Betreff
Kooperation Carsharing in Hilden
Vorlage
WP 20-25 SV 80/023
Aktenzeichen
I/80-cs
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Der Stadtentwicklungsausschuss beschließt, dass die Stadt Hilden mit dem Carsharing-Anbieter Miles Mobility GmbH eine Kooperation eingeht, um ein Carsharing-Angebot in Hilden zu etablieren.


Erläuterungen und Begründungen:

 

Historie in Hilden

In den Anfängen des Carsharings gab es in den 2000er-Jahren einen stationsgebundenen Carsharing-Anbieter in Hilden, der sich als Pionier wieder zurückzog.

Erst Jahre später erprobten große Konzerne das Geschäft:

Mit Drivenow (BMW/Mini) und car2go konnten in 2013 zwei Carsharing-Anbieter für Hilden gewonnen werden. Die Automobilwoche berichtete damals, dass seitens eines Carsharing-Anbieters erstmals eine benachbarte Gemeinde mit einem Metropol-Geschäftsgebiet verbunden worden ist. Qiagen beispielsweise begrüßte die Aktion damals. Tatsächlich standen an der Max-Volmer-Straße regelmäßig 2 - 3 Fahrzeuge. Insgesamt hielt sich die Nachfrage in Hilden damals in Grenzen und zwei Konkurrenten mit jeweils nur 5 - 6 Fahrzeugen kannibalisierten sich gegenseitig.

Im August 2015 zog sich zunächst car2go aus Hilden und Neuss zurück und verkleinerte sein Geschäftsgebiet auch innerhalb von Düsseldorf deutlich. Die nicht profitable Drivenow zog sich 2017 ebenfalls zurück.

 

Neuer Prozess

Die Wirtschaftsförderung hat sich seit September 2023 mit der Miles Mobility GmbH über die Möglichkeiten ausgetauscht, Carsharing in Hilden zu etablieren. Miles ist bereit, sein Carsharing-Angebot voraussichtlich ab April 2024 auf Hilden auszuweiten als sogenanntes „Freefloating“. Dies ist die stationsunabhängige Variante des Carsharings. Die Fahrzeuge nehmen damit wie andere zugelassene Fahrzeuge am Verkehr teil und stehen im öffentlichen Raum. Die Umweltvorteile des Car-Sharing werden unter „Klimarelevanz“ ausgeführt.

 

Wer ist Miles und wie ist der Markt?

Miles Mobility wurde 2016 als stationsloses Carsharing Unternehmen gegründet, arbeitet unabhängig von den Automobilkonzernen und wurde im Wachstum durch verschiedene private Risikokapitalgeber unterstützt.

In 2022 wurde die VW-Tochter Weshare übernommen. Miles ist nun der führende Carsharing-Anbieter vor ShareNow und Stadtmobil (Bundesverband CarSharing 1.1.2023, https://carsharing.de/presse/fotos/carsharing-statistik/groessten-carsharing-anbieter).

Die deutschen Automobilkonzerne haben sich aus diesem Markt zurückgezogen:

Mercedes-Benz und BMW haben den zweitgrößten Anbieter Share-Now in 2022 an den Stellantis-Konzern verkauft (Opel, Peugeot, Fiat).

 

Das reine free-floating ist in Deutschland in 34 Städten vertreten, hauptsächlich in Metropolen wie Berlin, Hamburg und München sowie in einigen Umlandgemeinden dieser Städte (3.565.220 Fahrberechtigte).

Das stationsbasierte Carsharing ist für die Verbreitung des Carsharings in insgesamt 1.078 Städten verantwortlich und hat in der Summe mehr als 922.940 fahrberechtigte Kunden. (https://carsharing.de/alles-ueber-carsharing/carsharing-zahlen/aktuelle-zahlen-fakten-zum-carsharing-deutschland)

 

Keine finanziellen Verpflichtungen der Stadt Hilden

Der überwiegende Teil stationsgebundener Modelle außerhalb der Metropolen werden subventioniert (z. B. Mikar, die Standorte in über 100 Klein- und Mittelstädten betreiben). Miles hingegen erwartet keine Zuschüsse und ist bereit, je nach Stadtgröße und der damit bestehenden Standortattraktivität Gebühren zu zahlen.

 

Rechtliche Umsetzung

Für die Einordnung ist die Unterscheidung der Varianten „stationsgebunden“ und „freefloating“ bedeutend:

 

Miles ist mit seinem offenen Angebot für eine „unbestimmte Anzahl von Fahrern und Fahrerinnen“ und „einem die Energiekosten mit einschließenden Zeit- oder Kilometertarif“ ein Carsharing-Anbieter im Sinne von § 2 Carsharinggesetz (CsgG).

Nach § 3 Abs. 2 CsgG sind Bevorrechtigungen möglich für das Parken auf öffentlichen Straßen und Wegen sowie im Hinblick auf das Erheben von Gebühren für das Parken im öffentlichen Raum.

