Betreff
Antrag der Fraktion Bürgeraktion Hilden auf Senkung der prozentualen Anteilssätze der Straßenbaubeitragspflichtigen
Vorlage
WP 04-09 SV 60/108
Aktenzeichen
IV/60.1 - Ho
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Beschlussfassung wird anheimgestellt

 


 

Erläuterungen und Begründungen:

Mit dem als Anlage 1 beigefügtem Antrag stellte die Fraktion Bürgeraktion Hilden in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 11.03.2009 den  Antrag, die Beitragssätze für die Straßenbaubeiträge nach § 8 KAG um zunächst 10 % zu senken und dann nach einem angemessenen Zeitraum zu prüfen, ob die Beitragssätze nochmals gesenkt werden können.

 

Der Rat der Stadt Hilden hatte in seiner Sitzung vom 29.06.2005 mehrheitlich die Neufassung der Straßenbaubeitragssatzung gemäß § 8 Kommunalabgabengesetz beschlossen (SV 60/130).

Hintergrund dieser Neufassung war die Entwicklung in der straßenbaurechtlichen Literatur und Rechtsprechung, sowie auch die Beitragsentwicklung in den anderen Bundesländern.

Grundlage der Hildener Satzung war die damalige Mustersatzung des Nordrhein-westfälischen Städte- und Gemeindebundes.

Eine wesentliche Änderung bestand in der Änderung der prozentualen Anteilssätze der Beitragspflichtigen am umlagefähigen Aufwand vor dem Hintergrund des Vorteilsausgleichs.

Die Mustersatzung hat hier nur Spannbreiten aufgezeigt.

Es musste durch eine ortsgesetzgeberische Ermessens- und Gestaltungsentscheidung des Rates über den Gemeindeanteil letztlich der Anteil der Beitragspflichtigen festgelegt werden.

Die Neufassung der Straßenbaubeitragssatzung wurde im Amtsblatt Nr. 15 vom 07.07.2005 bekanntgemacht und trat mit dem 08.07.2005 in Kraft.

 

Mit der im Antrag angesprochenen Sitzungsvorlage 60/100 hat die Verwaltung vorgeschlagen, die Straßenbaubeitragssatzung hinsichtlich der zu berücksichtigenden Geschosse zu ändern.

Bei positiver Beschlussfassung ist eine noch  differenziertere Behandlung der erschlossenen Grundstücke möglich.

In keinem Fall würde sich das Beitragsaufkommen erhöhen, welches schon durch den Kostenaufwand einer Maßnahme bestimmt wird.

Lediglich innerhalb der Gruppe der Beitragspflichtigen würde sich  eine Verschiebung der zu leistenden Beiträge ergeben.

 

Zu der Begründung des Antrages der Fraktion Bürgeraktion Hilden vom 11.03.2009 nimmt die Verwaltung wie folgt Stellung:

 

Die Beitragssätze der einzelnen Straßenbaubeitragssatzungen der Kommunen sind eine

ortsgesetzgeberische Ermessens- und Gestaltungsentscheidung des jeweiligen Rates und kein exakter Berechnungsvorgang. Es handelt sich mithin um einen Akt gemeindlicher Rechtssetzung.

Dieser Akt ist gerichtlich nur auf die Einhaltung des ortsgesetzgeberischen Rahmens, der durch das Kommunalabgabengesetz und das dadurch begründete Vorteilsprinzip gesteckt ist, zu prüfen.

 

Eine aktuelle Internetrecherche  ergab für die im Antrag genannten Städte Anteilssätze  die der Anlage 2 zu entnehmen sind.

Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass neben Hilden auch Heiligenhaus, Monheim, Ratingen und Aachen - die Städte die in den letzten zwei bis drei Jahren ihre Satzungen angepasst haben -  hier einen vorderen Platz einnehmen, während die anderen Städte seit Jahrzehnten aus nicht bekannten Gründen ihre Satzungen nicht den geänderten Verhältnissen angepasst haben.

Dieses Ergebnis allein kann daher kein Grund für eine Absenkung der Anteilssätze sein.

Die Stadt Hilden ist bemüht ihr Straßennetz im Rahmen der technischen Regelwerke zu erstellen und zu unterhalten. Von außergewöhnlich „hohen Standards“ kann daher keine Rede sein.

Einen Beleg dafür stellt die Überprüfung der technischen Planungen für die Hoffeldstraße dar.

 

 

Vielmehr stellen das Kommunalabgabengesetz und das kommunale Haushaltsrecht den Handlungsrahmen für die Ausgestaltung der ortsrechtlichen Bestimmungen dar.

 

 

 

 

 

Zu den der vorgenannten Vorschriften stellt Prof. Dr. Driehaus in Band 42 der

Schriftenreihe NJW Praxis Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage - § 28 Randnummer 8 - fest:

„Das Recht zur Erhebung von Ausbaubeiträgen ist beispielsweise nach § 8 KAGNW zunächst einmal abhängig von einer Leistung der Gemeinde. Die insoweit in Betracht kommenden Leistungen sind in § 8 Abs. 2 Satz 2 KAGNW aufgezählt. Sie können in der „Herstellung, Anschaffung und Erweiterung“ öffentlicher Anlagen sowie bei Straßen, Wegen und Plätzen“ auch in „deren Verbesserung, jedoch ohne die laufende Unterhaltung und Instandhaltung“ liegen.

Die „Grundstückseigentümer“(Erbbauberechtigten), denen“ durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der … Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden, “ sollen „als Gegenleistung dafür“ (§8Abs. 2 Satz 2 KAGNW) Beiträge bezahlen.

Der Beitrag ist demnach eine Gegenleistung für die durch die Leistung der Gemeinde vermittelten wirtschaftlichen Vorteile, er dient dem Vorteilsausgleich und ist in diesem Sinne eine Vorzugslast.

