Betreff
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 25.07.2022:
Prüfung von Standorten für Windenergieanlagen
Vorlage
WP 20-25 SV 61/085
Aktenzeichen
IV/61.1-Klima-Hol
Art
Antragsvorlage

Erläuterungen zum Antrag:

 

Der Klimawandel und der dafür so wichtige Ausbau von Erneuerbaren Energien sowie stark steigende Energiekosten müssen auch in Hilden dazu führen, dass Potenziale erkannt und ausgeschöpft werden.

Im Jahre 2013 wurde eine Windpotenzialstudie für Hilden vorgestellt, die aufzeigte, dass sich zwei Gebiete auf dem Hildener Stadtgebiet prinzipiell dazu eigneten dort Windenergieanlagen zu errichten.

 

Im Fazit der Studie heißt es: "Als Ergebnis konnten zwei Gebiete identifiziert werden, die grundsätzlich als Eignungsflächen in Betracht kommen. Alle im Rahmen dieser Methodik ermittelten Flächen bedürfen aber noch einer vertieften Prüfung und Beurteilung seitens der Stadt Hilden."

 

Aufgrund zu befürchtender Konflikte riet die Verwaltung in der Sitzungsvorlage

WP 09-14 SV 61/202 aus Juni 2013 davon ab, die von der Studie als grundsätzlich geeignet identifizierten Gebiete im Hildener Südwesten und im Stadtwald als Windkonzentrationszonen in den FNP aufzunehmen. Seit dem Jahr 2013 haben sich jedoch nicht nur Technik und Ertrag solcher Anlagen, sondern auch die rechtlichen Grundlagen für ihre Errichtung geändert. So wurde im sog. Osterpaket der Bundesregierung am 7. Juli 2022 das Gesetz zur "Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land" beschlossen. Für das Hildener Stadtgebiet gilt es deshalb zu prüfen, ob sich durch die neue Gesetzeslage vielleicht weitere Flächen, auch unter besonderer Berücksichtigung möglicher Standorte in Gewerbe- und Industriegebieten, für das Betreiben von Windanlagen eignen.

 

Helen Kehmeier

Jan Volkenstein

Klaus-Dieter Bartel


Antragstext:

 

1.  Die Verwaltung prüft, ob sich die Windpotenzialstudie für Hilden aus dem Jahr 2013 für eine Fortführung von weitergehenden Untersuchungen eignet.

2.  Die Verwaltung prüft zudem, ob sich neue mögliche Standorte für Windenergieanlagen auf Hildener Stadtgebiet durch das Gesetz zur "Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land" ergeben.

 

Die Stadtwerke Hilden sind als mögliche Betreiberin in das Verfahren einzubeziehen. Die Ergebnisse und daraus ggf. resultierende Maßnahmen werden dem UKS vorgestellt.


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Historie Hilden:

 

Im April 2013 wurde im Zuge der Überprüfung der Aktualität des Flächennutzungsplanes nach Beschluss des Stadtentwicklungsausschusses am 07.12.2011 ein Gutachten zur Standorteignung für Windenergieanlagen in Auftrag gegeben.

Das Gutachten ist im April 2013 von der Firma GEO-NET aus Hamburg fertiggestellt und mit der Sitzungsvorlage WP 09-14 SV 61/202 (siehe Anlagen 2-4) im Ausschuss für Umwelt-und Klimaschutz am 03.07.2013 vorgestellt worden.

 

Das Gutachten basierte auf dem Wind-Energie-Erlass NRW aus dem Jahre 2011. Gemäß diesem Erlass wurde das Stadtgebiet mit einem Suchraumverfahren nach möglichen Standorten untersucht. Das heißt, es wurden die im Erlass benannten Tabu- und Restriktionszonen herausgefiltert. Die verbliebenen Standorte sind wiederum - in Betrachtung der damals modernsten Windenergieanlagen - auf ihr Windpotential hin untersucht worden, um sicherzustellen, dass sie wirtschaftlich rentabel arbeiten könnten.

 

Für eine Nutzung geeignet waren eine ca. 12,5 ha große Fläche im Hildener Stadtwald und ein ca. 22 ha großer Bereich im Hildener Süden. Nach einer Schallimmissionsprognose und einer Schattenwurfuntersuchung verkleinerte sich die Fläche im Süden um einen kleinen Bereich.

