Betreff
Sachstandsbericht zur Abwassergebührenkalkulation 2022
Vorlage
WP 20-25 SV 66/079
Aktenzeichen
II/20 + IV/66
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Finanzen und Beteiligung nimmt die Ausführungen der Verwaltung zum Sachstand der Kalkulation für die Schmutz- und Niederschlagswassergebühr für das Jahr 2022 zur Kenntnis.


Erläuterung und Begründung:

 

Die ursprüngliche Gebührenkalkulation für die Entsorgung der Niederschlags- und der Schmutzwässer für das Jahr 2022 wurde mit Sitzungsvorlage WP 20-25 SV 60/018 in der Ratssitzung am 15.12.2021 zur Kenntnis genommen und die 4. Nachtragssatzung zur „Satzung über die Gebühren für die Entwässerung der Grundstücke im Stadtgebiet Hilden“ vom 13.12.2017 beschlossen.

 

Diese erfolgte gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW (alte Fassung) nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Nach damaliger vorherrschender Rechtsmeinung und gemäß den Empfehlungen des Städte- und Gemeindebunds bedeutete dies eine Kombination von Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert und eine Nominalverzinsung des an die Entsorgungsanlagen gebundenen städtischen Kapitals entsprechend der Anschaffungsrestwerte (OVG Urteil vom 5.8.1994).

Der Zinssatz für die Nominalverzinsung berechnete sich auf dieser Grundlage nach dem 50-jährigen Durchschnitt der Zinsen öffentlicher Anleihen und betrug für das Kalkulationsjahr 2022 5,24 %.

 

Mit Urteil vom 17.05.2022 änderte das OVG NRW seine 28 Jahre lange Rechtsauffassung.

Es stellte zwar fest, dass eine Kombination von Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwerten und einer Nominalverzinsung nach Anschaffungsrestwerten den betriebswirtschaftlichen Grundsätzen des KAG entspricht, eine Anwendung aber nach gesetzlichen Vorgaben des § 75 Abs.1 Satz 1, 77 Abs.2 Nr.1 GO NRW ausgeschlossen sei.

Die so durchgeführte Berechnung der Abschreibungen sowie der Verzinsung der finanziellen Mittel bedeute ein doppelter Inflationsausgleich und sei nicht vertretbar.

 

Durch das auf Grund der eingelegten Nicht-Zulassungsbeschwerde noch nicht rechtskräftige Urteil entstanden landesweit erhebliche Unsicherheiten für bestehende und zukünftige Gebührenberechnungen und zu erlassene Bescheide. Die Stadtverwaltung Hilden hat daher Bescheide mit Festsetzungen von Abwassergebühren ab dem 11.07.2022 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen - insgesamt rd. 250 Niederschlags- und rd. 6.000 Schmutzwassergebührenbescheide bis Ende des Kalenderjahres 2022.

 

Außerdem liegen weitere Niederschlags- und Schmutzwassergebührenbescheide vor, die aufgrund eines Widerspruchs noch keine Bestandskraft erlangt haben, rd. 20 aus dem Jahr 2021 und rd. 200 aus dem Jahr 2022. Hiervon sind jedoch aus Sicht der Stadtverwaltung insgesamt rd. 80 % voraussichtlich unzulässig und/oder unbegründet.

 

Wie bereits bekannt hat der Landesgesetzgeber auf das noch nicht rechtskräftige Urteil reagiert und im Dezember 2022 den § 6 KAG NRW geändert. Es sind nunmehr alle Eckpunkte der kalkulatorischen Abschreibung und Verzinsung erstmals in allen Einzelheiten im Gesetz geregelt und bilden damit verbindliche Eckpfosten für eine rechtmäßige Kalkulation und die zulässigen maximalen Kostenansätze.

Eine Kombination von Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwerten und eine Nominalverzinsung nach Anschaffungsrestwerten ist nun wieder möglich, die Verzinsung berechnet sich aber nach dem 30-jährigen Durchschnitt für festverzinsliche Wertpapiere.

 

Die Gebührenkalkulationen für 2023 wurden bereits nach dem geänderten KAG erstellt und vom Rat am 13.12.2022 auf Basis der Sitzungsvorlage WP 20-25 SV 60/32 zur Kenntnis genommen sowie die 5. Nachtragssatzung mit den neuen Gebührensätzen für das Jahr 2023 beschlossen. Nach Bekanntmachung der Novelle des KAG wurde die Satzung im Amtsblatt bekannt gemacht.

 

 

Die neue gesetzliche Regelung wirkt sich jedoch nicht nur auf die Gebührenkalkulationen für das Jahr 2023 und die folgenden Jahre aus. Mit Inkrafttreten der Änderung des § 6 KAG NRW am 15.12.2022 wird auch die Neukalkulation der Schmutzwassergebühren für das Jahr 2022 mit satzungsgemäßem Entstehungszeitpunkt 31.12.2022 sowie eine nachträgliche Satzungsänderung erforderlich. Der Zins für das Kalkulationsjahr 2022 beträgt nun im Übrigen nicht mehr 5,24 %, sondern 3,54 %.

 

Da jedoch eine nach dem 31.12.2022 durchgeführte Neukalkulation der Gebühren für das Jahr 2022 nur noch auf Basis der tatsächlich der Stadt im Jahr 2022 entstandenen Kosten erfolgen darf, kann dies erst im Zuge der Erstellung des Jahresabschlusses durchgeführt werden.

Die Kalkulation kann leider dem Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen zur Vorberatung noch nicht vorgelegt werden, da die abschließenden Jahresabschlussbuchungen interner Leistungsverrechnungen nicht rechtzeitig vorliegen.

Die Stadtverwaltung strebt deshalb an, dass die neue Gebührenkalkulation und die Satzungsänderung unmittelbar in der Ratssitzung am 19.04.2023 beraten und beschlossen werden kann.

 

Für die noch nicht bestandskräftigen Bescheide des Jahres 2022 werden nach Veröffentlichung der Satzungsänderung neue Bescheide erlassen.

Die Verwaltung rechnet damit, dass bisherige kalkulatorische Abschreibungs- und Zinskosten für das Jahr 2022 in Höhe von 200.000 € an die Gebührenzahler zurückgezahlt werden müssen.

 

 

gez.
Dr. Claus Pommer

Bürgermeister