Betreff
Anregung nach § 24 GO NRW:
Finanzieller Zuschuss zu Mehrwegwindeln – Abfallvermeidung
Vorlage
WP 20-25 SV 68/043
Art
Anregung/Beschwerde nach § 24 GO NRW

Begründung:

 

Sehr geehrter Herr Dr. Pommer und Herr Eichner,

 

haben Sie sich schon einmal darüber Gedanken gemacht, wie viel Müll durch Windeln entsteht?

 

In den letzten 10 Jahren gab es durchschnittlich 710.000 Geburten in Deutschland. Für die Wickelzeit werden pro Kind etwa 5000 Windeln benötigt. Wenn alle Kinder eines Jahrganges mit Einwegwindeln gewickelt werden, entsteht dadurch ein riesiger Müllberg von 3,5 Mrd. (= 3.500.000.000!) Windeln.

 

Auch in unserer Stadt werden jährlich ca. 600 Kinder geboren (St. Josef Krankenhaus Hilden 2022), was etwa 3.000 kg Windelmüll verursacht. Hinzu kommt der Müll für Einweg-Feuchttücher, die oftmals fälschlicherweise in die Kanalisation entsorgt werden, was zu immens hohen Reinigungskosten führt.

 

Trotz dieser enormen Menge an Müll, wird diese Problematik in der Gesellschaft jedoch kaum diskutiert.

 

Im Abfallvermeidungsgesetz der EU werden die Länder dazu aufgefordert, Ressourcen zu sparen. Auch im nationalen Kreislaufwirtschaftsgesetz ist das Ziel Verringerung der Abfallmenge definiert. Leider setzen wir dieses Ziel bei einem Artikel, welcher enormen Müll verursacht, gesellschaftlich nicht um: Der Wegwerfwindel.

 

Mit der Weiterentwicklung der Stoffwindel gibt es eine ernst zu nehmende Alternative, welche sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll ist. Eine umfangreiche Studie „An updated lifecycle assessment study for disposable and reusable nappies“ aus Großbritannien von 2008 zeigt dieses sehr gut auf.

 

Noch vor 40 Jahren war es in unserer Gesellschaft üblich, Stoffwindeln zu verwenden. Die guten Marketingstrategien großer internationaler Konzerne, haben jedoch dafür gesorgt, dass die Einwegwindel ihren Siegeszug gestartet hat. Heutzutage sind es etwa 5% der Eltern, die zur Stoffwindel greifen. Dies liegt vor allem daran, dass viele Menschen noch ein veraltetes Bild der Mehrwegwindel haben und somit diese Option heutzutage gar nicht in Betracht ziehen. Wissen Sie wie eine moderne Stoffwindel aussieht? Sie werden erstaunt sein, wie einfach und praktisch die Systeme heutzutage sind.

 

Als weiteren Hemmschuh für die Abfallvermeidung durch die Nutzung von Stoffwindeln haben sich bisher die relativ hohen Anfangsinvestitionen ergeben. Wer selbst Windeln waschen möchte, muss anfangs mit Investitionen von mehreren Hundert Euro rechnen. Gleichwohl bleibt der Kostenaufwand im Verlauf der Wickelzeit mit Waschkosten von ca. 100 Euro pro Jahr konstant niedrig im Gegensatz zu den Einwegwindelkosten, die sich auf ca. 500 Euro pro Jahr belaufen.

 

Bereits 81 deutsche Städte haben diese Vorteile, vor allem aber den Vorteil der Abfallvermeidung erkannt und unterstützen Familien, die mit Stoffwindeln wickeln, finanziell. Beispiele sind Wuppertal, Detmold, Münster, Erkelenz und viele weitere. Die Familien erhalten bei Anschaffung durchschnittlich eine Erstattung von 75€ durch die Städte. Die Bezuschussung ist wichtig, da für viele Menschen die Erstausstattung eine hohe finanzielle Hürde darstellt. Die Kosten belaufen sich auf ca. 250 – 500€, je nach gewähltem Stoffwindelsystem. Langfristig wird sich diese Investition aber rentieren, denn wenn man für 5000 Windeln durchschnittlich 0,25€ zahlt, kostet das Wickeln mit Einwegwindeln ca. 1250€ für die Wickelzeit von etwa 2,5 Jahren.

