 10 GSG ab dem 01.12.2018
- Abbau
von 10 GSG ab dem 01.07.2020
- Abbau
von 10 GSG ab dem 01.01.2021
- durchgängige
Erlaubnis von 30 GSG bis zum 30.06.2021
Bis zum Ablauf des GlüStV werden somit 30 GSG
(= 50%) der über die eine (Regel-) Erlaubnis hinausgehenden Geldspielgeräte
abgebaut.
Da das Konzept mit der Verwaltung abgestimmt
ist, besteht hier für die Stadt Hilden kein Klagerisiko.
2.3 Spielhallenobjekt Benrather Str. 40
In dem o.a. Objekt hat die Betreiberin bisher 2 Spielhallen (24 GSG)
betrieben. Das Objekt unterschreitet den Mindestabstand von 350 m Luftlinie zu
einer anderen Spielhalle; der Abstand zum Spielhallenobjekt in der Schwanenstr.
13 beträgt 326 m Luftlinie. Die zu treffende Auswahlentscheidung fiel hier
zugunsten des Objektes in der Benrather Str. 40 aus (s. Erläuterung zum Objekt
Schwanenstr. 13). Somit war im Ergebnis mit Datum vom 08.11.2017
- die
Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle mit 12 GSG zu erteilen.
Für den Fortbetrieb der zweiten Spielhalle im Objekt wurde der
Härtefallantrag gestellt und ein genehmigungsfähiges Abschmelzungskonzept
vorgelegt. Mit Datum vom 08.11.2017 wurde die Härtefallerlaubnis wie folgt
erteilt:
- Abbau
von 3 GSG ab dem 01.04.2019
- Abbau
von 3 GSG ab dem 01.04.2020
- durchgängige
Erlaubnis für 6 GSG bis zum 30.06.2021
Bis zum Ablauf des GlüStV werden somit 6 GSG
(= 50%) der über die eine (Regel-) Erlaubnis hinausgehenden Geldspielgeräte
abgebaut.
Da das Konzept mit der Verwaltung abgestimmt
ist, besteht hier für die Stadt Hilden kein Klagerisiko durch die Betreiberin
selbst.
2.4 Spielhallenobjekt Mittelstr.
62a/Kurt-Kappel-Str. 8
In dem o.a. Objekt hat die Betreiberin bisher 2 Spielhallen (24 GSG)
betrieben. Das Objekt unterschreitet den Mindestabstand von 350 m Luftlinie zu
einer anderen Spielhalle; der Abstand zum Spielhallenobjekt in der Schwanenstr.
13 beträgt nur 177 m Luftlinie. Die zu treffende Auswahlentscheidung fiel hier
zugunsten des Objektes in der Mittelstr. 62a/Kurt-Kappel-Str. 8 aus (s.
Erläuterung zum Objekt Schwanenstr. 13).
Da die Betreiberin nur noch den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis für
eine Spielhalle beantragt hat, war im Ergebnis mit Datum vom 08.11.2017
- die
Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle mit 12 GSG zu erteilen.
Dies bedeutet, dass es in diesem Vorgang
bereits ab dem 01.12.2017 zu einem
- durchgängigen
Abbau von 12 GSG bis zum 30.06.2021
kommt.
Auch hier besteht für die Stadt Hilden kein
Klagerisiko.
2.5 Spielhallenobjekt Schwanenstr. 13
In dem o.a. Objekt hat die Betreiberin bisher
eine Spielhalle (12 GSG) betrieben. Dieser Standort hat geographisch zu zwei
anderen Spielhallenobjekten (s. Ziffern 2.3 und 2.4) eine Konkurrenzsituation
in Form einer Abstandsunterschreitung ausgelöst. Im Rahmen eines nur eng
begrenzten Auswahlermessens war somit die Auflösung dieser Konkurrenzsituation
vorzunehmen. Aufgrund der unmittelbaren Nähe dieses Objektes zu einer
Einrichtung der Jugendförderung
- hier:
JugendZeit e.V., Schwanenstr. 17, Abstand 28 m,
zu einer Einrichtung der Kinder- und
Jugendarbeit der Evang. Kirchengemeinde
- hier:
„SonderBar“, Eisengasse 4, Abstand 36 m
und zu einer Einrichtung der Suchthilfe und
–prävention
- hier:
SPE Mühle e.V., Marktstr. 5-7, Abstand 70 m
musste in diesem Vorgang das Individualinteresse
der Antragstellerin vor den überragend wichtigen Gemeinwohlbelangen des GlüStV
„den Jugend- und den Spielerschutz zu
gewährleisten“ zurücktreten.
Im Ergebnis wurde daher der gestellte Antrag
auf Erlaubnis für eine Spielhalle abgelehnt. Hierdurch wurde die
Abstandsproblematik zu den anderen Spielhallenobjekten aufgelöst.
