Betreff
Sachstandsmitteilung Case Management
Vorlage
WP 20-25 SV 51/247
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Integrationsrat nimmt den Sachstandsbericht zur Kenntnis.


Erläuterungen und Begründungen:

 

Mit dem Kommunalen Integrationsmanagement fördert das Land Nordrhein-Westfalen seit
2020 ein integrationspolitisches Instrument zur Verbesserung des Prozesses der Erstintegration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in allen Kommunen des Landes Nordrhein-Westfalen.

 

Ziel ist es, zu einem abgestimmten Verwaltungshandeln aus einer Hand zu kommen, die Querschnittsaufgabe Integration flächendeckend in den Regelstrukturen zu verankern und den in den Fokus genommenen Personengruppen eine verlässliche Struktur für ihre individuellen Integrationsbedarfe zu bieten.


In seiner Sitzung vom 07.09.2020 (Vorlagennummer 50/019/2020) hat der Kreistag beschlossen, dass der Kreis Mettmann am Landesprogramm „Kommunales Integrationsmanagement NRW“ teilnimmt.


Das Programm wird über drei Bausteine umgesetzt:

 

  • Koordinierende Stelle (Strategischer Overhead) mit 3,5 Vollzeitäquivalente (VZÄ) und
    0,5 VZÄ Verwaltungsassistenz im Kreisintegrationszentrum
  • rechtskreisübergreifendes individuelles Case Management/Fallmanagement mit 8 VZÄ im Kreisintegrationszentrum, 1 VZÄ im Ausländeramt angesiedelt und seit 2022 zusätzlichen 7 VZÄ, die an die kreisangehörigen Städte und die Wohlfahrt weitergeleitet werden
  • zusätzliche Personalstellen in der Ausländer- und Einbürgerungsbehörde zur rechtlichen Verstetigung der Integration ausländischer Menschen mit besonderen Integrationsleistungen mit 3 VZÄ

 

Im Mai 2021 hat das Kreis Integration Management (folgend KIM genannt) im Kreis Mettmann die Arbeit aufgenommen. Die für Hilden zuständige Case Management Stelle bei der Kreisverwaltung ist seit September 2021 besetzt. Die bei der Stadt Hilden angesiedelte Case Management Stelle bietet seit Dezember 2022 Beratungen an.

 

Der Kreis Mettmann hat dem Handlungskonzept KIM folgend ein Gremium auf Geschäftsführungsebene eingerichtet. Diese Lenkungsgruppe ist das beschlussfassende Organ welches grundsätzliche Entscheidungen des KIM trifft. Die Entscheidungsbefugnisse sind in einer Geschäftsordnung verbindlich niedergeschrieben. Vertreten sind Träger der Freien Wohlfahrt, Arbeitsverwaltung, kreisangehörige Städte, relevante Fachämter der Kreisverwaltung.

 

Bisher werden die vier im Rahmen der Lenkungsgruppe beschlossenen Zielgruppen

 

(1)  Berechtigte für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 25 a und b sowie § 104 c Aufenthaltsgesetz (AufenthG)

(2)  bei der Einreise unbegleitete minderjährige Geflüchtete

(3)  Menschen mit einer Duldung oder Gestattung, die älter als 27 Jahre alt sind

(4)  (Neu-) Zugewanderte aus Südosteuropa

im Rahmen des Case Managements begleitet.

 

In der Sitzung der Lenkungsgruppe vom 10.05.2023 ist die Erweiterung der Zielgruppen um
folgende Personen beschlossen worden:

 

(5)  zugewanderte Menschen über 18 Jahre, die noch nicht 5 Jahre in Deutschland sind UND einen multiplen Hilfebedarf aufweisen, der von einer Fachberatungsstelle festgestellt wurde.

Ein multipler Hilfebedarf liegt vor, wenn in mehreren Themenbereichen (Gesundheit,
Existenzsicherung, Arbeit/Ausbildung, Sprache, Bildung, Aufenthalt, Kinderbetreuung,
Wohnen, etc.) längerfristige Unterstützung benötigt wird, verschiedene Institutionen die
Fallbearbeitung beeinflussen und die Notwendigkeit einer Gesamtplanung besteht. Diese Erweiterung der Zielgruppe ist vorerst bis zum 31.12.2024 befristet.


