Beschlussvorschlag:
Der Rat der Stadt Hilden beschließt, die im Jahr 2003 geschlossene
Vereinbarung über den Personalaustausch in den Bereichen Verwaltung und
Wirtschaft zwischen der Provinzregierung Guizhou/Volksrepublik China und der
Stadt Hilden/Deutschland um weitere zwei Jahre zu verlängern. Dies unter der
Voraussetzung, dass sich die Weiterbildungs- und Entwicklungsgesellschaft gGmbH
Bonn weiter an der Finanzierung beteiligt.
Über einen Gegenbesuch von Hildener Verwaltungsangehörigen wird der Rat
auf der Basis einer vorzulegenden Kostenaufstellung gesondert entscheiden.
Die aus den Fachgesprächen in China
resultierenden Ergebnisse sollen nach der Sitzung des Rates
aufbereitet und in entsprechenden
Projektvorschlägen konkretisiert werden. Über die Ergebnisse wird
der Rat unterrichtet.
Erläuterungen und Begründungen:
Als Ergebnis des bisher stattgefundenen Personalaustausches zwischen der
Provinzregierung Guizhou/Volksrepublik China und der Stadt Hilden ist
festzuhalten, dass mit Unterstützung der Weiterbildungs- und
Entwicklungsgesellschaft gGmbH InWEnt erfolgreich praktisches und theoretisches
Fachwissen und zahlreiche wichtige und positive Eindrücke aus beiden Kulturen
den Partnern vermittelt werden konnten. Die freundschaftlichen Beziehungen
haben sich gefestigt und eine gute Vertrauensbasis konnte geschaffen werden.
Darüber hinaus liegt nach dem letzten Austausch im Oktober dieses Jahres eine
Vielzahl von Anknüpfungspunkten im kulturellen, personellen und wirtschaftlichen
Bereich vor.
1.
Durch die Verlängerung des
Personalaustausches um zwei Jahre soll der Erhalt der bisher geschaffenen
freundschaftlichen und vertrauensvollen Beziehungen gesichert werden. Diese
Zeit soll aber auch genutzt werden, um zu prüfen, ob der Austausch finanziell
und organisatorisch auf eine breitere Basis eventuell mit anderen Behörden,
Regierungsstellen und/oder privaten Kooperationspartnern gestellt werden kann.
2.
Dieser Zeitrahmen soll ebenfalls genutzt
werden, die geäußerten Kooperationswünsche der
Entscheidungsträger in den besuchten Städten
und der Provinzregierung an interessierte Firmen oder Investoren weiterzuvermitteln.
Bei erfolgreicher Vermittlung kann sich die Stadt Hilden als kompetenter
Ansprechpartner positionieren. Die Chance zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit
sollte unbedingt ergriffen werden. Sie Zusammenarbeit eröffnet nicht nur die Möglichkeit,
deutsche Produkte auf dem chinesischen Markt zu etablieren, sondern auch, sich
gegen andere ausländische Produkte durchzusetzen. Derzeit ist China sehr auf
die USA hin orientiert, deshalb sollte die bestehende Offenheit für eine
Zusammenarbeit mit deutschen Firmen/Investoren genutzt werden.
3.
Der Austausch ist die Gelegenheit, unsere
Ideen und Wertvorstellungen direkt an Menschen aus einem anderen Land, einer
anderen Kultur weiterzugeben und vorzuleben. Die bisher im Personalaustausch
gemachten Erfahrungen sind von der
chinesischen Seite durchweg positiv bewertet worden. Zwei der
Teilnehmer haben seit ihrem Besuch in
Deutschland einen großen Karrieresprung gemacht. Das heißt, sie sind schon
heute in leitender Position tätig und können ihre Erfahrungen weitergeben und
in ihre
Entscheidungen einfließen lassen.
Abgesehen von den fachlichen Kenntnissen,
die an die chinesischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer während ihres
Aufenthaltes in Hilden weitergegeben werden konnten, sind auch deren
Erfahrungen mit Strukturen einer lebendigen Demokratie sehr wertvoll. Im Rahmen
des stattgefundenen Gegenbesuches wurde (im Sinne des Ratsauftrages) auch die
Menschenrechtssituation in China und deren Reflektion in der Bundesrepublik
angesprochen. Die chinesischen Gesprächspartner zeigten sich offen für diese
Debatte und äußerten Bereitschaft zu einem offenen und vertrauensvollen Dialog.
Erwartungsgemäß waren die vertretenen Positionen zwar deckungsgleich mit der
offiziellen staatlichen Kommentierung aktueller menschenrechtlicher
Konfliktsituationen (z.B. Empfang des Dalai Lama durch die Bundeskanzlerin) man
sollte jedoch den Dialog hier fortsetzen und unsere Gesprächspartner „nicht aus
der Pflicht“ lassen
Die ebenfalls angesprochene Existenz des in
der deutschen Presse seinerzeit erwähnten Hinrichtungswagens wurde bestritten.
Eine abschließende Klärung war hier nicht möglich. Für die Bereitschaft zum
Dialog steht auch die Menschenrechtsdiskussion in diesem Zusammenhang, sollte
die Bereitschaft der chinesischen Provinzregierung, ihre Mitarbeiter (Beamte)
für drei Monate in ein demokratisches Land (ohne Aufsicht) zu entsenden und für
diese Fortbildung nicht nur personelle sondern auch finanzielle Mittel zu investieren.
4.
Auch die deutsche Seite profitiert von dem
Besuch der Teilnehmer/innen in China (siehe Reisebericht) und in Deutschland. Neben
dem Erlernen von fremdsprachlicher und interkultureller Kompetenz in der Zusammenarbeit
mit ausländischen Kolleginnen und Kollegen, werden das Fachwissen und das
Verständnis für unterschiedliche
Problematiken erweitert. Bestehende Vorurteile können abgebaut werden.
Die Entwicklung in China wird unabhängig von der Zusammenarbeit mit der
Stadt Hilden zügig fortschreiten. Die Lebenssituation der Menschen und auch deren
Lebensumfeld und Umwelt sind Themen, die uns am Herzen liegen sollten,
insbesondere im Hinblick auf unsere Überlegungen zur Verantwortung von Ländern
und Kommunen in der entwickelten Welt für die Menschen in Entwicklungs- und
Schwellenländern. Diese Themen bleiben aber bei dem rasanten Entwicklungstempo
des Landes leicht auf der Strecke. So wird bei einer Analyse der chinesischen
Umweltsituation sehr schnell deutlich, dass lokale Aktivitäten
gegen den Klimawandel ein geeigneter „Exportartikel“ sein könnten, und
dies im Interesse aller. Die Gelegenheit sollte ergriffen werden, unsere
Erfahrungen einzubringen. Im Besonderen bei der den Bedürfnissen der Menschen
entsprechenden Verbesserung der Lebensumstände und in der Planung und Umsetzung
von verstärktem Umweltschutz. Unser Wissen und unsere Erfahrungen können nicht
„eins zu eins“ von Deutschland nach China übertragen werden, das wurde auch
durch den Besuch vor Ort deutlich.
Wissen und Erfahrungen können aber eine wichtige Grundlage für positive
Entwicklungen sein und dabei helfen, Fehler zu vermeiden oder negative
Auswirkungen einzudämmen. Die Bereitschaft unserer Gesprächspartner zur
vertrauensvollen Zusammenarbeit sollte genutzt werden.
Günter Scheib