Betreff
Eintragung des als historische Betonplattenstraße erhaltenen Teilstücks der Lievenstraße im Zusammenhang mit der geplanten Eintragung der Waldkaserne Hilden in die Denkmalliste
Vorlage
WP 20-25 SV 60/053
Aktenzeichen
IV/60.3-01692-23-05-her
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtentwicklungsausschuss spricht sich gegen die Einbeziehung des nördlichen Abschnitts der Lievenstraße in ein Denkmal „Waldkaserne“ aus und stimmt der vorläufigen Stellungnahme der Stadtverwaltung zu.


Erläuterungen und Begründungen:

 

Die Bezirksregierung Düsseldorf beabsichtigt auf Grundlage eines vom LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland erstellten Erstgutachtens die Waldkaserne Hilden einschließlich eines Teilstücks der als öffentliche Verkehrsfläche gewidmeten Lievenstraße (Widmung als Anliegerstraße) unter Denkmalschutz zu stellen.

 

Mit Schreiben vom 09.11.2023 wurde dies der Stadt Hilden als überwiegende Eigentümerin der Lievenstraße mitgeteilt und ihr im Rahmen des Verfahrens zur vorläufigen Unterschutzstellung Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Da gemäß § 10a der Hauptsatzung der Stadt Hilden die Aufgaben des Denkmalschutzes dem Stadtentwicklungsausschuss zugewiesen sind, wurde um Verlängerung der Frist gebeten, um eine Beratung der Stellungnahme im Ausschuss zu ermöglichen. Die verfahrensleitende Stelle bei der Bezirksregierung Düsseldorf sah jedoch nur die Möglichkeit, die Frist bis zum 15.12.2023 zu verlängern, so dass die Stadtverwaltung unter Hinweis auf ihre Vorläufigkeit die als Anlage beigefügte Stellungnahme abgegeben hat.

 

Gemäß. § 21 Abs. 4 des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes (Denkmalschutzgesetz – DSchG NRW) in der zurzeit geltenden Fassung ist die Bezirksregierung Düsseldorf im Regierungsbezirk Düsseldorf anstelle der Unteren Denkmalbehörden für die Denkmäler zuständig, die im (Teil-) Eigentum oder im Nutzungsrecht des Landes oder des Bundes stehen.

Aufgrund des vom LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland vorliegenden Erstgutachtens geht die Bezirksregierung davon aus, dass die Waldkaserne Hilden in dem im Gutachten beschriebenen Umfang ein Baudenkmal im Sinne des § 2 DSchG NRW darstellt.

Um den gegenwärtigen Zustand des Objekts bis zum Abschluss der Ermittlungen zur Prüfung und Konkretisierung dieser Annahme abzusichern, beabsichtigt die Bezirksregierung das Objekt gem. § 4 DSchG NRW vorläufig unter Schutz zu stellen.

Der angenommene Denkmalwert gemäß vorliegenden Erstgutachten des vorgenannten Objektes ergibt sich aus seiner Bedeutung für die Geschichte des Menschen sowie für Städte und Siedlungen. An seiner Erhaltung und Nutzung besteht aufgrund von architekturgeschichtlicher und städtebaulicher Bedeutung ein Interesse der Allgemeinheit.

 

Mit zum Umfang des geplanten Baudenkmals soll die Betonplattenstraße an der Lievenstraße gehören, die teilweise im Eigentum der Stadt Hilden liegt und in Gänze als öffentliche Verkehrsfläche gewidmet ist (Widmung als Anliegerstraße). Die Stadt Hilden hat somit hier die Straßenbaulast und - soweit nicht nach der örtlichen Straßenreinigungs- und Winterdienstsatzung auf die Anlieger übertragen - auch die Verkehrssicherungspflicht.

 

Das gemäß § 22 Abs.4 des DSchG NRW erstellte Erstgutachten des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland beschreibt den Schutzumfang wie folgt:

 

-    Die 1938 errichteten Kasernenbauten auf dem Gelände der heutigen Waldkaserne (ehemalige „Flakkaserne“ und Standort der III. Abteilung des Flakregiments 64) mit der denkmalwerten Zeitschicht der Nutzung als „St. David Barracks“ durch die Britische Rheinarmee (BAOR) in den Jahren 1946-1968 in Substanz und Erscheinungsbild, innen und außen. Dezidiert handelt es sich hierbei um die Gebäude 3, 4, 7, 8, 10, 12, 15, 12, 21, 23, 29, 30, 31, 40, 41, 42

 

-    das erhaltene bauzeitliche Straßen- und Wegenetz, die Frei- und Grünflächen mit Treppen-, Platz-, und Grünanlagen, der Baumbestand, die Einfriedungen, die umgebenden Mauern und Toranlagen.

