Betreff
Antrag der Stadtmarketing Hilden GmbH auf zusätzliche Verkaufsöffnungen an Sonntagen im Jahr 2023
Vorlage
WP 20-25 SV 32/019
Aktenzeichen
II/32-MS
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Rat der Stadt Hilden beschließt die vorgelegte Ordnungsbehördliche Verordnung über die zusätzliche Öffnung von Verkaufsstellen mit Anlassbezug an vier Sonntagen im Jahr 2023.

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Die Stadtmarketing Hilden GmbH hat mit Schreiben vom 13.12.2022 vier sonntägliche Verkaufsöffnungen jeweils in der Zeit von 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr für das gesamte Stadtgebiet im Jahr 2023 mit sog. Anlassbezug, somit im Zusammenhang mit stattfindenden Innenstadtveranstaltungen beantragt:

 

07. Mai 2023                          Frühlingsfest, Modenschau, Weinfest

10. September 2023              Herbstmarkt

29. Oktober 2023                   Bücher- und Trödelmarkt

03. Dezember 2023               Weihnachtsmarkt

 

Beteiligungsverfahren

 

Im Zuge des vorliegenden Antrags auf Erlass einer Rechtsverordnung sind Gewerkschaft, die Kirchen, die Handwerkskammer und der Handelsverband sowie die IHK anzuhören. Dies ist auch unter angemessener Fristsetzung erfolgt.

 

Die IHK und die Handwerkskammer haben im Beteiligungsverfahren keine Bedenken gegen die Durchführung der sonntäglichen Verkaufsöffnungen im Zusammenhang mit der Durchführung der o.a. Veranstaltungen geäußert. Die Evangelische Kirchengemeinde lehnt die sonntäglichen Verkaufsöffnungen grundsätzlich unter Hinweis auf „die Wichtigkeit der sonntäglichen Ruhezeiten“ ab. Die katholische Kirchengemeinde hat sich nicht geäußert.    

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Der Handelsverband begrüßt die Verkaufsöffnungen ausdrücklich und merkt abschließend an:

„Für die Stadt Hilden sind die verkaufsoffenen Sonntage neben den traditionellen Veranstaltungen wichtig zur Förderung des Stadtzentrums, um deren Attraktivität und Lebendigkeit zu erhalten und zu steigern.“

 

Die Gewerkschaft ver.di bewertet den vorliegenden Antrag, wie auch in den Vorjahren, kritisch und fordert eine nachvollziehbare Prognose der Besucherströme, um zu überprüfen, ob die Ladenöffnungen lediglich als Annex zu den Veranstaltungen zu werten sind, d.h. die Besucherinnen und Besucher in erster Linie wegen der zeitgleich stattfindenden Veranstaltungen die Hildener Innenstadt aufsuchen.

 

Bewertung des vorliegenden Antrags und abschließende Beschlussempfehlung

 

Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 Ladenöffnungsgesetz NRW (LÖG NRW) in der aktuellen Fassung ist die Durchführung der Verkaufsöffnungen im Zusammenhang mit stattfindenden örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens acht Sonn- oder Feiertagen möglich. Ein öffentliches Interesse an der sonntäglichen Öffnung gilt in diesem Zusammenhang als gegeben.

Die beantragten Veranstaltungen sind nach der Gewerbeordnung (GewO) als Jahr- bzw. Spezialmarkt zu bewerten und auf Antrag auch festzusetzen, d.h. zu genehmigen.

Es handelt sich somit um Veranstaltungen im Sinne der Vorschrift nach dem LÖG NRW. Mit der Novellierung des Ladenöffnungsgesetzes im Jahr 2018 ist es bei Ladenöffnungen im Zusammenhang mit Veranstaltungen zu zwei wesentlichen Vereinfachungen bzw. Konkretisierungen im Hinblick auf das Genehmigungsverfahren gekommen: 

 

Der zuvor streng auszulegende Anlassbezug ist insofern entfallen, als dass die frühere Prognose und der Vergleich der Besucherströme von Veranstaltungen und Ladenöffnung nicht mehr erforderlich sind. Vielmehr reicht zur Annahme des öffentlichen Interesses die räumliche Nähe und zeitliche Übereinstimmung. Insbesondere bei der räumlichen Nähe ist es beispielsweise entscheidend, dass eine auf die Innenstadt begrenzte Veranstaltung nicht zu Ladenöffnungen aller Verkaufsstellen im gesamten Stadtgebiet führt, sondern ein räumlicher Bezug besteht. Nach der Anwendungshilfe des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (Stand: Februar 2020) ist die sog. Ausstrahlungswirkung einer Veranstaltung dann regelmäßig nicht gegeben, wenn sich die geöffneten Verkaufsstellen in einer Entfernung von 800 bis 1.000 m oder mehr zur jeweiligen Veranstaltung befinden. Dies ist vorliegend im Zusammenhang mit der Größe der beabsichtigten Veranstaltungen nicht der Fall. Die Veranstaltungen sollen großflächig in der Hildener Fußgängerzone stattfinden. Daher ist die Begrenzung der Ladenöffnungen auf die im Bereich der beigefügten Karte befindlichen Verkaufsstellen angemessen.

