Betreff
Antrag Nr. 241-24 CDU-Fraktion: Erweiterung der Cannabisverbotszone Mittelstraße 7-20 Uhr
Vorlage
WP 20-25 SV 32/030
Aktenzeichen
II/32-MS
Art
Antragsvorlage

Erläuterungen zum Antrag:

 

Auf der Homepage des Bundesgesundheitsministeriums wird zum Thema Kinder- und Jugendschutz aufgeführt: „Beschränkung des öffentlichen Konsums von Cannabis: kein Konsum in unmittelbarer Nähe von Personen unter 18 Jahren; kein Konsum in Anbauvereinigungen und in Sichtweite von Anbauvereinigungen; kein Konsum in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr; kein Konsum in Sichtweite von Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen sowie öffentlich zugänglichen Sportstätten. Eine

Sichtweite ist bei einem Abstand von mehr als 100 Metern von dem Eingangsbereich der genannten Einrichtungen nicht mehr gegeben.“

(vgl. www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/cannabis/faq-cannabisgesetz.html)

 

Die CDU-Fraktion Hilden begrüßt u.a. das Cannabis-Konsumverbot in Fußgängerzonen von 7 bis 20 Uhr. Vor allem unsere Fußgängerzone ist ein Treffpunkt vieler Jugendlicher. Da die Hildener Fußgängerzone erfreulicherweise über den Zeitraum von 7 bis 20 Uhr hinaus gut genutzt wird, beabsichtigt die CDU-Fraktion Hilden diese Zeiten mindestens auf die Ladenöffnungszeiten auszuweiten. Uns besorgt der Umstand, dass hinterlassene Konsumreste am nächsten Tag durch Kinder oder Jugendliche wiedergefunden werden könnten. Vor diesem Hintergrund werben wir für eine 24h-Cannabisverbotszone in unseren Fußgängerzonen.


Antragstext:

 

Die Stadtverwaltung möge prüfen, ob die Zeiten von 7-20 Uhr auf der Mittelstraße

als Cannabis-Verbotszone erweitert werden können.


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Hilden bezieht sich in ihrer Antragstellung auf das neue „Cannabisgesetz“, welches am 01. April 2024 in Kraft treten soll. Mit diesem Gesetz wird der Besitz, der Konsum, der Eigenanbau und auch die Abgabe in Anbauvereinigungen von Cannabis unter gesetzlichen Einschränkungen und somit der „kontrollierte Umgang mit Cannabis“ für erwachsene Personen ermöglicht.

 

Das Gesetz ist im Deutschen Bundestag am 23. Februar 2024 beschlossen worden, wird aber noch am 22. März 2024 im Bundesrat beraten.

 

Ein wesentlicher Eckpunkt des Gesetzes sind die sog. Verbotszonen. Das Gesetz sieht vor, dass der Konsum in der Nähe von Schulen, Spielplätzen, Kitas und öffentlichen Sportstätten in einem Abstand von 100 Metern verboten bleibt. Auch in Fußgängerzonen darf von 7 bis 20 Uhr Cannabis nicht konsumiert werden.

 

Letzteres nimmt die CDU-Fraktion zum Anlass, ein grundsätzliches Cannabis-Konsumverbot in der Hildener Fußgängerzone, somit auch in der Zeit von 20 bis 7 Uhr, vorzuschlagen und bittet die Verwaltung um entsprechende Prüfung hierzu.

 

Nach Prüfung empfiehlt die Verwaltung, den vorliegenden Antrag zum aktuellen Zeitpunkt  abzulehnen werden.

 

Dies aus nachfolgenden Gründen:

 

1. Gesetzgebungsverfahren und mögliche Länderspezifizierungen

 

Das Cannabisgesetz ist noch nicht in Kraft getreten, das Beratungsverfahren im Bundesrat steht noch aus.

Das Bundesgesundheitsministerium vertritt dabei die Auffassung, dass es sich nicht um ein zustimmungspflichtiges Gesetz handeln würde. Somit wäre die Ablehnung des Gesetzes durch den Bundesrat nicht möglich. Diese Bewertung sowie das Cannabisgesetz insgesamt ist aber in den Ländern höchst umstritten, da für dessen Umsetzung in die Organisations- und Verwaltungshoheit der Länder eingegriffen wird. So müssen die Länder die Zulassungsbehörden für sog. Anbauvereinigungen einrichten.

 

Aber selbst wenn es sich „nur“ um ein Einspruchsgesetz handelt, würde eine mehrheitlich ablehnende Haltung des Bundesrates dazu führen, dass das Gesetz neuerlich im Bundestag zu beraten ist. Üblicherweise wird an diesem Punkt der Vermittlungsausschuss einberufen, was zu einer zeitlichen Verzögerung des Inkrafttretens führen könnte.

 

Auch unter der Annahme, dass das Gesetz den Bundesrat erfolgreich passiert, schließt die Verwaltung nicht aus, dass dann die sog. Abweichungskompetenz der Länder eintritt. Danach dürfen die Länder, wenn sie die Umsetzung eines Gesetzes organisatorisch und auch finanziell mittragen, eine länderspezifische Abweichung vom Bundesgesetz durch eigene Landesgesetzgebung vornehmen. Dies darf nicht „willkürlich“ erfolgen und dem übergeordneten Regelungsziel des Bundesgesetzes nicht widersprechen.

