Betreff
Anfrage des Kreises Mettmann:
Kostenübernahme für On-Demand-Verkehre
Vorlage
WP 20-25 SV 61/133
Aktenzeichen
IV/61.1 Lat
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Rat beschließt nach Vorberatung im Stadtentwicklungsausschuss und im Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen

 

a)  1.  Die Verwaltung wird ermächtigt, die Kostenübernahmeerklärung über den Eigenanteil bei der Einführung von On-Demand-Verkehren und die damit verbundene Übermittlung eines Letter of Intent an den Kreis Mettmann auszustellen.

 

     2.  Wenn der Kreis Mettmann aufgefordert wird, einen Förderantrag zu stellen, werden die erforderlichen Haushaltsmittel für die Jahre 2025 und 2026 im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplans 2024 über die Änderungsliste in der mittelfristigen Finanzplanung berücksichtigt.

 

oder

 

b)  Die Stadt lehnt die Ausstellung einer Kostenübernahmeerklärung über den Eigenanteil bei der Einführung von On-Demand-Verkehren an den Kreis Mettmann ab.

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Es entspricht einer allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung, dass Arbeits- und Öffnungszeiten, aber auch das Freizeitverhalten der Bevölkerung eine immer flexiblere Gestaltung aufweisen. Vor dem Hintergrund dieses Trends wurde bereits im Nahverkehrsplan des Kreises Mettmann darauf hingewiesen, dass auch mit Auswirkungen auf die Nachfrage im ÖPNV zu rechnen ist. Dementsprechend gilt es, zukünftig neue Ansätze zu finden, um den Bürgerinnen und Bürgern des Kreises Mettmann und der Stadt Hilden attraktive flexible Mobilitätsangebote auch jenseits des motorisierten Individualverkehrs anbieten zu können. Aktuell bemüht sich die Kreisverwaltung um eine Verbesserung der Verkehrsangebote des Umweltverbundes. Beispielsweise werden im Rahmen einer kreisweiten Grundkonzeption die Möglichkeiten zur Einführung von On-Demand-Verkehren im Kreis Mettmann untersucht.

On-Demand-Verkehr bedeutet flexible Mobilität auf Nachfrage, bei der Fahrgäste digital oder telefonisch ihre Fahrt zuvor buchen und dann an einem Startpunkt abgeholt und zu ihrem Wunschziel gebracht werden. Bei On-Demand-Angeboten gibt es keine Fahrplan- und keine Linienwegbindung, Fahrten werden nur nach Bedarf durchgeführt und als Fahrzeuge kommen Kleinbusse oder Pkw zum Einsatz. Im Optimalfall ergänzen On-Demand-Verkehre das vorhandene ÖPNV-Angebot in nachfrageschwachen Zeiten oder in der Fläche, also z. B. in entlegenen Bereichen der Stadt, in denen ein klassisches ÖPNV-Angebot nicht wirtschaftlich ist. Aber auch für die Feinerschließung in Stadtteilen und für die Bedienung der letzten Meile können On-Demand-Verkehre einen Beitrag zur Mobilitätssicherung leisten. Preislich bewegen sich die Angebote in der Regel zwischen dem Nahverkehrs- und dem Taxitarif.

Eine im Juni 2023 vom Kreis Mettmann vorgestellte On-Demand-ÖPNV Studie, welche durch die Unternehmen via und Rupprecht Consult Forschung & Beratung GmbH erstellt wurde, bescheinigt der Stadt Hilden ein hohes Potenzial bzw. hohe Effizienz, trotz des bereits bestehenden guten ÖPNV-Angebotes, v.a. aufgrund der kompakten Siedlungsstruktur. Sowohl bei einer Simulation im Rahmen der Studie, als auch bei der Förderskizze und der Kostenschätzung wurde von einem ganztägigen On-Demand-Angebot in Hilden ausgegangen. Die Ergebnisse der Studie sind in der Anlage 2 zusammenfassend dargestellt.

