Betreff
Antrag der SPD-Fraktion vom 27.03.2023: Ukrainische Städtepartnerschaft
Vorlage
WP 20-25 SV 01/131
Art
Antragsvorlage

Erläuterungen zum Antrag:

Die ukrainische Bevölkerung ist einem brutalen Angriffskrieg Russlands ausgesetzt. Deutschland

und auch Hilden zeigen sich mit der Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge und vielen Spenden bereits solidarisch. Auch nach einem möglichen Waffenstillstand wird die Ukraine über Jahrzehnte auf Hilfen zum Wiederaufbau angewiesen sein. Eine Städtepartnerschaft in jeglicher Form, ist dabei wohl am besten geeignet, konkrete Hilfe zu leisten, die auch garantiert ankommt. Sachspenden, wie zum Beispiel die Feuerwehrfahrzeuge, kommen so ggf. schneller an ihr Ziel. Auch um unsere Verbundenheit mit den ukrainischen Menschen zu zeigen, kulturelle, wirtschaftliche und menschliche Beziehungen zu vertiefen, ist eine Städtepartnerschaft ein geeignetes Mittel.


Antragstext:

Die Verwaltung wird beauftragt, mit dem ukrainischen Generalkonsulat in Düsseldorf und dem

Kreis Mettmann (siehe Beschluss des Kreistags vom 15.12.2022) Kontakt aufzunehmen, um die

Voraussetzungen für eine Städtepartnerschaft mit einer zu Hilden passenden Stadt in der Ukraine zu erörtern. Die zur Umsetzung einer Städtepartnerschaft nötigen Schritte sollten schon jetzt festgelegt werden, um diese möglichst zeitnah nach einem Waffenstillstand umzusetzen.


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine im Februar 2022 haben Kommunen Interesse bekundet, Solidarität deutlich zu zeigen und Unterstützung im Rahmen einer partnerschaftlichen Verbindung leisten zu wollen. Hierzu bieten verschiedene Institutionen Kommunen die Möglichkeit, auch im Rahmen einer nicht-formalisierten Solidaritätspartnerschaft, zielgerichtete und bedarfsorientierte Unterstützung einer ukrainischen Kommune zu leisten, u.a.:

 

1.    Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) ist in Deutschland die zentrale Ansprechpartnerin für kommunale Entwicklungspolitik und steht im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) seit 2001 als Service- und Beratungseinrichtung zur Verfügung. Sie arbeitet zusammen mit dem Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE)/Deutsche Sektion, dem Deutschen Städtetag, dem Deutschen Landkreistag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund

2.    Seit Anfang des Jahres engagiert sich auch das Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen einer Regionalpartnerschaft mit der ukrainischen Oblast Dnipropetrowsk (eine Oblast ist in etwa vergleichbar mit den deutschen Bundesländern), welche sich den Themen Wiederaufbau sowie Integration in die Europäische Union widmen und partnerschaftlich an gemeinsamen Zukunftsthemen arbeiten will. Dabei soll die Zusammenarbeit auf breite Füße gestellt und neben der Regierungskooperation auch insbesondere die kommunale Ebene sowie die Zivilgesellschaft miteinbezogen werden.

Daher stellt die Landesregierung in enger Abstimmung mit dem ukrainischen Generalkonsulat für die wachsende Zahl NRW-ukrainischer Kommunal- und Kreispartnerschaften Unterstützungsangebote bereit. Ansprechpartner ist das „Reallabor Kommunaler Aufbaupartnerschaften NRW – Ukraine“, eine Netzwerkstelle der Auslandsgesellschaft.de e.V. Die Auslandsgesellschaft.de e.V. (AgDe) ist eine Gesellschaft die sich für Völkerverständigung und internationalen Dialog einsetzt.

Das Reallabor Kommunaler Aufbaupartnerschaften NRW – Ukraine“ bietet einen regelmäßigen Austausch sowohl für Kommunen, die an der Begründung einer Partnerschaft mit einer Kommune in der Ukraine interessiert sind, als auch an diejenigen, die bereits mit einer ukrainischen Kommune durch eine Partnerschaft verbunden sind.

 

Ziel einer Städtepartnerschaft ist im allgemeinen der Wunsch nach einer Zusammenarbeit auf gesellschaftlicher, kultureller und /oder wirtschaftlicher Ebene. Voraussetzung hierfür ist in der Regel lediglich ein Ratsbeschluss. Eine Genehmigung einer übergeordneten Behörde bedarf es hierzu nicht (im Gegensatz zu den 1980er Jahren, als der Wunsch aufkam, eine Partnerschaft mit einem Stadt oder Gemeinde im sogenannten Ostblock einzugehen).

