Erläuterungen zum
Antrag:
Versiegelungen im privaten Raum stellen einen wichtigen Parameter für unsere dicht besiedelte Stadt dar, da die meisten Flächen nicht im Eigentum der Stadt, sondern in Privateigentum sind.
Die verschärften Regelungen in der neuen Landes-Bauordnung NRW zu unbebauten Flächen von Grundstücken sind daher zu begrüßen.
Die Stadtverwaltung soll darstellen, wie sie ab dem 01. Januar 2024 mit versiegelten Flächen auf privatem Grund im Bestand, sowie im Neubau umgehen will.
Antragstext:
Die Stadtverwaltung stellt die verschärften Regelungen der neuen Landes Bauordnung NRW zu Versiegelungen auf Privatgrundstücken („Schottergarten-Verbot“) im Stadtentwicklungsausschuss und Umwelt- und Klimaschutzausschuss vor und teilt mit, wie sie diese verschärften Regelungen auf kommunaler Ebene umsetzen wird.
Stellungnahme der
Verwaltung:
Neuregelung des § 8
Abs. 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
Bereits in der Bauordnung des Landes NRW 2018 wurde in § 8 Abs. 1 gefordert, dass die nicht mit baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke
1. wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und
2. zu begrünen oder zu bepflanzen
sind. Dies unter der Voraussetzung, dass nicht die Erfordernisse einer anderen zulässigen Verwendung der Fläche dem entgegenstehen.
Die Bauordnung des Landes NRW 2018 mit Stand vom 01.01.2024 (im weiteren BauO NRW 2024) konkretisiert diese Vorschrift dergestalt, dass die nicht mit baulichen Anlagen überbauten Flächen als Grünflächen
1. wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und
2. zu begrünen oder zu bepflanzen
sind. Auch hier erfolgt die Einschränkung, dass das Begrünungsgebot keine Anwendung findet, wenn Flächen für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden. Ergänzend wird eindeutig klargestellt, dass Schotterungen zur Gestaltung von Grünflächen sowie Kunstrasen keine andere zulässige Verwendung darstellen.
Weiterhin ist neu
festgelegt, dass eine Grundstücksbegrünung dann nicht greift, wenn sie
unmöglich ist, weil das Baugrundstück vollständig überbaut oder die Begrünung
nur sehr eingeschränkt möglich ist. Für diese Fälle gilt allerdings das Gebot
der Begrünung baulicher Anlagen. Einschränkungen hiervon können sich zum einen
aus den Aspekten der Gestaltung, Beschaffenheit und Konstruktion hinsichtlich
der Tragfähigkeit, Brand-, Feuchtigkeits- und Korrosionsschutz ergeben, zum
anderen aus der wirtschaftlichen Zumutbarkeit unter Einbeziehung der
Folgekosten.
Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass mit der Neufassung des § 8 Abs. 1 BauO NRW 2024 beabsichtigt ist, ein allgemeines bauordnungsrechtliches Grundstücksbegrünungsgebot einzuführen.
Im Interesse des Klima- und Umweltschutzes soll
· die Versiegelung von Grundstücken reduziert werden, damit die Versickerung des Niederschlagswassers wieder dem natürlichen Grundwasserspeicher zugutekommt,
· das Mikroklima verbessert werden, da verhindert wird, dass sich die Steine in den Vorgärten - insbesondere an heißen Tagen - aufheizen und die Hitze nachts abgeben und infolge dessen die Umgebungstemperaturen kontinuierlich auf einem hohen Niveau bleiben,
· der Rückgang der Artenvielfalt verhindert werden, da unbepflanzte Flächen als Lebensräume für gartenbewohnende Tierarten wertlos sind.
Erfolgen Festlegungen durch örtliche Bauvorschriften oder durch Baubauungsplan sind diese maßgeblich.
