Betreff
Glücksspielrechtliche Erlaubnisse für Spielhallen
Vorlage
WP 14-20 SV 32/021
Aktenzeichen
I/32-MS
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Rat der Stadt Hilden nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Die Verwaltung hat auf eine Anfrage der Fraktion Bürgeraktion vom 25.07.2017 einen detaillierten Zwischen-Sachstandsbericht mit Datum vom 02.08.2017 erstellt und allen im Rat der Stadt Hilden vertretenen Fraktionen zukommen lassen. Dieses Schreiben ist in Anlage beigefügt. Zudem hat die Verwaltung zugesagt, den Rat der Stadt Hilden über die noch zu treffenden Entscheidungen über eingereichte Anträge nach dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) und seines Ausführungsgesetzes für Nordrhein-Westfalen (AG GlüStV NRW) gesondert zu informieren.

 

Zwischenzeitlich hat die Verwaltung in enger Abstimmung mit einer beauftragten Rechtsanwalts-Kanzlei nachfolgende Einzelfallentscheidungen getroffen:

 

1. Grundsätzliches

 

1.1       Jeder Spielhallenstandort, der bereits vor Inkrafttreten des GlüStV auf Grundlage einer (Alt-)Erlaubnis nach § 33 i der Gewerbeordnung (GewO) betrieben wurde (gilt in Hilden für alle Standorte), hat nach dem GlüStV und dem AG GlüStV NRW einen grundsätzlichen Rechtsanspruch auf Erhalt einer neuen Erlaubnis ab dem 01.12.2017 für eine Spielhalle mit 12 Geldspielgeräten (GSG), soweit sich nicht aus dem Gesetz selbst eine Antragsablehnung (z.B. wegen Unterschreitung des Mindestabstandsgebotes von 350 m Luftlinie zu einer anderen Spielhalle) ergibt.

 

1.2       Nach § 17 AG GlüStV NRW beginnt die Sperrzeit um 1 Uhr und endet um 6 Uhr. Der Gesetzgeber hat hierzu keine Ausnahmen eingeräumt. Allein dies stellt nach Bewertung durch die Verwaltung bereits einen spürbaren Einschnitt für die Spielhallen-Landschaft in Hilden dar und ist somit geeignet, eines der Schutzziele des § 1 GlüStV

 

…das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen…“

 

zu unterstützen.

 

1.3       Nachfolgend werden die Begriffe „Härtefall“ und „Abschmelzungskonzept“ verwendet.

Unter dem Begriff „Härtefall“ versteht der GlüStV begründete Einzelfälle, in denen der Antragsteller nachweisen kann, dass er im Vertrauen auf die bisherige Erlaubnis nach der Gewerbeordnung in der Vergangenheit umfangreiche Vermögensdispositionen für das Unternehmen getroffen hat und eine Versagung der Erlaubnis für eine sog. Mehrfachkonzession (mehr als 12 GSG je Spielhallenstandort) zu einer unbilligen (wirtschaftlichen) Härte im Einzelfall führen würde.

 

Der Begriff „Abschmelzungskonzept“ ergibt sich u.a. aus dem Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales in Nordrhein-Westfalen (MIK NRW) vom 10.05.2016. Danach ist es rechtlich vertretbar, dass ein durch den Antragsteller vorgelegtes und dabei tragfähiges Konzept zum stufenweisen Abbau von Geldspielgeräten bis zum Ablauf des GlüStV (30.06.2021) im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Härtefalls genehmigungsfähig ist. Durch die Umsetzung eines Abschmelzungskonzepts tragen die Spielhallenbetreiber zur Erreichung der Ziele des GlüStV bei.