 

-    das einzige erhaltene bauzeitliche Stück Betonplattenstraße (außerhalb der Kaserne)

 

Begründet wird die Bedeutung der Betonplattenstraße einerseits durch die noch erhaltene Bausubstanz, andererseits als eine der beiden Hauptsichtachsen der Kasernenanlage. Ebenso wird die städtebauliche Bedeutung des Kasernenbaus mit ihren beiden Hauptsichtachsen innerhalb der Kaserne, die die militärische Hierarchie verdeutlichen sowie die Beziehung zum städtebaulichen Umfeld durch die Straßenachsen dokumentiert.

 

Neben einer Kartierung der denkmalwerten Bausubstanz beinhaltet das Gutachten auch das historische Wegenetz sowie die historische Gesamtfläche, zu denen die o.g. Betonplattenstraße gehört.

 

Bewertung des Vorhabens durch die Stadtverwaltung

 

Seitens der Stadtverwaltung bestehen Bedenken gegen eine Aufnahme des Betonplattenbelags des nördlichen Teils der „Lievenstraße“ in den Denkmalschutz als Teil des historischen Straßen- und Wegenetzes der Waldkaserne.

Insbesondere ergeben sich aus dem Substanzerhalt der Betonplattenstraße die nachfolgend aufgeführten Problematiken.

 

Es ist zu berücksichtigen, dass es im Zuge von notwendigen Sanierungs- und/oder Unterhaltungsarbeiten an der Betonfahrbahn aller Wahrscheinlichkeit nach zu Auflagen aus dem Denkmalschutz kommen wird, die, ebenfalls nach derzeitiger Einschätzung, zu Kostensteigerungen für die Stadt Hilden führen werden. Dies erfordert zusätzliche Abstimmungen, intensivere Planungen und aufwendigere Bauverfahren.

Um nach der Aufnahme in den Denkmalschutz ein einheitliches Bild der Fahrbahn aufrecht erhalten zu müssen, ist davon auszugehen, dass sämtliche (ggf. auch kurzfristig zu erbringende) Unterhaltungsarbeiten in Betonbauweise auszuführen sind. Vermutlich wird das auch kleinflächige Verfüllungen betreffen, die der schnellen Ausführung geschuldet ansonsten in Asphaltbauweise hergestellt worden wären.

 

Betonsanierungsarbeiten sind im Regelfall aufwändiger und zeitintensiver und damit kostenintensiver als Unterhaltungsarbeiten die an Asphalt- und/oder Pflasterdecken durchzuführen sind.

 

Ebenfalls sind aber auch erschwerte und damit ebenfalls kostenintensivere Arbeiten zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit Versorgungsträgerleitungen stehen (Gas, Wasser, Strom, Abwasser, Telekommunikation, etc.).

 

Darüber hinaus müssten, je nachdem, ob die Bundeswehr diese südliche Ausfahrt der Waldkaserne (ggf. im Alarmfall) noch zum Ausrücken nutzt, im Vorfeld jeglicher, länger andauernder Baumaßnahmen Abstimmungen mit der Kasernenverwaltung geführt werden.

 

Es wird darauf verwiesen, dass unter der Betonstraße Leitungen der Regenwasserentsorgung der Kaserne verlaufen. Der öffentliche Schmutzwasserkanal verläuft zwar größtenteils unterhalb des westlichen Gehweges. Es ist jedoch zu erwarten, dass für Kanalsanierungsarbeiten auch ein Eingriff in den Straßenkörper erforderlich ist. Muss die Wiederherstellung der Fahrbahn unter Berücksichtigung der Vorgaben durch den Denkmalschutz erfolgen, so ist für die Stadt Hilden mit bauartbedingten Mehrkosten zu rechnen. Sollte die Entwässerung der Kaserne geändert oder saniert werden, so entstehen entsprechende Mehrkosten für den Eigentümer der Leitungen.

 

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass durch die Widmung der Straße nach StrWG der Straßenzug -  auch ohne Eintragung in die Denkmalliste - erhalten wird und der im Gutachten als schützenswert dargestellte Verlauf der Straßenzüge dauerhaft gesichert ist.

 

Im Bereich der Waldkaserne ist die Materialität bereits geändert, so dass die heutige öffentliche Straße „Lievenstraße“ hinsichtlich der Materialität keinerlei Bezug zur Waldkaserne mehr aufweist. Der an die gewidmete Straße anschließende Straßenbelag in der Kaserne ist gepflastert, so dass ein einheitliches Erscheinungsbild bereits heute nicht vorhanden ist.