Hiergegen wird die Betreiberin sicherlich
Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf und ggf. auch vor dem
Oberverwaltungsgericht Münster erheben. Mit einer abschließenden Entscheidung
dürfte daher vor Ablauf von 2-3 Jahren nicht zu rechnen sein.
2.6 Spielhallenobjekt Hans-Sachs-Str. 19
In dem o.a. Objekt hat die Betreiberin bisher 2 Spielhallen (24 GSG)
betrieben. Da eine Unterschreitung des Mindestabstandes von 350 m Luftlinie zu
einer anderen Spielhalle nicht vorliegt, war somit mit Datum vom 08.11.2017
- die
Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle mit 12 GSG zu erteilen.
Für den Fortbetrieb der zweiten Spielhallen im Objekt wurde der
Härtefallantrag gestellt. Dieser wurde nach Prüfung der eingereichten
Unterlagen mit Datum vom 08.11.2017 abgelehnt.
Auch hiergegen wird die Betreiberin
sicherlich Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf und ggf. auch vor dem
Oberverwaltungsgericht Münster erheben. Mit einer abschließenden Entscheidung
dürfte daher vor Ablauf von 2-3 Jahren nicht zu rechnen sein.
2.7
Spielhallenobjekte Mühlenhof 2 und Mühlenhof 13
In dem Objekt Mühlenhof 2 hat die Betreiberin bisher 4 Spielhallen (48
GSG) betrieben. In dem Objekt Mühlenhof 13 hat der Betreiber bis 3 Spielhallen
(36 GSG) betrieben. Beide Objekte befinden sich in unmittelbarer Nähe (ca. 50 m
Abstand) zueinander. Es liegt somit eine deutliche Unterschreitung des
Mindestabstandsgebotes von 350 m Luftlinie vor.
Für beide Objekte wurden sowohl eine Ausnahme vom Mindestabstandsgebot
sowie der Härtefall beantragt. Beide Anträge wurden nach Abwägung mit den
übergeordneten Zielen des GlüStV abgelehnt, da es eben nicht mit diesen
Zielsetzungen vereinbar ist, dass nur aufgrund einer ergebnislosen
Störerauswahl der Betrieb von zwei in unmittelbarer Nähe zueinander
befindlichen Spielhallenobjekten weiterhin zugelassen wird.
Diese Doppel-Ablehnung stellt mit Sicherheit die rechtlich
interessanteste Konstellation aller getroffenen Entscheidungen dar. Es bleibt
abzuwarten, zu welcher verwaltungsgerichtlichen Bewertung dies im Falle der zu
erwartenden Klagen hiergegen führen wird.
3. Auswirkungen der
Entscheidungen auf die Anzahl der GSG in Spielhallen
Nur auf Basis der getroffenen Entscheidungen (Bescheide) und
vorbehaltlich etwaiger Bewertungen
durch das VG Düsseldorf und des OVG Münster, ergeben sich zunächst nachfolgende
Auswirkungen auf die Anzahl von GSG in den Hildener Spielhallenbetrieben bis zum
Ablauf des GlüStV am 30.06.2021:
Spielhallenstandort |
Anzahl GSG bis 30.11.20117 |
Anzahl GSG am 30.06.2021 |
Düsseldorfer Str. 67 |
60 |
36 |
Niedenstr. 121 |
72 |
42 |
Benrather Str. 40 |
24 |
18 |
Mittelstr. 62a/Kurt-Kappel-Str. 8 |
24 |
12 |
Schwanenstr. 13 |
12 |
0 |
Hans-Sachs-Str. 19 |
24 |
12 |
Mühlenhof 2 |
48 |
0 |
Mühlenhof 13 |
36 |
0 |
gesamt |
300 |
120 |
4. Was kommt ab dem
01.07.2021?
Der GlüStV und somit auch sein AG GlüStV NRW enden mit Ablauf des
30.06.2021. Es ist aktuell nicht möglich, verbindliche Aussagen darüber zu
treffen, wie es danach im Glücksspielrecht weitergehen wird. Ob die
Bundesländer auch über den 30.06.2021 hinaus geschlossen an einer weiteren
Kooperation auf rechtlicher Ebene interessiert sein werden, oder vielmehr auf
eigenständige Länderlösungen setzen, bleibt abzuwarten. Jedenfalls weichen die
aktuellen Ausführungsgesetze der Länder schon heute nicht unerheblich
voneinander ab.
Es wäre im Sinne der suchtpräventiven Zielsetzungen und des
Spielerschutzes jedenfalls aus Sicht der Verwaltung wünschenswert, dass die
Regelungen zum Glücksspielrecht, egal auf welcher Grundlage sie auch zustande
kommen, ab dem 01.07.2021 vor allem eines sind:
Unmissverständlich, frei von Ausnahmetatbeständen und
Härtefallbestimmungen und damit verbundenen Interpretationsspielräumen.
gez. Birgit Alkenings
Bürgermeisterin