 

1.4       Der Begriff „Störerauswahl“ (u.a. MIK-Erlass vom 10.05.2016) wird auch im Zusammenhang mit der Unterschreitung des Mindestabstandsgebotes von 350 m Luftlinie zwischen zwei Spielhallenobjekten verwendet. Dabei sollen durch die Ordnungsbehörde festgestellte Mängel im gewerberechtlichen Sinne eine mögliche Entscheidungshilfe bei der Auswahl, welche der betroffenen Spielhallen keine Erlaubnis erhält, darstellen. Das Ordnungsamt hat hierauf vier in 2016 und 2017 Kontrollen anhand eines Prüfschemas in allen in Hilden von der Abstandsproblematik betroffenen Spielhallenobjekten durchgeführt. Die Überprüfung führte zu keinem entscheidungsunterstützenden Ergebnis. Die nachfolgenden Einzelfallentscheidungen zur Abstandsproblematik basieren daher auf den übergeordneten Zielsetzungen des GlüStV, die nicht in der Person des Antragstellers oder in der Führung des Spielhallenbetriebes selbst liegen.         

 

 

2. Einzelfall-Entscheidungen der Verwaltung

 

2.1 Spielhallenobjekt Düsseldorfer Str. 67

 

In dem o.a. Objekt hat die Betreiberin bisher 5 Spielhallen (60 GSG) betrieben. Da eine Unterschreitung des Mindestabstandes von 350 m Luftlinie zu einer anderen Spielhalle nicht vorliegt, war somit mit Datum vom 08.11.2017

 

-      die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle mit 12 GSG zu erteilen.  

 

Für den Fortbetrieb der weiteren 4 Spielhallen im Objekt wurde der Härtefallantrag gestellt und ein genehmigungsfähiges Abschmelzungskonzept vorgelegt. Mit Datum vom 08.11.2017 wurde die Härtefallerlaubnis wie folgt erteilt:

 

-      Wegfall von 12 GSG ab dem 01.01.2018

-      Wegfall von 12 GSG ab dem 01.09.2019

-      durchgängige Erlaubnis für 24 GSG bis zum 30.06.2021

 

Bis zum Ablauf des GlüStV werden somit 24 GSG (= 50%) der über die eine (Regel-) Erlaubnis hinausgehenden Geldspielgeräte abgebaut.

 

Da das Konzept mit der Verwaltung abgestimmt ist, besteht hier für die Stadt Hilden kein Klagerisiko.

 

 

2.2. Spielhallenobjekt Niedenstr. 121

 

In dem o.a. Objekt hat die Betreiberin bisher 6 Spielhallen (72 GSG) betrieben. Da eine Unterschreitung des Mindestabstandes von 350 m Luftlinie zu einer anderen Spielhalle nicht vorliegt, war somit mit Datum vom 22.11.2017

 

-      die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle mit 12 GSG zu erteilen.  

 

Für den Fortbetrieb der weiteren 5 Spielhallen im Objekt wurde der Härtefallantrag gestellt und ein genehmigungsfähiges Abschmelzungskonzept vorgelegt. Mit Datum vom 22.11.2017 wurde die Härtefallerlaubnis wie folgt erteilt:

 

-      Abbau von 10 GSG ab dem 01.12.2018

-      Abbau von 10 GSG ab dem 01.07.2020

-      Abbau von 10 GSG ab dem 01.01.2021

-      durchgängige Erlaubnis von 30 GSG bis zum 30.06.2021

 

Bis zum Ablauf des GlüStV werden somit 30 GSG (= 50%) der über die eine (Regel-) Erlaubnis hinausgehenden Geldspielgeräte abgebaut.

 

Da das Konzept mit der Verwaltung abgestimmt ist, besteht hier für die Stadt Hilden kein Klagerisiko.

 

 

2.3 Spielhallenobjekt Benrather Str. 40

 

In dem o.a. Objekt hat die Betreiberin bisher 2 Spielhallen (24 GSG) betrieben. Das Objekt unterschreitet den Mindestabstand von 350 m Luftlinie zu einer anderen Spielhalle; der Abstand zum Spielhallenobjekt in der Schwanenstr. 13 beträgt 326 m Luftlinie. Die zu treffende Auswahlentscheidung fiel hier zugunsten des Objektes in der Benrather Str. 40 aus (s. Erläuterung zum Objekt Schwanenstr. 13). Somit war im Ergebnis mit Datum vom 08.11.2017

 

-      die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle mit 12 GSG zu erteilen.  

