Betreff
Untersuchung struktureller Planvarianten im Rahmen der Erstellung des Mobilitätskonzeptes;
Vorstellung der Ergebnisse
Vorlage
WP 20-25 SV 61/140
Aktenzeichen
IV/61.1_Groll/Latteier_MoKo
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtentwicklungsausschuss nimmt die gutachterlichen Ausführungen und Empfehlungen zu den untersuchten Planfällen zur Kenntnis.


Erläuterungen und Begründungen:

 

Der Stadtentwicklungsausschuss hat in seiner Sitzung am 15.03.2023 das Szenario „Hilden Klimafreundlich 2030“ (Szenario 3) als Grundlage für die weitere Bearbeitung des Mobilitätskonzeptes für die Stadt Hilden beschlossen (siehe Sitzungsvorlage WP 20-25 SV 61/116).

 

In der Folge dieses Beschlusses war als nächste Arbeitsphase die Ausarbeitung von Maßnahmenvorschlägen zu den acht definierten Handlungsfeldern vorgesehen.

 

Zur Vorbereitung darauf waren auch die Maßnahmenvorschläge aus der Öffentlichkeit zusammengestellt und ausgewertet worden, die sich im Laufe der bisherigen Beteiligungen angesammelt hatten. Im Rahmen der Auswertung wurde deutlich, dass es Vorschläge gibt, deren Umsetzung eine tiefgreifende Veränderung der Verkehrsstrukturen sowohl für den KFZ-Verkehr als auch für den Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) und den Fahrradverkehr mit sich bringen würde.

 

Vor dem Einstieg in die ursprünglich geplante nächste Arbeitsphase wurde es dadurch erforderlich, zunächst diese Vorschläge (im weiteren Verlauf: „Planfälle“) zu untersuchen und planerisch zu bewerten.

 

Bei diesen Vorschlägen handelt es sich

 

  1. um die Einrichtung eines „kleinen“ Einbahnstraßenringes auf Klotzstraße/Richrather Straße, Baustraße, Lindenplatz, Kirchhofstraße/Hochdahler Straße - jeweils von und bis zur Berliner Straße, und
  2. um die Einrichtung eines „großen“ Einbahnstraßenringes mit der Gerresheimer Straße stadteinwärts und der Hochdahler Straße stadtauswärts - jeweils von und bis zur Berliner Straße.

 

Den Vorschlägen liegt die Hoffnung auf flüssigere KFZ-Verkehre und der Gewinnung von Flächen für Fahrrad- und Fußverkehr zugrunde.

 

Um die möglichen gesamtstädtischen Auswirkungen der vorgeschlagenen Verkehrsführungen zu untersuchen, wurde hierfür das für die Erarbeitung des Mobilitätskonzeptes zuständige Fachbüro zusätzlich mit der Erstellung eines Verkehrsmodells beauftragt.

 

Im Verkehrsmodell lassen sich diese verkehrsbedeutsamen Maßnahmen hinsichtlich ihrer konkreten verkehrlichen Auswirkungen darstellen. Das Verkehrsmodell hilft somit dabei, die richtigen Maßnahmen auszuwählen und zielgerichtet - mit Blick auf das beschlossene Zielszenario - umsetzen zu können. Des Weiteren kann mittels des Verkehrsmodells auch der Durchgangsverkehr und die Wirkung von Maßnahmen auf diesen dargestellt werden.

 

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden hiermit vorgestellt.

 

Grundlagen für das Verkehrsmodell und die untersuchten Fragestellungen/Planfällen:

 

Basis für das Verkehrsmodell sind allgemein öffentlich zugängliche Daten (u.a. Fahrplandaten des VRR, Struktur- und Pendlerdaten von IT.NRW) sowie eigenständig durch das Fachbüro erhobene Daten (Haushaltsbefragung und Verkehrszählungen).

