Verfahren zum Verkauf des Baugrundstücks für "Innovative Wohnformen"
Beschlussvorschlag:
Der Rat
beschließt nach Vorberatung im Wirtschafts- und Wohnungsbauförderungsausschuss:
1. Das in dieser Sitzungsvorlage
dargestellte drei-stufige Verfahren zur Auswahl eines Käufers soll für das im
Vermarktungskonzept für „Innovative Wohnformen“ reservierte „lila“
Baugrundstück durchgeführt werden.
2. Vorhaben, die als „Innovative
Wohnform“ – auch auf Teilen ihrer Nutz- und Wohnflächen – Einrichtungen für
stationäre (Alten-)Pflege oder gewerbliche Seniorenheime vorsehen, werden im
Investorenauswahlverfahren nicht berücksichtigt.
Erläuterungen und Begründungen:
I.
Bisherige
Entwicklung
Der Wirtschafts- und Wohnungsbauförderungsausschuss hat sich
zuletzt in seiner Sitzung am 09.09.2015 auf Grundlage eines Antrages der Fraktion
Bündnis´90/DIE GRÜNEN mit dem künftigen Verkauf des in der geplanten
Mehrgenerationensiedlung für „Innovative Wohnformen“ reservierten Baugrundstücks
beschäftigt.
Die Verwaltung hat zugesagt, in der ersten Sitzung des Ausschusses in 2016 einen
Vorschlag für das Käuferauswahlverfahren zur Beratung zu stellen.
Zum künftigen Verkauf des reservierten Baugrundstücks hat der Rat am 17.06.2015 im Rahmen des Vermarktungskonzeptes mehrheitlich beschlossen:
„Die Vergabe erfolgt in einem
öffentlichen Bewerbungsverfahren.
Die sich bewerbenden Gruppen müssen zu einer Vergabeentscheidung des Rates,
eine gemeinsame Vorplanung mit Kostenschätzung (HOAI Leistungsphase 2) sowie
eine entsprechende Finanzierungszusage einer in Deutschland zugelassenen Bank
oder Sparkasse (oder einer vergleichbaren Institution innerhalb der EU) für den
Kaufpreis des Baugrundstücks sowie für die Baukosten der zu errichtenden Gebäude
inkl. Tiefgarage und Innenhof vorlegen. Alternativ kann auch eine freihändige
Finanzierung des Objekts nachgewiesen werden.
Die Vergabeentscheidung erfolgt nach Auswertung folgender Kriterien:
1. Übereinstimmung der Vorplanung mit den städtebaulichen und gestalterischen Kriterien des Bebauungsplans und des Wettbewerbsbeitrages des Büros MEURER Architekten Stadtplaner Ingenieure Partnergesellschaft aus Frankfurt am Main,
2. Größe und Anzahl der Wohnungen mit Angabe der Anzahl der barrierefreien und barrierearmen Wohnungen,
3. Anzahl der für das Objekt zu erstellenden Stellplätze und
4. Konzept zur Instand- und Unterhaltung der halb-öffentlichen Innenhöfe inkl. der Zuwegungen.
Die sich bewerbenden Gruppen müssen sich
verpflichten, die Tiefgarage und die Gebäude sowie den halböffentlichen
Innenhof innerhalb von fünf Jahren nach Vergabeentscheidung des Rates zu
errichten.
Die sich bewerbenden Gruppen sind im Kaufvertrag zu verpflichten, mindestens
30% der Wohnungen als öffentlich geförderten Wohnraum zur Verfügung zu
stellen.“
Bereits in der genannten Sitzung des Wirtschafts- und Wohnungsbauförderungsausschusses am 09.09.2015 wurde über das Ergebnis der Informationsveranstaltung am 03.09.2015 berichtet, zu der neben einer öffentlichen Einladung speziell die Gruppen und Initiativen, der Seniorenbeirat sowie diejenigen eingeladen wurden, die sich in die Interessentenliste haben eintragen lassen und angegeben haben, dass sie sich auch vorstellen könnten, in einem Mehrgenerationenhaus zu wohnen.
In dieser Informationsveranstaltung wurde vereinbart, dass die Verwaltung mit den interessierten Gruppen, Initiativen und Organisationen, die sich für den Erwerb des reservierten Baugrundstücks interessierten, in einem weiteren Gespräch ein Verfahren zur Auswahl des künftigen Käufers abstimmt.