Vorgaben der Stadt
Hilden
In den letzten Jahren wurden in der Regel in die Bebauungspläne für die Wohngebiete textliche Festsetzungen aufgenommen, die eine gärtnerische Anlegung in den „Vorgartenbereichen“ forderten. Ausgenommen waren die Flächen für notwendige Zufahrten und zulässige Nebenanlagen. Auch Pflanzgebote wurden in Bebauungspläne aufgenommen.
Bei gewerblich genutzten Grundstücken findet die Satzung über die Grüngestaltung in Gewerbegebieten Anwendung. Danach
· sind auf gewerblich und industriell genutzten Grundstücken 20 % der gesamten Grundstücksflächen als Vegetationsflächen freizuhalten, wobei in Gebieten, die nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB) zu bewerten sind, eine Reduzierung möglich ist, wenn aus der Umgebungsbebauung niedrigere Werte hervorgehen. Ein Wert von 10 % der gesamten Grundstücksfläche soll jedoch nicht unterschritten werden.
· ist entlang einer öffentlichen Verkehrsfläche und sofern das Grundstück an ein Wohngebiet anschließt auch an dieser Grundstücksgrenze eine Vegetationsfläche von mindestens 3,0 m Tiefe anzulegen, die mit standortgerechten überwiegend einheimischen Gehölzen zu bepflanzen ist.
Der Rat der Stadt Hilden hat am 12.12.2018 beschlossen, dass bei der Aufstellung von Bebauungsplänen projektbezogene Anteile für Dachbegrünung festgesetzt werden. Fassadenbegrünungen sollen im Einzelfall festgesetzt werden.
Sowohl die Dachbegrünung als auch die Fassadenbegrünung wurden bereits vor diesem Beschluss in vielen Bebauungsplänen insbesondere als Kompensationsmaßnahmen zur Eingriffs-Ausgleichsregelung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 25a BauGB festgesetzt. Mit der im BauGB eingeführten Möglichkeit Bebauungspläne der Innenentwicklung gemäß § 13a ohne Verpflichtung zum Ausgleich aufstellen zu können, sind diese Begrünungen weiterhin, aber etwas seltener festgesetzt worden.
Baugenehmigung
Zum 01.01.2024 wurde durch die BauO NRW 2024 auch der Prüfumfang im vereinfachen Baugenehmigungsverfahren verringert. Diese Verfahrensart ist für alle genehmigungspflichtige Bauvorhaben, die nicht große Sonderbauten sind, durchzuführen. Die bauaufsichtliche Prüfung umfasst hier neben dem Planungsrecht nur noch die Vorschriften zur Erschließung der mit Gebäuden zu bebauenden Grundstücke, Abstandsflächen, notwendige Stellplätze und das barrierefreie Bauen.
Das bedeutet, dass die Vorschriften des § 8 nicht im Prüfumfang des vereinfachten Baugenehmigungsverfahren enthalten sind. Der Großteil der eingehenden Bauanträge unterliegt dieser eingeschränkten Prüfung (rd. 88 % in 2023).
Bei Neubauvorhaben
werden dennoch die zu erteilenden Baugenehmigungen um einen Hinweis auf die
gesetzliche Regelung in § 8 BauO NRW 2018 ergänzt.
Bei großen
Sonderbauten (z.B. Versammlungsstätten, Wohnheime, Büro- und Verwaltungsgebäude
mit mehr als 3.000 m², Schulen) ist § 8 BauO NRW 2018 zu prüfen und in Form eines
Außengestaltungsplans, der die Vegetationsflächen und Pflanzungen ausweist,
Bestandteil der Baugenehmigung.
Prüfung und Festlegung von notwendigen
Anordnungen
Wie bereits
ausgeführt, ist die derzeitige Fassung eine Konkretisierung der bestehenden Regelung.
Das Verbot Schottergärten anzulegen, wirkt sich auch auf Bestandsgärten aus.
Die Grundstückseigentümer*innen sind verpflichtet, geschotterte Flächen in
Grünflächen umzuwandeln und dauerhaft zu unterhalten.