 

Auf Grund der sowieso beschränkten Standortmöglichkeiten, teilweise auf Flächen im Eigentum der Stadt Hilden (Stadtwald), wurden im Flächennutzungsplan keine Konzentrationszonen dargestellt. Die Darstellung einer Konzentrationszone hätte ermöglicht, dass in den anderen für Windenergie nutzbaren Bereichen diese ausgeschlossen wird.

Da im Flächennutzungsplan keine Zonen dargestellt waren, haben alle laut des Gutachtens geeigneten Flächen auf Planungsebene des Flächennutzungsplanes für die Windenergienutzung zur Verfügung gestanden. Es hätte bei einer konkreten Anfrage allerdings noch einer detaillierteren Prüfung bedürft.

 

Mit dem Regierungswechsel 2017 in NRW wurden der Erlass im Mai 2018 erneuert und unter anderem einige Restriktionen verschärft sowie ein Abstand von 1000 m zu Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplänen und innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile eingeführt.

Damit war anzunehmen, dass die Flächeneignung durch die allgemeine Baudichte im Hildener Stadtgebiet nicht mehr gegeben war. Untersucht wurden, mangels Interesse an der Errichtung einer Windkraftanlage auch von privaten Firmen, die rechtlichen Möglichkeiten nicht.

 

Derzeitige Rechtslage:

 

Der Bundesrat hat am 8. Juli 2022 das einen Tag zuvor vom Bundestag verabschiedete Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land sowie die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes gebilligt.

Es wurden damit die erhöhten Ausbauziele für Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien der EEG-Novelle 2023 flankiert.

 

Das Gesetz ist im Bundesgesetzblatt I am 28.07.2022 öffentlich bekanntgemacht worden und soll am 01.Februar 2023 in Kraft treten.

 

Das Gesetz verfolgt folgende Ziele:

-    Bis spätestens zum 31. Dezember 2032 müssen 2 Prozent der Landesflächen der Bundesrepublik für Windenergie an Land zur Verfügung stehen

-    Das neue Windenergieflächenbedarfsgesetz gibt den Ländern in zwei Etappen verbindliche Flächenziele vor - sogenannte Flächenbeitragswerte: Ein Verteilungsschlüssel legt für jedes Bundesland konkrete Quoten bis 2027 bzw. 2032 fest. Er berücksichtigt die bereits vorhandenen Flächenpotenziale für den Ausbau der Windkraftanlagen in den einzelnen Ländern. Die Staffelung reicht von 0,5 Prozent für Stadtstaaten bis zu 2,2 Prozent für einige Flächenländer.

-    Die bisherige Länderöffnungsklausel, die es den Ländern bislang erlaubt, Mindestabstände der Windräder von bis zu einem Kilometer zu Wohngebieten festzulegen, bleibt zwar bestehen. Die Landesregeln greifen jedoch nur dann, wenn die im Verteilerschlüssel festgelegten Flächenziele in den jeweiligen Ländern erreicht sind.

-    Privileg für Repowering bestehender Standorte

-    Vereinfachung der Planungsmethodik und ihre gerichtliche Kontrolle, Beschleunigung der Planung und Erhöhung der Rechtssicherheit. Hierzu erfolgen Änderungen unter anderem im Baugesetzbuch.

-    Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes mit dem Ziel, den naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien und vor allem der Windenergie an Land bis 2045 zu beschleunigen. Dazu wird im Bundesnaturschutzgesetz der Grundsatz verankert, dass Errichtung und Betrieb von Windenergieanlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegen. So dürfen künftig auch Landschaftsschutzgebiete in die Suche nach Flächen für den Windenergieausbau einbezogen werden.

-    Bundeseinheitliche Standards sollen die Genehmigungsverfahren vereinfachen und beschleunigen.

-    Das Bundesamt für Naturschutz ist künftig dafür zuständig, zum dauerhaften Schutz besonders betroffener Arten - zum Beispiel bestimmte Brutvögel und Fledermäuse - nationale Artenhilfsprogramme aufzustellen und umzusetzen. Zur Finanzierung sollen auch Anlagenbetreiber beitragen.