An dem Gespräch am 23.10.2015 haben sich neben Vertretern
der Initiative TRIALOG auch Vertreter der Initiative MÖWE, der IDS
Nutzergenossenschaften sowie der amedus AG beteiligt.
Die IDS Nutzergenossenschaften haben in Köln und in Opladen ein Wohnprojekt in einer
Genossenschaftsstruktur mit Gemeinschaftsräumen realisiert. Die amedus AG sucht
Baugrundstücke um einen Zwitter zwischen Tagespflegeinrichtung und stationärer
Pflegeeinrichtung verbunden mit Servicewohnen und Gemeinschaftsräumen zu entwickeln.
II. Vorschlag für ein offenes Auswahlverfahren
Mit den Vertretern der v.g. Initiativen wurde ein dreistufiges Auswahlverfahren abgestimmt. Dieses Verfahren reduziert aus Kostengründen die vom Rat beschlossenen Anforderungen an die Bewerbungsunterlagen und somit die Hürden für die sich interessierenden Gruppen, Initiativen und Organisationen und orientiert sich an Vorbildern aus Bremen und Hamburg.
Da der Rat keine Festlegung getroffen hat, was unter „Innovative Wohnformen“ zu definieren ist und auch nicht den Bewerberkreis eingeschränkt, sondern ein „öffentliches Bewerbungsverfahren“ beschlossen hat, wird vorgeschlagen, dass sich jede Gruppe, Initiative und Organisation (z.B. Firmen, Genossenschaften) unter Darstellung ihres Nutzungskonzepts beim Rat um den Erwerb des Grundstücks bewerben kann.
Nicht gewünscht ist die Ansiedlung weiterer gewerblicher Senioren- oder (Alten-)Pflegeheime und andere Einrichtungen zur stationären Pflege auf dem Baugrundstück. Deshalb empfiehlt die Verwaltung, klarzustellen, dass Vorhaben mit solchen Einrichtungen aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen werden.
Stufe 1 - Ausschreibung
Um in der ersten Phase des Auswahlverfahrens die Interessenten nicht finanziell zu belasten, wurde auf Grundlage eines Formulars der Hansestadt Hamburg gemeinsam ein Bewerbungsformular abgestimmt, damit jede Organisation möglichst niederschwellig, aber gleichberechtigt ihr Nutzungskonzept einreichen kann.
Der Entwurf dieses Bewerbungsformulars ist der
Sitzungsvorlage als Anlage beigefügt.
Kern dieses Formulars ist eine übersichtliche Darstellung des angestrebten
Nutzungskonzepts sowie erste Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit.
Auf die Vorlage einer Vorplanung mit Kostenschätzung
(HOAI-Leistungsphase 2) soll – im Gegensatz zum zitierten Ratsbeschluss vom
17.06.2015 – verzichtet werden.
Bei anrechenbaren Baukosten von beispielsweise 3,6 Mio Euro (inkl. MwSt.)
können Architekten für die Erbringung der Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung)
und 2 (Vorplanung) gemäß HOAI als Honorar (Honorarzone III, Mindestsatz) gut
30.000 Euro (inkl. MwSt.) in Rechnung stellen.
Die „Verlierer“ des Auswahlverfahrens haben für diesen Aufwand ein planerisches
Konzept auf Papier erhalten, mit dem sie aber nichts mehr anfangen können.
Deshalb scheuen sich Gruppen und Initiativen nachvollziehbar, solche
Projektentwicklungskosten aufzuwenden, bevor sie eine verbindliche Aussicht
haben, das Grundstück zu erwerben. Deshalb verzichten Kommunen, die regelmäßig
Baugrundstücke an private und selbstorganisierte Baugruppen / Baugemeinschaften
veräußern, bei ihrer Vergabeentscheidung auf die Vorlage von architektonischen
Konzepten und Studien.
Zwar war es bei den bisherigen Investorenauswahlverfahren für städtische
Grundstücke – z.B. bei der Vergabe des Grundstücks Heiligenstraße 13 („Jueck“)
– üblich, dass alle Bewerber durch Vorentwürfe ihr Architekturkonzept so
konkretisiert hatten, dass dem Rat bei der Vergabeentscheidung durch
Visualisierungen klar war, was gebaut werden soll.
Aber die Verwaltung schlägt für die hier anstehende Entscheidung vor, den
Vorbildern – wie z.B. Bremen und Hamburg – zu folgen und auf die Darstellung
der äußeren Gestaltung der angestrebten Gebäude zu verzichten.