Auch wenn der Verwaltung hierzu noch keine Absichtserklärungen des Landes bekannt sind, so ist eine angepasste Landesgesetzgebung im Wege eines Gesetzes oder einer Landes-Verordnung doch zu erwarten.

 

Insgesamt ist es daher zumindest fraglich, ob eine abschließende gesetzliche Grundlage für die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen überhaupt zum 01. April gegeben sein wird.

 

Sollte die gesetzliche Grundlage doch am 01. April zur Verfügung stehen, bedürfte die Umsetzung des Antrags der CDU-Fraktion, der als Erweiterung einer bundes- und ggf. auch landesgesetzlichen Regelung zu verstehen ist, einer entsprechenden verordnungsrechtlichen Regelung auf kommunaler Ebene.

 

Die rechtlichen Voraussetzungen hierzu werden nachfolgend erläutert.

 

Losgelöst hiervon, empfiehlt die Verwaltung dem Hauptausschuss der Stadt Hilden, dass alleine aus vorstehend genannten Gründen zunächst die weitere Entwicklung im Gesetzgebungsverfahren abgewartet wird.

 

 

2. Kommunale Verordnungen im Kontext von Bundes- und Landesrecht

 

Die von der CDU-Fraktion beantragte zeitliche Ausweitung des Cannabisverbots in der Hildener Fußgängerzone würde im Ergebnis einer Abweichung zu einer spezialgesetzlichen Bundes- und ggf. Landesregelung entsprechen.

 

Dann aber müsste den Städten und Gemeinden im Gesetz selbst oder in einer Verordnung oder ggf. im Rahmen eines ministeriellen Erlasses ein „Verordnungsrecht“ zur Handhabung spezifischer lokaler Bedingungen eingeräumt werden. Das Cannabisgesetz sieht das in seiner aktuellen Fassung nicht vor; hier müsste dann üblicherweise noch eine landesrechtliche Ermächtigung erfolgen.

 

Die Generalermächtigung nach § 27 des Ordnungsbehördengesetzes NRW (OBG NRW), wonach „Die Ordnungsbehörden…zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Verordnungen erlassen“ können, ist hier jedenfalls nicht gegenständlich anwendbar, da eine übergeordnete Regelung vorliegt und eine Verordnungsermächtigung für die Städte und Gemeinden (noch) nicht gegeben ist.

 

Alleine aus diesem Grund kann dem vorliegenden Antrag zum aktuellen Zeitpunkt nicht zugestimmt werden.

 

Aber selbst wenn den Städten und Gemeinden eine eigenständige Verordnungsermächtigung eingeräumt würde, müsste eine solche kommunale (Sonder-)Regelung der „Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ dienen.

 

Hierzu muss ein Sachverhalt vorliegen, der der bei weiterem, ungehindertem Ablauf objektiv mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung eines oder mehrerer Güter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führt.

 

Die von der CDU-Fraktion beantrage 24h-Cannabisverbotszone in der Hildener Fußgängerzone soll verhindern,

„…dass hinterlassene Konsumreste am nächsten Tag durch Kinder oder Jugendliche wiedergefunden werden könnten“

und dann in Folge auch konsumiert werden.

Ob alleine diese Annahme bzw. Sorge eine abstrakte Gefährdung im ordnungsrechtlichen Sinne begründen kann, erscheint aus Sicht der Verwaltung zweifelhaft.

 

Da das Cannabisgesetz noch gar nicht in Kraft getreten ist und somit auch keine positiven wie negativen Erfahrungen in der Umsetzung vorliegen können, ist diese konkret geäußerte Sorge derzeit jedenfalls nicht faktisch begründet und das Schadensereignis bei verständiger Würdigung auch nicht hinreichend wahrscheinlich.

 

Eine Ausweitung des Cannabisverbots mittels eigenständiger Verordnung würde somit aktuell auch an dem fehlenden Gefahrentatbestand scheitern.

 

Für die Verwaltung ergeben sich mit dem Cannabisgesetz viele Fragestellungen:

 

Bleibt es bei der aktuellen Fassung?

Wird es länderspezifische Regelungen geben?

Welche Behörde erteilt die Zulassung für Anbauvereinigungen und durch wen wird dies überprüft?

Wie wirkt sich das Gesetz tatsächlich in der Lebensrealität in Hilden aus?

Wie klar ist die Abgrenzung im strafrechtlichen (Polizei) und ordnungsrechtlichen Sinne (Ordnungsamt) in der Praxis möglich?

Wie lassen sich Konsum-Verbotszonen angemessen und effizient überwachen?

Wird eines der Ziele, der Rückgang des illegalen Handels mit Cannabis, tatsächlich erreicht?

 

 

Die Verwaltung empfiehlt daher, den vorliegenden CDU-Antrag zum jetzigen Zeitpunkt aus vorstehenden Gründen abzulehnen.

 

Die Verwaltung sagt dem Hauptausschuss zu, diese und weitere Entwicklungen im Umgang mit dem Cannabisgesetz in näherer Zukunft genau zu beobachten und hieraus eigene Handlungsmaßgaben ggf. in Kooperation mit der Polizei abzuleiten und auch umzusetzen.

 

 

gez. Dr. Claus Pommer

Bürgermeister    

 

 

 

Klimarelevanz:

 

Es besteht keine Klimarelevanz.