 

Derzeit stehen in dem besagten Teilstück keine grundlegenden Sanierungsmaßnahmen an, sodass ein Verlust des Betonplattenbelags in der nächsten Zeit nicht erfolgen wird.

 

Zum Verfahren:

Mit der vorläufigen Eintragung unterliegt das gesamte, im Gutachten als denkmalwert begründete Objekt den Vorgaben des Denkmalschutzgesetzes NRW.

Der Straßenverlauf sowie die Betonplattenstraße müssten grundsätzlich erhalten bleiben.

 

In § 7 DSchG NRW - Erhaltung von Baudenkmälern - ist festgelegt, dass

Abs. 1: Die Eigentümerin oder der Eigentümer sowie die sonstigen Nutzungsberechtigten haben ihre Baudenkmäler im Rahmen des Zumutbaren denkmalgerecht zu erhalten, instand zu setzen, sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdung zu schützen. Die dauerhafte Erhaltung der denkmalwerten Substanz ist zu gewährleisten. Die in Satz 1 genannten Personen oder die von ihnen Beauftragten haben die erforderlichen Arbeiten fachgerecht durchzuführen.

Abs. 2: Die in Absatz 1 genannten Personen können durch die Untere Denkmalbehörde (hier: Bezirksregierung Düsseldorf als zuständiger Behörde) verpflichtet werden, Maßnahmen nach Absatz 1 ganz oder zum Teil durchzuführen, wenn und soweit diese hinsichtlich der Beeinträchtigung oder der Kosten für die Verpflichteten zumutbar sind. Die Zumutbarkeit ist unter Berücksichtigung der durch die Denkmaleigenschaft begründeten sozialen Bindung des Eigentums und dessen Privatnützigkeit zu bestimmen. Für die Zumutbarkeit ist auch zu berücksichtigen, inwieweit Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln oder steuerliche Vorteile in Anspruch genommen werden können. Die Unzumutbarkeit ist durch die in Absatz 1 genannten Personen nachzuweisen. Sie können sich dabei nicht auf Umstände berufen, die aus einer Unterlassung der Verpflichtungen nach Absatz 1 resultieren.

Abs. 3: Bauliche, technische und wirtschaftliche Maßnahmen, die Baudenkmäler in ihrem Bestand, ihrem Erscheinungsbild oder ihrem wissenschaftlichen Wert gefährden oder beeinträchtigen können, sind auf den erforderlichen Umfang zu beschränken.

 

§ 9 DSchG NRW regelt die Erlaubnispflichten bei Baudenkmälern wie folgt:

Abs. 1: Wer ein Baudenkmal oder einen Teil eines Baudenkmals beseitigen, verändern, an einen anderen Ort verbringen oder dessen bisherige Nutzung ändern will, bedarf der Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde (hier: der Bezirksregierung Düsseldorf als zuständiger Behörde). Instandsetzungsarbeiten bedürfen keiner Genehmigung, wenn sie sich nur auf Teile des Denkmals auswirken, die für seinen Denkmalwert ohne Bedeutung sind.

Abs.2: Der Erlaubnis bedarf auch, wer in der engeren Umgebung eines Baudenkmals Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn sich dies auf die denkmalwerte Substanz oder das Erscheinungsbild des Baudenkmals auswirken kann.

Abs.3: Die Erlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 ist zu erteilen, wenn Belange des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt. Bei der Entscheidung sind insbesondere auch die Belange des Wohnungsbaus, des Klimas, des Einsatzes erneuerbarer Energien sowie der Barrierefreiheit angemessen zu berücksichtigen.

 

Sämtliche Maßnahmen an der denkmalwerten Substanz - auch Ausbesserungsarbeiten am Betonplattenbelag - müssten bei der Bezirksregierung Düsseldorf mit einer Beschreibung der geplanten Maßnahmen mittels Antrag auf denkmalrechtliche Erlaubnis beantragt werden.

 

 

Empfehlung der Verwaltung:

 

Die Stadtverwaltung empfiehlt, dass die Stadt Hilden sich gegen die Einbeziehung des nördlichen Abschnitts der Lievenstraße in das Denkmal „Waldkaserne“ wendet. Dies umfasst auch, sich gegen die vorläufige Unterschutzstellung auszusprechen.

 

Es wurde dem Land NRW angeboten, die Lievenstraße bzw. das betroffenen Teilstück der Straße in ihre Baulast zu übernehmen.

 

Eine Rückantwort auf die vorläufige Stellungnahme liegt noch nicht vor.

 

gez.

Dr. Claus Pommer

Bürgermeister