Da es durch diese Zielgruppenbeschreibung zu einer Überschneidung mit bereits etablierten
Beratungsakteuren kommt, stimmen der Strategische Overhead des KIM und die Träger der
Wohlfahrt sich mit dem Ziel ab, eine Kooperationsvereinbarung zu schließen. Eine
verbindliche Vereinbarung für eine übergreifende Zusammenarbeit ist ein essentieller Schritt,

um abgestimmte Integrationsprozesse im Kreis Mettmann zu etablieren.

 

Um die Zusammenarbeit der drei Bausteine zu gewährleisten, finden regelmäßig 
Austauschtreffen statt, in denen die Umsetzung der jeweiligen Bausteine, Schnittstellen und 
Möglichkeiten der Zusammenarbeit ausgelotet und verbindlich festgelegt werden. 

Im Zusammenhang mit dem Chancenaufenthaltsgesetz hat sich eine gute Kooperation
zwischen dem Ausländeramt, der Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer, dem Jugendmigrationsdiensten, dem Jobcenter, Fördern und Fordern –
Schritt für Schritt zum gesicherten Aufenthalt (Caritas) und dem KIM etabliert. Nach dem
Inkrafttreten des Gesetzes zum Chancenaufenthalt hat das Ministerium für Kinder, Jugend,
Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI) im Februar 2023 verstärkt auf die
besondere Rolle des KIM im Betreuungskontext zum §104c AufenthG aufmerksam gemacht.

Am 4. April 2023 ist ein Screening durch das KIM Case Management in den Räumlichkeiten
des Ausländeramtes gestartet. Zu den Ausgabezeiten der Aufenthaltstitel nach § 104c
AufenthG bieten Mitarbeitende aus dem Case Management Berechtigten im Rahmen des
Screenings ein Gespräch an, in dem herausgefunden werden soll, wo mögliche Bedarfe der
Person liegen und ob eine weiterführende Unterstützung erwünscht ist. Je nach
Unterstützungsbedarf verweist das Case Management in die Beratungsstruktur oder bietet
Personen mit einem komplexen Hilfebedarf die Teilnahme am KIM Case Management an.

Bisher stellen sich die Zahlen folgendermaßen dar (Stand 09/2023):

 

Screening Chancenaufenthalt

 

Verweis an

Anzahl

Fördern und Fordern - Schritt für Schritt zum gesicherten Aufenthalt (Caritas)

4

JMD

0

MBE

17

KIM-CM

23

Flüchtlingshilfe Velbert e.V.

1

Kein Bedarf

49

Gesamt

94

 

 

 

 

 

Um die Zusammenarbeit mit allen relevanten Beratungsakteuren des gesamten Kreises zu
etablieren und zu festigen, wurden durch den Strategischen Overhead seit 2021 Netzwerktreffen in allen kreisangehörigen Städten initiiert.

 

In 2023 haben diese für alle Städte im Frühling/Sommer stattgefunden. Seitens des MKJFGFI ist es wünschenswert, dass für die Standorte der jeweiligen KIM ein einheitliches Beratungskonzept erstellt wird. Dafür ist es notwendig gewesen, dass für jede Stadt herausgearbeitet worden ist, welche Akteure vor Ort tätig sind und welche Angebote im Portfolio sind. Ziel ist es, die Zusammenarbeit der einzelnen Institutionen zu beleuchten und eine übergreifende Zusammenarbeit zu fördern.

 

Die Teilnehmenden des Netzwerktreffens sind gebeten worden anhand der Punkte Zielgruppe, Angebot und (bestehende) Kooperationsvereinbarung das jeweilige Angebot zu präsentieren. Die Ergebnisse dieser Präsentation werden derzeit noch von dem Strategischen Overhead aufgearbeitet.

Aufgrund der Netzwerktreffen konnten aber bereits fehlende Kooperationsvereinbarungen zwischen KIM und den kreisangehörigen Städten identifiziert werden. Auch diese werden seitens des Strategischen Overheads sukzessive angestrebt.

 

Die Lenkungsgruppe hat im Jahr 2022 beschlossen, dass ein Beteiligungsforum durch den
Strategischen Overhead initiiert werden soll. Hier sind zugewanderte Menschen eingeladen,
am Gestaltungsprozess von KIM teilzunehmen. Zudem soll so verhindert werden, dass nur
„über“, nicht mit den betroffenen Menschen gesprochen wird.