Im Rahmen des Bundes-Förderprogramms „Modellprojekte zur Stärkung des ÖPNV“ können grundsätzlich verschiedene Maßnahmen, die den ÖPNV nachhaltig stärken, mit einem Förderanteil von 80% in den Jahren 2024-2026 gefördert werden. Die Stabsstelle Mobilität des Kreises Mettmann hat die Förderbedingungen für die Einführung von On-Demand-Verkehren geprüft und eine Förderskizze eingereicht. Da in der Vergangenheit schon einige On-Demand-Projekte gefördert wurden, erschien dem Kreis eine gesamthafte Betrachtung verschiedener Maßnahmen als erfolgsversprechender. Daher wurde die Skizze um weitere Maßnahmen (z.B. Angebotsausweitung der Linie 785 auf Hildener Stadtgebiet) ergänzt, sodass insgesamt ein schlüssiges Gesamtkonzept mit dem Ziel einer deutlichen Verbesserung des ÖPNVs im Kreis Mettmann entstand. Es ist davon auszugehen, dass eine Umsetzung – gerade zu Betriebsbeginn – mit sehr hohen Kosten verbunden wäre, weshalb die Chance einer 80-prozentigen Anschubfinanzierung genutzt werden sollte. Die Finanzierung des Eigenanteils müsste jedoch von der Kommune übernommen werden, in der das Angebot umgesetzt wird.

Der Kreis führt die im Folgenden dargestellte Kostenschätzung für die Einrichtung von On-Demand-Verkehren in Hilden auf. Da es im Kreisgebiet jedoch noch keine Erfahrungen zur Nutzung und entsprechend gegenzurechnender Einnahmen gibt, können die Kosten zu Beginn nur grob geschätzt werden.

Maßnahme „Einführung von On-Demand-Verkehren in Hilden

 

2024

2025

2026

Gesamt

Gesamtkosten

0 €

1.137.500 €

1.215.500 €

2.353.000 €

Fördersumme

0 €

910.000 €

972.400 €

1.992.400 €

Eigenanteil Stadt

0 €

227.500 €

243.100 €

470.600

 

Für den Fall, dass der Kreis Mettmann, in seiner Rolle als ÖPNV-Aufgabenträger, aufgefordert werden sollte, einen Förderantrag zu stellen, würde dies voraussichtlich im vierten Quartal 2023 erfolgen. Da der Eigenanteil in Höhe von voraussichtlich 227.500 Euro in 2025 und von 243.100 Euro in 2026 von der Stadt Hilden zu tragen wäre, bittet der Kreis bereits vor Antragstellung um eine entsprechende Kostenübernahmeerklärung und einen Letter of Intent (Absichtserklärung ohne rechtliche Verpflichtung) von der Stadt Hilden.

Parallel werden seitens der Kreisverwaltung derzeit auch Konzepte erarbeitet, wie On-Demand-Verkehre auch ohne Förderung im Kreis Mettmann eingeführt werden könnten. Dies erfolgt schon vor dem Hintergrund, dass der Erhalt einer Förderung nicht gesichert ist, aber auch, um ein nach Ende der Förderung langfristig finanzierbares Angebot aufrechtzuerhalten. Hierfür könnten beispielsweise Betriebszeiten begrenzt und die Anzahl eingesetzter Fahrzeuge reduziert werden. Ergebnisse hierzu liegen jedoch noch nicht vor.

Stellungnahme der Verwaltung

On-Demand-Verkehre wären grundsätzlich ein attraktives und flexibles Angebot, das den vorhandenen ÖPNV in Hilden in nachfrageschwachen Zeiten oder in der Fläche, insbesondere in schlecht erschlossenen Randbereichen der Stadt, ergänzen würde. On-Demand-Verkehre können dann eine attraktive Alternative zum Individualverkehr mit dem Pkw sein und so zu einer Entlastung der Straßen im Sinne der Verkehrswende beitragen. Positiv an einer möglichen Einführung eines On-Demand-Verkehrs zu bewerten wäre auch der hohe Förderanteil von 80% in den Jahren 2025-2026. Die Verringerung des motorisierten Individualverkehrs im Sinne des vom Rat beschlossenen Ziels einer Treibhausgasneutralität würde sich auch positiv auf das Klima und die Umwelt auswirken. Auf der anderen Seite steht der trotz allem beachtliche, grob geschätzte Eigenteil (basierend auf einem ganztätigen On-Demand-Angebot in Hilden), der in diesen Jahren aufgebracht werden müsste. Eine weitere Förderung nach 2026 ist zudem aktuell nicht gegeben. Dann könnte das Angebot voraussichtlich nur durch noch höhere Eigenmittel der Stadt ausrechterhalten werden.

