Ressourcenschutz bei Abriss-, Neubau- und Umbaumaßnahmen
Erläuterungen zum
Antrag:
Ressourcenschutz ist ein
wichtiger Faktor im Bausektor. Werden auf der einen Seite Baumaterialien nach
einem Abbruch teuer entsorgt, so ist deren Herstellung äußerst energieintensiv.
Etwa 28 % der bundesweiten CO2-Einträge kommen aus dem Gebäudesektor. Die
Herstellung von Baumaterialien macht etwa die Hälfte dieser Emissionen aus
(Q1).
Das Umweltbundesamt
empfiehlt, dass zum Erreichen der Klimaschutzziele bei Sanierung und Neubau
neben den Effizienzmaßnahmen ebenso "energiearme -Baumaterialien"
eingesetzt werden (Q1). Auch der Bund der Architektinnen und Architekten drängt
auf Ressourcenschutz. Sie postulieren, dass alle zum Bauen benötigten
Materialien "vollständig wiederverwendbar oder kompostierbar" sein
müssten. Nur so könne die "gigantische Menge an Verpackungen,
Umverpackungen und Materialien im Bauprozess" und für das Gebäude selbst
reduziert werden (Q2). Beim Rückbau sind Verfahren anzuwenden, die einen
hochwertigeren, selektiven und sortenreinen Rückbau ermöglichen, sodass
Baumaterialien recycelt werden können (Q3).
In Ausschreibungen und Vergaben
zu (Rück-)Baumaßnahmen soll das Thema Ressourcenschutz aufgegriffen werden.
Anbietende Unternehmen sollen in ihrem Angebot dazu Stellung beziehen.
In Sitzungsvorlagen zu
(Rück-)Baumaßnahmen soll die Verwaltung das Kapitel Ressourcenschutz aufnehmen.
Es soll herausgestellt werden, wie hoch der Anteil nachhaltiger Rohstoffe
(natürliche oder Sekundärrohstoffe) gegenüber Primärrohstoffen ist.
Q1: Umweltbundesamt (2021):
Stadtplanung und Stadtentwicklung als Hebel für den Ressourcen- und
Klimaschutz. Kommunale Instrumente, Fallbeispiele und Potenziale zur Reduktion
der Ressourceninanspruchnahme.
Q2: Bund der Architektinnen
und Architekten (2019/2020): Das Haus der Erde. Positionen für eine
klimagerechte Architektur in Stadt und Land.
Q3: Bundesinstitut für Bau, Stadt- und Raumforschung (2021): Neubau aus Rückbau.
Antragstext:
Die Stadt Hilden und ihre Töchter
sind bestrebt den Anteil nachhaltiger Ressourcen bei Baumaterialien zu erhöhen.
Daher wird das Thema "Ressourcenschutz" bei Um- und Neubauten sowie
beim Abbruch der eigenen Liegenschaften in Ausschreibungen und Vergaben sowie
in den zugehörigen Sitzungsvorlagen ausgewiesen.
Stellungnahme der
Verwaltung:
Bauwerke stellen wegen ihrer langen Nutzungsdauer und des hohen Energie- und Ressourcenverbrauchs für die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen einen besonders wichtigen Bereich dar.
Dementsprechend wurde bereits in den vergangenen Jahren seitens der Stadtverwaltung bei städtischen Bauprojekten der Ansatz der Nachhaltigkeit forciert. Hier kann als Beispiel das Oberstufenzentrum am Helmholtz-Gymnasium genannt werden, das in nachhaltiger Hybridbauweise erstellt worden ist. In den Vorbemerkungen der funktionalen Ausschreibung war dort bspw. folgender Text enthalten: „Bei der Auswahl der Materialien ist auf einen minimierten Ressourcen- und Energieeinsatz, eine gute CO2-Bilanz, Schadstofffreiheit, kurze Bauzeit, präzise Bauqualität und hohe Wirtschaftlichkeit zu achten.“
Ebenfalls werden bei den aktuellen Baumaßnahmen jeweils Wärmepumpen zur Deckung des Energiebedarfs verwendet. Darüber hinaus werden Gründächer und PV-Anlagen dort verwendet wo es technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist.
Die Basis für vorgenannte Maßnahmen waren jeweils Einzelfallentscheidungen im Projektverlauf, die teilweise innerhalb der Planung durch das Fachamt entschieden oder in den Fachausschüssen, z.B. hinsichtlich PV-Anlagen, diskutiert worden sind.
