Betreff
Sachstandsbericht des Sachgebietes Soziale Dienste des Amtes für Jugend, Schule, Integration und Sport
Vorlage
WP 20-25 SV 51/133
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Sachstandsbericht der Sozialen Dienste des Amtes für Jugend, Schule, Integration und Sport zur Kenntnis.

 

 

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Neben den bereits seit über 2 Jahren andauernden und vielschichtigen Herausforderungen, denen, bedingt durch die Covid- 19 Pandemie, sich die Mitarbeiter*innen der Sozialen Dienste stellen mussten, ist seit dem 24.02.2022 eine weitere hinzugekommen.

 

Am 24.02.2022 wurde die Ukraine durch Russland völkerwidrig angegriffen. Dieser Krieg verursachte eine enorme Anzahl von geflüchteten Personen, vor allem von Frauen mit ihren Kindern, in die westlichen Nachbarstaaten der Ukraine.

Gegenwärtig halten sich ca. 290.000 Personen aus der Ukraine in der Bundesrepublik Deutschland auf.  

 

Bereits unmittelbar nach Ausbruch des Krieges wurde das hiesige Amt für Jugend, Schule, Integration und Sport um eine Aufnahme von „Waisenkindern“ aus der Ukraine gebeten. Die Koordination der Aufnahme gestalte sich äußerst schwierig, da es zu widersprüchlichen Angaben über die Anzahl der aufzunehmenden Personen sowie der konkreten Ankunftszeit des Busses in Hilden kam.

 

Am 04.03.2022 erreichte die Stadt Hilden ein Bus von insgesamt 15 Personen. Davon waren 3 Personen erwachsene begleitende Lehrkräfte aus der Einrichtung, aus der die Kinder kamen. Zwei von den Lehrerinnen hatten ihr eigenes Kind aus der Ukraine mitnehmen können.

Sodass insgesamt 9 Kleinkinder in einem Alter von 6 Jahren bis 15 Jahren durch die Sozialen Dienste in Obhut genommen wurden.

 

Die kurzfristige und unvorhersehbare Aufnahme und Versorgung einer so hohen Anzahl von Personen und unbegleiteten minderjährigen Ausländer (UMA) gelang durch die hervorzuhebende gute Kooperation innerhalb der Sachgebiete des Amtes für Jugend, Schule, Integration und Sport sowie des Teams des Bürgermeisterbüros.

Zur weiteren Unterstützung wurden zwei freie Träger der Jugendhilfe beauftragt. Der Träger wurde in anderen Zusammenhängen bereits mit Ausführungen ambulanter erzieherischer Hilfen beauftragt. Die Träger konnten Mitarbeiter*innen zur Verfügung stellen, die neben langjährigen pädagogischen Erfahrungen auch über entsprechende Sprach- und Kulturkenntnisse aus der Ukraine verfügten.

 

Unmittelbar nach und während der Aufnahme der Kinder wurde deutlich, dass diese in ihrem Verhalten Auffälligkeiten und in ihrer Entwicklung altersuntypische Defizite aufweisen.

Hinzu kam, dass zu vermuten war, dass bei rund 30% der Kinder eine kriegsbedingte Posttraumatische Belastungsstörung oder eine anderweitige psychische Problematik, wie etwa einer Depression oder einer Angststörung, vorliegen dürfte.

Diese Einschätzungen wurden durch Gespräche mit den begleitenden Erwachsenen Personen bestätigt, welche in deren Muttersprache geführt worden sind.

 

Die aus dieser Erfahrung gewonnene Erkenntnisse haben es notwendig gemacht, dass eine Ausweitung der pädagogischen und muttersprachlichen Unterstützung auch auf die ankommenden Personen in den städtischen Asylunterkünften ausgeweitet werden muss.

 

Die aus dem Kriegsgebiet ankommenden Frauen mit ihren Kindern sind eine besonders zu schützende Personengruppe, die in Hilden aufgenommen werden. Vorrangiges Ziel muss es sein, dass die Menschen einen Schutz- und Ruheraum erhalten. Wenn diese in den städtischen Unterkünften untergebracht werden, liegt die Versorgungsverantwortung hierbei beim Amt für Jugend, Schule, Integration und Sport.

Neben der Sicherstellung der Grundbedürfnisse ist aber auch die pädagogische und psychische Versorgung und Betreuung unabdingbar, damit Kinder, Jugendliche und ihre Eltern / Elternteile durch entsprechende Angebote das Erlebte verarbeiten können.       

 

 

Mit den zuvor erwähnten beiden Träger der freien Jugendhilfe konnte eine auf zunächst 3 Monate befristete Vereinbarung getroffen werden.

Der Unterstützungsbedarf geflüchteter Kinder und Jugendlicher ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Welche Erfahrungen wurden auf der Flucht gemacht, gab es eine Trennung von Familienmitgliedern, wie alt sind die Kinder und Jugendlichen.

Um diesen individuellen Unterstützungsbedarf feststellen zu können, soll ein in der Muttersprache pädagogisch durchgeführtes Clearing stattfinden. Ziel soll es sein, die Bedarfe zu erheben und entsprechende Hilfestellungen für die Kinder und Jugendlichen zielgerichtet einzuleiten.

Dies kann die Aufarbeitung belastender Erfahrungen sein, aber auch der Aufbau neuer sozialer Netzwerke, die Umsetzung eines Bedürfnisses nach Lernen bzw. Sprachförderung in der Bildungssprache oder Hilfestellungen in der Erziehung anzubieten.     

 

Das Familienbüro Stellwerk hat seit Ende Februar 2022 die Ukraine Hotline der Stadtverwaltung übernommen. Dort melden sich täglich Bürger:innen, die z.B. Geflüchtete privat zu Hause aufgenommen haben oder Sachen spenden wollen oder sich ehrenamtlich engagieren möchten.

Da die Anzahl der Geflüchteten in privat untergekommenen Wohnungen in Hilden sehr hoch ist, besteht gerade bei diesen Personen ein großer Beratungsbedarf.

Hier mussten sich die Mitarbeiter:innen schnell in ein neues Arbeitsgebiet einarbeiten und konnten durch ihre gute Vernetzung bereits ein umfangreiches Netzwerk knüpfen.

Darüber hinaus werden durch das Familienbüro Stellwerk auch weiteren Anfragen, die z.B. per Mail über das Postfach ukraine-hilfe.de kommen, beantwortet.

Im Fachdienst Pflegekinderdienst/Adoptionsvermittlung häuften sich nach den ersten Presseberichten die Anfragen nach einem ukrainischen Pflege- und/oder Adoptionskind. Diese werden fachlich beraten und bei weiterem Interesse nach den fachlichen Qualitätsstandards der Stadt Hilden auf Eignung überprüft.

 

Neben diesen Herausforderungen beschäftigt sich der Fachbereich ausgiebig mit der Novellierung des Adoptionsvermittlungsgesetzt (AdVermiG) und der SGB VIII Reform.

 

Gez.

Dr. Claus Pommer