Betreff
Sachstandsbericht zum Katalog für kurzfristige Maßnahmen zum Hochwasser- und Überflutungsschutz
Vorlage
WP 20-25 SV 66/052
Aktenzeichen
IV/66.1 Starkregen Hö
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz nimmt die Ausführungen der Verwaltung zum Sachstand der Planung kurzfristiger Maßnahmen zum Hochwasser- und Überflutungsschutz zur Kenntnis.


Erläuterungen und Begründungen:

 

Im Ausschuss vom 14.12.2021 wurde unter der Sitzungsvorlage WP 20-25 SV 66/021/2 beschlossen, auf Grundlage der Starkregenrisikokarte einen Katalog für kurzfristige Maßnahmen zum Hochwasser- und Überflutungsschutz zu beauftragen. Die Ergebnisse des Katalogs wurden dem Ausschuss am 19.05.2022 durch einen Vertreter des beauftragten Ingenieurbüros vorgestellt. Die Verwaltung hat sich nun mit der Realisierbarkeit der Einzelmaßnahmen auseinandergesetzt und präsentiert die Ergebnisse.

 

Umsetzbarkeit der Maßnahmen

 

Die 65 Maßnahmen wurden durch das Ingenieurbüro Fischer Teamplan bereits in priorisierter Reihenfolge erarbeitet (siehe hierzu auch Anlage 1: Maßnahmensteckbriefe). Nach Aussage des Ingenieurbüros erfolgte die Priorisierung aus ingenieurtechnischer Sicht und berücksichtigt

  • den Nutzen,
  • die technische Umsetzbarkeit,
  • das geschätzte Kosten-Nutzen-Verhältnis,
  • hydraulische / hydrologische Kennzahlen und
  • den Handlungsbedarf an den einzelnen Standorten.

 

Der Katalog unterscheidet für die Maßnahmen zwischen

  • Anlage / Ausbau als Notwasserweg
  • Multifunktionale Fläche
  • Mulde mit Retentionsvolumen
  • Ausgeprägter Bedarf zum Objektschutz
  • Maßnahme am Gewässer

 

 

Die tatsächliche Umsetzungsfähigkeit in Abhängigkeit von den örtlichen Rahmenbedingungen wie z.B.

  • historische Nutzung / Altlasten,
  • geplante zukünftige Nutzung,
  • Anforderungen aus B-Plan,

konnte im Rahnen des Projektauftrages nicht berücksichtigt werden und fanden deshalb keine Beachtung bei der Bewertung durch das Ingenieurbüro.

 

Die Betrachtung / Bewertung der erarbeiteten 65 Maßnahmen musste / muss einzelfallbezogen durch die Verwaltung geprüft werden.

 

Die Maßnahmen können grundsätzlich zwischen Maßnahmen ohne und mit (flächenwirksame) Flächeninanspruchnahme unterschieden werden.

 

 

Maßnahmen ohne Flächeninanspruchnahme

 

In dem Konzept des Ingenieurbüros wurden auch Bereiche identifiziert, in denen ein ausgeprägter Bedarf zur Eigenvorsorge besteht.

 

Hier sind keine Flächen verfügbar aber auch nicht erforderlich, um Maßnahmen zum Überflutungsschutz zu realisieren.

 

Da es hier keiner ingenieurtechnischen Planung bedarf, sind diese 17 Maßnahmen kurzfristig umsetzbar.

Eine erste Veranstaltung zu den Möglichkeiten des Objektschutzes und der Eigenvorsorge hat bereits am 01.09.2022 beim Bürgerverein Hilden West & Unterstadt e.V. stattgefunden. Aufbauend auf diesen Erfahrungen soll jetzt gezielt auf Anwohner und Eigentümer in den Risikogebieten zugegangen werden.

Hierbei soll über die Gefahrenlage, über die rechtliche Verpflichtung zum Eigenschutz (§5 Wasserhaushaltsgesetz) sowie über die technischen Möglichkeiten informiert werden. Ein Konzept hierzu (gesammeltes Anschreiben, Aufbau der Veranstaltungen, Prüfung der Kapazitäten zur individuellen Beratung etc.) wird derzeit verwaltungsintern erarbeitet.

 

Flächenwirksame Maßnahmen

 

Die Umsetzung der flächenwirksamen Maßnahmen setzt ein Eigentum oder zumindest ein Nutzungsrecht an der betroffenen Fläche voraus. Grundsätzlich handelt es sich bei den vorgeschlagenen Flächen zum Untersuchungszeitraum um städtische Fläche. Zwischenzeitlich wurden einige Flächen entwickelt und verkauft.

