Beschlussvorschlag:
Der
Stadtentwicklungsausschuss spricht sich gegen die Einbeziehung des nördlichen
Abschnitts der Lievenstraße in ein Denkmal „Waldkaserne“ aus und stimmt der
vorläufigen Stellungnahme der Stadtverwaltung zu.
Erläuterungen und Begründungen:
Die Bezirksregierung Düsseldorf beabsichtigt auf Grundlage eines vom LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland erstellten Erstgutachtens die Waldkaserne Hilden einschließlich eines Teilstücks der als öffentliche Verkehrsfläche gewidmeten Lievenstraße (Widmung als Anliegerstraße) unter Denkmalschutz zu stellen.
Mit Schreiben vom 09.11.2023 wurde dies der Stadt Hilden als überwiegende Eigentümerin der Lievenstraße mitgeteilt und ihr im Rahmen des Verfahrens zur vorläufigen Unterschutzstellung Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Da gemäß § 10a der Hauptsatzung der Stadt Hilden die Aufgaben des Denkmalschutzes dem Stadtentwicklungsausschuss zugewiesen sind, wurde um Verlängerung der Frist gebeten, um eine Beratung der Stellungnahme im Ausschuss zu ermöglichen. Die verfahrensleitende Stelle bei der Bezirksregierung Düsseldorf sah jedoch nur die Möglichkeit, die Frist bis zum 15.12.2023 zu verlängern, so dass die Stadtverwaltung unter Hinweis auf ihre Vorläufigkeit die als Anlage beigefügte Stellungnahme abgegeben hat.
Gemäß. § 21 Abs. 4 des
nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes (Denkmalschutzgesetz – DSchG NRW)
in der zurzeit geltenden Fassung ist die Bezirksregierung Düsseldorf im
Regierungsbezirk Düsseldorf anstelle der Unteren Denkmalbehörden für die
Denkmäler zuständig, die im (Teil-) Eigentum oder im Nutzungsrecht des Landes
oder des Bundes stehen.
Aufgrund des vom LVR-Amt für
Denkmalpflege im Rheinland vorliegenden Erstgutachtens geht die
Bezirksregierung davon aus, dass die Waldkaserne Hilden in dem im Gutachten
beschriebenen Umfang ein Baudenkmal im Sinne des § 2 DSchG NRW darstellt.
Um den gegenwärtigen Zustand
des Objekts bis zum Abschluss der Ermittlungen zur Prüfung und Konkretisierung
dieser Annahme abzusichern, beabsichtigt die Bezirksregierung das Objekt gem. §
4 DSchG NRW vorläufig unter Schutz zu stellen.
Der angenommene Denkmalwert gemäß vorliegenden Erstgutachten des
vorgenannten Objektes ergibt sich aus seiner Bedeutung für die Geschichte des
Menschen sowie für Städte und Siedlungen. An seiner Erhaltung und Nutzung
besteht aufgrund von architekturgeschichtlicher und städtebaulicher Bedeutung
ein Interesse der Allgemeinheit.
Mit zum Umfang des geplanten
Baudenkmals soll die Betonplattenstraße an der Lievenstraße gehören, die
teilweise im Eigentum der Stadt Hilden liegt und in Gänze als öffentliche Verkehrsfläche
gewidmet ist (Widmung als Anliegerstraße). Die Stadt Hilden hat somit hier die
Straßenbaulast und - soweit nicht nach der örtlichen Straßenreinigungs- und
Winterdienstsatzung auf die Anlieger übertragen - auch die
Verkehrssicherungspflicht.
Das gemäß § 22 Abs.4 des DSchG
NRW erstellte Erstgutachten des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland
beschreibt den Schutzumfang wie
folgt:
- Die 1938 errichteten Kasernenbauten auf dem
Gelände der heutigen Waldkaserne (ehemalige „Flakkaserne“ und Standort der III.
Abteilung des Flakregiments 64) mit der denkmalwerten Zeitschicht der Nutzung
als „St. David Barracks“ durch die Britische Rheinarmee (BAOR) in den Jahren
1946-1968 in Substanz und Erscheinungsbild, innen und außen. Dezidiert handelt
es sich hierbei um die Gebäude 3, 4, 7, 8, 10, 12, 15, 12, 21, 23, 29, 30, 31,
40, 41, 42
- das erhaltene bauzeitliche Straßen- und
Wegenetz, die Frei- und Grünflächen mit Treppen-, Platz-, und Grünanlagen, der
Baumbestand, die Einfriedungen, die umgebenden Mauern und Toranlagen.