 

Die On-Demand-ÖPNV Studie des Kreises bescheinigt der Stadt Hilden ein hohes Potenzial bzw. hohe Effizienz, trotz des bereits bestehenden guten ÖPNV-Angebotes. Sowohl bei einer Simulation im Rahmen der Studie, als auch bei der Förderskizze und der Kostenschätzung wurde von einem ganztägigen On-Demand-Angebot in Hilden ausgegangen. Prinzipiell möglich wären auch reduzierte Angebote (z.B. nur tagsüber, oder nur in Abend- und Nachtstunden), die dann auch zu geringeren Kosten, als in der Kostenschätzung angegeben, führen würden. In der Simulation wurde jedoch für Hilden ein flächendeckendes, ganztägiges Angebot angesetzt, um die Nutzungsbarrieren möglichst gering zu halten. Je höher die Nutzungsbarrieren (dazu zählt auch die zeitliche und räumliche Einschränkung des Angebotes), desto geringer ist auch die Attraktivität und letztlich die Nutzerzahl. In dem beigefügten Auszug der Präsentation zu den Simulationsergebnissen (Anlage 2 zur Sitzungsvorlage) wurde von drei Nachfrageszenarien ausgegangen. Bei einem mittleren Nachfrageszenario wurde eine gute Auslastung des Angebots bei 3 bis 5 Fahrzeugen ermittelt. Im hohen Nachfrageszenario können bei 5 bis 7 Fahrzeugen sogar hervorragende Auslastungszahlen erzielt werden. Bei einem niedrigen Nachfrageszenario ergibt sich bei 2 bis 4 Fahrzeugen nur eine ausbaufähige Auslastung.

Aus Sicht der Verwaltung wäre die Einführung eines On-Demand-Verkehrs in Hilden als Ergänzung des bestehenden ÖPNV grundsätzlich wünschenswert. Sinnvoll wäre ein solches Angebot vermutlich vor allem in städtischen Randlagen, die nicht optimal durch den bestehenden ÖPNV bedient werden, sowie zu Randzeiten, in denen kein oder nur ein schlechtes Angebot vorhanden ist. Aufgrund der vorliegenden Simulationsergebnisse der Studie ist jedoch zu befürchten, dass bei einer zeitlichen und räumlichen Einschränkung des Angebotes eher von einem niedrigeren Nachfrageszenario auszugehen ist. In diesem Fall wäre auch das Verhältnis von Kosten und Nutzen des On-Demand-Verkehrs anders zu bewerten.

Nach Ablauf der Förderung kann es zudem dazu kommen, dass das Angebot (ob ganztägig angenommen oder in reduzierter Form) nicht weiter aufrechterhalten werden kann.

Die durch den Kreis aufgestellte grobe Kostenschätzung geht von Annahmen aus (ganztägiges Angebot, gutes Potential und hohe Effizienz), die aus Sicht der Verwaltung noch nicht hinreichend untersucht wurden, sondern lediglich auf drei möglichen Nachfrageszenarien basieren. Insbesondere angesichts der hohen geschätzten Kosten wären weitergehende Untersuchungen zur sinnvollen Ausgestaltung eines On-Demand-Angebotes in Hilden wünschenswert.

Z.B. ist nicht abschätzbar, wie viele der potentiellen Nutzer durch dieses Angebot neu für den ÖPNV gewonnen werden können und somit auf eine Autofahrt verzichten. Der Umstieg vom Fahrrad oder vom Zu-Fuß-Gehen auf das neue Angebot reduziert nicht die Treibhausgas-Emmissionen.

 

Im Falle einer Zustimmung des Rates wären Haushaltsmittel wie in den finanziellen Auswirkungen dargestellt zu berücksichtigen. Die in der mittelfristigen Finanzplanung des Entwurfs des Haushalts 2024 vorgesehenen Ausgaben für den Anteil der Stadt Hilden an der VRR-Umlage des Kreises Mettmann in Höhe von voraussichtlich 2.420.000 Euro (2025) bzw. 2.662.000 Euro (2026) sowie die folgenden Jahre müsste in 2025 um 1.137.500 Euro und in 2026 um 1.215.500 Euro erhöht werden. Für die Jahre 2025 und 2026 würde eine Förderung von rund 910.000 Euro bzw. 972.400 Euro dagegenstehen, wenn der Förderantrag des Kreises Erfolg hat.