Mit Blick auf zukünftiges nachhaltiges Bauen und Betreiben wird eine ganzheitliche und integrale Planung angestrebt. Gemäß Leitfaden für nachhaltiges Bauen vom BMI sind die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit gleichwertig und gleichberechtigt zu berücksichtigen (https://www.nachhaltigesbauen.de/fileadmin/publikationen/BBSR_LFNB_D_190125.pdf):
Bei der
ökologischen Dimension der Nachhaltigkeit werden als Schutzziele die
Ressourcenschonung durch einen optimierten Einsatz von Baumaterialien und
Bauprodukten, eine geringe Flächeninanspruchnahme, die Erhaltung und Förderung
der Biodiversität sowie eine Minimierung des Energie- und Wasserverbrauchs
verfolgt.
Bei der
ökonomischen Dimension der Nachhaltigkeit werden über die Investitionskosten
hinausgehend insbesondere die Baufolgekosten betrachtet. Im Fokus stehen demnach
die gebäudebezogenen Lebenszykluskosten, die Wirtschaftlichkeit und die
Wertstabilität von Baumaßnahmen.
Der sozialen und kulturellen Dimension werden Schutzziele zugeordnet, die sowohl die soziale und kulturelle Identität als auch das Wertempfinden des Menschen beeinflussen. (…) Diese Dimension stellt somit einerseits die Nutzerbedürfnisse und Funktionalität, andererseits die kulturelle und ästhetische Bedeutung des Gebäudes in den Mittelpunkt.
Darüber hinaus sind beim Planen, Bauen, Sanieren und Betreiben von Gebäuden unterschiedliche Instrumente und Kenntnisse erforderlich, um Güter, Umwelt, Ressourcen, Gesundheit, Kultur und Kapital zu schützen. Um eine möglichst optimale Lösung des nachhaltigen Bauens zu erreichen, ist es eine Bewertung von Baumaßnahmen anhand von Nachhaltigkeitskriterien zielführend. Diese Bewertung kann im Rahmen eines Zertifizierungsverfahrens durchgeführt werden. So hat die DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) hat ein Zertifizierungssystem entwickelt, mit dem nachhaltiges Bauen praktisch anwendbar, messbar und damit vergleichbar wird. (https://www.dgnb-system.de/de/system/)
Um Erfahrungen in einer messbar nachhaltigen Bauweise zu erlangen, schlägt die Verwaltung vor, ein Bauprojekt gemäß DGNB-Zertifizierung zu realisieren. Mit dem System der Zertifizierung wird eine Grundlage geschaffen, anhand derer im Projekt Entscheidungen im Rahmen einer ganzheitlich nachhaltigen Planung getroffen werden können. Ähnliche Zertifizierungssysteme werden beispielsweise bei öffentlichen Bauten des Bundes angewendet.
Das Projekt soll als Best Practice Projekt innerhalb der Verwaltung und den städtischen Tochtergesellschaften dienen. Nach Abschluss des Projektes werden die Erfahrungen in einem Bericht gebündelt, der als Grundlage für weiterführende Entscheidungen hinsichtlich des nachhaltigen Bauens und zur Zertifizierung von Baumaßnahmen dient.
Da dieser Antrag nicht nur Baumaßnahmen der juristischen Person „Stadt Hilden“ betrifft, sondern auch die städtischen Töchtergesellschaften - wie z.B. Stadtwerke Hilden GmbH oder die WGH Wohnungsbaugesellschaft Hilden mbH - binden soll, ist der Antrag im Rat als Vertretungs- und Entscheidungsorgan des Gesellschafters abschließend zu beraten.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Tochtergesellschaften Wirtschaftspläne für die Unternehmensplanungen relevant sind, deren Änderung / Fortschreibung verschiedenste Auswirkungen haben können. Diese Auswirkungen sollten vor einem möglichen Beschluss über die zuständigen Gesellschaftsorgane aufgezeigt werden. Eine Bindungswirkung kann ein Beschluss des Rates in Bezug nur in Form einer konkreten Gesellschafterweisung erreichen. Im Übrigen sind die Gesellschaftsorgane im Rahmen der nach Gesellschaftsvertrag zugewiesenen Aufgaben einzubeziehen.
gez.
Dr. Claus Pommer
Bürgermeister
Klimarelevanz:
Die Bauindustrie ist einer der größten „Ressourcenkonsumenten“ und hat mit 30% einen erheblichen Anteil am deutschen CO2-Ausstoß. Ein nachhaltiges und suffizient handelndes Bauwesen kann einen maßgeblichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten. Der Gebäudesektor ist gefordert, seine Emissionen von 118 Mio. t CO2-Äquivalent im Jahr 2020 auf 67 Mio. t 2030 zu reduzieren. Neben Effizienzmaßnahmen ist es nötig, die Prinzipien von Suffizienz und Circular Economy im Bauwesen über den gesamten Lebenszyklus zu etablieren.