- das
einzige erhaltene bauzeitliche Stück Betonplattenstraße (außerhalb der Kaserne)
Begründet wird die
Bedeutung der Betonplattenstraße einerseits durch die noch erhaltene
Bausubstanz, andererseits als eine der beiden Hauptsichtachsen der
Kasernenanlage. Ebenso wird die städtebauliche Bedeutung des Kasernenbaus mit
ihren beiden Hauptsichtachsen innerhalb der Kaserne, die die militärische
Hierarchie verdeutlichen sowie die Beziehung zum städtebaulichen Umfeld durch
die Straßenachsen dokumentiert.
Neben einer Kartierung der denkmalwerten Bausubstanz beinhaltet das
Gutachten auch das historische Wegenetz sowie die historische Gesamtfläche, zu
denen die o.g. Betonplattenstraße gehört.
Bewertung des
Vorhabens durch die Stadtverwaltung
Seitens der Stadtverwaltung
bestehen Bedenken gegen eine Aufnahme des Betonplattenbelags des nördlichen
Teils der „Lievenstraße“ in den Denkmalschutz als Teil des historischen Straßen-
und Wegenetzes der Waldkaserne.
Insbesondere ergeben sich aus
dem Substanzerhalt der Betonplattenstraße die nachfolgend aufgeführten
Problematiken.
Es ist zu berücksichtigen, dass
es im Zuge von notwendigen Sanierungs- und/oder Unterhaltungsarbeiten an der
Betonfahrbahn aller Wahrscheinlichkeit nach zu Auflagen aus dem Denkmalschutz
kommen wird, die, ebenfalls nach derzeitiger Einschätzung, zu
Kostensteigerungen für die Stadt Hilden führen werden. Dies erfordert
zusätzliche Abstimmungen, intensivere Planungen und aufwendigere Bauverfahren.
Um nach der Aufnahme in den
Denkmalschutz ein einheitliches Bild der Fahrbahn aufrecht erhalten zu müssen,
ist davon auszugehen, dass sämtliche (ggf. auch kurzfristig zu erbringende)
Unterhaltungsarbeiten in Betonbauweise auszuführen sind. Vermutlich wird das
auch kleinflächige Verfüllungen betreffen, die der schnellen Ausführung
geschuldet ansonsten in Asphaltbauweise hergestellt worden wären.
Betonsanierungsarbeiten sind im
Regelfall aufwändiger und zeitintensiver und damit kostenintensiver als
Unterhaltungsarbeiten die an Asphalt- und/oder Pflasterdecken durchzuführen
sind.
Ebenfalls sind aber auch
erschwerte und damit ebenfalls kostenintensivere Arbeiten zu berücksichtigen,
die im Zusammenhang mit Versorgungsträgerleitungen stehen (Gas, Wasser, Strom,
Abwasser, Telekommunikation, etc.).
Darüber hinaus müssten, je nachdem, ob die Bundeswehr diese südliche Ausfahrt der Waldkaserne (ggf. im Alarmfall) noch zum Ausrücken nutzt, im Vorfeld jeglicher, länger andauernder Baumaßnahmen Abstimmungen mit der Kasernenverwaltung geführt werden.
Es wird darauf verwiesen, dass unter der Betonstraße Leitungen der Regenwasserentsorgung der Kaserne verlaufen. Der öffentliche Schmutzwasserkanal verläuft zwar größtenteils unterhalb des westlichen Gehweges. Es ist jedoch zu erwarten, dass für Kanalsanierungsarbeiten auch ein Eingriff in den Straßenkörper erforderlich ist. Muss die Wiederherstellung der Fahrbahn unter Berücksichtigung der Vorgaben durch den Denkmalschutz erfolgen, so ist für die Stadt Hilden mit bauartbedingten Mehrkosten zu rechnen. Sollte die Entwässerung der Kaserne geändert oder saniert werden, so entstehen entsprechende Mehrkosten für den Eigentümer der Leitungen.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass durch die Widmung der Straße nach StrWG der Straßenzug - auch ohne Eintragung in die Denkmalliste - erhalten wird und der im Gutachten als schützenswert dargestellte Verlauf der Straßenzüge dauerhaft gesichert ist.
Im Bereich der Waldkaserne ist die Materialität bereits geändert, so dass die heutige öffentliche Straße „Lievenstraße“ hinsichtlich der Materialität keinerlei Bezug zur Waldkaserne mehr aufweist. Der an die gewidmete Straße anschließende Straßenbelag in der Kaserne ist gepflastert, so dass ein einheitliches Erscheinungsbild bereits heute nicht vorhanden ist.