 

In 2027 und den Folgejahren sind Aufwand und Ertrag derzeit allerdings noch nicht absehbar.

 

Die erforderlichen Haushaltsmittel für die Jahre 2025 und 2026 wären im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplans 2024 über die Änderungsliste in die mittelfristige Finanzplanung aufzunehmen. Zum Zeitpunkt der politischen Beratungen über den Haushaltsplan 2025 wird aller Voraussicht nach ein Förderbescheid vorliegen. Sofern daraus eine Bewilligung hervorgeht, sind dann die entsprechenden Mittel in den Haushalt einzustellen.

Die Verwaltung hält vor dem geschilderten Hintergrund und den voraussichtlichen Kosten zum jetzigen Zeitpunkt alternativ eine Stärkung des bereits vorhandenen ÖPNV Angebots, zum Beispiel durch Taktverdichtung (siehe Sitzungsvorlage WP 20-25 SV 61/134), für ein sinnvolleres Ziel.

Nach derzeitigem Kenntnisstand steht aus Sicht der Verwaltung - spätestens nach dem Auslaufen der Förderung - die voraussichtlichen Kosten nicht mehr in Relation zu den möglicherweise eingesparten Kfz-Fahrten.

 

 

Gez.

Dr. Claus Pommer

Bürgermeister


Finanzielle Auswirkungen  

 

Produktnummer / -bezeichnung

120104

Verkehrsentwicklungsplanung

Pflichtaufgabe oder

freiwillige Leistung/Maßnahme

Pflicht-

aufgabe

 

(hier ankreuzen)

freiwillige

Leistung

X

(hier ankreuzen)

 

 

Folgende Mittel sind im Ergebnis- / Finanzplan (Haushaltsplanentwurf 2024) veranschlagt:

 

(Ertrag und Aufwand im Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen)

Haushaltsjahr

Produkt

Zeile

Ergebnisplan

Bezeichnung

Betrag €

2025

120104

02

Zuwendungen

0,-

2025

120104

15

Transferaufwendungen

2.420.000,-

2026

120104

02

Zuwendungen

0,-

2026

120104

15

Transferaufwendungen

2.662.000,-

 

 

 

 

 

 

Aus der Sitzungsvorlage ergeben sich folgende neue Ansätze:

(Ertrag und Aufwand im Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen)

Haushaltsjahr

Produkt

Zeile

Ergebnisplan

Bezeichnung

Betrag €

2025

120104

02

Zuwendungen

910.000,-

2025

120104

15

Transferaufwendungen

3.557.500,-

2026

120104

02

Zuwendungen

972.400,-

2026

120104

15

Transferaufwendungen

3.877.500,-

 

Bei über-/außerplanmäßigem Aufwand oder investiver Auszahlung ist die Deckung  gewährleistet durch:

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stehen Mittel aus entsprechenden Programmen des Landes, Bundes oder der EU zur Verfügung? (ja/nein)

 

ja

X

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Freiwillige wiederkehrende Maßnahmen sind auf drei Jahre befristet.

Die Befristung endet am: (Monat/Jahr)

 

 

Wurde die Zuschussgewährung Dritter durch den Antragsteller geprüft – siehe SV?

Die Beantragung der Fördermittel erfolgt durch den Kreis Mettmann

 

ja

X

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Finanzierung/Vermerk Kämmerer

 

Bei Zustimmung des Rates zur Kostenübernahme über den Eigenanteil wären die sich aus der Sitzungsvorlage ergebenden neuen Ansätze in die mittelfristige Finanzplanung (über die Änderungsliste zum Haushalt 2024) aufzunehmen. Die negativen Jahresergebnisse und somit die Verminderung der Allgemeinen Rücklage würden sich erheblich erhöhen und die Haushaltssituation würde sich dadurch deutlich verschlechtern.

 

Gez. Stuhlträger