 

Ich schreibe Ihnen, weil ich die Bitte an Sie habe, auch in unserer Stadt ein Umdenken einzuleiten und einen Zuschuss für Mehrwegwindeln einzuführen.

 

Eine Übersicht aller teilnehmenden Städte finden Sie unter folgendem Link:

https://deine-stoffwindel.com/staedte-windelzuschuss/

 

Über eine positive Antwort würde ich mich sehr freuen, um das aktive Umdenken in unserer Stadt anzuregen. Denn Fakt ist: Etwas zu verbrennen oder zu recyceln, wird nie besser sein, als etwas gar nicht erst entstehen zu lassen.


Beschlussvorschlag für den Hauptausschuss:

 

Der Bürgerantrag wird zur fachlichen Bewertung sowie zur Entscheidung an den Ausschuss für Finanzen und Beteiligung verwiesen.

Eine Empfehlung hierzu spricht der Hauptausschuss nicht aus.

 

 

Antragstext für den Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen:

 

Ich schreibe Ihnen, weil ich die Bitte an Sie habe, auch in unserer Stadt … einen Zuschuss für Mehrwegwindeln einzuführen.

 


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Mit der beigefügten Anregung wird beantragt, dass die Stadt Hilden einen Zuschuss für die Anschaffung von Mehrwegwindeln einführt, um den Müll zu reduzieren, der durch Einwegwindeln entsteht. Dieser Antrag resultiert aus einer Initiative bzw. mit Unterstützung der Internetseite https://deine-stoffwindel.com.

 

In Hilden sind gesonderte Entsorgungsmöglichkeiten/ -wege für Mehrwegwindeln, wie Windeltonnen, nicht vorhanden. Auch gibt es keine vergünstigten Entsorgungsmöglichkeiten oder einen Zuschuss für die Nutzung von Mehrwegwindeln.

 

Ergänzend zum Antragsinhalt muss festgehalten werden, dass es zum Thema Mehrwegwindeln verschiedene Untersuchungen mit unterschiedlichen Fragestellungen und Bilanzierungen gibt. Entsprechend sind die Ergebnisse. Einerseits verbrauchen Stoffwindeln mehr Energie wie Wegwerfwindeln, andererseits weisen andere Ökobilanzen genau das Gegenteil aus: Wegwerfwindeln verbrauchen mehr Energie als Stoffwindeln. Der Widerspruch liegt u. a. auch an der unterschiedlichen Berücksichtigung der Verwertbarkeit von Einwegwindeln (aktuell der thermischen Verwertung in Strom und Fernwärme).

 

Nach einer Studie der britischen Umweltbehörde Defra von 2008 ist die Ökobilanz von Wegwerf- und Stoffwindeln in etwa vergleichbar. In deren Fazit steht, dass zweieinhalb Jahre Wickeln mit Wegwerfwindeln 550 Kilogramm CO2-Emissionen verursachen, Stoffwindeln 570 Kilogramm.

 

Wenn die Stadt der Anregung folgen sollte, müsste als neue freiwillige Leistung ein zusätzliches Ausgabebudget für einen Zuschuss im städtischen Haushaltsplan geschaffen werden.

Da hierfür erst entsprechende Zuschussrichtlinien geschaffen und beraten werden müssten, wäre eine Förderung oder Bezuschussung von Mehrwegwindeln voraussichtlich frühestens ab dem Jahr 2025 möglich.

 

Auf der genannten Internetseite werden insgesamt 128 Städte genannt, bei denen ein Durchschnitt von 90,88 EUR als finanzieller Zuschuss ermittelt werden kann. IT.NRW nennt für Hilden 511 Lebendgeborene (Bezugsjahr 2021). Unter Beachtung der genannten 5%-igen Nutzung von Mehrwegwindeln ergibt sich ein Orientierungswert von ca. 2.300 EUR als jährliches Budget für die freiwilligen Zuschussmittel.