Aus Sicht der Verwaltung ist das auch möglich, da der Bebauungsplan Nr. 254
schon eine große Anzahl von gestalterischen Vorgaben gibt und somit sich die
Gebäude bereits aus baurechtlichen Gründen gestalterisch in die
Mehrgenerationensiedlung einfügen werden.
Obwohl keine architektonische Vorplanung gefordert wird, sollte aus den Bewerbungsunterlagen deutlich werden, welche Wohnungsgrößen (wie viele Wohnungen mit jeweils wie vielen Wohnräumen) angestrebt werden.
Neben dem Bewerbungsformular ist vorgesehen, dass sich jede bewerbende Gruppe, Initiative oder Organisation im Wirtschafts- und Wohnungsbauförderungsausschuss vorstellen und ihr Konzept erläutern kann.
Der Rat würde auf dieser Grundlage entscheiden, welches Nutzungskonzept ihn am meisten überzeugt und somit an welche Gruppe, Initiative oder Organisation das Grundstück veräußert werden soll. Sollte kein Nutzungskonzept den Rat überzeugen, hat er auch die Möglichkeit zu beschließen, dass keinem der Bewerber das Grundstück veräußert werden soll.
Mit diesem verbindlichen Beschluss (= „Anhandgabe“) endet die Phase 1.
Stufe 2 - Anhandgabe
Erst nach dieser festen Zusage der Stadt Hilden, das Baugrundstück zu erhalten, muss die ausgewählte Gruppe, Initiative oder Organisation die Kosten für die weitere Projektentwicklung aufwenden, die einem Bauherren bei der Vorbereitung eines Bauprojekts entstehen.
Damit sich aber nicht nur die Stadt Hilden durch den Vergabebeschluss verbindlich bindet, soll – entsprechend der Empfehlungen anderer Kommunen in Bezug auf Baugemeinschaften – mit Hilfe eines Vorvertrags auch die vom Rat ausgewählte Gruppe, Initiative oder Organisation sich verpflichten, im Vorgriff auf den von der Stadt zugesagten Kaufvertrag 2% des Kaufpreises an die Stadt zu zahlen und ihre Projektvorstellungen weiter zu konkretisieren, einen vorläufigen Finanzierungsnachweis vorzulegen sowie ein Architekturbüro und möglichst einen Projektsteuerer zu beauftragen, um innerhalb eines Jahres einen genehmigungsfähigen Bauantrag für ihr Vorhaben bei der Stadt Hilden als Untere Bauaufsichtsbehörde einzureichen.
In diesem Vorvertrag ist auch festzulegen, dass die Stadt
Hilden von ihrer festen Zusage zurücktreten kann, wenn – wider Erwarten – die
weitere Projektentwicklung zeigt, dass ein anderes als das in der Phase 1
vorgelegte und vom Rat akzeptierte Nutzungskonzept realisiert werden soll.
Anhand eines theoretischen Beispiels soll diese übliche Ausstiegsklausel
erläutert werden:
Wesentlicher Bestandteil eines ausgewählten Nutzungskonzept wäre, dass neben
den 30% öffentlich geförderten Wohnungen die überwiegende Anzahl der weiteren
Wohnungen Mietwohnungen sein sollen. Aus dem vorläufigen Finanzierungsnachweis
wird aber deutlich, dass im Laufe der Projektkonkretisierung sich dieses Ziel
gewandelt hat und nun überwiegend Eigentumswohnungen angestrebt werden würden.
Für einen solchen Fall müsste die Stadt Hilden die Möglichkeit haben, neu zu
entscheiden, ob sie die Änderung am Nutzungskonzept bzw. an der
Geschäftsgrundlage der Ratsentscheidung zum Ende der Phase 1 akzeptiert oder
doch das Grundstück ggfs. nicht oder an eine andere Gruppe, Initiative oder Organisation
verkaufen möchte.
Auf Anregung eines Vertreters der TRIALOG sollte in den Vorvertrag auch eine Regelung aufgenommen werden, was passiert, wenn die Stadt Hilden sich aus Gründen, die zur Vergabeentscheidung nicht absehbar waren und nicht von der ausgewählte Gruppe, Initiative oder Organisation zu vertreten sei, entscheiden würde, doch keinen Kaufvertrag abzuschließen.
