Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für Finanzen und Beteiligung nimmt die Ausführungen der Verwaltung zum Sachstand der Kalkulation für die Schmutz- und Niederschlagswassergebühr für das Jahr 2022 zur Kenntnis.
Erläuterung und
Begründung:
Die ursprüngliche Gebührenkalkulation für die Entsorgung der
Niederschlags- und der Schmutzwässer für das Jahr 2022 wurde mit
Sitzungsvorlage WP 20-25 SV 60/018 in der Ratssitzung am 15.12.2021 zur
Kenntnis genommen und die 4. Nachtragssatzung zur „Satzung über die Gebühren für
die Entwässerung der Grundstücke im Stadtgebiet Hilden“ vom 13.12.2017
beschlossen.
Diese erfolgte gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW (alte Fassung) nach
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Nach damaliger vorherrschender
Rechtsmeinung und gemäß den Empfehlungen des Städte- und Gemeindebunds
bedeutete dies eine Kombination von Abschreibungen nach dem
Wiederbeschaffungszeitwert und eine Nominalverzinsung des an die
Entsorgungsanlagen gebundenen städtischen Kapitals entsprechend der
Anschaffungsrestwerte (OVG Urteil vom 5.8.1994).
Der Zinssatz für die
Nominalverzinsung berechnete sich auf dieser Grundlage nach dem 50-jährigen
Durchschnitt der Zinsen öffentlicher Anleihen und betrug für das
Kalkulationsjahr 2022 5,24 %.
Mit Urteil vom 17.05.2022
änderte das OVG NRW seine 28 Jahre lange Rechtsauffassung.
Es stellte zwar fest, dass eine
Kombination von Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwerten und einer
Nominalverzinsung nach Anschaffungsrestwerten den betriebswirtschaftlichen
Grundsätzen des KAG entspricht, eine Anwendung aber nach gesetzlichen Vorgaben
des § 75 Abs.1 Satz 1, 77 Abs.2 Nr.1 GO NRW ausgeschlossen sei.
Die so durchgeführte Berechnung
der Abschreibungen sowie der Verzinsung der finanziellen Mittel bedeute ein
doppelter Inflationsausgleich und sei nicht vertretbar.
Durch das auf Grund der
eingelegten Nicht-Zulassungsbeschwerde noch nicht rechtskräftige Urteil
entstanden landesweit erhebliche Unsicherheiten für bestehende und zukünftige
Gebührenberechnungen und zu erlassene Bescheide. Die Stadtverwaltung Hilden hat
daher Bescheide mit Festsetzungen von Abwassergebühren ab dem 11.07.2022 unter
dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen - insgesamt rd. 250 Niederschlags- und
rd. 6.000 Schmutzwassergebührenbescheide bis Ende des Kalenderjahres 2022.
Außerdem liegen weitere
Niederschlags- und Schmutzwassergebührenbescheide vor, die aufgrund eines
Widerspruchs noch keine Bestandskraft erlangt haben, rd. 20 aus dem Jahr 2021
und rd. 200 aus dem Jahr 2022. Hiervon sind jedoch aus Sicht der
Stadtverwaltung insgesamt rd. 80 % voraussichtlich unzulässig und/oder
unbegründet.
Wie bereits bekannt hat der
Landesgesetzgeber auf das noch nicht rechtskräftige Urteil reagiert und im
Dezember 2022 den § 6 KAG NRW geändert. Es sind nunmehr alle Eckpunkte der
kalkulatorischen Abschreibung und Verzinsung erstmals in allen Einzelheiten im
Gesetz geregelt und bilden damit verbindliche Eckpfosten für eine rechtmäßige
Kalkulation und die zulässigen maximalen Kostenansätze.
Eine Kombination von
Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwerten und eine Nominalverzinsung
nach Anschaffungsrestwerten ist nun wieder möglich, die Verzinsung berechnet
sich aber nach dem 30-jährigen Durchschnitt für festverzinsliche Wertpapiere.
Die Gebührenkalkulationen für
2023 wurden bereits nach dem geänderten KAG erstellt und vom Rat am 13.12.2022
auf Basis der Sitzungsvorlage WP 20-25 SV 60/32 zur Kenntnis genommen sowie die
5. Nachtragssatzung mit den neuen Gebührensätzen für das Jahr 2023 beschlossen.
Nach Bekanntmachung der Novelle des KAG wurde die Satzung im Amtsblatt bekannt
gemacht.
Die neue gesetzliche Regelung
wirkt sich jedoch nicht nur auf die Gebührenkalkulationen für das Jahr 2023 und
die folgenden Jahre aus. Mit Inkrafttreten der Änderung des § 6 KAG NRW am
15.12.2022 wird auch die Neukalkulation der Schmutzwassergebühren für das Jahr
2022 mit satzungsgemäßem Entstehungszeitpunkt 31.12.2022 sowie eine
nachträgliche Satzungsänderung erforderlich. Der Zins für das Kalkulationsjahr
2022 beträgt nun im Übrigen nicht mehr 5,24 %, sondern 3,54 %.
Da jedoch eine nach dem
31.12.2022 durchgeführte Neukalkulation der Gebühren für das Jahr 2022 nur noch
auf Basis der tatsächlich der Stadt im Jahr 2022 entstandenen Kosten erfolgen
darf, kann dies erst im Zuge der Erstellung des Jahresabschlusses durchgeführt
werden.
Die Kalkulation kann leider dem
Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen zur Vorberatung noch nicht vorgelegt
werden, da die abschließenden Jahresabschlussbuchungen interner
Leistungsverrechnungen nicht rechtzeitig vorliegen.
Die Stadtverwaltung strebt
deshalb an, dass die neue Gebührenkalkulation und die Satzungsänderung
unmittelbar in der Ratssitzung am 19.04.2023 beraten und beschlossen werden
kann.
Für die noch nicht
bestandskräftigen Bescheide des Jahres 2022 werden nach Veröffentlichung der
Satzungsänderung neue Bescheide erlassen.
Die Verwaltung rechnet damit,
dass bisherige kalkulatorische Abschreibungs- und Zinskosten für das Jahr 2022 in
Höhe von 200.000 € an die Gebührenzahler zurückgezahlt werden müssen.
gez.
Dr. Claus Pommer
Bürgermeister