Zusammengefasst aus: Bundesrat KOMPAKT vom 8. Juli 2022

 

In NRW gilt derzeit noch der Windenergie-Erlass von 2018 (siehe unter Historie).

 

In der Koalitionsvereinbarung von CDU und Grünen 2022-2027 werden in Zeile 279 bis 480 die zukünftigen Ziele der Landesregierung zum Thema Windenergie beschrieben:

-    Mindestens 1000 zusätzliche Anlagen in den kommenden 5 Jahren

-    Die EU und der Bund planen gesetzliche Maßnahmen, um den Ausbau von Windenergie spürbar zu beschleunigen. Es werden Beschleunigungsinitiativen zum Windenergieausbau schnellstmöglich in Landesrecht überführt.

-    Es wird zudem der Windenergie-Erlass des Landes so angepasst, dass mit einer klaren Definition für die Vollständigkeit von Antragsunterlagen zeitraubende Nachforderungen minimiert und die zu prüfenden Sachverhalte stärker standardisiert werden.

-    Es wird im dichtbesiedelten Nordrhein-Westfalen weiterhin ein Ausgleich und ein gesellschaftlicher Konsens zwischen den berechtigten Interessen der Menschen und dem erforderlichen Ausbau der Windenergie gebraucht.

-    Die Bundesregierung wird den Bundesländern absehbar konkrete Mindestziele zur Bereitstellung von tatsächlich nutzbaren Flächen für die Windenergienutzung vorgeben. Bei Verfehlung würde jegliche räumliche Steuerung der Windenergie in Nordrhein-Westfalen aufgehoben und die bundesgesetzliche Privilegierung im Außenbereich greifen. Dies wird verhindert, indem über eine Teilplanänderung des Landesentwicklungsplans Flächenziele für die Planungsregionen festgelegt und über die Regionalpläne ausreichend Flächen für die Windenergie planerisch gesichert werden, die die Erreichung der Zielvorgaben des Bundes, bei einer möglichst gerechten Verteilung zwischen den Regionen, sicherstellen.

-    Es wird umgehend die Streichung des 1.500-Meter-Vorsorgeabstands im Landesentwicklungsplan eingeleitet.
Pauschale Mindestabstandsregeln werden abgeschafft. In einem ersten Schritt werden neben der Aktivierung zusätzlicher Flächen (aller Kalamitätsflächen (=Massenerkrankung von Waldbeständen), Industrie- und Gewerbeflächen, Flächen entlang von Infrastrukturtrassen) auch der pauschale 1000-Meter-Abstand für das Repowering abgeschafft.

-    Mit dem Inkrafttreten des neuen „Wind-an-Land-Gesetzes“ kommen die pauschalen gesetzlichen Mindestabstände für alle Kommunen mit einer rechtswirksamen Konzentrationszonenplanung nicht mehr zur Anwendung – das sind rund 320 Städte und Gemeinden, also etwa 80 Prozent. Für die Übrigen wird der bisher geltenden 1.000-Meter-Abstand mit der Ausweisung der Windenergieausbaugebiete abgeschafft. Ersatz für die pauschalen gesetzlichen Mindestabstände wird die neue Steuerung über Windenergiegebiete durch Landes- und Regionalplanung schaffen. Die Planung dieser Gebiete wird ab sofort und parallelisiert angegangen, sodass eine NRW weite Ausweisung deutlich vor der vom Bund gesetzten Frist (31. Dezember 2026) umgesetzt wird.

-    Landes- und Regionalplanung setzen das „Wind-an-Land-Gesetz“ aufeinander aufbauend um. Eine gerechte Verteilung der Flächenvorgaben für die einzelnen Planungsregionen erfolgt im Landesentwicklungsplan. In den Regionalplänen werden dann Windenergiegebiete gemäß dem „Wind-an-Land-Gesetz“ räumlich festgelegt. Nach der Rechtsfolge des „Wind-an-Land-Gesetzes“ führt dies zu einer Entprivilegierung der Windenergie im restlichen Planungsraum. Eine weitergehende kommunale Steuerung der Windenergie wird bei entsprechender Gesetzeslage auf Bundesebene damit dann nicht mehr erforderlich sein.

