Betreff
Anregung nach § 24 GO NRW:
Erlass einer Satzung zum Schutz und Erhalt von Wohnraum - Wohnraumschutzsatzung -
Vorlage
WP 20-25 SV 61/118
Aktenzeichen
IV/61.1 Groll_STEP
Art
Anregung/Beschwerde nach § 24 GO NRW

Begründung:

 

Durch die Wohnraumschutzsatzung der umliegenden Städte Düsseldorf, Essen, Köln etc. wird „unser“ Hilden durch die Anbindung der Autobahnen für Investoren interessant. Aktuell wurde eine Wohnung auf dem Raffaelweg gekauft zum Zwecke der gewerblichen Vermietung. Auf der Plattform immobilienscout werden Wohnungen angeboten mit dem Hinweis: als Ferienwohnung nutzbar.

 

Grob geschätzt wird alleine über airbnb über 20 Wohnungen bzw. Häuser angeboten.

Wir möchten auch darauf hinweisen, dass die Bezeichnung „Ferienwohnung“ nicht zutreffend ist. Die Wohnungen werden von Firmen angemietet, um dort ihre Angestellte - überwiegend Monteure - unterzubringen.

 


Beschlussvorschlag für den Hauptausschuss:

Der Bürgerantrag wird zur fachlichen Bewertung und Entscheidung an den Stadtentwicklungsausschuss überwiesen.

Eine Empfehlung hierzu spricht der Hauptausschuss nicht aus.

 

 

Antragstext für den Stadtentwicklungsausschuss:

Die Stadt Hilden wird beauftragt, zu prüfen:

 

a)    ob für Hilden eine Wohnraumschutzverordnung auf der Grundlage der Baulandmobilisierungsverordnung § 201a vom 06.01.2023 beschlossen werden kann

b)    und wenn möglich eine solche einzuführen.


Hinweis zum Verfahren:

Gemäß § 6 Abs. 4 der Hauptsatzung sind zunächst dem Hauptausschuss die Bürgeranregungen vorzulegen, der diese gemäß Abs. 5 inhaltlich zu prüfen und an die zur Entscheidung berechtigte Stelle zu überweisen hat. Bei der Überweisung kann der Hauptausschuss eine Empfehlung aussprechen, an die die zur Entscheidung berechtigte Stelle nicht gebunden ist.

 

Gemäß § 6 der Zuständigkeitsordnung ist der Stadtentwicklungsausschuss in dieser Angelegenheit (Nr. 10: verfahrensleitende und begleitende Beschlüsse zur Aufstellung von Satzungen auf Grundlage des Baugesetzbuches oder der Bauordnung NRW mit Ausnahme des Satzungsbeschlusses) entscheidungsbefugt.

 

 

Stellungnahme der Verwaltung:

 

Zur Rechtslage:

 

Das Baugesetzbuch (BauGB) enthält seit seiner Änderung im Jahre 2021 in seinem Teil II „Allgemeine Vorschriften, Zuständigkeiten, Verwaltungsverfahren, Planerhaltung“ den Paragraphen 201a: Verordnungsermächtigung zur Bestimmung von Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt

 

In diesem Paragraph werden die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt zu bestimmen.

Ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.

 

Von der Möglichkeit einer eigenen Verordnung machte die Landesregierung Nordrhein-Westfalen in Form der „Verordnung zur Bestimmung von Gebieten im Land Nordrhein-Westfalen mit einem angespannten Wohnungsmarkt nach § 201a des Baugesetzbuches (BaulandmobilisierungsVO NRW)“ vom 21.12.2022 Gebrauch.

In dieser Verordnung werden 95 von insgesamt 396 Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens als „Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt“ bestimmt.

 

Die Aufnahme einer Stadt in die Liste der Kommunen mit einem „angespannten Wohnungsmarkt“ begründet sich in der Landesverordnung aus einer Kombination folgender drei „Indikatoren“:

a)  Status der Angebotsmietpreise (Zeitraum: 2021)

b)  Entwicklung der Angebotsmietpreise (Zeitraum: 2017-2021)

c)  Baulandpreise (Zeitraum: 2020).

 

Erst bei „Anspannungszeichen“ bei mehreren der Indikatoren kann aus Sicht des Landes gesichert von einer Anspannung am lokalen Wohnungsmarkt ausgegangen werden.