 

Die Anlage von Notwasserwegen, die Umsetzung multifunktional genutzter Flächen sowie Mulden nehmen zusätzliche Flächen in Anspruch, deren Verfügbarkeit im Einzelnen geprüft werden muss. Hierzu wurde der bauordnungsrechtliche sowie der bauplanungsrechtliche Status der einzelnen Flächen bei den jeweiligen Fachämtern nachgefragt.

 

Es wurden folgende Maßnahmen mit Konfliktpotential identifiziert:

 

Nr.

Maßnahme

Lage

Prio.

Stellungnahme

 

1

Anlage / Ausbau als Notwasserweg

Kreuzung Beethovenstraße / Gerresheimer Straße

1

Hier befindet sich der Bebauungsplan Nr. 106 C (VEP Nr. 25) für die Fa. Deutsche Reihenhaus in Aufstellung. Die Trasse des Notwasserweges wird für die straßentechnische Erschließung benötigt, die Grünfläche soll in weiten Teilen bebaut werden.

 

3

Multifunktionale Fläche, Mulde mit Rückhaltevolumen

Zur Verlach, Höhe Kindergarten

1

Es ist darauf zu achten, dass die geplanten Mulden sich in großen Teilen über einer Altlastenfläche befinden würden (35668/4 Hi). Es wäre eine Abstimmung mit dem Kreis ME erforderlich.

 

6

Anlage / Ausbau als Notwasserweg

Schützenstraße und Humboldtstraße

2

Hier gibt es einen Zielkonflikt: der geplante Notwasserweg führt auf ein Gelände an der Hofstraße, das für den Bau einer Flüchtlingsunterkunft gedacht ist. Bei einem anderen Grundstücksteil handelt es sich um gewerbliche Baufläche.

 

7

Anlage / Ausbau als Notwasserweg

Hochdahler Straße, An der Biebelskirch

3

Hier gilt der Bebauungsplan Nr. 42, 2.Änd., es gibt eine Baugenehmigung für ein Wohnungsbauprojekt der Fa. PLB. Der geplante Notwasserweg Richtung Bach ist nicht möglich.

 

12

MFF, Mulde mit Rückhaltevolumen

Sibeliusweg

2

Bauantrag in Bearbeitung

22

Anlage / Ausbau als Notwasserweg, MFF, Mulde mit Rückhaltevolumen

Forstbachstraße, Am Lindengarten, Hendrika-Grüter-Weg

2

Der Bebauungsplan Nr. 254 legt die betroffenen Flächen als „Parkanlage“, „Spielplatz“ und als Versickerungsfläche (alles innerhalb einer öffentlichen Grünfläche) fest. Unter der „Parkanlage“ ist eine große Rigolenanlage vorgesehen. Der geplante Notwasserweg über die Straße Am Lindengarten verläuft an Neubauflächen vorbei. Es stellt sich auch die Frage, ob die Straßenbauausbauplanung geändert werden müsste.

 

25

MFF, Mulde zum Wasserrückhalt

Hoffeldstraße, Hagdornstraße

3

Die Maßnahme ist grundsätzlich machbar, jedoch ist die Nutzbarkeit des Sportplatzes zu beachten. Auch stellt sich die Frage, ob bei einer Aufgabe der Nutzung als Sportplatz die Fläche anschließend noch für eine bauliche Nutzung (z.B. als Wohnbaufläche) zur Verfügung stehen könnte.

 

32

Mulde mit Retentionsvolumen

Elberfelder Straße, Priesnitzweg

2

Die Maßnahme ist grundsätzlich machbar. Allerdings ist zu bedenken, dass im westlichen Randbereich die Trasse der CO-Pipeline verläuft, die nicht berührt werden dürfte (Sicherheit). Zudem ist die Fläche bewaldet.

 

36

Multifunktionale Fläche, bestehende Mulde

Stadtpark Hilden

2

Es ist zu prüfen, ob durch eine Umsetzung der Maßnahme nicht der gerade erneuerte Stadtpark hinsichtlich Bepflanzung und Nutzung beeinträchtigt wird.

 

37

Mulde mit Retentionsvolumen

südlich Walder Straße an der Autobahn

2

Der östliche Teilbereich der Fläche wird durch den Bebauungsplan Nr. 120 A als Fläche für Dauerkleingärten ausgewiesen, die Kleingartenanlage ist vorhanden. Der westliche Teilbereich der Fläche dient als Trasse für die CO-Pipeline, die nicht berührt werden dürfte (Sicherheit).

 

39

Mulde mit Retentionsvolumen

Zeißweg

3

Bauantrag in Bearbeitung

40

Mulde mit Retentionsvolumen

Lindenplatz

1

Die Maßnahme ist grundsätzlich machbar, wenn erreicht werden kann, dass die heutige Nutzung als P+R-Platz erhalten bleibt und auch die Bepflanzung (Bäume) nicht beseitigt werden muss.