Grundstückseigentümer (Erbbauberechtigte), denen durch die Inanspruchnahmemöglichkeit einer ausgebauten öffentlichen Anlage im Verhältnis zur Allgemeinheit besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen, sollen diese zusätzlichen Vorteile durch eine Geldleistung ausgleichen.

Denn bei einer Finanzierung der von der Gemeinde erbrachten Leistung durch Steuern würden die Vorteilsempfänger die von dieser Leistung ausgelösten zusätzlichen Vorteile auf Kosten der Allgemeinheit, also gleichsam entgeltlos erhalten.

Zur Vermeidung solcher entgeltloser Bereicherungen   bestimmt das nordrhein-westfälische Landesrecht -  § 3 Satz 1 KAGNW-, das Gemeinden Steuern nur erheben sollen, „soweit die Deckung der Ausgaben durch anderen Einnahmen, insbesondere Gebühren und Beiträge, nicht in Betracht kommt“; ….   .

Der Sache nach entspricht das den haushaltsrechtlichen Vorschriften über die Einnahmebeschaffungsgrundsätze in den Gemeindeordnungen (vgl…..§63 Abs. 2 GONW, ….)

 - Einschub: jetzt Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung - § 77 GONRW -.

Abgaben in Bezug auf öffentliche Anlagen und Einrichtungen stoßen immer auf geringe Akzeptanz, unabhängig von der Höhe.

Dies liegt zum einen daran, dass die Ansicht besteht, ich zahle so schon genug Steuern, warum soll ich für die Straße zahlen, zum anderen an der Frage, wer welchen Vorteil hat.

Beitragspflichtiger für Straßenbaubeiträge ist ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht grundsätzlich der Grundstückseigentümer  bzw. der Erbbauberechtigte, unabhängig ob diese an der Straße wohnen oder nicht.

Einer der Gründe, warum sie herangezogen werden, ist ihre rechtliche Befugnis über das Grundstück zu bestimmen.

Sie haben die Rechte und Pflichten am Grundstück.

Beitragsrechtlich gesprochen haben sich die in Rede stehenden Personenkreise für besondere wirtschaftliche Vorteile, die ihnen durch gemeindliche Leistungen geboten werden, an den Kosten zu beteiligen.

Siehe hierzu Ernst Dietzel / Dieter Kallerhoff „Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 KAGNRW“ 6. Auflage , Randnummer 126:

„Der wirtschaftliche Vorteil für die Grundstückseigentümer liegt in der durch die Ausbaumaßnahme bedingten Steigerung des Gebrauchswertes der durch die Anlage erschlossenen Grundstücke. Der wirtschaftliche Vorteil im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 2 KAGNW ist ein Erschließungsvorteil; er wirkt sich auf die zulässige Nutzung der Grundstücke aus, soweit diese von der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage abhängt. In erster Linie kommt hier die bauliche und gewerbliche Nutzung in Betracht.

 

 

 

 

Aber auch jede andere zulässige Nutzung können im Straßenbaubeitragsrecht Anknüpfungspunkt für den wirtschaftlichen Vorteil sein.“

 

Damit ist klargestellt, dass nur derjenige herangezogen werden kann, der durch die Leistung der Gemeinde wirtschaftliche Vorteile erhalten hat. D.h. er hat sich nach den gesetzlichen Vorgaben an dem Aufwand für die Herstellung öffentlicher  Straßen zu beteiligen.

 

Mit Beschluss vom 22.01.2009 – Az.:15 A 3137/06 hat das OVG Münster festgestellt, dass die satzungsrechtliche Senkung des Gemeindenteils am beitragsfähigen Fahrbahnaufwand bei einer Haupterschließungsstraße von 60 % auf 40 % zulässig ist.

 

Die Verwaltung sieht insoweit keine Notwendigkeit, zu Lasten der Allgemeinheit eine Anpassung an den untersten Level der Staffelungen der Mustersatzung vorzuschlagen.

Dies vor dem Hintergrund, dass die Vorschläge des  NWSTGB sich immer in einem rechtlich vertretbaren Rahmen bewegen,  die Staffelung der Mustersatzung ist daher mit Ihrer oberen und unteren Grenze rechtlich vertretbar.

 

Die finanziellen Auswirkungen einer Veränderung der Anteilssätze werden am Beispiel einer von der Verwaltung durchgeführten  Veranlagung zu Straßenbaubeiträgen im Falle der nachmaligen Herstellung einer Anliegerstraße deutlich.

Die Beitragspflichtigen Anlieger trugen nach  den derzeit aktuellen Anteilssätzen einen Betrag von € 186.588,86 an dem beitragsfähigen Aufwand von € 277.351,20.

Eine Summe von € 90.765,34 wurde als Anteil der Allgemeinheit von der Stadtgemeinde getragen

Folgt man dem gestellten Antrag auf Absenkung der Anteilssätze der Anlieger, so bedeutet dies, dass nunmehr ein Betrag  von € 118.500,46 von der Allgemeinheit zu übernehmen ist.

Die Mehrbelastung von rund € 27.735 ist dann durch allgemeine Steuermittel aus dem städtischen Haushalt zu finanzieren.

Die Auswirkungen auf die einzelnen Beitragspflichtigen kann der Anlage 3 (Prozentsätze des Antrages) und der Anlage 4 (Prozentsätze der aktuellen Satzung) entnommen werden.

 

Es kommt hier letztlich darauf an, ob die ortsgesetzgeberische Ermessens- und Gestaltungsentscheidung des Rates der Stadt Hilden vom 29.06.2005 ersetzt werden soll.

 

Die Verwaltung sieht keine Veranlassung, die Entscheidung des Rates vom 29.06.2005 zu ersetzen.