Der Ratsbeschluss bietet dann auch die rechtliche Grundlage, Haushaltsmittel für Zwecke der Partnerschaft aufzuwenden.

 

Ein gesellschaftlicher, kultureller und /oder wirtschaftlicher Austausch, wie wir ihn von der Partnerschaft mit Nové Město nad Metují oder Warrington kennen, gestaltet sich angesichts der Kriegshandlungen derzeit verständlicherweise schwierig. Der Angriffskrieg hat nicht nur in den unmittelbaren oder angrenzenden Kampfgebieten Auswirkungen. Seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 wurde ein Drittel der ukrainischen Bevölkerung zur Flucht gezwungen. Über 5 Millionen Menschen sind innerhalb des Landes auf der Flucht. Durch massive Verwüstungen und die Zerstörung der zivilen Infrastruktur können in der Ukraine weiterhin viele Menschen ihre Grundbedürfnisse nicht befriedigen – dazu gehört die Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten, aber auch Kleidung, Decken. Des Weiteren werden weiter vielfach benötigt: Generatoren, Wasserreinigungsanlagen, Feuerwehrfahrzeuge; medizinisches Zubehör, Lebensmittelkonserven, aber auch in bestimmten Fällen weiterhin Kleidung – etwa für Krankenhäuser, die Verletzte und Verwundete einkleiden müssen.

Die Bedarfe in den Partnerkommunen sind unterschiedlich, oft mit Blick auf die geographische Lage der jeweiligen Partnergemeinde, ob in Frontnähe oder nicht. Insofern wurden und werden derzeit vielfach Unterstützungs- oder Solidaritätspartnerschaften begründet, in deren Mittelpunkt die humanitäre Unterstützung der Menschen und die Hilfe beim Wiederaufbau kommunaler Verwaltungsstrukturen stehen.

 

Die Stadt Hilden hat bekanntermaßen im Frühjahr zwei ausgemusterte Fahrzeuge (ein Löschgruppenfahrzeug und ein Tanklöschfahrzeug) in die Ukraine überführen lassen. Weitere Anfragen nach Geräten und Fahrzeugen mussten abschlägig beantwortet werden, da die gewünschten Gerätschaften entweder nicht vorhanden waren oder selber benötigt werden.

In den Austauschveranstaltungen wurde immer wieder betont, wie wichtig ein „Steckbrief“ sei, in dem die Kommune klar benennt, welche Kriterien bei der Suche nach einer Partnerschaft für sie eine Rolle spielen. Insbesondere sollte auch deutlich gemacht werden, welche Unterstützung die Kommune in der jetzigen Situation bieten kann, um keine falschen Erwartungen entstehen oder bestehen zu lassen.

 

Für die Kommunen und Kreise, die derzeit noch nach geeigneten Partnern in der Ukraine suchen, bieten u.a. der Deutsche Städtetag / die Deutsche Sektion des RGRE sowie auch die Servicestelle Kommunen der Einen Welt von Engagement Global  Vernetzungsangebote auf ihren Websites (https://skew.engagement-global.de/ukraine.html )

Übereinstimmend berichteten die Vertreterinnen und Vertreter der kommunalen Verwaltungen von Personalengpässen aufgrund der gewachsenen Aufgaben im Bereich der Ukraine-Hilfe, insbesondere dort, wo Städtepartnerschaftsarbeit für eine Verwaltungsstelle nur ein Aufgabenbereich unter mehreren ist. Oft werden daher derzeit andere Aktivitäten zurückgestellt, teilweise werden Personalstellen aufgestockt oder neue eingerichtet – soweit es der städtische Haushalt erlaubt. Dies ist insbesondere für Haushaltssicherungskommunen schwierig.

Je nach Partnergemeinde oder /-region kommt es auch zu psychischen Belastungen auch der Mitarbeiter*innen in den deutschen Partnerkommunen - auch dieser Aspekt darf nicht außer Acht gelassen werden.

 

Sofern im nächsten Schritt die Entscheidung für eine Städtepartnerschaft getroffen werden sollte und ein Ratsbeschluss vorliegt, würde die Verwaltung für die Umsetzung zusätzliche personelle Ressourcen benötigen.

 

Die Verwaltung betrachtet eine Entscheidung für eine Städtepartnerschaft aufgrund der aufgeführten Aspekten zum jetzigen Zeitpunkt kritisch und empfiehlt eine Entscheidung, die über den bloßen Prüfauftrag der Voraussetzung hinausgeht, erst zu einem späteren Zeitpunkt zu treffen.

 

 

Gez.

Dr. Claus Pommer

Bürgermeister

 

 

Klimarelevanz:

Eine Städtepartnerschaft oder Solidaritätspartnerschaft hat hinsichtlich Transport und Reisetätigkeit Auswirkungen.