Betreff
Vermögensmangement der Stadt auch nach ethischen, ökologischen und sozialen Kriterien ausrichten, hier Antrag der BA Fraktion in der Sitzung des Rates am 16.12.2009
Vorlage
WP 09-14 SV 20/009
Aktenzeichen
II/20
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

„Beschlussfassung wird anheim gestellt“.

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Die Bürgeraktion hat in der Sitzung des Rates am 16.12.2009 den als Anlage beigefügten Antrag gestellt, über den der Rat nach Vorberatung im Haupt- und Finanzausschuss entscheiden soll. Zu den Fragen können folgende Ausführungen gemacht werden:

 

„1.   Der Rat spricht sich grundsätzlich dafür aus, die gesetzlich verankerten kommunalen Anlagegrundsätze „ausreichende Sicherheit“ und „angemessener Ertrag“ für Hilden unter dem Aspekt der „Nachhaltigkeit“ (Subtainability)“ der Geldanlage(n) zu erweitern. Auf dieser Grundlage soll die Stadt in Körperschaften beziehungsweise Unternehmen investieren, die sich so verhalten, dass über die Bedürfnisse der heutigen Generation hinaus die Bedürfnisse auch der künftigen Generationen berücksichtigt werden.

 

2.     Die Stadt berücksichtigt bei der Geldanlage vorrangig Partner, die für eine faire Arbeits- und Sozialumwelt sorgen, zum Beispiel familienfreundliche Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten und Arbeitssicherheit bieten.

 

3.     Die Stadt weitet ihre Investments auf Partner aus, die in ihrer Geschäftspolitik auf Umweltverträglichkeit achten und sich dabei an Nachhaltigkeitsindizes orientieren, die ökonomische, ökologische und soziale Kriterien anlegen, wie z.B. die „Dow Jones Sustainability Index-Familie“ (DJSI).

 

 

Antwort zu den Punkten 1 bis 3:

 

Seit dem 20. April 2009 haben die Länder und Kommunen in Deutschland die Möglichkeit, auch soziale und ökologische Aspekte in einem Vergabeverfahren zu berücksichtigen. Alle im Antrag genannten Aspekte lassen sich hierunter subsumieren, so dass einer Beschlussfassung keine vergaberechtlichen Vorgaben entgegenstehen.

In diesem Zusammenhang hat die Zentrale Vergabestelle geprüft, wie im Rahmen einer Vergabe diese Aspekte in die Wertung einfließen können. Hier sind zwei Ansätze denkbar.

 

 

A. Vergabekriterien als Grundlage der Leistungsbeschreibung

 

Das Modell A sieht vor, dass die Stadt Hilden eine Geldanlage, etc. anhand fest vorgeschriebener Bedingungen ausschreibt. In diesem Fall wären die Bedingungen vor Abfrage von Konditionen zu definieren und würden zu einem Wettbewerb führen, in dem nur noch die Konditionen (Verzinsung, Laufzeiten, etc) gewertet werden. Dies würde ausschließlich zu einem Wettbewerb innerhalb der Banken, Versicherer, etc. führen, die die Voraussetzungen der Punkte 1 bis 3 erfüllen. Um hier einen geeigneten Bieterkreis zu erhalten, müssten im Vorfeld Rahmenbedingungen mit Mindeststandards definiert werden.

 

An den Angeboten könnten sich natürlich nur die Banken etc. beteiligen, die die ethischen, ökologischen oder sozialen Kriterien erfüllen.

 

 

B. Vergabekriterien aufgrund einer Bewertungsmatrix

 

Bei dem Modell B wäre der Teilnehmerkreis offen. Jeder Anbieter auf dem Markt könnte, sofern keine allgemein-rechtlichen Beschränkungen vorliegen, an der Vergabe teilnehmen. Hier sind erst im Rahmen der Angebotswertung die genannten Aspekte zu prüfen. Beispielhaft ist folgende Bewertungsmatrix denkbar:

 

 

Grundlagen:

Festgeldanlage über 1,0 Mio. €, Laufzeit 1 Jahr, gesichert über den Einlagensicherungsfonds.

Der Zinssatz wird zu 90 % bei der Wertung berücksichtigt, die „Öko-Kriterien“ fließen mit 10 % in die Wertung ein (letztendlich müssten sie aber im Vorfeld definiert werden:

Auch sind natürlich andere Punktesystem wie 80 : 20 denkbar

 

Der höchste Zinssatz erhält die Maximalpunktzahl, die weiteren Zinssätze erhalten prozentual weniger Punkte.

