Beschlussvorschlag:
Der Integrationsrat nimmt den Sachstandsbericht zur Kenntnis.
Erläuterungen
und Begründungen:
Mit dem Kommunalen
Integrationsmanagement fördert das Land Nordrhein-Westfalen seit
2020 ein integrationspolitisches
Instrument zur Verbesserung des Prozesses der Erstintegration von Menschen mit
Zuwanderungsgeschichte in allen Kommunen des Landes Nordrhein-Westfalen.
Ziel ist es, zu einem
abgestimmten Verwaltungshandeln aus einer Hand zu kommen, die
Querschnittsaufgabe Integration flächendeckend in den Regelstrukturen zu
verankern und den in den Fokus genommenen Personengruppen eine verlässliche
Struktur für ihre individuellen Integrationsbedarfe zu bieten.
In seiner Sitzung vom 07.09.2020
(Vorlagennummer 50/019/2020) hat der Kreistag beschlossen, dass der Kreis
Mettmann am Landesprogramm „Kommunales Integrationsmanagement NRW“ teilnimmt.
Das Programm wird über drei Bausteine umgesetzt:
- Koordinierende Stelle (Strategischer
Overhead) mit 3,5 Vollzeitäquivalente (VZÄ) und
0,5 VZÄ Verwaltungsassistenz im Kreisintegrationszentrum - rechtskreisübergreifendes individuelles
Case Management/Fallmanagement mit 8 VZÄ im Kreisintegrationszentrum, 1
VZÄ im Ausländeramt angesiedelt und seit 2022 zusätzlichen 7 VZÄ, die an
die kreisangehörigen Städte und die Wohlfahrt weitergeleitet werden
- zusätzliche
Personalstellen in der Ausländer- und Einbürgerungsbehörde zur rechtlichen
Verstetigung der Integration ausländischer Menschen mit besonderen
Integrationsleistungen mit 3 VZÄ
Im Mai 2021 hat das Kreis Integration
Management (folgend KIM genannt) im Kreis Mettmann die Arbeit aufgenommen. Die
für Hilden zuständige Case Management Stelle bei der Kreisverwaltung ist seit
September 2021 besetzt. Die bei der Stadt Hilden angesiedelte Case Management
Stelle bietet seit Dezember 2022 Beratungen an.
Der Kreis Mettmann hat dem
Handlungskonzept KIM folgend ein Gremium auf Geschäftsführungsebene
eingerichtet. Diese Lenkungsgruppe ist das beschlussfassende Organ welches
grundsätzliche Entscheidungen des KIM trifft. Die Entscheidungsbefugnisse sind
in einer Geschäftsordnung verbindlich niedergeschrieben. Vertreten sind Träger
der Freien Wohlfahrt, Arbeitsverwaltung, kreisangehörige Städte, relevante
Fachämter der Kreisverwaltung.
Bisher werden die vier im
Rahmen der Lenkungsgruppe beschlossenen Zielgruppen
(1) Berechtigte für die Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis nach §§ 25 a und b sowie § 104 c Aufenthaltsgesetz (AufenthG)
(2) bei der Einreise unbegleitete minderjährige
Geflüchtete
(3) Menschen mit einer Duldung oder Gestattung, die
älter als 27 Jahre alt sind
(4) (Neu-) Zugewanderte aus
Südosteuropa
im Rahmen des Case
Managements begleitet.
In der Sitzung der
Lenkungsgruppe vom 10.05.2023 ist die Erweiterung der Zielgruppen um
folgende Personen beschlossen
worden:
(5) zugewanderte Menschen über 18
Jahre, die noch nicht 5 Jahre in Deutschland sind UND einen multiplen
Hilfebedarf aufweisen, der von einer Fachberatungsstelle festgestellt wurde.
Ein multipler Hilfebedarf liegt vor, wenn in mehreren Themenbereichen
(Gesundheit,
Existenzsicherung,
Arbeit/Ausbildung, Sprache, Bildung, Aufenthalt, Kinderbetreuung,
Wohnen,
etc.) längerfristige Unterstützung benötigt wird, verschiedene Institutionen
die
Fallbearbeitung
beeinflussen und die Notwendigkeit einer Gesamtplanung besteht. Diese
Erweiterung der Zielgruppe ist vorerst bis zum 31.12.2024 befristet.
