Betreff
Sachstandsbericht Obdachlosenangelegenheiten
Vorlage
WP 20-25 SV 51/161
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Sozialausschuss und der Jugendhilfeausschuss nehmen die Ausführungen der Verwaltung zum Sachstandsbericht Obdachlosenangelegenheiten zur Kenntnis.

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Seit einigen Jahren kann die Zahl der Obdachlosen in Hilden als weitgehend stabil betrachtet werden. Die Zahlen hielten sich auf einem recht moderaten Niveau, schwankten zwischen 2011 und 2014 zwischen 40 und 45 Personen, sanken in den Jahren 2015 und 2016 auf Zahlen unter 30 und befinden sich seit 2017 auf leicht steigendem Niveau. Zurzeit sind 35 Personen in den Obdachlosenunterkünften der Stadt untergebracht.

 

Berücksichtigt man als Obdachlose auch diejenigen Personen, die über einen Aufenthaltstitel verfügen und in städtischen Asylunterkünften leben - so wie auch in der offiziellen Obdachlosenstatistik erfasst - ergibt sich eine deutlich höhere Zahl. Im März 2022 hat die Stadt Hilden für die neue Bundesstatistik 133 obdachlose Personen gemeldet, davon waren 33 Personen „klassische“ Obdachlose, die in Hildener Obdachlosenunterkünften untergebracht waren. Die Zahl geflüchteter Menschen, die trotz Zugang zum Wohnungsmarkt in städtischen Asyl- oder Obdachunterkünften leben, hat sich seit März deutlich erhöht. Seit Beginn des Ukrainekrieges wurde eine große Zahl von Kriegsflüchtlingen durch die Stadt untergebracht, die zu großen Teilen bereits einen Aufenthaltstitel besitzen oder zeitnah erhalten werden. Zum aktuellen Zeitpunkt wohnen ca. 250 Personen aus der Ukraine in Unterkünften der Stadt Hilden.

Dies ist eine große Herausforderung für die Stadt Hilden und den Hildener Wohnungsmarkt, da damit zu rechnen ist, dass zumindest ein Teil der ukrainischen Kriegsflüchtlinge einen dauerhaften oder längeren Aufenthalt anstrebt und auf den Wohnungsmarkt drängt.

 

Betrachtet werden soll in dieser Sitzungsvorlage die „klassischen“ Obdachlosen (35 Personen), dies sind in der Regel Hildener Bürgerinnen und Bürger, die aus verschiedensten Gründen nicht oder nicht mehr über Wohnraum verfügen und deshalb in eine Notunterkunft eingewiesen wurden.

 

In den letzten Jahren konnten die allermeisten Wohnungsverluste von Familien, nicht zuletzt durch die in Hilden hervorragende Kooperation von Verwaltung und Sozialpädagogische Einrichtung Mühle, verhindert werden. Tatsächlich sind zurzeit lediglich drei Familien in einer der Unterkünfte wohnhaft.

 

Bereits seit 2016 wurden zwei Häuser einer Unterkunft nicht mehr zur Unterbringung im Obdachlosenbereich, sondern für geflüchtete Menschen genutzt. Aufgrund des aktuellen Flüchtlingsstroms musste nun ein weiteres Haus zur Unterbringung von Flüchtlingen herangezogen werden, sodass tatsächlich nur noch ein Haus mit fünf Wohnungen zur adäquaten Unterbringung von wohnungslosen Familien zur Verfügung steht. Umso bedeutungsvoller ist aktuell die Vermeidung von Obdachlosigkeit durch eine gut funktionierende Präventionsarbeit aller Akteure.

 

Aktuell leben in städtischen Notunterkünften drei Familien mit acht Personen sowie 27 Einzelpersonen. Die Einpersonenhaushalte machen seit 2017 zwischen 83 und 88 % der untergebrachten Haushalte aus.

 

 

Besondere Problemlagen

 

Psychische Auffälligkeiten

Seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass in den Obdachlosenunterkünften zunehmend Menschen wohnen, die in anderen Wohnformen besser aufgehoben erscheinen und/oder psychiatrische Hilfestellungen benötigen. Mangelnde Krankheitseinsicht der Betroffenen führt oftmals dazu, dass eine adäquate Behandlung nicht stattfindet oder abgebrochen wird. Das wiederum führt zu unangemessenem, teils aggressivem Verhalten und zu Sachbeschädigungen in der Unterkunft.