Im Verkehrsmodell wird das Verkehrsaufkommen im Hildener Stadtgebiet, unterschieden nach Kfz-Verkehr mit Güterverkehrsanteil und ÖPNV, zunächst für den Istzustand 2022 abgebildet.

 

Nullprognose

 

Im Rahmen der Nullprognose wird untersucht, wie sich der Verkehr unbeeinflusst von Maßnahmen im Mobilitätssektor entwickeln würde.

 

Aufbauend auf den Istzustand 2022 wird eine Nullprognose für das Zieljahr 2035 erstellt, die als Basis und Vergleichsfall für die zu untersuchenden Planfälle dient. Die Nullprognose berücksichtigt prognostizierte Änderungen bei der verkehrlichen Infrastruktur, beim Mobilitätsverhalten, der Pendlermenge, eine Zunahme beim Güter- und Lieferverkehr sowie Daten zur Bevölkerungsentwicklung bis 2035. Die im Verkehrsmodell untersuchten Planfälle werden hinsichtlich ihrer verkehrlichen Wirkungen mit der Nullprognose 2035 verglichen und bewertet. Als Ergebnis steht eine gutachterliche Empfehlung zu einer oder mehrerer Planfälle hinsichtlich einer möglichen Weiterverfolgung im Rahmen des Mobilitätskonzeptes.

 

Durchgangsverkehr

 

Ebenfalls wird der Anteil des Durchgangsverkehres für den Istzustand 2022 dargestellt.

 

Von diesen stärker betroffenen Straßen und -abschnitte sind insbesondere die Walder Straße (von der Stadtgrenze bis zur Auffahrt Ostring) sowie die Richrather Straße. Hier erreichen die Durchgangsverkehrsanteile Größenordnungen von ca. 32% (Walder Straße) bzw. 27% (Richrather Straße). Es wird jedoch auch deutlich, dass der Durchgangsverkehr auf den übrigen Straßen und -abschnitten eher geringe Anteile am Gesamtverkehr aufweist und somit eine untergeordnete Rolle spielt. Im Durchschnitt liegt der Durchgangsverkehrsanteil in einer Größenordnung von ca. 16%. Der deutlich größere Anteil am Gesamtverkehr wird durch den Binnenverkehr der Hildener Bevölkerung sowie Ein- und Auspendlerverkehr erzeugt.

 

Planfälle

 

Folgende Planfälle sind Gegenstand der Untersuchung:

1.) Einbahnstraßenregelungen

-        Planfall 1.1 „kleine Einbahnstraßenregelung“ (Einbahnstraße auf der Kirchhofstraße ab Baustraße bis Berliner Straße sowie Einbahnstraße auf der Klotzstraße, Richrather Straße von der Berliner Straße bis Baustraße)

-        Planfall 1.2 „erweiterte Einbahnstraßenregelung“ (wie 1.1 aber zusätzlich auf Hochdahler Straße und Gerresheimer Straße jeweils bis Mozartstraße)

-        Planfall 1.3 „große Einbahnstraßenregelung“ (1.2 aber zusätzlich jeweils bis Beethovenstraße)

2.) Reduzierung von Tempo 50 auf Tempo-30

-        Planfall 2.1: auf allen angebauten Hauptverkehrsstraßen innerhalb der Stadt Hilden (mit Walder Straße ab Zufahrt Ostring bis Stadtgrenze zu SG Ohligs)

-        Planfall 2.2: auf allen angebauten Hauptverkehrsstraßen innerhalb der Stadt Hilden (ohne Walder Straße ab Zufahrt Ostring bis Stadtgrenze zu SG Ohligs)

Im Verkehrsmodell werden die verkehrlichen Auswirkungen der Planfälle in Form von Verkehrszu- und -abnahmen im Vergleich zur Nullprognose 2035 dargestellt.

