Erläuterungen zum
Antrag:
Die ukrainische Bevölkerung ist einem brutalen Angriffskrieg Russlands ausgesetzt. Deutschland
und auch Hilden zeigen sich mit der Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge und vielen Spenden bereits solidarisch. Auch nach einem möglichen Waffenstillstand wird die Ukraine über Jahrzehnte auf Hilfen zum Wiederaufbau angewiesen sein. Eine Städtepartnerschaft in jeglicher Form, ist dabei wohl am besten geeignet, konkrete Hilfe zu leisten, die auch garantiert ankommt. Sachspenden, wie zum Beispiel die Feuerwehrfahrzeuge, kommen so ggf. schneller an ihr Ziel. Auch um unsere Verbundenheit mit den ukrainischen Menschen zu zeigen, kulturelle, wirtschaftliche und menschliche Beziehungen zu vertiefen, ist eine Städtepartnerschaft ein geeignetes Mittel.
Antragstext:
Die Verwaltung wird beauftragt, mit dem ukrainischen Generalkonsulat in Düsseldorf und dem
Kreis Mettmann (siehe Beschluss des Kreistags vom 15.12.2022) Kontakt aufzunehmen, um die
Voraussetzungen für eine Städtepartnerschaft mit einer zu Hilden passenden Stadt in der Ukraine zu erörtern. Die zur Umsetzung einer Städtepartnerschaft nötigen Schritte sollten schon jetzt festgelegt werden, um diese möglichst zeitnah nach einem Waffenstillstand umzusetzen.
Stellungnahme der
Verwaltung:
Seit Beginn des Krieges in der Ukraine im Februar 2022
haben Kommunen Interesse
bekundet, Solidarität deutlich zu zeigen und Unterstützung im Rahmen einer
partnerschaftlichen Verbindung leisten zu wollen. Hierzu bieten verschiedene
Institutionen Kommunen die Möglichkeit, auch im Rahmen einer
nicht-formalisierten Solidaritätspartnerschaft, zielgerichtete und
bedarfsorientierte Unterstützung einer ukrainischen Kommune zu leisten, u.a.:
1. Die
Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) ist in Deutschland die zentrale
Ansprechpartnerin für kommunale Entwicklungspolitik und steht im Auftrag des
Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
seit 2001 als Service- und Beratungseinrichtung zur Verfügung. Sie arbeitet
zusammen mit dem Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE)/Deutsche
Sektion, dem Deutschen Städtetag, dem Deutschen Landkreistag und dem Deutschen
Städte- und Gemeindebund
2. Seit
Anfang des Jahres engagiert sich auch das Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen
einer Regionalpartnerschaft mit der ukrainischen Oblast Dnipropetrowsk (eine
Oblast ist in etwa vergleichbar mit den deutschen Bundesländern), welche sich
den Themen Wiederaufbau sowie Integration in die Europäische Union widmen und
partnerschaftlich an gemeinsamen Zukunftsthemen arbeiten will. Dabei soll die
Zusammenarbeit auf breite Füße gestellt und neben der Regierungskooperation
auch insbesondere die kommunale Ebene sowie die Zivilgesellschaft miteinbezogen
werden.
Daher stellt die Landesregierung
in enger Abstimmung mit dem ukrainischen Generalkonsulat für die wachsende Zahl
NRW-ukrainischer Kommunal- und Kreispartnerschaften Unterstützungsangebote
bereit. Ansprechpartner ist das „Reallabor Kommunaler Aufbaupartnerschaften NRW
– Ukraine“, eine Netzwerkstelle der Auslandsgesellschaft.de e.V. Die
Auslandsgesellschaft.de e.V. (AgDe) ist eine Gesellschaft die sich für
Völkerverständigung und internationalen Dialog einsetzt.
Das Reallabor Kommunaler
Aufbaupartnerschaften NRW – Ukraine“ bietet einen regelmäßigen Austausch sowohl
für Kommunen, die an der Begründung einer Partnerschaft mit einer Kommune in
der Ukraine interessiert sind, als auch an diejenigen, die bereits mit einer
ukrainischen Kommune durch eine Partnerschaft verbunden sind.
Ziel
einer Städtepartnerschaft ist im allgemeinen der Wunsch nach einer
Zusammenarbeit auf gesellschaftlicher, kultureller und /oder wirtschaftlicher
Ebene. Voraussetzung hierfür ist in der Regel lediglich ein Ratsbeschluss. Eine
Genehmigung einer übergeordneten Behörde bedarf es hierzu nicht (im Gegensatz
zu den 1980er Jahren, als der Wunsch aufkam, eine Partnerschaft mit einem Stadt
oder Gemeinde im sogenannten Ostblock einzugehen).
Der
Ratsbeschluss bietet dann auch die rechtliche Grundlage, Haushaltsmittel für
Zwecke der Partnerschaft aufzuwenden.