Da es
durch diese Zielgruppenbeschreibung zu einer Überschneidung mit bereits
etablierten
Beratungsakteuren
kommt, stimmen der Strategische Overhead des KIM und die Träger der
Wohlfahrt
sich mit dem Ziel ab, eine Kooperationsvereinbarung zu schließen. Eine
verbindliche
Vereinbarung für eine übergreifende Zusammenarbeit ist ein essentieller
Schritt,
um abgestimmte Integrationsprozesse im Kreis Mettmann zu etablieren.
Um die Zusammenarbeit der
drei Bausteine zu gewährleisten, finden regelmäßig
Austauschtreffen statt, in denen
die Umsetzung der jeweiligen Bausteine, Schnittstellen und
Möglichkeiten der Zusammenarbeit
ausgelotet und verbindlich festgelegt werden.
Im Zusammenhang mit dem Chancenaufenthaltsgesetz
hat sich eine gute Kooperation
zwischen dem Ausländeramt, der Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer, dem
Jugendmigrationsdiensten, dem
Jobcenter, Fördern und Fordern –
Schritt für Schritt zum
gesicherten Aufenthalt (Caritas) und dem KIM etabliert. Nach dem
Inkrafttreten des Gesetzes zum
Chancenaufenthalt hat das Ministerium für Kinder, Jugend,
Familie, Gleichstellung, Flucht
und Integration (MKJFGFI) im Februar 2023 verstärkt auf die
besondere Rolle des KIM im
Betreuungskontext zum §104c AufenthG aufmerksam gemacht.
Am 4. April 2023 ist ein
Screening durch das KIM Case Management in den Räumlichkeiten
des Ausländeramtes gestartet. Zu
den Ausgabezeiten der Aufenthaltstitel nach § 104c
AufenthG bieten Mitarbeitende aus
dem Case Management Berechtigten im Rahmen des
Screenings ein Gespräch an, in dem
herausgefunden werden soll, wo mögliche Bedarfe der
Person liegen und ob eine
weiterführende Unterstützung erwünscht ist. Je nach
Unterstützungsbedarf verweist das
Case Management in die Beratungsstruktur oder bietet
Personen mit einem komplexen Hilfebedarf die
Teilnahme am KIM Case Management an.
Bisher stellen sich die Zahlen folgendermaßen
dar (Stand 09/2023):
Screening
Chancenaufenthalt |
|
Verweis an |
Anzahl |
Fördern und Fordern - Schritt für Schritt zum gesicherten Aufenthalt
(Caritas) |
4 |
JMD |
0 |
MBE |
17 |
KIM-CM |
23 |
Flüchtlingshilfe Velbert e.V. |
1 |
Kein Bedarf |
49 |
Gesamt |
94 |
Um die Zusammenarbeit mit allen relevanten Beratungsakteuren des
gesamten Kreises zu
etablieren
und zu festigen, wurden durch den Strategischen Overhead seit 2021
Netzwerktreffen in allen kreisangehörigen Städten initiiert.
In 2023 haben diese für alle Städte im Frühling/Sommer stattgefunden.
Seitens des MKJFGFI ist es wünschenswert, dass für die Standorte der jeweiligen
KIM ein einheitliches Beratungskonzept erstellt wird. Dafür ist es notwendig
gewesen, dass für jede Stadt herausgearbeitet worden ist, welche Akteure vor
Ort tätig sind und welche Angebote im Portfolio sind. Ziel ist es, die
Zusammenarbeit der einzelnen Institutionen zu beleuchten und eine übergreifende
Zusammenarbeit zu fördern.
Die Teilnehmenden des Netzwerktreffens sind gebeten worden anhand der
Punkte Zielgruppe, Angebot und (bestehende) Kooperationsvereinbarung das
jeweilige Angebot zu präsentieren. Die Ergebnisse dieser Präsentation werden
derzeit noch von dem Strategischen Overhead aufgearbeitet.
Aufgrund der Netzwerktreffen konnten aber bereits fehlende
Kooperationsvereinbarungen zwischen KIM und den kreisangehörigen Städten
identifiziert werden. Auch diese werden seitens des Strategischen Overheads
sukzessive angestrebt.
Die Lenkungsgruppe hat im Jahr 2022
beschlossen, dass ein Beteiligungsforum durch den
Strategischen Overhead initiiert werden soll. Hier sind zugewanderte Menschen
eingeladen,
am Gestaltungsprozess von KIM teilzunehmen. Zudem soll so verhindert werden,
dass nur
„über“, nicht mit den betroffenen Menschen gesprochen wird.