 

Zu dem sogenannten Freefloating-Modell wie auch Miles es anbietet, enthält das Landesrecht keine Sonderregelungen. Miles könnte rechtlich und nach eigenem Bekunden ohne Kooperationsvertrag starten, wünscht aber eine Klärung der Regularien und strebt damit eine Vereinbarung für die bewirtschafteten Parkraumzonen in Hilden an.

 

Von den Metropolen ist eine Carsharing abwehrende Politik bis vor einigen Wochen lediglich aus Berlin bekannt. Im Zuge dortiger Rechtsstreitigkeiten hat das OVG Berlin in zweiter Instanz eines Eilverfahrens entschieden, dass Freefloating-Carsharing keine straßenrechtliche Sondernutzung darstelle und Gebühren vorerst nicht gezahlt werden müssen (Beschl. v. 26.10.2022, Az. 1 S 56/22). Das stationsunabhängige Carsharing unterfällt demnach dem Gemeingebrauch. Die Entscheidung in erster Instanz wurde damit bestätigt.

 

Der durch das Bundesumweltministerium geförderte Leitfaden für die Umsetzung des Carsharing-Gesetzes im öffentlichen Straßenraum befasst sich dementsprechend nur auf 3 von 84 Seiten mit dem Freefloating-Modell (Leitfaden S. 65 - 67, https://carsharing.de/sites/default/files/uploads/bcs_leitfaden2022_220204_hp_v2.pdf).

 

Umgang in anderen Städten

In den Metropolen sind häufig drei bis fünf Anbieter aktiv. Viele Städte kooperieren über Verträge und stellen öffentlichen Parkraum kostenfrei (Augsburg), gegen eine pauschale Gebühr je Fahrzeug (Köln, Bonn, Düsseldorf, Wuppertal) oder gegen eine spitze Abrechnung der tatsächlichen Fahrzeuge zur Verfügung („Hamburger Modell“).

Laut Miles werden bei einer Kooperation meist öffentlich-rechtliche Verträge abgeschlossen anstelle eines Gebührenbescheides, so auch in Wuppertal und Düsseldorf. Die Kooperationsverträge mit den Städten Düsseldorf und Wuppertal liegen der Wirtschaftsförderung vor. Sowohl Wuppertal als auch Düsseldorf beziehen sich auf Ziffer 264 der Gebührenordnung im Straßenverkehr (GebOSt).

 

Preise des Anbieters Miles

Die Anmietung der PKW kostet 1 € Grundgebühr und 0,98 € Cent je km inklusive Benzin. Stopps ohne Abmeldung kosten 29 Cent je Minute. Für längeren Gebrauch gibt es 3- und 6-Stunden sowie Tagestarife zwischen 34 € und 49 € inklusive rund 50 km.

Die Angebote ermöglichen die Nutzung eines Fahrzeuges auch für Menschen, die einen PKW nur wenig brauchen oder sich ein eigenes Fahrzeug nicht leisten können.

Billige Lockangebote, wie es sie in der Nullzinsphase bei E-Scootern gab, sind im Carsharing schon länger vorbei. Der gewachsene Markt muss profitabel werden. Miles schloss das Jahr 2021 noch mit einem 4-Millionen-Verlust ab und bewege sich nach eigener Aussage im laufenden Jahr in die schwarzen Zahlen.

 

Geschäftsgebiet Miles

In NRW ist Miles heute als reiner Freefloating-Anbieter in fünf Städten aktiv:

Köln, Düsseldorf, Duisburg, Bonn, Wuppertal.

Ein Start in Solingen ist seitens der Stadt Solingen angekündigt.

Innerhalb NRW können die Fahrzeuge ohne zusätzliche Gebühr von Stadt zu Stadt gefahren und abgemeldet werden.

Im übrigen Deutschland gibt es Miles in Berlin, Potsdam, München, Augsburg, Stuttgart und Hamburg.

Miles bringe keine Fahrzeuge aus, stelle also nicht eine größere Zahl von Fahrzeugen an einen Standort ab. Die Fahrzeugmengen an den Standorten glichen sich auch städteübergreifend weitgehend durch den Nutzerverkehr aus. Fahrzeuge, die 2 - 3 Tage nicht bewegt werden, werden umgefahren.

 

Perspektive Hilden ab Frühjahr 2024

Miles strebt eine Verdichtung in der Rhein-Wupper-Region an. Bemerkenswert ist, dass Hilden die erste kreisangehörige Stadt des Geschäftsgebiets wäre. Laut Miles spricht für Hilden die hohe Bevölkerungsdichte, die Unternehmen (namentlich Qiagen) sowie die Lage zwischen den Miles-Standorten Düsseldorf, Köln, Wuppertal und in Kürze Solingen.