Aus Sicht der Verwaltung ist dieses Szenario mehr als unwahrscheinlich. Dennoch soll auf diese Frage dahingehend reagiert werden, dass die Stadt Hilden sich für diesen Fall im Vorvertrag verpflichtet, der ausgewählten Gruppe, Initiative oder Organisation die anhand gegebene Summe (zuzüglich Zinsen in Höhe von 3% über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB) zu erstatten. Man könnte auch darüber nachdenken, dass die Stadt Hilden sich für diesen unwahrscheinlichen Fall weiterhin verpflichtet, die der Organisation seit dem Vergabebeschluss entstandenen Honorare für Architekten und Ingenieure zur Vorbereitung des Bauantrags auf Nachweis zu ersetzen.
Stufe 3 - Verkauf/Realisierung
Wenn – wie zu erwarten ist – das baurechtlich genehmigte Projekt mit den wesentlichen Punkten der Bewerbung übereinstimmt bzw. die Stadt die Änderungen akzeptiert hat, beginnt die Realisierungsphase.
Innerhalb eines halben Jahres ist der Stadt Hilden ein auf
Grundlage der Baugenehmigung erstellter verbindlicher Finanzierungsnachweis für
den Bau und Betrieb des Vorhabens vorzulegen.
Anschließend ist der Kaufvertrag notariell zu beurkunden und nach Übergabe des
erschlossenen und bebaubaren Grundstücks der restliche Kaufpreis – unter Verrechnung der geleisteten Anzahlungen
(z.B. Zahlung zur Anhandgabe) – spätestens mit Besitzübergang vollständig zu
zahlen.
Im Kaufvertrag
verpflichtet sich der Käufer, spätestens ein halbes Jahr nach Besitzübergang
mit dem Bau zu beginnen und spätestens zwei Jahre nach Baubeginn die
Bezugsfertigkeit des Vorhabens hergestellt zu haben.
Sollte die Gruppe, Initiative oder Organisation innerhalb dieser Fristen diesen Verpflichtungen und den sonstigen Verpflichtungen des Kaufvertrags nicht nachkommen oder aus dem Vertrag aussteigen, verbleibt das Doppelte der anhand gegebene Summe (= 4% des Kaufpreises) bei der Stadt Hilden. Der restliche Kaufpreis würde unter Berücksichtigung der eventuellen Veränderungen an dem Baugrundstück (z.B. Wertsteigerungen oder –minderungen aufgrund baulicher Maßnahmen des Käufers) zurück erstattet. Der Kaufvertrag wäre zurück abzuwickeln.
Eine kurze Darstellung dieses Vergabeverfahrens sowie der Entwurf des Bewerbungsformulars wurde den Vertretern von TRIALOG, MÖWE, IDS Nutzergenossenschaften sowie amedus AG mit eMail vom 11.11.2015 versandt, um Ihnen noch einmal die Möglichkeit zu geben, Korrekturwünsche mitzuteilen.
Änderungswünsche wurden der Stadtverwaltung seitdem nicht
übersandt.
Jedoch hat die Gruppe TRIALOG mit eMail vom 29.11.2015 mitgeteilt, dass sie
„sich an dem jetzt geplanten Vergabeverfahren für das o.g. Grundstück nicht
beteiligen wird“.
Aus Sicht der Verwaltung ist das vorgeschlagene mehrstufige Auswahl-
und Realisierungsverfahren ein Weg, allen sich interessierenden Gruppen,
Initiativen und Organisationen möglichst niederschwellig die Möglichkeit zu
bieten, sich zu bewerben.
Die Projektentwicklungskosten entstehen der ausgewählten Gruppe, Initiative und
Organisation erst dann, wenn sie eine für die Stadt Hilden verbindliche
Aussicht haben, das Grundstück zu erwerben und keine Konkurrenz von mehreren
Bewerbern mehr vorhanden ist.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Verwaltung, das vorgeschlagene Verfahren zur Verkauf des für „Innovative Wohnformen“ reservierten Baugrundstücks durchzuführen.
Das Verfahren könnte begonnen werden, sobald gesichert erkennbar ist, dass die Gebäude der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule abgerissen und die notwendige öffentliche Infrastruktur (Straße, Kanäle, Gas, Wasser, Strom und Telekommunikation) errichtet werden, um ein bebaubares und erschlossenes Baugrundstück übergeben zu können.
gez.
B. Alkenings
Bürgermeisterin