Am 12.01. und am 28.02.2023 hat die erste und am 13.06.2023 die zweite Runde des Beteiligungsforums des Jahres 2023 stattgefunden. Die Veranstaltungen sind jeweils im Nord und Südkreis durchgeführt worden.
Die Einladung erfolgte über Netzwerkpartner, das Case Management sowie SMS und E-
Mails an Personen, die bereits am ersten Beteiligungsforum im September 2022
teilgenommen haben und an weiteren Veranstaltungsterminen interessiert sind. 
 
Bei allen Foren war eine kleine Gruppe interessierter Menschen anwesend. Thematisch hat
es jeweils einen kurzen Input zu der Bedeutung der Lenkungsgruppe und den
Regelkreis des Kommunalen Integrationsmanagements gegeben.

Im Anschluss wurden die Teilnehmenden durch das Case Management eingeladen, bestehende Problematiken aus ihrer Lebenswelt heraus zu beleuchten. Dabei wurden zur Orientierung einige Fragen genannt:

 

-      „Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

-      Was könnte sich zukünftig verbessern?

-      Wo und was für Veränderungen müssen her?

-      Was könnte Ihre Situation verbessern? Was wünschen Sie sich?

-      Welche Unterstützung ist nötig?“

Es sind konstruktive Gespräche geführt worden, deren Ergebnisse sowie persönliche
Erfahrungen der Teilnehmenden in den nächsten Lenkungsgruppen eingespielt und
bearbeitet werden.

Die nächsten Beteiligungsforen finden zeitgleich im Nord- und im Südkreis am 24. Oktober 2023 von 16 bis 18 Uhr in der Villa B Velbert und im Bürgerhaus Hilden statt.

 

 

 

 

Zentrales Element von KIM ist die fallbasierte Arbeit. Auf der Basis von Einzelfällen sollen anhand eines strukturierten Ablaufs der Fall, die Akteure und die Themen beleuchtet und in ihrer Ganzheitlichkeit erfasst werden, um so Rückschlüsse für fallübergreifende Prozesse zu ziehen und typische Abläufe und Dienstleistungsketten sichtbar zu machen.

 

In einer Fallrekonstruktion wird der Fall zunächst durch eine*n fallgebende*n Mitarbeitende*n aus dem Case Management vorgestellt. Dann werden die involvierten Akteure benannt und die sich auf den Fall beziehenden jeweiligen Prozessschritte der Akteure erörtert und beleuchtet. Hierbei werden Schnittstellen sowie Synergieeffekte und / oder Doppelstrukturen im Netzwerk aufgezeigt.

Die aus den Fallrekonstruktionen herausgearbeiteten Themen wurden zum Beschluss in die Lenkungsgruppe eingebracht, um zunächst eine Projektgruppe zu initiieren, die sich mit Lösungsansätzen befasst.


In der Lenkungsgruppensitzung vom 01.12.2022 ist die Einrichtung einer Projektgruppe zu dem Rahmenziel „Zugewanderte nehmen häufig prekäre Arbeitsverhältnisse oder Ausbildungsstellen zum Zweck der Aufenthaltssicherung an“ beschlossen worden. Ziel ist es,
dass die Aufenthaltssicherung der Aufnahme einer qualifizierten Arbeit / Ausbildung nicht im
Wege steht.

 

Es ist um Entsendung von Expert*innen aus den Organisationen der
Lenkungsgruppenmitglieder gebeten worden. Zusätzlich sind die Integrationsbeauftragten in

den kreisangehörigen Städten sowie die Regionalberatung der Flüchtlingshilfe Velbert e.V.
zur Mitarbeit eingeladen worden. Drei Termine, à drei Stunden sind durch den Strategischen
Overhead unter Berücksichtigung der konzeptionellen Vorgaben des KIM vorbereitet worden.
Durch die aktive Mitarbeit von Vertretungen aus den Jugendmigrationsdiensten (Internationaler Bund), des Ausländeramtes, der Einbürgerung, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dem Integration Point, der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter und dem KIM Case Management
konnten die folgende Beschlussvorschläge herausgearbeitet werden:

 