Ein
gesellschaftlicher, kultureller und /oder wirtschaftlicher Austausch, wie wir
ihn von der Partnerschaft mit Nové Město nad Metují oder Warrington
kennen, gestaltet sich angesichts der Kriegshandlungen derzeit
verständlicherweise schwierig. Der Angriffskrieg hat nicht nur in den
unmittelbaren oder angrenzenden Kampfgebieten Auswirkungen. Seit Beginn der
russischen Invasion im Februar 2022 wurde ein Drittel der ukrainischen
Bevölkerung zur Flucht gezwungen. Über 5 Millionen Menschen sind innerhalb des
Landes auf der Flucht. Durch massive Verwüstungen und die Zerstörung der
zivilen Infrastruktur können in der Ukraine weiterhin viele Menschen ihre
Grundbedürfnisse nicht befriedigen – dazu gehört die Versorgung mit
Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten, aber auch Kleidung, Decken. Des
Weiteren werden weiter vielfach benötigt: Generatoren, Wasserreinigungsanlagen,
Feuerwehrfahrzeuge; medizinisches Zubehör, Lebensmittelkonserven, aber auch in
bestimmten Fällen weiterhin Kleidung – etwa für Krankenhäuser, die Verletzte
und Verwundete einkleiden müssen.
Die
Bedarfe in den Partnerkommunen sind unterschiedlich, oft mit Blick auf die
geographische Lage der jeweiligen Partnergemeinde, ob in Frontnähe oder nicht. Insofern
wurden und werden derzeit vielfach Unterstützungs- oder
Solidaritätspartnerschaften begründet, in deren Mittelpunkt die humanitäre
Unterstützung der Menschen und die Hilfe beim Wiederaufbau kommunaler
Verwaltungsstrukturen stehen.
Die Stadt
Hilden hat bekanntermaßen im Frühjahr zwei ausgemusterte Fahrzeuge (ein
Löschgruppenfahrzeug und ein Tanklöschfahrzeug) in die Ukraine überführen
lassen. Weitere Anfragen nach Geräten und Fahrzeugen mussten abschlägig
beantwortet werden, da die gewünschten Gerätschaften entweder nicht vorhanden
waren oder selber benötigt werden.
In den Austauschveranstaltungen wurde immer wieder betont,
wie wichtig ein „Steckbrief“ sei, in dem die Kommune klar benennt, welche
Kriterien bei der Suche nach einer Partnerschaft für sie eine Rolle spielen. Insbesondere
sollte auch deutlich gemacht werden, welche Unterstützung die Kommune in der
jetzigen Situation bieten kann, um keine falschen Erwartungen entstehen oder
bestehen zu lassen.
Für die Kommunen und Kreise, die derzeit noch nach geeigneten
Partnern in der Ukraine suchen, bieten u.a. der Deutsche Städtetag /
die Deutsche Sektion des RGRE sowie auch die Servicestelle
Kommunen der Einen Welt von Engagement Global
Vernetzungsangebote auf ihren Websites (https://skew.engagement-global.de/ukraine.html ).
Übereinstimmend berichteten die Vertreterinnen und Vertreter
der kommunalen Verwaltungen von Personalengpässen aufgrund der gewachsenen
Aufgaben im Bereich der Ukraine-Hilfe, insbesondere dort, wo
Städtepartnerschaftsarbeit für eine Verwaltungsstelle nur ein Aufgabenbereich
unter mehreren ist. Oft werden daher derzeit andere Aktivitäten zurückgestellt,
teilweise werden Personalstellen aufgestockt oder neue eingerichtet – soweit es
der städtische Haushalt erlaubt. Dies ist insbesondere für Haushaltssicherungskommunen
schwierig.
Je nach Partnergemeinde oder /-region kommt es auch zu
psychischen Belastungen auch der Mitarbeiter*innen in den deutschen
Partnerkommunen - auch dieser Aspekt darf nicht außer Acht gelassen werden.
Sofern im nächsten Schritt die Entscheidung für eine Städtepartnerschaft getroffen werden sollte und ein Ratsbeschluss vorliegt, würde die Verwaltung für die Umsetzung zusätzliche personelle Ressourcen benötigen.
Die Verwaltung betrachtet eine Entscheidung für eine Städtepartnerschaft aufgrund der aufgeführten Aspekten zum jetzigen Zeitpunkt kritisch und empfiehlt eine Entscheidung, die über den bloßen Prüfauftrag der Voraussetzung hinausgeht, erst zu einem späteren Zeitpunkt zu treffen.
Gez.
Dr. Claus Pommer
Bürgermeister
Klimarelevanz:
Eine Städtepartnerschaft oder Solidaritätspartnerschaft hat hinsichtlich Transport und Reisetätigkeit Auswirkungen.