Insofern teilt die Verwaltung auch weiterhin nicht die Bedenken der Gewerkschaft ver.di.

 

Die Verwaltung stimmt aus vorstehenden Gründen aber nicht dem weitergehenden Antrag der Stadtmarketing Hilden GmbH auf Verkaufsöffnungen im gesamten Stadtgebiet zu. Die Antragstellerin beruft sich hierbei auf § 6 Absatz 1 Satz 2 Nr. 5 LÖG NRW, um „Hilden insgesamt als attraktiven und lebenswerten Standort zu präsentieren, was auch durch unsere Kampagne Hilden-wie ein kleiner Urlaub unterstrichen wird.“

 

§ 6 Absatz 1 Satz 2 Nr. 5 LÖG NRW führt als ein Grund für ein öffentliches Interesse an einer sonntäglichen Öffnung der Verkaufsstellen

 

…die überörtliche Sichtbarkeit der jeweiligen Kommune als attraktiver und lebenswerter Standort insbesondere für den Tourismus und die Freizeitgestaltung, als Wohn- und Gewerbestandort sowie Standort von kulturellen und sportlichen Einrichtungen steigert.

 

an.

 

Nach der Anwendungshilfe für die Kommunen und den Handel im Umgang mit dem § 6 LÖG NRW

müssen „…für die Sachgründe der Nr. 2-5…besondere örtliche Problemlagen, wie ein hoher Leerstand oder Trading-down-Effekte belegbar vorhanden sein, die eine Sonntagsöffnung (Anm.: hier für das gesamte Stadtgebiet) auch unter Berücksichtigung der gebotenen Wettbewerbsneutralität rechtfertigen können. Außerdem bedarf es eines schlüssig verfolgten gemeindlichen Gesamtkonzepts, in dessen Rahmen die Sonntagsöffnung als Maßnahme enthalten ist, die geeignet ist, die von der Gemeinde mit der Sonntagsöffnung verfolgten Ziele nach den Sachgründen Nrn. 2–5 jenseits des Umsatzinteresses zu verwirklichen. Das kann in einem Einzelhandelskonzept, aber auch auf andere Weise dokumentiert werden.“

 

Nach Bewertung durch die Verwaltung existieren die in der Anwendungshilfe aufgeführten besonderen örtlichen Problemlagen in Hilden nicht, auch existiert ein gemeindliches Gesamtkonzept bzw. Einzelhandelskonzept, das Lösungsansätze für die etwaigen Problemlagen definiert, nicht.

Hinzu kommt, dass vor einigen Jahren Verkaufsöffnungen noch für das gesamte Stadtgebiet beschlossen wurden, allerdings der weit überwiegende Handel außerhalb der Hildener Innenstadt bis auf wenige Einrichtungshäuser am Stadtrand nicht daran teilnahm, da ein örtlicher Bezug zu den jeweiligen Veranstaltungen nicht existierte. Die grundsätzliche Liberalisierung des LÖG NRW darf aber nicht zum Anlass etwaiger Sonderöffnungen für bestimmte Handelsgruppen genommen werden, sofern die rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen.

Das LÖG NRW berücksichtigt auch die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Handel. Die beantragte Verkaufsöffnung für das gesamte Stadtgebiet würde somit rechtliche Schritte durch die Gewerkschaft ver.di wahrscheinlich machen. Dann wären die Verkaufsöffnungen insgesamt gefährdet.

 

Aufgabe der Verwaltung ist es, das Vorliegen eines öffentlichen Interesses zu prüfen und vor allem hinreichend zu begründen und dies „gerichtsfest“ darzulegen. Insofern wird die Ausweitung auf das gesamte Stadtgebiet Hilden auch nicht empfohlen.

 

Wie dargelegt, entspricht hingegen die anlassbezogene Durchführung von Verkaufsöffnungen im Innenstadtbereich aufgrund des räumlichen und zeitlichen Bezuges nach Bewertung durch die Verwaltung den rechtlichen Vorgaben nach § 6 Absatz. 1 Ziffer 1 LÖG NRW.

Die Beschlussfassung zu der vorgelegten Ordnungsbehördlichen Verordnung wird daher dem Rat der Stadt Hilden auch empfohlen. 

 

gez.

Dr. Claus Pommer

Bürgermeister