 

Beispielberechnungen:

 

1) - zwei Banken bieten den gleichen Zinssatz an

 

Punkte Zinssatz

Punkte Öko-Kriterien

Summe Punkte

Normalbank ( 1,3 % Zinsen pa )

90

0

90

Öko-Bank ( 1,3 % Zinsen pa )

90

10

100

 

 

2) - die Normalbank bietet einen minimal höheren Zinssatz an

 

Punkte Zinssatz

Punkte Öko-Kriterien

Summe Punkte

Normalbank ( 1,4 % Zinsen pa )

90

0

90

Öko-Bank ( 1,25 % Zinsen pa )

80,4 *)

10

90,4

 *) Berechnung: (90 Punkte / 1,4 % * 1,25 %)

 

 

3) - die Normalbank bietet einen höheren Zinssatz an

 

Punkte Zinssatz

Punkte Öko-Kriterien

Summe Punkte

Normalbank ( 1,5 % Zinsen pa )

90

0

90

Öko-Bank ( 1,3 % Zinsen pa )

78

10

88

 

Zu erkennen ist deutlich, dass die „Ökobank“ anhand der zusätzlichen Kategorie „Öko“-Punkte sammeln kann und daher teilweise in der Wertung vor der „Normalbank“ rangiert.

 

Dies hat allerdings auch zur Folge, dass durch einen geringeren Zinssatz beim Beispiel 2) in monetärer Hinsicht ein Nachteil entsteht. Der jährliche Verlust würde 1.500,00 €/Jahr betragen.

 

Bei angenommenen 10 Mio. € beträgt der Minderertrag bei einem Unterschied von 0,15 Prozentpunkte 15.000,00 €/Jahr.

 

Allerdings ist auch festzustellen, dass sich bei steigenden Zinsen der Minderertrag erhöht.

 

Beispiel:

 

Punkte Zinssatz

Punkte Öko-Kriterien

Summe Punkte

Normalbank ( 2,0 % Zinsen pa )

90

0

90

Öko-Bank ( 1,78 % Zinsen pa )

80,1 *)

10

90,1

 

Minderertrag bei 1 Mio. € Geldanlage: 2.200,- €

 

Bei angenommenen 10 Mio. € beträgt der Minderertrag bei einem Unterschied von 0,22 Prozentpunkte 22.000,00 €/Jahr.

 

Am schwierigsten dürfte es sein, die sozialen/ökologischen Aspekte zu definieren. Letztendlich müssten diese dann auch durch die Bank bestätigt/nachgewiesen und durch die Verwaltung kontrolliert werden.

 

 

4.     Wertpapieranlagen der Stadt – die zum Beispiel als Risikovorsorge für die nicht unerheblichen Lasten der künftigen Pensionsverpflichtungen aufgebaut werden – sollen künftig auch an ethischen, ökologischen und nachhaltigen Kriterien ausgerichtet werden.

 

 

Antwort zu Punkt 4:

 

Im Jahr 2009 hat die Verwaltung erfolgreich eine europaweite Ausschreibung zur Anlage der Gelder für die künftigen Pensionsverpflichtungen durchgeführt. Eine vorherige Prüfung durch einen unabhängigen Sachverständigen der IHK hat ergeben, dass für diesen Zweck eine private Rentenversicherung auf Basis einer Lebensversicherung mit der Option einmaliger und laufender Beitragszahlung die wirtschaftlichste Art darstellt. Insbesondere die individuelle Verteilung der Beiträge auf die verbeamteten Kolleginnen und Kollegen in Abhängigkeit des Alters, Geschlecht und Arbeitszeitmodells (Teil- und Vollzeit) hat diese Form der Geldanlage befürwortet.

 

Zum Zeitpunkt der Vorbereitungen der Ausschreibung galt noch das alte GWB. Eine Beauftragung an die beiden Versicherungsunternehmen erfolgte im Dezember 2009. Die Sockelbeiträge von jeweils 2,8 Mio. € wurden eingezahlt. Die Vertragslaufzeit orientiert sich an dem Alter der versicherten Beamten/-innen und läuft erst nach Abwicklung des letzten Einzelvertrags ab. Aus diesem Grund können künftige Zahlungen, die zu Dämpfung der Pensionslasten der betreffenden Kollegen/-innen eingeplant sind, nicht anderweitig angelegt werden.

 

 

5.     Der Kämmerer wird aufgefordert, mindestens 25 % der städtischen Geldanlage nach ethischen und/oder ökologischen Kriterien anzulegen. Es gilt auch und insbesondere für die Anlage des Verkauferlöses aus der Teilprivatisierung der Stadtwerke Hilden GmbH.

 

6.     Die Vertreter der Stadt in Beiräten, Ausschüssen, Gesellschafterversammlungen und Aufsichtsräten oder entsprechenden Organen von juristischen Personen oder Personenvereinigungen, an denen die Stadt unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, werden gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NW angewiesen, eine entsprechende Beschlussfassung unverzüglich herbeizuführen.

