Beschlussvorschlag:
Der Rat der Stadt Hilden beschließt die vorgelegte
Ordnungsbehördliche Verordnung über die zusätzliche Öffnung von Verkaufsstellen
mit Anlassbezug an vier Sonntagen im Jahr 2023.
Erläuterungen und Begründungen:
Die Stadtmarketing Hilden GmbH hat mit Schreiben vom 13.12.2022 vier
sonntägliche Verkaufsöffnungen jeweils in der Zeit von 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr für
das gesamte Stadtgebiet im Jahr 2023 mit sog. Anlassbezug, somit im
Zusammenhang mit stattfindenden Innenstadtveranstaltungen beantragt:
07.
Mai 2023 Frühlingsfest,
Modenschau, Weinfest
10.
September 2023 Herbstmarkt
29.
Oktober 2023 Bücher- und Trödelmarkt
03. Dezember 2023 Weihnachtsmarkt
Beteiligungsverfahren
Im Zuge des vorliegenden Antrags auf Erlass einer
Rechtsverordnung sind Gewerkschaft, die Kirchen, die Handwerkskammer und der
Handelsverband sowie die IHK anzuhören. Dies ist auch unter angemessener
Fristsetzung erfolgt.
Die IHK
und die Handwerkskammer haben im Beteiligungsverfahren keine Bedenken gegen die
Durchführung der sonntäglichen Verkaufsöffnungen im Zusammenhang mit der
Durchführung der o.a. Veranstaltungen geäußert. Die Evangelische
Kirchengemeinde lehnt die sonntäglichen Verkaufsöffnungen grundsätzlich unter
Hinweis auf „die Wichtigkeit der sonntäglichen Ruhezeiten“ ab. Die katholische
Kirchengemeinde hat sich nicht geäußert.
.
Der Handelsverband begrüßt die Verkaufsöffnungen ausdrücklich und merkt
abschließend an:
„Für
die Stadt Hilden sind die verkaufsoffenen Sonntage neben den traditionellen
Veranstaltungen wichtig zur Förderung des Stadtzentrums, um deren Attraktivität
und Lebendigkeit zu erhalten und zu steigern.“
Die Gewerkschaft ver.di bewertet den vorliegenden Antrag, wie auch in
den Vorjahren, kritisch und fordert eine nachvollziehbare Prognose der
Besucherströme, um zu überprüfen, ob die Ladenöffnungen lediglich als Annex zu
den Veranstaltungen zu werten sind, d.h. die Besucherinnen und Besucher in
erster Linie wegen der zeitgleich stattfindenden Veranstaltungen die Hildener
Innenstadt aufsuchen.
Bewertung des vorliegenden Antrags und abschließende Beschlussempfehlung
Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 Ladenöffnungsgesetz
NRW (LÖG NRW) in der aktuellen Fassung ist die Durchführung der
Verkaufsöffnungen im Zusammenhang mit stattfindenden örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an
jährlich höchstens acht Sonn- oder Feiertagen möglich. Ein öffentliches
Interesse an der sonntäglichen Öffnung gilt in diesem Zusammenhang als gegeben.
Die beantragten Veranstaltungen sind nach der Gewerbeordnung (GewO) als
Jahr- bzw. Spezialmarkt zu bewerten und auf Antrag auch festzusetzen, d.h. zu
genehmigen.
Es handelt sich somit um Veranstaltungen im Sinne der Vorschrift nach
dem LÖG NRW. Mit der Novellierung des Ladenöffnungsgesetzes im Jahr 2018 ist es
bei Ladenöffnungen im Zusammenhang mit Veranstaltungen zu zwei wesentlichen
Vereinfachungen bzw. Konkretisierungen im Hinblick auf das
Genehmigungsverfahren gekommen:
Der zuvor streng auszulegende Anlassbezug ist insofern entfallen, als
dass die frühere Prognose und der Vergleich der Besucherströme von
Veranstaltungen und Ladenöffnung nicht mehr erforderlich sind. Vielmehr reicht
zur Annahme des öffentlichen Interesses die räumliche Nähe und zeitliche
Übereinstimmung. Insbesondere bei der räumlichen Nähe ist es beispielsweise
entscheidend, dass eine auf die Innenstadt begrenzte Veranstaltung nicht zu
Ladenöffnungen aller Verkaufsstellen im gesamten Stadtgebiet führt, sondern ein
räumlicher Bezug besteht. Nach der Anwendungshilfe des Ministeriums für
Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes
Nordrhein-Westfalen (Stand: Februar 2020) ist die sog. Ausstrahlungswirkung
einer Veranstaltung dann regelmäßig nicht gegeben, wenn sich die geöffneten
Verkaufsstellen in einer Entfernung von 800 bis 1.000 m oder mehr zur
jeweiligen Veranstaltung befinden. Dies ist vorliegend im Zusammenhang mit der
Größe der beabsichtigten Veranstaltungen nicht der Fall. Die Veranstaltungen
sollen großflächig in der Hildener Fußgängerzone stattfinden. Daher ist die
Begrenzung der Ladenöffnungen auf die im Bereich der beigefügten Karte
befindlichen Verkaufsstellen angemessen.