Dies liegt unter anderem an der Unterschiedlichkeit der Regionen und Kommunen Nordrhein-Westfalens im Anstieg ihrer Mietpreise, aber auch an dem Ausgangsniveau ihrer Angebotsmieten und Baulandpreise.

 

Bei diesen Indikatoren liegt die Stadt Hilden jeweils über dem Median-Wert für das Land NRW, was letztlich zu einer Aufnahme in die Liste der Kommunen mit einem angespannten Wohnungsmarkt geführt hat. Die Angebotsmiete in Hilden ist hoch, die Baulandpreise ebenso und die Dynamik der Angebotsmiete ist ebenfalls höher als auf dem Niveau des Gesamt-Landes NRW.

Somit zählt die Stadt Hilden zu den Kommunen mit einem angespannten Wohnungsmarkt.

 

Das Land Nordrhein-Westfalen erließ zudem am 23. Juni 2021 das „Gesetz zur Stärkung des Wohnungswesens in Nordrhein-Westfalen (Wohnraumstärkungsgesetz - WohnStG)“.

Dieses Gesetz ermöglicht es den Kommunen in seinem „Teil 3 Zweckentfremdung von Wohnraum“ mit dem Paragraphen 12, eigene Zweckentfremdungssatzungen aufzustellen; für „Gebiete, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist und die in einer Landesverordnung gegenständlich sind“.

Damit liegt vom Grundsatz her die rechtliche Voraussetzung vor, auch für die Stadt Hilden eine solche „Zweckentfremdungssatzung“ zu erlassen.

 

Damit ist die Frage a) des Antrages mit „ja“ zu beantworten.

 

 

Wohnraumschutz-/Zweckentfremdungssatzung:

 

Zweckentfremdung:

 

In dem bereits erwähnten „Wohnraumstärkungsgesetz“ des Landes Nordrhein-Westfalen wird definiert, was unter Zweckentfremdung im Sinne des Gesetzes zu verstehen ist. Paragraph 12 Absatz 2 führt aus:

Eine Zweckentfremdung …liegt vor, wenn Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken verwendet wird. Ohne Genehmigung verboten ist jedes Handeln oder Unterlassen Verfügungsberechtigter oder Nutzungsberechtigter, durch das Wohnraum seiner Zweckbestimmung entzogen wird.

 

Als Zweckentfremdung gelten insbesondere

 

1.  die Verwendung oder Überlassung zu mehr als 50% der Gesamtwohnfläche für gewerbliche oder berufliche Zwecke;

2.  die Nutzung von Wohnraum für mehr als drei Monate, längstens 90 Tage, im Kalenderjahr für Zwecke der Kurzzeitvermietung;

3.  die Beseitigung von Wohnraum;

4.  die bauliche Veränderung oder Umnutzung von Wohnraum, so dass dieser für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist oder

5.  das Leerstehenlassen von Wohnraum über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten.

 

Satzung:

 

Mit dem „Wohnraumstärkungsgesetz“ haben die Kommunen auch die Möglichkeit erhalten, zweckentfremdeten Wohnraum wieder Wohnzwecken zuführen zu lassen oder veränderten Wohnraum wieder in den früheren Zustand rückverwandeln zu können (§ 15).

 

Das Instrument hierfür ist eine kommunale Satzung.

 

Zunächst ist hierbei darauf hinzuweisen, dass kommunale Satzungen notwendiger Weise individuell auf die Umstände der jeweiligen Kommune ausgerichtet sind.

Um eine geeignete und tragfähige Grundlage für ein Satzungsaufstellungsverfahren zu erhalten, ist eine Datenerhebung nötig. Dies ist mit personellem und finanziellen Aufwand verbunden.)

 

Allgemein sind folgende Regelungen zu finden:

a.  eine Definition der Zweckentfremdung, wenn also Wohnraum durch Verfügungs- oder Nutzungsberechtigte anderen als Wohnzwecken zugeführt wird;

b.  ein Genehmigungsvorbehalt für eine Zweckentfremdung inkl. einer Begrenzung der Leerstandsdauer auf sechs bis zwölf Monate;

c.  eine Regelung über Ausgleichsmaßnahmen (Ersatzwohnungen) oder Ausgleichszahlungen (Ersatzzahlungen);

d.  es können Gebote ausgesprochen werden, um zweckentfremdeten Wohnraum wieder einer Wohnnutzung zuzuführen; und

e.  es können Ordnungswidrigkeiten festgelegt werden.