Derzeit stehen in dem besagten Teilstück keine grundlegenden Sanierungsmaßnahmen an, sodass ein Verlust des Betonplattenbelags in der nächsten Zeit nicht erfolgen wird.
Zum Verfahren:
Mit der vorläufigen Eintragung unterliegt das gesamte, im Gutachten als denkmalwert begründete Objekt den Vorgaben des Denkmalschutzgesetzes NRW.
Der Straßenverlauf sowie die Betonplattenstraße müssten grundsätzlich erhalten bleiben.
In
§ 7 DSchG NRW - Erhaltung von Baudenkmälern - ist festgelegt, dass
Abs. 1: Die Eigentümerin oder der Eigentümer sowie die sonstigen
Nutzungsberechtigten haben ihre Baudenkmäler im Rahmen des Zumutbaren
denkmalgerecht zu erhalten, instand zu setzen, sachgemäß zu behandeln und vor
Gefährdung zu schützen. Die dauerhafte Erhaltung der denkmalwerten Substanz ist
zu gewährleisten. Die in Satz 1 genannten Personen oder die von ihnen
Beauftragten haben die erforderlichen Arbeiten fachgerecht durchzuführen.
Abs. 2: Die in Absatz 1 genannten Personen können durch die Untere
Denkmalbehörde (hier: Bezirksregierung Düsseldorf als zuständiger Behörde) verpflichtet
werden, Maßnahmen nach Absatz 1 ganz oder zum Teil durchzuführen, wenn und
soweit diese hinsichtlich der Beeinträchtigung oder der Kosten für die
Verpflichteten zumutbar sind. Die Zumutbarkeit ist unter Berücksichtigung der
durch die Denkmaleigenschaft begründeten sozialen Bindung des Eigentums und
dessen Privatnützigkeit zu bestimmen. Für die Zumutbarkeit ist auch zu
berücksichtigen, inwieweit Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln oder
steuerliche Vorteile in Anspruch genommen werden können. Die Unzumutbarkeit ist
durch die in Absatz 1 genannten Personen nachzuweisen. Sie können sich dabei
nicht auf Umstände berufen, die aus einer Unterlassung der Verpflichtungen nach
Absatz 1 resultieren.
Abs. 3: Bauliche, technische und wirtschaftliche Maßnahmen, die
Baudenkmäler in ihrem Bestand, ihrem Erscheinungsbild oder ihrem
wissenschaftlichen Wert gefährden oder beeinträchtigen können, sind auf den
erforderlichen Umfang zu beschränken.
§ 9 DSchG NRW regelt die Erlaubnispflichten
bei Baudenkmälern wie folgt:
Abs. 1: Wer ein Baudenkmal oder einen Teil eines Baudenkmals beseitigen,
verändern, an einen anderen Ort verbringen oder dessen bisherige Nutzung ändern
will, bedarf der Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde (hier: der
Bezirksregierung Düsseldorf als zuständiger Behörde). Instandsetzungsarbeiten
bedürfen keiner Genehmigung, wenn sie sich nur auf Teile des Denkmals
auswirken, die für seinen Denkmalwert ohne Bedeutung sind.
Abs.2: Der Erlaubnis bedarf auch, wer in der engeren Umgebung eines
Baudenkmals Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn sich dies
auf die denkmalwerte Substanz oder das Erscheinungsbild des Baudenkmals
auswirken kann.
Abs.3: Die Erlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 ist zu erteilen, wenn
Belange des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes
öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt. Bei der Entscheidung sind
insbesondere auch die Belange des Wohnungsbaus, des Klimas, des Einsatzes
erneuerbarer Energien sowie der Barrierefreiheit angemessen zu berücksichtigen.
Sämtliche Maßnahmen an der denkmalwerten Substanz - auch Ausbesserungsarbeiten am Betonplattenbelag - müssten bei der Bezirksregierung Düsseldorf mit einer Beschreibung der geplanten Maßnahmen mittels Antrag auf denkmalrechtliche Erlaubnis beantragt werden.
Empfehlung der
Verwaltung:
Die Stadtverwaltung empfiehlt, dass die Stadt Hilden sich gegen die Einbeziehung des nördlichen Abschnitts der Lievenstraße in das Denkmal „Waldkaserne“ wendet. Dies umfasst auch, sich gegen die vorläufige Unterschutzstellung auszusprechen.
Es wurde dem Land NRW angeboten, die Lievenstraße bzw. das betroffenen Teilstück der Straße in ihre Baulast zu übernehmen.
Eine Rückantwort auf die vorläufige Stellungnahme liegt noch nicht vor.
gez.
Dr. Claus Pommer
Bürgermeister