 

Bei den Einzelpersonen handelt es sich in vielen Fällen um Menschen mit psychischen Auffälligkeiten und/oder Suchtproblematiken. Dadurch wird auch das an sich schon schwierige Zusammenleben in einer Unterkunft mit Gemeinschaftseinrichtungen erheblich erschwert. Eine Unterbringung von mehreren Personen in einem Raum gestaltet sich dann als unmöglich und gefährlich. Aufgrund der gestiegenen Zahl auffälliger Personen wird bereits seit 2019 angestrebt, alleinstehende Personen möglichst in Einzelzimmern unterzubringen. Mit Einsetzen der Corona Pandemie wurde dies konsequent umgesetzt und wird bis heute so gehandhabt. Allerdings war damit aber auch absehbar, dass eine andere bzw. zusätzliche Unterkunft notwendig sein würde, da die bestehenden Unterkünfte nicht über ausreichend Kapazitäten verfügen.

 

Seit 2020 wird deshalb eine andere Unterkunft zur Unterbringung von Obdachlosen genutzt. Aufgrund der zahlreichen Einzelzimmer ist das Objekt besonders für die Unterbringung von Einzelpersonen geeignet. Seinerzeit war geplant, das gesamte Haus zur Unterbringung aller Einzelpersonen und Paare zu nutzen und dafür ein anderes Haus einem anderen Zweck zuzuführen. Die Corona-Pandemie mit den erforderlichen Quarantänemaßnahmen und der aktuelle Mangel an Unterbringungskapazitäten aufgrund des Zuzuges von Flüchtlingen aus der Ukraine stoppten und veränderten jedoch die Pläne. So wird von der „neuen“ Unterkunft derzeit eine Etage zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt, zwei weitere Etagen stehen für die Unterbringung Obdachloser zur Verfügung. Das als Unterkunft für Geflüchtete vorgesehene Gebäude muss deshalb weiterhin genutzt werden, da ansonsten erneut eine Einzelunterbringung der teils schwierigen Personen unmöglich wäre.

 

Dort leben zurzeit 16 Personen, in der „neuen“ Unterkunft sind aktuell 11 Personen wohnhaft. Etwa die Hälfte aller untergebrachten Einzelpersonen ist mit psychischen Problemen belastet. Eine Vermittlung in Wohnraum erscheint für diesen Personenkreis nahezu aussichtslos. Hier muss befürchtet werden, dass für diese Personen das Leben in der Notunterkunft zum Dauerzustand wird.

Die letzten Jahre zeigten zudem, dass der Anteil der psychisch auffälligen Menschen in den Notunterkünften weiter steigt.

 

Junge Erwachsene

 

In 2021 wie auch 2022 ist eine Zunahme von Wohnungsproblematiken bei sehr jungen Erwachsenen zu verzeichnen. Die Unterbringung von sehr jungen, d.h. gerade volljährigen Menschen in einer Obdachlosenunterkunft sollte jedoch unbedingt vermieden werden.

Die Gefahr, dass sich diese jungen Menschen in ihrer aktuellen Situation (teils herrscht eine kurzfristige Orientierungslosigkeit in Kombination mit Perspektivlosigkeit sowie fehlender fester Tagesstruktur) an den Gegebenheiten und Strukturen in einer Obdachlosenunterkunft orientieren, ist groß. Das Leben in einer Obdachlosenunterkunft mit all seinen Problemlagen kann auf direktem Weg in eine Abwärtsspirale führen.

Um eine gesonderte Unterstützungsform für diese jungen Menschen zu konzipieren, haben sich die Fachämter 51.3 und 51.8 in einen gemeinsamen Planungsprozess begeben.

 

Damit diesen jungen Menschen Hilfe und eine Perspektive angeboten werden kann, muss die Möglichkeit einer anderweitigen Versorgung außerhalb der Obdachlosenunterkunft bestehen. Hier könnte z. B. das Instrument der „Trainingswohnung“, welches in der Vergangenheit erfolgreich in Hilden zur Herausführung von Personen aus der Obdachlosenunterkunft praktiziert wurde, greifen. Ein solches Konzept sähe die Anmietung einer Wohnung durch die Stadt vor, die dann per Nutzungsvertrag einem jungen Menschen zur Verfügung gestellt würde. Die jungen Nutzer würden durch päd. Fachkräfte begleitet sowie unterstützt und bekämen Hilfestellung bei der Verselbstständigung. Nach Ablauf der Nutzungsdauer könnte der junge Mensch dann im Idealfall eine eigene Wohnung anmieten und damit die Grundlage für eine Weiterentwicklung seines persönlichen Lebensweges erhalten.

 

Der Ausschuss wird über den Prozess informiert.

 

gez.

In Vertretung

 

Sönke Eichner

1.Beigeordneter