Da zunehmend auch mittelständische Unternehmen in Hilden Firmen-Pedelecs und ein gefördertes Deutschlandticket anbieten, kann Carsharing wesentlich zu einer stärkeren Multimodalität im Personenverkehr beitragen. Die Fahrzeuge von Miles sind in die App „redy“ der Rheinbahn und damit in den Nahverkehr eingebunden (https://www.rheinbahn.de/fahren/mehr-mobilitaet/redy-app).

 

Schätzungsweise bis zu 20 Fahrzeuge würden laut Miles in Hilden regelmäßig verkehren.

 

Gebührenhöhe

Die Gebührenordnung im Straßenverkehr sieht für Ausnahmegenehmigungen von der Straßenverkehrsordnung unter Ziffer 264 einen Gebührenrahmen von 10,20 € bis 767 € je Fahrzeug vor. Für gleichartige Fälle kann wegen des geringeren Verwaltungsaufwandes eine geringere Gebühr erhoben werden. Dabei dürfen 10,20 € je Fahrzeug nicht unterschritten werden.

In Abstimmung mit dem Ordnungsamt ist ein Kooperationsvertrag ähnlich geplant, wie ihn auch die Städte Düsseldorf und Wuppertal umgesetzt haben. Parken würde darüber überall dort ermöglicht, wo freies Parken, Parken mit Parkscheibe oder Parkschein möglich ist sowie in den gebührenpflichtigen Bewohnerparkzonen in der Innenstadt.

 

Die Gebührenhöhe soll sich im Zuge der Gleichbehandlung an den Gebühren für Bewohnerparkausweisen orientieren. Für 2024 liegt diese bei 90 € je Fahrzeug, ab 2025 bei 120 € je Fahrzeug.

 

Berücksichtigt wurde in der Gebührenfindung, dass der Standort Hilden kein „must have“ ist und der größte Anteil der öffentlichen Parkflächen in Hilden nicht bewirtschaftet wird und somit kostenfrei genutzt werden könnte (P+R, Wohn- und Gewerbegebiete). Miles prüft die Rentabilität der Standorte regelmäßig und verkleinert Geschäftsgebiete auch wieder.

 

Mit Miles würde pauschal die Zahl der in Hilden verfügbaren Fahrzeuge abgerechnet werden, unabhängig davon, ob diese in bewirtschafteten Zonen oder auf kostenfreien Parkplätzen stehen. Für Miles Mobility steht vor allem die praktische (pauschale) Handhabung für die flexible Fahrzeugflotte im Vordergrund. Anonymisierte Nutzungsdaten würden der Stadt Hilden zur Verfügung gestellt.

 

Die Wirtschaftsförderung strebt analog früherer Vereinbarungen zu Mobilitäts-Sharing-Angeboten eine zeitnahe, kooperative und pragmatische Ansiedlung von Miles an, um die Multimodalität zu fördern, Carsharing als Angebot für die Unternehmen und die Bevölkerung zu etablieren. In enger Abstimmung mit dem Ordnungsamt würde eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung abgeschlossen für eine Ausnahmegenehmigung für eine pauschale Abgeltung der Nutzung aller öffentlich bewirtschafteten Parkräume auf Grundlage der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr.

 

 

gez.

Dr. Claus Pommer

Bürgermeister


Finanzielle Auswirkungen  

 

Produktnummer / -bezeichnung

020703

Straßenverkehrsrechtliche Genehmigungen

Investitions-Nr./ -bezeichnung:

 

 

Pflichtaufgabe oder

freiwillige Leistung/Maßnahme

Pflicht-

aufgabe

 

(hier ankreuzen)

freiwillige

Leistung

 

(hier ankreuzen)

 

 

Folgende Mittel sind im Ergebnis- / Finanzplan des Haushaltsplanentwurfs 2024 ffveranschlagt:

(Ertrag und Aufwand im Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen)

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Zeile

Bezeichnung

Betrag €

2024

020703 0030 Allgemeine Ausnahmen nach StVO

04

Öffentlich-Rechtliche Leistungsentgelte

80.000 €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aus der Sitzungsvorlage ergeben sich folgende neue Ansätze:

(Ertrag und Aufwand im Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen)

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Zeile

Bezeichnung

Betrag €

2024

020703 0030 Allgemeine Ausnahmen nach StVO

04

Öffentlich-Rechtliche Leistungsentgelte

81.800 €

Ab 2025 ff

020703 0030 Allgemeine Ausnahmen nach StVO

04

Öffentlich-Rechtliche Leis-tungsentgelte

82.400 €

 

Bei über-/außerplanmäßigem Aufwand oder investiver Auszahlung ist die Deckung  gewährleistet durch:

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stehen Mittel aus entsprechenden Programmen des Landes, Bundes oder der EU zur Verfügung? (ja/nein)

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Freiwillige wiederkehrende Maßnahmen sind auf drei Jahre befristet.

Die Befristung endet am: (Monat/Jahr)

 

 

Wurde die Zuschussgewährung Dritter durch den Antragsteller geprüft – siehe SV?

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Finanzierung/Vermerk Kämmerer

 

Gesehen Stuhlträger