 

Hinzu kommen die erforderlichen formalen Inhalte einer Satzung wie sachlicher und räumlicher Geltungsbereich, Zeitpunkt des Inkrafttretens u.ä.

 

 

Situation in Hilden:

 

Die Stadt Hilden ist strukturell betrachtet eine „Mieterstadt“. In Hilden gibt es ca. 29.800 Wohnungen im Wohn- und Nichtwohnbau (Landesdatenbank IT.NRW, 31.12.2021). Diese weisen einen „Mietwohnungsanteil“ von ca. 60% (Zensus 2011 für Hilden) auf.

 

In Auswertung der oben geschilderten Indikatoren, stellt die Stadt Hilden ein Gebiet dar, in dem die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Das ist in einer Landesverordnung so auch dokumentiert.

 

Es ist aber aus Sicht der Stadtverwaltung fraglich, ob mit einer Wohnraumschutz- oder Zweckentfremdungssatzung dem „angespannten Wohnungsmarkt“ entgegengewirkt werden kann. Hier ist nämlich zu bedenken, ob es in Hilden Zweckentfremdung in relevantem Ausmaß überhaupt gibt.

 

Eine Recherche hat ergeben, dass entsprechende Wohnraumschutz- oder Zweckentfremdungssatzungen in erster Linie von Großstädten mit studentischem Milieu und touristischen Angeboten aufgestellt wurden, etwa Köln, Düsseldorf, Dortmund, Aachen, Münster.

 

Hilden ist keine Studentenstadt; eine entsprechende Nachfrage in relevanter Größenordnung ist nicht zu verzeichnen.

 

 

Recherchen auf den einschlägigen Portalen wie AirBnB, FEWO-direkt oder Booking.com im Laufe der letzten Wochen haben ergeben, dass es in Hilden nur ein sehr überschaubares Angebot von Wohnungen gibt, die für eine Kurzzeitvermietung angeboten werden. Ein größerer Anteil davon geht auf eine einzige Anbieterin zurück, deren Gebäude unmittelbar in der Innenstadt liegt.

In Gänze kann von einer Größenordnung von 25-35 Wohnungen/Zimmern ausgegangen werden. Das ist angesichts der Gesamtzahl an Wohnungen in Hilden ein verschwindend geringer Anteil, in einer Größenordnung von ca. 0,13%.

 

Das begründet sich aus dem wenig touristischen Charakter der Stadt Hilden. Auch die Nähe zur Landeshauptstadt Düsseldorf hat keine Auswirkungen; dort sind sowohl die Hotelangebote als auch die sonstigen Angebote über z.B. AirBnB zahlreicher und vielfältiger.

 

 

Ein weiterer Aspekt, der als Zweckentfremdung zu betrachten ist, stellt der Wohnungsleerstand dar. Hier gibt es in Hilden keine offensichtlichen Missstände.

 

Natürlich gibt es auch in Hilden leerstehende Einfamilienhäuser und leerstehende Wohnungen im Geschosswohnungsbau. Alleine, eine Leerstandsquote von ca. 3% wird aus Sicht der Wohnungsmarktakteure für notwendig gehalten, um die sog. „Marktfluktuation“ zu gewährleisten.

Damit gemeint sind Wohnungen, die aufgrund von Umzügen oder Renovierungen gerade nicht dem „Markt“ zur Verfügung stehen. Eine zu niedrige Leerstandsquote (also unter 3% liegend) ist daher ein Hinweis zur Identifizierung eines angespannten Wohnungsmarktes.

 

Im Rahmen der Diskussion über ein „Entwicklungskonzept Preisgünstiger Wohnraum in Hilden“ (Stadtentwicklungsausschuss April 2017) berichtete die Verwaltung über einen Wohnungsleerstand in Hilden in einer Größenordnung von unter 2%, die aus Erhebungen der Stadtwerke Hilden GmbH zum Verbrauch von Stromzählern abgeleitet wurden.

 

Die Recherche zur Anzahl der zweckentfremdeten Wohnungen beruht zwar auf einer überschlägigen Einschätzung. Derzeit gibt es keine konkreteren Zahlen, weder für das Thema „Kurzzeitvermietung von Wohnungen über Internet-Portale“ noch zu dem Thema „Wohnungsleerstand“.