 

47

Mulde mit Retentionsvolumen

Warrington Platz

1

Die betroffene Fläche ist im Bebauungsplan Nr. 39, 1.Änd. als Spielplatz festgelegt. Der Spielplatz wurde im Rahmen des IHK erst vor kurzem modernisiert und umgebaut. Hierzu gab es auch Fördermittel. Daraus ergibt sich eine Zweckbindung. Bei einer Umgestaltung in eine „Mulde“ wäre zu prüfen, ob diese Fördermittel zurückgezahlt werden müssen.

 

54

Ausgeprägter Bedarf zum Objektschutz / Eigenvorsorge

Kirchhofstraße, Hagelkreuzstraße

2

Hier befindet sich der Bebauungsplan Nr. 261 in Aufstellung. Die Grundstücksflächen sollen für eine Wohnbebauung und die dafür notwendigen Erschließungsflächen in Anspruch genommen werden. Ob hier Maßnahmen zur Eigenvorsorge und zum Objektschutz mit eingeplant werden können, wird sich im Aufstellungsverfahren zeigen.

 

 

Hinsichtlich der multifunktionalen Nutzung (s.u.) von Flächen wurde, folgende klarstellende Stellungnahme abgegeben:

 

Es werden zahlreiche öffentliche Spielplätze bzw. deren Flächen als mögliche Standorte für kurzfristig zu realisierende Maßnahmen zum Hochwasserschutz ausgewählt. Das ist grundsätzlich sinnvoll, da es sich meist um städtische Flächen handelt, die zum einen unbebaut sind und zum anderen innerhalb des Siedlungszusammenhanges liegen.

Jedoch sind diese Flächen nicht ohne Nutzung. Vielmehr gehören die Spielplätze zu den integralen Bestandteilen einer Wohnnutzung, sind Teil der notwendigen Infrastruktur.

Daher wird hier davon ausgegangen, dass Anpassungsplanungen erforderlich sind, die es ermöglichen, weiterhin die Funktion als Spielplatz aufrecht zu erhalten - und trotzdem Retentions- und Versickerungsflächen zu bieten. Die Spielplätze dürfen nicht entfallen.“

 

 

Multifunktionale Nutzung von Flächen:

 

Insgesamt 21 Maßnahmen umfassen das Einrichten sogenannter multifunktionaler Flächen. Diese stellen eine weitere Möglichkeit zur Umsetzung der Vorbeugungsmaßnahmen dar. D.h. die Flächen werden grundsätzlich anderweitig z.B. als Spiel- oder Sportplatz genutzt und im Starkregenfall dienen sie unter Beachtung spezieller Rahmenbedingungen als geplanter Stauraum für Niederschlagswasser, um an anderen Stellen das Schadensrisiko zu reduzieren.

 

Bewertung

 

Die durch das Ingenieurbüro vorgenommene Priorisierung muss aufgrund der Verfügbarkeit der Flächen noch einmal verwaltungsintern überprüft werden und entspricht unter Umständen weder der Umsetzungsreihenfolge noch der tatsächlichen Umsetzbarkeit. Grundsätzlich müssen vor der weiteren Planung und Umsetzung von Maßnahmen intensive Abstimmungen zwischen unterschiedlichen Fachämtern stattfinden.

 

Multifunktionale Flächen

Besonders die vom Stadtplanungsamt angesprochene Mehrfachnutzung von Kinderspielplätzen und Rückhaltemulden ist noch nicht abschließend geklärt. Innerhalb der zuständigen Sachgebiete fanden dazu bereits Abstimmungsgespräche statt und die gemeinsame Nutzung von Spiel- und Rückhalteflächen wird hier grundsätzlich begrüßt. Dennoch sind einige Fragen der Verkehrssicherungspflicht, Haftung, Beschilderung, Einfriedung sowie der Unterhaltung der Flächen noch zu diskutieren.

Da hier Erfahrungen anderer Kommunen und die rechtssichere Einordnung zum Bau und Betrieb multifunktionaler Flächen berücksichtigt werden sollen, wurde ein Abstimmungstermin mit der Kommunal Agentur vereinbart. Dieser ist terminiert, musste aber mehrfach verschoben werden.

 

Verfügbare Flächen

Nur wenige Flächen haben im urbanen Hilden keine Nutzung und könnten kurzfristig zum Schutz vor Überschwemmungen umgestaltet werden. Lediglich die Flächen zu den Maßnahmen 10 und 27, könnten kurzfristig umgesetzt werden. Deren Wirksamkeit und vor allem das Kosten-Nutzen-Verhältnis wird derzeit verwaltungsseitig geprüft.