Bei Bekanntwerden
der Anlegung von Schotterflächen durch Hinweise aus der Bevölkerung oder
Feststellung der Mitarbeitenden der Unteren Bauaufsichtsbehörde ist im Rahmen
der zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen und der dadurch notwendigen
Priorisierung der Arbeitsvorgänge zunächst zu prüfen:
1.
ob die
Fläche für eine andere zulässige Verwendung benötigt wird (z.B. als Stellplatz,
Aufstellung von Wärmepumpen)
oder
2.
eine
Begrünung oder Bepflanzung der nicht überbauten Flächen nicht oder nur sehr
eingeschränkt möglich ist.
Zu 1:
Mit der Stellplatzsatzung der Stadt Hilden vom 20.09.2022 wurde die Anzahl der notwendigen Stellplätze für Bauvorhaben erhöht. Dies macht sich insbesondere bei Einfamilienhäusern/Doppelhäusern mit einer Wohneinheit bemerkbar.
Vor Erlass der Stellplatzsatzung musste nur ein notwendiger Stellplatz je Wohneinheit nachgewiesen werden. Nach der Aufstellung der Satzung sind je Wohneinheit mindestens 1,25 und somit aufgerundet 2 notwendige Stellplätze erforderlich. Diese Anzahl kann sich durch die Größe eines geplanten Gebäudes in Ausnahmefällen auf drei bis vier notwendige Stellplätze erhöhen. Nach § 3 BauO NRW müssen die notwendigen Stellplätze unabhängig voneinander anfahrbar sein.
Die Erfahrungen, die gerade bei der Errichtung von Einfamilienhäusern bzw. Doppelhäusern seit Rechtskraft der Stellplatzsatzung gemacht wurden, haben dazu geführt, dass die Verwaltung in einer der nächsten Sitzungen, den Erlass einer Nachtragssatzung vorgeschlagen wird, die sich mit dieser Problematik befasst.
In den Fällen der Ziffer 1 ist kein ordnungsbehördliches Einschreiten möglich.
Zu 2:
Im Fall der Ziffer 2 ist zu prüfen, ob die Begrünung baulicher Anlagen (z.B. Garagendach, Mülltonnenverkleidung/-box, Fassadenbegrünung) möglich ist. Sofern sich keine Einschränkungen (Gestaltung, Beschaffenheit und Konstruktion hinsichtlich der Tragfähigkeit, Brand-, Feuchtigkeits- und Korrosionsschutz) ergeben, kann eine Begrünung im Rahmen eines ordnungsbehördlichen Verfahrens gefordert werden, wenn die Maßnahme unter Einbeziehung der Folgekosten wirtschaftlich zumutbar ist.
Sollten keine
Einschränkungen vorliegen, wird ein ordnungsbehördliches Verfahren eingeleitet.
Dies gilt auch für die großen Sonderbauten, wenn die genehmigte Außengestaltung
nicht umgesetzt wird.
Durch
Ordnungsverfügung wird die Umgestaltung der Fläche bzw. die Umsetzung der
Baugenehmigung angeordnet. Gleichzeitig wird ein Zwangsgeld angedroht für den
Fall, dass die Anordnung nicht befolgt wird. Die Höhe des Zwangsgelds ist unter
Berücksichtigung des Umfangs des Verstoßes im jeweiligen Einzelfall
festzulegen.
§ 86 BauO NRW
ermöglicht auch eine Bußgeldfestsetzung. Da im Rahmen eines Bußgeldverfahrens
die Umwandlung der Flächen nicht angeordnet werden kann, wird zunächst das
ordnungsbehördliche Verfahren durchgeführt, weil für die Verwaltung die
Umgestaltung der Fläche das vorrangige Ziel ist.
gez.
Dr. Claus Pommer
Bürgermeister
Klimarelevanz:
Die Beratung über den Antragsinhalt hat keine Klimarelevanz.