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Ermittlung einer besseren Datengrundlage einen hohen Aufwand erfordert (personell, zeitlich), wobei aus Sicht der Verwaltung nicht zu erwarten ist, dass sich die Zahlen gegenüber den heutigen Informationen deutlich in der Höhe unterscheiden würden.

 

 

Damit ist die Frage b) des Antrages aus Sicht der Verwaltung mit „nein“ zu beantworten.

 

 

Fazit:

 

Insgesamt ist zu vermerken, dass Zweckentfremdung in Hilden nicht ursächlich ist für hohe Mieten, Mietsteigerungen oder hohe Baulandpreise. Hier sind eher Aspekte wie die allgemeine Baulandknappheit, der Zuzug in eine attraktive Stadt oder auch die individuelle Bereitschaft, hohe Preise zu zahlen, beachtenswert.

Es gibt aus Sicht der Stadtverwaltung keinen merkbaren Trend zur Umwandlung von Wohnungen in Ferienwohnungen bzw. kleine Beherbergungsbetriebe.

 

 

Wenn die Zweckentfremdung nicht ursächlich ist, besteht jedoch nicht die Notwendigkeit zur Aufstellung einer Wohnraumschutz- bzw. Zweckentfremdungssatzung. Seitens der Verwaltung wird daher angeregt, auf die Aufstellung einer solchen Satzung zu verzichten.

 

 

Sollte dieser Empfehlung nicht gefolgt werden, ist darauf hinzuweisen, dass neben der umfangreichen Datenerhebung im Rahmen der Aufstellung einer Satzung ein zusätzlicher finanzieller und personeller Aufwand für die Umsetzung einer einmal beschlossenen Satzung anfällt. Es entstehen neue administrative Vorgänge, es müssen laufende Prüfungen stattfinden - das wohnungswirtschaftliche Geschehen in der Stadt ist nicht statisch, sondern verändert und entwickelt sich ständig. Aus Sicht der Verwaltung ist der Aufwand zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gerechtfertigt.

 

Eine Abschätzung der notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen, eine Wohnraumschutz- oder Zweckentfremdungssatzung zu erarbeiten bzw. erarbeiten zu lassen und anschließend zu leben, kann derzeit seitens der Verwaltung nicht erfolgen.

 

 

Sollte der Empfehlung gefolgt werden, wird die Verwaltung die Situation auf dem Wohnungsmarkt gerade hinsichtlich des Themas „Zweckentfremdung/Kurzzeitvermietung“ weiter unter Beobachtung halten und die Politik über gegebenenfalls relevante Veränderungen informieren.

 

 

Gez.

Dr. Claus Pommer

Bürgermeister

 

 

 

 

Klimarelevanz:

 

Die Beschlussfassung über die vorliegende Anregung nach § 24 GO NRW hat keine Klimarelevanz.


Finanzielle Auswirkungen  

 

Produktnummer / -bezeichnung

 

Investitions-Nr./ -bezeichnung:

 

 

Pflichtaufgabe oder

freiwillige Leistung/Maßnahme

Pflicht-

aufgabe

 

(hier ankreuzen)

freiwillige

Leistung

 

(hier ankreuzen)

 

 

Folgende Mittel sind im Ergebnis- / Finanzplan veranschlagt:

(Ertrag und Aufwand im Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen)

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aus der Sitzungsvorlage ergeben sich folgende neue Ansätze:

(Ertrag und Aufwand im Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen)

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei über-/außerplanmäßigem Aufwand oder investiver Auszahlung ist die Deckung  gewährleistet durch:

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stehen Mittel aus entsprechenden Programmen des Landes, Bundes oder der EU zur Verfügung? (ja/nein)

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Freiwillige wiederkehrende Maßnahmen sind auf drei Jahre befristet.

Die Befristung endet am: (Monat/Jahr)

 

 

Wurde die Zuschussgewährung Dritter durch den Antragsteller geprüft – siehe SV?

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Finanzierung/Vermerk Kämmerer

 

Es ist damit zu rechnen, dass der finanzielle Aufwand für die Aufstellung und Umsetzung einer Wohnraumschutzsatzung die möglicherweise erzielbaren Erträge deutlich übersteigt und somit zu einer Belastung des städtischen Haushalts führt.

 

gez. Stuhlträger