 

Antwort zu den Punkten 5 und 6:

 

Wie bereits unter Punkt 1 bis 3 geschildert, ist ein evtl. finanzieller Nachteil einer derartigen Beschlussfassung zu bedenken. Einer generellen Beschlussfassung, nämlich 25 % der städtischen Geldanlagen nach ethischen und/oder ökologischen Kriterien anzulegen, ohne eine Begrenzung vorzunehmen, sollte nicht gefolgt werden.

 

Sollte der Rat der Auffassung sein, dass es sich die Stadt Hilden erlauben sollte/kann ggf. auf Zinserträge zu verzichten, so sind folgende Kriterien zu berücksichtigten:

 

1.      Begrenzung auf 25 % der städtischen Geldanlagen und

2.      Anwendung des Modells „B“ (siehe Erläuterungen zu den Ziffern 1 bis 3)

 

Dieses Modell sollte allerdings wegen des relativ hohen Verfahrensaufwandes nur bei Geldanlagen zur Anwendung kommen, wo die Stadt Hilden Liquidität länger als 6 Monate anlegen kann. 

 

Bei der täglichen Liquiditätsberechnung und der sich hieraus ergebenen möglichen Geldanlage von im Moment nicht benötigter Liquidität sollte dieser Grundsatz allerdings nicht gelten. Hier gilt, dass bei mehreren Geldinstituten Anfragen getätigt werden (Vergleichsangebote) und innerhalb von sehr kurzer Zeit entschieden werden muss, wer den Zuschlag erhält. Eine Prüfung der zusätzlichen Kriterien ist zeitmäßig nicht möglich. Zusichern kann die Verwaltung aber auf jeden Fall, dass sie Konditionen auch bei den Banken abfragt, die ihre Geschäftspolitik nach ethischen, ökologischen und sozialen Kriterien ausgerichtet haben. Bei gleichen Zinssätzen würde diese Bank dann auch den Zuschlag bekommen. Eine Prüfung würde natürlich entfallen.

 

Auch wenn die Ziele - die Geldanlagen nach den entsprechenden Kriterien zu vergeben - sicherlich in eine richtige Richtung zeigen, muss ganz generell allerdings auch die Frage beantwortet werden, ob es unter finanziellen Gesichtspunkten überhaupt sinnvoll und vertretbar ist, auf Zinseinnahmen zu verzichten. Aus den aktuellen Haushaltsplanberatungen ist allen die finanzielle Situation bekannt. Zwar kann der Ausgleich fiktiv durch die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage erreicht werden. Es darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass für 2010 zum Ausgleich des Ergebnishaushaltes ein Betrag von 6,33 Mio. € benötigt wird.

 

Auch führen Mindererträge bei der Stadt Hilden Holding GmbH natürlich dazu, dass der Gewinn kleiner wird und weniger an die Stadt Hilden ausgeschüttet werden kann.

 

Bei sehr vielen Sitzungsvorlagen hat der Kämmerer in letzter Zeit darauf hingewiesen, dass zusätzliche Mittel gebunden werden, die nicht zur Verfügung stehen. Zinsmindererträge verbessern diese Situation natürlich nicht.

    

Wie bereits zu Beginn dargestellt, ergeben sich bei einer Geldanlage von 10 Mio. € und einem Unterschied von 0,22 Prozentpunkten gemäß Beispielberechnung Mindererträge von 22.000,00 €/Jahr. Dieses ergibt sich bei heutigen niedrigen Zinssätzen. Steigen die Zinssätze, steigt auch der Minderertrag. Die Mindererträge entstehen dabei jedes Jahr.

Letztendlich soll es nicht bedeuten, dass Geldinstitute, die nach den entsprechenden Grundsätzen verfahren immer schlechtere Konditionen aufweisen. Schaut man sich die Kurse an, so gibt es auch gleich gute Angebote.

 

In vielen Fällen wird es aber schwierig sein, größere Geldbeträge von „jetzt auf gleich“ entsprechend anzulegen, weil aus den Gesprächen mit den in  Frage kommenden Banken die Erkenntnisse gewonnen werden konnte, dass Gegenanlagen wegen fehlender Projekte schwierig sind. Von daher werden oft auch nur Konditionen für Tagesgeld und Laufzeiten ab einem Jahr angeboten.

 

Weiterhin ist zu bedenken, dass es auch Banken gibt, die auf Grund des internen Risikos nicht dem „großen Einlagensicherungsfonds“ angehören, sondern sie verfügen nur über die gesetzliche Einlagensicherung. Diese garantiert dem Kunden Einlagen bis zu einer Höhe von 50.000 Euro. Derartigen Banken wären generell auszuschließen.

 

Von daher kann ein Beschluss doch nur so lauten, dass bei gleichen oder besseren Konditionen das Geldinstitut den Zuschlag bekommt, welches ethische, ökologische oder soziale Kriterien erfüllt.

 

 

 

Horst Thiele

Bürgermeister