 

In diesem Zusammenhang ist drauf hinzuweisen, dass, sofern eine finanzielle Unterstützung eingeführt werden soll, die Finanzierung der Zuschüsse über die allgemeinen Abfallgebühren nicht möglich ist, da es sich hierbei um eine Quersubventionierung über die Restabfallgebühr handelt, welche aus kommunalabgaberechtlicher Sicht unzulässig ist. Ein eventueller Gebührenzuschuss darf nicht allgemein den übrigen Abfallgebührenzahlern zur Last fallen. Es sind die finanziellen Auswirkungen sowie die am Gemeinwohl orientierte Aufgabenerfüllung im Sinne der Daseinsvorsorge zu berücksichtigen. Dies bedeutet, dass zur Befriedigung von Interessen Einzelner oder einer Minderheit keine Quersubventionierung durch die übrigen Gebührenzahler finanziert werden können und dürfen. Dies würde der Verhältnismäßigkeit von Leistung und Gegenleistung als wichtigen Grundsatz des Abgabenrechts (Äquivalenzprinzip) widersprechen und wäre rechtswidrig.

 

Vor dem Hintergrund der nicht eindeutigen Beurteilung, ob Mehrwegwindeln ökologisch oder aus Klimagründen sinnvoller sind als Einwegwindeln, und der gesamtstädtischen finanziellen Situation empfiehlt die Verwaltung, keinen weiteren, freiwilligen Zuschuss einzuführen und die Anregung abzulehnen.

gez.
Dr. Claus Pommer
Bürgermeister

 

 

Klimarelevanz:

Da es keine konkreten und belastbaren Untersuchungen/ Studien gezielt zu diesem Thema gibt, kann eine eindeutige Klimarelevanz nicht beziffert werden.

 

 

Verfahrensablauf:

Gemäß § 6 Abs. 4 der Hauptsatzung sind zunächst dem Hauptausschuss die Bürgeranregungen vorzulegen, der diese gemäß Abs. 5 inhaltlich zu prüfen und an die zur Entscheidung berechtigte Stelle zu überweisen hat. Bei der Überweisung kann der Hauptausschuss eine Empfehlung aussprechen, an die die zur Entscheidung berechtigte Stelle nicht gebunden ist.

 

Nach § 5a Ziffer 8 der Zuständigkeitsordnung ist der Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen für die abschließende Entscheidung über freiwillige Zuschüsse außerhalb der vom Rat beschlossenen Richtlinien zuständig.

 

 


Finanzielle Auswirkungen  

 

Produktnummer / -bezeichnung

060305

Beratung und Angebote für Familien und Bildung

Investitions-Nr./ -bezeichnung:

 

 

Pflichtaufgabe oder

freiwillige Leistung/Maßnahme

Pflicht-

aufgabe

 

(hier ankreuzen)

freiwillige

Leistung

X

(hier ankreuzen)

 

 

Folgende Mittel sind im Ergebnis- / Finanzplan im Haushaltsplanentwurf 2024 veranschlagt:

(Ertrag und Aufwand im Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen)

Haushaltsjahr

Zeile Ergebnisplan

Bezeichnung

Betrag €

2025

15

Transferaufwendungen

14.640

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aus der Sitzungsvorlage ergeben sich folgende neue Ansätze:

(Ertrag und Aufwand im Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen)

Haushaltsjahr

Zeile Ergebnisplan

Bezeichnung

Betrag €

2025

15

Transferaufwendungen

  + 2.300

= 16.940

 

 

 

 

 

Bei über-/außerplanmäßigem Aufwand oder investiver Auszahlung ist die Deckung  gewährleistet durch:

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stehen Mittel aus entsprechenden Programmen des Landes, Bundes oder der EU zur Verfügung? (ja/nein)

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

X

(hier ankreuzen)

Freiwillige wiederkehrende Maßnahmen sind auf drei Jahre befristet.

Die Befristung endet am: (Monat/Jahr)

 

 

Wurde die Zuschussgewährung Dritter durch den Antragsteller geprüft – siehe SV?

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

X

(hier ankreuzen)

Finanzierung/Vermerk Kämmerer

 

Gesehen Stuhlträger