Im Ergebnis ist den Untersuchungen der Planfälle zu den Einbahnstraßenregelungen zu entnehmen, dass neben Verkehrsabnahmen auf einigen Straßen und -abschnitten auch Verkehrszunahmen auf anderen Straßen und -abschnitten entstehen. Den erwünschten Verkehrsentlastungen auf Hauptverkehrsstraßen stehen zusätzliche unerwünschte Verkehrsbelastungen auf anderen Straßen, z.B. in Wohngebieten, gegenüber. Zu den Straßen mit einer Verkehrszunahme zählen etwa die Hofstraße, die Heerstraße, die Baustraße, die Grünstraße und die Oststraße bei Planfall 1.1.

Bei Planfall 1.2/1.3 sind die Neustraße, die Hofstraße, Heerstraße, Herderstraße, Mozartstraße, Richard-Wagner-Straße, Baustraße, Grünstraße und die Oststraße von einer Verkehrszunahme betroffen.

Verlagerungen des KFZ-Verkehrs in bisher wenig belastete (Wohn-) Straßen stehen dem Ziel einer Reduzierung der Belastungen durch den KFZ-Verkehr entgegen.

Die Abnahmen der KFZ-Verkehrszahlen auf den betroffenen „Einbahnstraßenabschnitten“ sind zugleich nicht groß genug, um dort Spielraum zu erhalten für umfangreiche Umbaumaßnahmen zur besseren städtebaulichen Integration und/oder zur Neu- und Umverteilung von Flächen im Straßenraum., z.B. durch die Anlage von Radwegen.

Die Planfälle 2.1 und 2.2 mit Tempo-30 Regelungen weisen dagegen Verkehrsentlastungen auf nahezu allen Hauptverkehrsstraßen auf. Zusätzliche Verkehrsbelastungen treten dabei überwiegend auf hierfür ausgelegte Straßen und -abschnitten auf (z.B. auf dem Ostring oder Westring). Wohnstraßen werden nicht zusätzlich betroffen.

Zusätzliche Auswirkungen

Neben den Verkehrszu- und -abnahmen, die durch die Maßnahmen erzeugt würden, sind weitere Aspekte bei der Bewertung der Planvarianten zu berücksichtigen. Unter anderem würden bei Einbahnstraßenregelungen umfangreiche Umbaumaßnahmen an Straßen und Kreuzungsbereichen, mit entsprechenden Kosten, erforderlich.

Je nach Ausgestaltung der Einbahnstraßenregelung würde das bestehende ÖPNV-Netz weitgehend dysfunktional; denn alle betroffenen Straßen/Streckenabschnitte werden auch vom Buslinienverkehr im Zweirichtungsverkehr befahren. Wenn dieser Zweirichtungsverkehr aufgegeben werden müsste, würden in diesen Abschnitten die einzelnen Linien ihre Erschließungsfunktion verlieren oder es wären weitere Umstiege erforderlich, die die Fahrtzeitenrelation zum MIV verschlechtern.

Weitere Vorgehensweise

Vor dem Hintergrund der Untersuchungsergebnisse des Verkehrsmodells und dem Aufzeigen der jeweiligen Vor- und Nachteile der dargestellten Planfälle durch das Fachbüro wird angeregt, diese sowie die gutachterlichen Empfehlungen zunächst zur Kenntnis zu nehmen.

Zur Vorbereitung einer Entscheidung über die weitere Vorgehensweise im Mobilitätskonzept ist vorgesehen, den Mitgliedern des Stadtentwicklungsausschusses die Möglichkeit zur vertiefenden Erörterung der Untersuchungsergebnisse in einem Workshop zu geben.

Dieser wird voraussichtlich im Januar 2024 stattfindenden. In diesem Zusammenhang können die dargestellten Planfälle noch einmal intensiver diskutiert werden, um im Folgenden einen Beschluss über die weitere Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung eines oder mehrerer Planfälle im Rahmen der Erarbeitung des Maßnahmenkonzepts fällen zu können.

Gez.

Dr. Claus Pommer

Bürgermeister