Insofern teilt die Verwaltung auch weiterhin nicht die Bedenken der
Gewerkschaft ver.di.
Die Verwaltung stimmt aus vorstehenden Gründen aber nicht dem weitergehenden
Antrag der Stadtmarketing Hilden GmbH auf Verkaufsöffnungen im gesamten
Stadtgebiet zu. Die Antragstellerin beruft sich hierbei auf § 6 Absatz 1
Satz 2 Nr. 5 LÖG NRW, um „Hilden
insgesamt als attraktiven und lebenswerten Standort zu präsentieren, was auch
durch unsere Kampagne Hilden-wie ein kleiner Urlaub unterstrichen wird.“
§ 6 Absatz 1 Satz 2 Nr. 5 LÖG NRW führt als ein Grund für ein
öffentliches Interesse an einer sonntäglichen Öffnung der Verkaufsstellen
…die überörtliche Sichtbarkeit der jeweiligen
Kommune als attraktiver und lebenswerter Standort insbesondere für den
Tourismus und die Freizeitgestaltung, als Wohn- und Gewerbestandort sowie
Standort von kulturellen und sportlichen Einrichtungen steigert.
an.
Nach der
Anwendungshilfe für die Kommunen und den Handel im Umgang mit dem § 6 LÖG NRW
müssen „…für
die Sachgründe der Nr. 2-5…besondere örtliche Problemlagen, wie ein
hoher Leerstand oder Trading-down-Effekte belegbar vorhanden sein, die eine
Sonntagsöffnung (Anm.: hier für das gesamte Stadtgebiet) auch unter Berücksichtigung der gebotenen Wettbewerbsneutralität rechtfertigen
können. Außerdem bedarf es eines schlüssig verfolgten gemeindlichen
Gesamtkonzepts, in dessen Rahmen die Sonntagsöffnung als Maßnahme enthalten
ist, die geeignet ist, die von der Gemeinde mit der Sonntagsöffnung verfolgten
Ziele nach den Sachgründen Nrn. 2–5 jenseits des Umsatzinteresses zu
verwirklichen. Das kann in einem Einzelhandelskonzept, aber auch auf andere
Weise dokumentiert werden.“
Nach Bewertung durch die Verwaltung
existieren die in der Anwendungshilfe aufgeführten besonderen örtlichen
Problemlagen in Hilden nicht, auch existiert ein gemeindliches Gesamtkonzept
bzw. Einzelhandelskonzept, das Lösungsansätze für die etwaigen Problemlagen definiert,
nicht.
Hinzu kommt, dass vor einigen Jahren
Verkaufsöffnungen noch für das gesamte Stadtgebiet beschlossen wurden,
allerdings der weit überwiegende Handel außerhalb der Hildener Innenstadt bis
auf wenige Einrichtungshäuser am Stadtrand nicht daran teilnahm, da ein
örtlicher Bezug zu den jeweiligen Veranstaltungen nicht existierte. Die
grundsätzliche Liberalisierung des LÖG NRW darf aber nicht zum Anlass etwaiger
Sonderöffnungen für bestimmte Handelsgruppen genommen werden, sofern die
rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen.
Das LÖG NRW berücksichtigt auch die
Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Handel. Die beantragte
Verkaufsöffnung für das gesamte Stadtgebiet würde somit rechtliche Schritte
durch die Gewerkschaft ver.di wahrscheinlich machen. Dann wären die
Verkaufsöffnungen insgesamt gefährdet.
Aufgabe der Verwaltung ist es, das Vorliegen
eines öffentlichen Interesses zu prüfen und vor allem hinreichend zu begründen
und dies „gerichtsfest“ darzulegen. Insofern wird die Ausweitung auf das
gesamte Stadtgebiet Hilden auch nicht empfohlen.
Wie dargelegt, entspricht hingegen die
anlassbezogene Durchführung von Verkaufsöffnungen im Innenstadtbereich aufgrund
des räumlichen und zeitlichen Bezuges nach Bewertung durch die Verwaltung den
rechtlichen Vorgaben nach § 6 Absatz. 1 Ziffer 1 LÖG NRW.
Die Beschlussfassung zu der vorgelegten
Ordnungsbehördlichen Verordnung wird daher dem Rat der Stadt Hilden auch
empfohlen.
gez.
Dr. Claus Pommer
Bürgermeister