  1. Es werden durch den strategischen Overhead Informationsveranstaltungen mit einem
    fachlichen Input initiiert und bei Bedarf auch organisiert.
  2. Es wird festgestellt, dass folgende Kooperationsvereinbarungen für notwendig erachtet werden; der strategische Overhead wird beauftragt einen Abstimmungsprozess zwischen den Vertragsparteien anzustoßen.

a)    Initiierung einer Kooperationsvereinbarung zwischen ABH und Beratungsakteuren

b)    Initiierung einer Kooperationsvereinbarung zwischen BAMF und Beratungsakteuren

  1. Der strategische Overhead initiiert in Kooperation mit der Bildungskoordination (Regionales Bildungsbüro bei der Kreisverwaltung Mettmann) ein
    geeignetes Austauschformat.
  2. Die für Herbst 2023 geplante Projektgruppe befasst sich weiterhin mit dem
    beschlossenen Rahmenziel und erarbeitet zu den bereits formulierten Ergebniszielen
    Aktivitäten.

Die Lenkungsgruppe hat diesen Beschlussvorschlägen in der Sitzung vom 10.05.2023 zugestimmt.

 

 

 

 

Aktuelles aus dem Case Management Hilden

 

Das Case Management in Hilden setzt sich aus einer Stelle beim Kreis Mettmann sowie einer Stelle, die bei der Stadt Hilden angesiedelt ist, zusammen. Insgesamt werden in Hilden zurzeit 22 Personen durch das KIM Case Management betreut (Stand 08/23). Das Thema Aufenthalt ist bei 14 Personen das primäre Ziel. Auch Themen aus dem Bereich Ausbildung und Arbeit (5) sowie der Spracherwerb (3) sind relevant. Die Arbeit des Case Managements in Hilden ist insbesondere ab dem Auszug aus der Flüchtlingsunterkunft von Bedeutung. Zu diesem Zeitpunkt werden die betroffenen Personen in der Regel mit komplexen neuen Problemlagen konfrontiert, in denen die Unterstützung in Form des allumfassenden Case Managements als besonders hilfreich erachtet wird.

 

Frau Nang betreut derzeit 13 Personen, davon gehören 8 Personen der Zielgruppe „Geduldete und Gestatte über 27 Jahren“ an, 2 Personen sind „Berechtigte nach Aufenthaltsgesetz §§25 a, b“, weitere 2 Personen sind >18 Jahre, noch keine 5 Jahre in DE und haben einen multiplen Hilfebedarf sowie 1 Person, die die Aufenthaltserlaubnis nach §104c AufenthG besitzt.

 

Frau El Khabbachi betreut momentan 9 Personen. Die Zielgruppen, die in ihrer Betreuung vertreten sind, bestehen aus Berechtigten für §104c AufenthG (4), Berechtigten nach §§25 a, b (2), Menschen mit einer Duldung oder Gestattung, die älter als 27 Jahre sind (2) sowie (Neu-) Zugewanderten aus Südosteuropa (1).

 

Das Case Management bietet Unterstützung in vielen verschiedenen Bereichen an. So geht aus den aktuellen Fällen hervor, dass in der täglichen Arbeit die Suche nach einem geeigneten Sprachkurs, die Unterstützung bei finanziellen Absicherungen (z.B. Kindergeldantrag, Wohngeldantrag, Pflegegeld, u.v.m.) sowie die Schuldenregulierung von großer Bedeutung sind. Auch ist die Hilfe bei Passbeschaffungen ein Bereich, in dem die Arbeit des Case Managements sich als besonders hilfreich erwiesen hat. Ein weiterer Erfolg der Arbeit zeichnet sich im Bereich der Sprachkenntnisse ab. Bei einigen Teilnehmenden konnte nachweislich das Sprachniveau verbesset und/oder offizielle Nachweise für den Sprachstand erwirkt werden.

 

Ein weiteres wichtiges Merkmal der Arbeit im Case Management ist die Verweisberatung. Die Case Manager*innen fungieren als eines der zentralen Elemente, um Personen in passende Beratungsangebote zu verweisen. Die Kommunikation mit den Netzwerkpartnern in Hilden insgesamt wird positiv wahrgenommen.

 

gez.

In Vertretung

 

Sönke Eichner

Erster Beigeordneter