 

Für den Fortbetrieb der zweiten Spielhalle im Objekt wurde der Härtefallantrag gestellt und ein genehmigungsfähiges Abschmelzungskonzept vorgelegt. Mit Datum vom 08.11.2017 wurde die Härtefallerlaubnis wie folgt erteilt:

 

-      Abbau von 3 GSG ab dem 01.04.2019

-      Abbau von 3 GSG ab dem 01.04.2020

-      durchgängige Erlaubnis für 6 GSG bis zum 30.06.2021

 

Bis zum Ablauf des GlüStV werden somit 6 GSG (= 50%) der über die eine (Regel-) Erlaubnis hinausgehenden Geldspielgeräte abgebaut.

 

Da das Konzept mit der Verwaltung abgestimmt ist, besteht hier für die Stadt Hilden kein Klagerisiko durch die Betreiberin selbst.

 

 

2.4 Spielhallenobjekt Mittelstr. 62a/Kurt-Kappel-Str. 8

 

In dem o.a. Objekt hat die Betreiberin bisher 2 Spielhallen (24 GSG) betrieben. Das Objekt unterschreitet den Mindestabstand von 350 m Luftlinie zu einer anderen Spielhalle; der Abstand zum Spielhallenobjekt in der Schwanenstr. 13 beträgt nur 177 m Luftlinie. Die zu treffende Auswahlentscheidung fiel hier zugunsten des Objektes in der Mittelstr. 62a/Kurt-Kappel-Str. 8 aus (s. Erläuterung zum Objekt Schwanenstr. 13).

Da die Betreiberin nur noch den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle beantragt hat, war im Ergebnis mit Datum vom 08.11.2017

 

-      die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle mit 12 GSG zu erteilen.

 

Dies bedeutet, dass es in diesem Vorgang bereits ab dem 01.12.2017 zu einem

 

-      durchgängigen Abbau von 12 GSG bis zum 30.06.2021

 

kommt.

 

Auch hier besteht für die Stadt Hilden kein Klagerisiko. 

 

 

2.5 Spielhallenobjekt Schwanenstr. 13

 

In dem o.a. Objekt hat die Betreiberin bisher eine Spielhalle (12 GSG) betrieben. Dieser Standort hat geographisch zu zwei anderen Spielhallenobjekten (s. Ziffern 2.3 und 2.4) eine Konkurrenzsituation in Form einer Abstandsunterschreitung ausgelöst. Im Rahmen eines nur eng begrenzten Auswahlermessens war somit die Auflösung dieser Konkurrenzsituation vorzunehmen. Aufgrund der unmittelbaren Nähe dieses Objektes zu einer Einrichtung der Jugendförderung

 

-      hier: JugendZeit e.V., Schwanenstr. 17, Abstand 28 m,

 

zu einer Einrichtung der Kinder- und Jugendarbeit der Evang. Kirchengemeinde

 

-      hier: „SonderBar“, Eisengasse 4, Abstand 36 m

 

und zu einer Einrichtung der Suchthilfe und –prävention

 

-      hier: SPE Mühle e.V., Marktstr. 5-7, Abstand 70 m

 

musste in diesem Vorgang das Individualinteresse der Antragstellerin vor den überragend wichtigen Gemeinwohlbelangen des GlüStV „den Jugend- und den Spielerschutz zu gewährleisten“ zurücktreten.

 

Im Ergebnis wurde daher der gestellte Antrag auf Erlaubnis für eine Spielhalle abgelehnt. Hierdurch wurde die Abstandsproblematik zu den anderen Spielhallenobjekten aufgelöst.

 

Hiergegen wird die Betreiberin sicherlich Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf und ggf. auch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster erheben. Mit einer abschließenden Entscheidung dürfte daher vor Ablauf von 2-3 Jahren nicht zu rechnen sein.

 

 

2.6 Spielhallenobjekt Hans-Sachs-Str. 19

 

In dem o.a. Objekt hat die Betreiberin bisher 2 Spielhallen (24 GSG) betrieben. Da eine Unterschreitung des Mindestabstandes von 350 m Luftlinie zu einer anderen Spielhalle nicht vorliegt, war somit mit Datum vom 08.11.2017

 

-      die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle mit 12 GSG zu erteilen.  