Am 12.01. und am 28.02.2023 hat die erste und
am 13.06.2023 die zweite Runde des Beteiligungsforums des Jahres 2023
stattgefunden. Die Veranstaltungen sind jeweils im Nord und Südkreis
durchgeführt worden.
Die Einladung erfolgte über Netzwerkpartner, das Case Management sowie SMS und
E-
Mails an Personen, die bereits am ersten Beteiligungsforum im September 2022
teilgenommen haben und an weiteren Veranstaltungsterminen interessiert
sind.
Bei allen Foren war eine kleine Gruppe interessierter Menschen anwesend.
Thematisch hat
es jeweils einen kurzen Input zu der Bedeutung der Lenkungsgruppe und den
Regelkreis des Kommunalen Integrationsmanagements gegeben.
Im Anschluss wurden die Teilnehmenden durch
das Case Management eingeladen, bestehende Problematiken aus ihrer Lebenswelt
heraus zu beleuchten. Dabei wurden zur Orientierung einige Fragen genannt:
-
„Welche
Erfahrungen haben Sie gemacht?
-
Was
könnte sich zukünftig verbessern?
-
Wo und
was für Veränderungen müssen her?
-
Was
könnte Ihre Situation verbessern? Was wünschen Sie sich?
-
Welche
Unterstützung ist nötig?“
Es sind konstruktive Gespräche geführt
worden, deren Ergebnisse sowie persönliche
Erfahrungen der Teilnehmenden in den nächsten Lenkungsgruppen eingespielt und
bearbeitet werden.
Die nächsten Beteiligungsforen finden zeitgleich im Nord- und im Südkreis am
24. Oktober 2023 von 16 bis 18 Uhr in der Villa B Velbert und im Bürgerhaus
Hilden statt.
Zentrales Element von KIM ist die fallbasierte Arbeit. Auf der Basis von
Einzelfällen sollen anhand eines strukturierten Ablaufs der Fall, die Akteure
und die Themen beleuchtet und in ihrer Ganzheitlichkeit erfasst werden, um so
Rückschlüsse für fallübergreifende Prozesse zu ziehen und typische Abläufe und
Dienstleistungsketten sichtbar zu machen.
In einer Fallrekonstruktion wird der Fall zunächst durch eine*n
fallgebende*n Mitarbeitende*n aus dem Case Management vorgestellt. Dann werden
die involvierten Akteure benannt und die sich auf den Fall beziehenden
jeweiligen Prozessschritte der Akteure erörtert und beleuchtet. Hierbei werden
Schnittstellen sowie Synergieeffekte und / oder Doppelstrukturen im Netzwerk
aufgezeigt.
Die aus den Fallrekonstruktionen herausgearbeiteten Themen wurden zum
Beschluss in die Lenkungsgruppe eingebracht, um zunächst eine Projektgruppe zu
initiieren, die sich mit Lösungsansätzen befasst.
In
der Lenkungsgruppensitzung vom 01.12.2022 ist die Einrichtung einer
Projektgruppe zu dem Rahmenziel „Zugewanderte nehmen häufig prekäre
Arbeitsverhältnisse oder Ausbildungsstellen zum Zweck der Aufenthaltssicherung
an“ beschlossen worden. Ziel ist es,
dass
die Aufenthaltssicherung der Aufnahme einer qualifizierten Arbeit / Ausbildung
nicht im
Wege
steht.
Es ist um Entsendung von Expert*innen aus den Organisationen der
Lenkungsgruppenmitglieder
gebeten worden. Zusätzlich sind die Integrationsbeauftragten in
den kreisangehörigen Städten sowie die Regionalberatung der
Flüchtlingshilfe Velbert e.V.
zur
Mitarbeit eingeladen worden. Drei Termine, à drei Stunden sind durch den
Strategischen
Overhead
unter Berücksichtigung der konzeptionellen Vorgaben des KIM vorbereitet worden.