 

Nicht verfügbare Flächen

Folgende Maßnahmen können aufgrund der Überplanung der Flächen oder bereits bestehender anderweitiger Nutzung nicht umgestaltet werden:

 

Nr.

Maßnahme

Lage

Prio.

Bewertung

7

Anlage / Ausbau als Notwasserweg

Hochdahler Straße, An der Biebelskirch

3

Die Maßnahme Nr. 7 kann entsprechend der Stellungnahme von Amt 60 nicht realisiert werden. Die Rücksprache mit dem Bauherrn ergab, dass dieser sich mit dem Objekt- bzw. Eigenschutz auseinandersetzt.

13

MFF, Mulde mit Rückhaltevolumen

Heinrich-Heine-Straße

2

Derzeit werden die Flächen als Kleingartenverein genutzt. Eine Aufgabe der Nutzung und Verfügbarkeit der Flächen ist nicht absehbar.

22

Anlage / Ausbau als Notwasserweg, MFF, Mulde mit Rückhaltevolumen

Forstbachstraße, Am Lindengarten, Hendrika-Grüter-Weg

2

Für die Maßnahme ist die zwischenzeitliche Entwicklung der Fläche nicht in die Erstellung des Konzepts eingeflossen. Die Anlage von Notwasserwegen, wie in der Maßnahme vorgeschlagen, ist zum jetzigen Stand der Arbeiten nicht mehr möglich. Eine Sensibilisierung für das Thema des Starkregenrisikos und Eigenschutz beim Bauherren hat stattgefunden. Ob eine multifunktionale Fläche angelegt werden kann, muss untersucht und abgestimmt werden.

34

Mulde mit Retentionsvolumen

Ringwallanlage, Am Holterhöfchen

1

Diese Maßnahme ist nicht in der vom Ingenieurbüro vorgeschlagen Form umsetzbar, da es sich bei der Ringwallanlage Holterhöfchen um ein Bodendenkmal handelt. Die mögliche Nutzung der bereits vorhandenen Muldenlage soll allerdings im Weiteren bei der Umgestaltung der Grünanlage (Fördermittel wurden beantragt) berücksichtigt werden.

37

Mulde mit Retentionsvolumen

südlich Walder Straße an der Autobahn

2

Derzeit werden die Flächen als Kleingartenverein genutzt. Eine Aufgabe der Nutzung und Verfügbarkeit der Flächen ist nicht absehbar.

47

Mulde mit Retentionsvolumen

Warrington Platz

1

Entsprechend der Stellungnahme von Amt 61 ist der Warrington Platz erst vor kurzem im Rahmen einer geförderten Maßnahme hergerichtet wurde. Die Umgestaltung würde gegen die Zweckbindung verstoßen und zu unverhältnismäßigen Mehrkosten führen.

 

 

Maßnahmen am Gewässer (Zusammenarbeit mit dem BRW)

 

Darüber hinaus umfasst der Katalog auch vier Maßnahmen, die in direktem Zusammenhang mit den Gewässern stehen (Maßnahmen Nr. 38, 45, 58 und 59). Sowohl der Betrieb der Gewässer als auch deren Ausbau liegt in der Verantwortung des Bergisch-Rheinischen Wasserverbands (BRW). Die Stadt Hilden befindet sich in regelmäßigen Gesprächen mit dem BRW und hat auf Grundlage des vorliegenden Konzepts und unter Berücksichtigung des Starkregenereignisses im vergangenen Jahr Handlungsschwerpunkte identifiziert. Die Ausarbeitung von Maßnahmen zur Schaffung von Retentionsraum entlang des Garather Mühlenbachs ist dabei von der Bewertung der aktuellen hydraulischen Auslastung des Gewässers abhängig, die derzeit im Auftrag des BRW durch ein Ingenieurbüro ermittelt wird. Sobald diese Ergebnisse vorliegen, werden die Stadt und der BRW gemeinsam Maßnahmen am Gewässer entwickeln. Auch der Betrieb der Gewässer, sowie insbesondere die Unterhaltung von Durchlässen werden derzeit durch den BRW überarbeitet und sollen im Folgenden mit der Stadt abgestimmt werden. Ob und welche Sensibilisierung der Bürger und Gewässeranlieger über die gefahrminimierende Nutzung der Gewässer stattfindet, wird derzeit bewertet.

 

 

Weitere Vorgehensweise

 

Nach Abschluss der Abstimmungen mit der Kommunal Agentur NRW erfolgt bei den Maßnahmen, die seitens der Stadt umsetzbar sind, eine umfassende Bewertung und Priorisierung aller Maßnahmen, die Kostenschätzung und ggf. die Beantragung von projektspezifischen Haushaltmitteln.

 

 

gez.

Dr. Claus Pommer

Bürgermeister