 

Für den Fortbetrieb der zweiten Spielhallen im Objekt wurde der Härtefallantrag gestellt. Dieser wurde nach Prüfung der eingereichten Unterlagen mit Datum vom 08.11.2017 abgelehnt.

 

Auch hiergegen wird die Betreiberin sicherlich Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf und ggf. auch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster erheben. Mit einer abschließenden Entscheidung dürfte daher vor Ablauf von 2-3 Jahren nicht zu rechnen sein.

 

 

2.7 Spielhallenobjekte Mühlenhof 2 und Mühlenhof 13   

 

In dem Objekt Mühlenhof 2 hat die Betreiberin bisher 4 Spielhallen (48 GSG) betrieben. In dem Objekt Mühlenhof 13 hat der Betreiber bis 3 Spielhallen (36 GSG) betrieben. Beide Objekte befinden sich in unmittelbarer Nähe (ca. 50 m Abstand) zueinander. Es liegt somit eine deutliche Unterschreitung des Mindestabstandsgebotes von 350 m Luftlinie vor.

 

Für beide Objekte wurden sowohl eine Ausnahme vom Mindestabstandsgebot sowie der Härtefall beantragt. Beide Anträge wurden nach Abwägung mit den übergeordneten Zielen des GlüStV abgelehnt, da es eben nicht mit diesen Zielsetzungen vereinbar ist, dass nur aufgrund einer ergebnislosen Störerauswahl der Betrieb von zwei in unmittelbarer Nähe zueinander befindlichen Spielhallenobjekten weiterhin zugelassen wird.

 

Diese Doppel-Ablehnung stellt mit Sicherheit die rechtlich interessanteste Konstellation aller getroffenen Entscheidungen dar. Es bleibt abzuwarten, zu welcher verwaltungsgerichtlichen Bewertung dies im Falle der zu erwartenden Klagen hiergegen führen wird.

 

 

3. Auswirkungen der Entscheidungen auf die Anzahl der GSG in Spielhallen

 

Nur auf Basis der getroffenen Entscheidungen (Bescheide) und vorbehaltlich etwaiger   Bewertungen durch das VG Düsseldorf und des OVG Münster, ergeben sich zunächst nachfolgende Auswirkungen auf die Anzahl von GSG in den Hildener Spielhallenbetrieben bis zum Ablauf des GlüStV am 30.06.2021:

 

Spielhallenstandort

Anzahl GSG

bis 30.11.20117

Anzahl GSG

am 30.06.2021

Düsseldorfer Str. 67

60

36

Niedenstr. 121

72

42

Benrather Str. 40

24

18

Mittelstr. 62a/Kurt-Kappel-Str. 8

24

12

Schwanenstr. 13

12

0

Hans-Sachs-Str. 19

24

12

Mühlenhof 2

48

0

Mühlenhof 13

36

0

gesamt

300

120

 

 

4. Was kommt ab dem 01.07.2021?

 

Der GlüStV und somit auch sein AG GlüStV NRW enden mit Ablauf des 30.06.2021. Es ist aktuell nicht möglich, verbindliche Aussagen darüber zu treffen, wie es danach im Glücksspielrecht weitergehen wird. Ob die Bundesländer auch über den 30.06.2021 hinaus geschlossen an einer weiteren Kooperation auf rechtlicher Ebene interessiert sein werden, oder vielmehr auf eigenständige Länderlösungen setzen, bleibt abzuwarten. Jedenfalls weichen die aktuellen Ausführungsgesetze der Länder schon heute nicht unerheblich voneinander ab.

 

Es wäre im Sinne der suchtpräventiven Zielsetzungen und des Spielerschutzes jedenfalls aus Sicht der Verwaltung wünschenswert, dass die Regelungen zum Glücksspielrecht, egal auf welcher Grundlage sie auch zustande kommen, ab dem 01.07.2021 vor allem eines sind:

 

Unmissverständlich, frei von Ausnahmetatbeständen und Härtefallbestimmungen und damit verbundenen Interpretationsspielräumen.

 

gez. Birgit Alkenings

Bürgermeisterin