-    Voraussetzung für ein solches Verfahren ist eine belastbare Potenzialstudie, mit der Flächenvorgaben für die Regionen nachvollziehbar begründet werden können. Diese kann aus der vorliegenden Potenzialstudie der LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW) zeitnah entwickelt werden. In dieser soll die Anrechenbarkeit der bestehenden Regionalpläne, Konzentrationszonen und bestehenden Windenergiestandorte auf das von Nordrhein-Westfalen zu erbringende Flächenziel überprüft werden. Zum anderen soll dargestellt werden, wie viele Flächen die einzelnen Planungsregionen beitragen müssen, um das landesweite Flächenziel sicher zu erreichen.

-    Es werden alle Kalamitätsflächen und beschädigten Forstflächen für die Windenergie geöffnet. Zudem werden Windenergieanlagen auch in Gewerbe- und Industriegebieten und entlang von Verkehrswegen erleichtert. So können vermehrt Windenergieanlagen auf Flächen mit größerem Abstand zu Siedlungsflächen realisiert werden. Damit Kalamitätsflächen weitgehend heute schon für den Ausbau der Windenergie genutzt werden können, wird noch vor dem Herbst ein Erlass zum geltenden Landesentwicklungsplan veröffentlicht werden.

Stark zusammengefasst aus: (https://gruene-nrw.de/dateien/Zukunftsvertrag_CDU-GRUeNE_Vorder-und-Rueckseite.pdf)

 

Die vorliegende Potenzialstudie Windenergie NRW des LANUV vom April 2022 (https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuvpubl/3_fachberichte/Potenzialstudie-Windenergie-NRW.pdf) diente unter anderem dazu, die Flächenverfügbarkeit für Windenergie unter verschiedenen Voraussetzungen zu untersuchen, um herauszufiltern, welche der derzeitigen regulatorischen Rahmenbedingungen für die Windenergie eine Anpassung verlangen, um das Ausbauziel für das Jahr 2030 zu erreichen.

Das Leitszenario Energieversorgungsstrategie aus der Studie (Anhang, Tabelle A1) sieht für den Kreis Mettmann keine neuen Windkraftanlagen vor.

 

Fazit:

 

Zu Punkt 1. und 2. des Antrags:

 

Laut des Koalitionsvertrages ist eine Lenkung der Windenergiestandorte durch die Landesregierung bzw. Bezirksregierungen vorgesehen und nicht durch die Kommunen, da beabsichtigt ist, die Privilegierung für Windkraftanlagen in Bereichen aufzuheben, die nicht vom Land als Windenergiegebiete ernannt wurden.

Der Prozess der Standortfindung soll entsprechend von einer aktualisierten Potentialstudie des LANUV begleitet werden, so dass die Stadt Hilden keine Erneuerung der Studie von 2013 benötigt.

Es ist davon auszugehen, dass die Stadt Hilden in den Prozess der Standortfindung seitens der Bezirksregierung Düsseldorf eingebunden wird, soweit im Gemeindegebiet doch Standorte vorgeschlagen werden.

 

Sollte die Stadt Hilden beabsichtigen, zusätzlich zu den Vorgaben der Regionalplanung Windenergieanlagen im Gemeindegebiet unterzubringen, müssen ausreichende gesetzliche Voraussetzungen vorhanden sein, um zu wissen, ob die Möglichkeit überhaupt besteht und wenn ja, unter welchen Bedingungen.

 

Derzeit empfiehlt die Verwaltung den Antrag zurückzustellen, bis das konkrete weitere Vorgehen für NRW geklärt ist. Das heißt, dass zumindest der Windenergie-Erlass überarbeitet sein sollte und die Neuerungen des Landesentwicklungsplans sowie des Regionalplans Düsseldorf, die auf der vom LANUV aktualisierten Potentialstudie basieren, ausgearbeitet wurden.

 

 

Gez.

Dr. Claus Pommer

Bürgermeister

 

 

 

Klimarelevanz:

Sollten im Stadtgebiet Standorte für Windkraftanlagen nach den zukünftigen Regelungen gefunden und diese dann auch errichtet werden, würden diese Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien beitragen und damit den Treibhausgasausstoß verringern.