Durch
die aktive Mitarbeit von Vertretungen aus den Jugendmigrationsdiensten (Internationaler Bund), des Ausländeramtes, der Einbürgerung, dem Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge, dem Integration Point, der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter und dem KIM
Case Management
konnten
die folgende Beschlussvorschläge herausgearbeitet werden:
- Es werden durch den strategischen Overhead
Informationsveranstaltungen mit einem
fachlichen Input initiiert und bei Bedarf auch organisiert. - Es wird festgestellt, dass folgende Kooperationsvereinbarungen für
notwendig erachtet werden; der strategische Overhead wird beauftragt einen
Abstimmungsprozess zwischen den Vertragsparteien anzustoßen.
a) Initiierung
einer Kooperationsvereinbarung zwischen ABH und Beratungsakteuren
b) Initiierung
einer Kooperationsvereinbarung zwischen BAMF und Beratungsakteuren
- Der strategische Overhead initiiert in Kooperation mit der
Bildungskoordination (Regionales Bildungsbüro bei der Kreisverwaltung
Mettmann) ein
geeignetes Austauschformat. - Die für Herbst 2023 geplante Projektgruppe befasst sich weiterhin
mit dem
beschlossenen Rahmenziel und erarbeitet zu den bereits formulierten Ergebniszielen
Aktivitäten.
Die Lenkungsgruppe hat diesen Beschlussvorschlägen in der Sitzung vom
10.05.2023 zugestimmt.
Aktuelles aus dem Case
Management Hilden
Das Case Management in Hilden setzt sich aus einer Stelle beim Kreis
Mettmann sowie einer Stelle, die bei der Stadt Hilden angesiedelt ist,
zusammen. Insgesamt werden in Hilden zurzeit 22 Personen durch das KIM Case
Management betreut (Stand 08/23). Das Thema Aufenthalt ist bei 14 Personen das
primäre Ziel. Auch Themen aus dem Bereich Ausbildung und Arbeit (5) sowie der
Spracherwerb (3) sind relevant. Die Arbeit des Case Managements in Hilden ist
insbesondere ab dem Auszug aus der Flüchtlingsunterkunft von Bedeutung. Zu
diesem Zeitpunkt werden die betroffenen Personen in der Regel mit komplexen
neuen Problemlagen konfrontiert, in denen die Unterstützung in Form des
allumfassenden Case Managements als besonders hilfreich erachtet wird.
Frau Nang betreut derzeit 13 Personen, davon gehören 8 Personen der
Zielgruppe „Geduldete und Gestatte über 27 Jahren“ an, 2 Personen sind
„Berechtigte nach Aufenthaltsgesetz §§25 a, b“, weitere 2 Personen sind >18
Jahre, noch keine 5 Jahre in DE und haben einen multiplen Hilfebedarf sowie 1
Person, die die Aufenthaltserlaubnis nach §104c AufenthG besitzt.
Frau El Khabbachi betreut momentan 9 Personen. Die Zielgruppen, die in
ihrer Betreuung vertreten sind, bestehen aus Berechtigten für §104c AufenthG
(4), Berechtigten nach §§25 a, b (2), Menschen mit einer Duldung oder
Gestattung, die älter als 27 Jahre sind (2) sowie (Neu-) Zugewanderten aus
Südosteuropa (1).
Das Case Management bietet Unterstützung in vielen verschiedenen
Bereichen an. So geht aus den aktuellen Fällen hervor, dass in der täglichen
Arbeit die Suche nach einem geeigneten Sprachkurs, die Unterstützung bei
finanziellen Absicherungen (z.B. Kindergeldantrag, Wohngeldantrag, Pflegegeld,
u.v.m.) sowie die Schuldenregulierung von großer Bedeutung sind. Auch ist die
Hilfe bei Passbeschaffungen ein Bereich, in dem die Arbeit des Case Managements
sich als besonders hilfreich erwiesen hat. Ein weiterer Erfolg der Arbeit
zeichnet sich im Bereich der Sprachkenntnisse ab. Bei einigen Teilnehmenden
konnte nachweislich das Sprachniveau verbesset und/oder offizielle Nachweise
für den Sprachstand erwirkt werden.
Ein weiteres wichtiges Merkmal der Arbeit im Case Management ist die Verweisberatung.
Die Case Manager*innen fungieren als eines der zentralen Elemente, um Personen
in passende Beratungsangebote zu verweisen. Die Kommunikation mit den
Netzwerkpartnern in Hilden insgesamt wird positiv wahrgenommen.
gez.
In Vertretung
Sönke Eichner
Erster Beigeordneter