Betreff
Integriertes Regionales Mobilitätskonzept "Zwischen Rhein und Wupper":
Abschluss der Arbeiten
Vorlage
WP 20-25 SV 61/056
Aktenzeichen
IV/61.1 Groll_STEP
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtentwicklungsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.


Erläuterungen und Begründungen:

 

Über den Sachstand bei der Erarbeitung des „Integrierten Regionalen Mobilitätskonzeptes (IRM)“ berichtete die Verwaltung zuletzt mit der Sitzungsvorlage WP 20-25 SV 61/030 für die Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am 05.05.2021.

 

Mittlerweile liegt das Ergebnis der Arbeit vor. Am 30.10.2021 wurde es auf der 2. Regionalkonferenz der Region „Zwischen Rhein und Wupper“ in Solingen vorgestellt, fast genau vier Jahre nach der ersten Regionalkonferenz dieser Kooperation im Oktober 2017 in Erkrath-Hochdahl.

 

Zur Erinnerung: die Kooperation „Zwischen Rhein und Wupper“ umfasst 19 Rheinisch-Bergische Städte und den Kreis Mettmann. Zu den großen Städten dieser Kooperation gehören Düsseldorf, Wuppertal, Leverkusen, Solingen und Remscheid, zu den kleineren neben den zehn Städten des Kreises Mettmann auch Leichlingen, Burscheid, Wermelskirchen und Hückeswagen. In den Städten der Kooperation wohnen mehr als zwei Millionen Menschen.

 

Im Jahr 2017 wurde als Quintessenz der interkommunalen Zusammenarbeit „Zwischen Rhein und Wupper“ das prägende Ziel von „Eine Stunde mehr Zeit“ formuliert.

Dieses Ziel weiterhin anzustreben und Wege aufzuzeigen, wie das Ziel erreicht werden könnte, ist Sinn und Zweck des nun vorgelegten „Integrierten Regionalen Mobilitätskonzeptes (IRM).

 

Am Beginn der Arbeiten im Sommer 2020 standen folgende, damals noch schlagwortartig formulierten Ziele:

+          Mobilität und Siedlungsentwicklung zusammen denken

+          Schienenpersonennahverkehr (SPNV)- und Schnellbusnetz weiterentwickeln

+          Regionales Radwegenetz konzeptionieren

+          Mobilitätsknotenpunkte in das Umfeld und in städtische Strukturen integrieren

+          städtebauliche Potenziale entlang der Mobilitätsachsen aufzeigen.

 

Anschließend machten sich gut ein Jahr lang Stadtentwickler und Mobilitätsexperten aus den 19 Kommunen, dem Kreis Mettmann und den Verkehrsverbünden und -verbänden intensiv daran, ein Konzept zur Verbesserung der Alltagsmobilität im Kooperationsraum ‚Zwischen Rhein und Wupper‘ zu erarbeiten.

Im Fokus standen dabei der Öffentliche Regionalverkehr auf Schiene und Straße und das regionale Radwegenetz, aber auch Überlegungen zu neuen Mobilitätsmodellen und -ketten, die bestehende und neue Siedlungsbereiche besser an diese regionalen Netze anbinden. Damit sollen insbesondere die vielen Pendlerinnen und Pendler in der Region eine neue Qualität auf ihren Wegen ‚erfahren‘ können.

 

Folgende Aufgaben ergaben sich daraus für das regionale Mobilitätskonzept:

 

+          eine konzeptionelle Weiterentwicklung des bestehenden Schienenpersonennahverkehrs (SPNV)- und Schnellbusnetzes auf Ebene einer strategischen Netzkonzeption

+          die Entwicklung einer Netzkonzeption für ein regionales Radwegenetz unter Einbindung der bestehenden Konzepte und Planungen in der Region

+          die Verknüpfung der Verkehrsträger untereinander durch Mobilitätsknotenpunkte als intermodale Schnittstellen (Mobilstationen)

+          die Integration der intermodalen Schnittstellen (Mobilstationen) in die Stadtstruktur bzw. die Umfeldentwicklung der Mobilitätsknotenpunkte

+          das Aufzeigen von städtebaulichen Potenzialen (z. B. Nachverdichtung) entlang von zentralen, regionalen Mobilitätsachsen.

 

Die Teilziele wurden im Integrierten Regionale Mobilitätskonzept (IRM) konkretisiert, Maßnahmen erarbeitet und ein Handlungsprogramm entwickelt. Als naheliegende Handlungskorridore erwiesen sich die Netze von öffentlichem Verkehr und Radverkehr. Im Fokus standen dabei immer die regionale Perspektive und die Kooperation, die die Umsetzung von Folgeprojekten oder -studien durch lokale oder regionale Akteure mit engem Bezug auf ein regional abgestimmtes Gesamtkonzept in den nächsten Jahren ermöglicht.

 

Gleichzeitig werden Zugänge zu Fördermöglichkeiten des Landes, des Bundes oder der EU erleichtert und die gemeinsame regionale Zusammenarbeit vertieft, um sich den aktuellen Herausforderungen der regionalen Verkehrs- und Mobilitätsentwicklung stellen zu können.

 

Das Integrierte Regionale Mobilitätskonzept (IRM) bündelt die Weiterverfolgung von zwei Pilotprojekten, die sich aus der Ursprungsstudie aus 2017 ergaben. Daher liegt der Fokus des IRM auf der Alltagsmobilität im Radverkehr und auf dem öffentlichen Regionalverkehr (insbesondere dem schienengebundenen Regionalverkehr).

 

Die Ergebnisse des IRM haben übergeordnet betrachtet das Ziel, die Mobilität der Einwohnerschaft in der Region zwischen Rhein und Wupper zu stärken.

Aber es lassen sich auch konkretere Folgerungen aus den Zielen ableiten. Die Kooperationspartner (also die Kommunen und Gebietskörperschaften in der Region „Zwischen Rhein und Wupper“) können mit den Ergebnissen

-           Folgeprojekte oder -studien starten (alleine oder zusammen mit anderen Partnern, lokal oder regional);

-           den Bezug auf ein regional abgestimmtes Konzept für ihre Argumentation beim Zugang zu Fördermöglichkeiten nutzen;

-           und die identifizierten regional bedeutsamen Maßnahmen für das Radverkehrs- und das ÖV-Netz in der kommunalen Maßnahmenplanung berücksichtigen und konkretisieren.

 

Denn angesichts des hohen Verknüpfungsgrades innerhalb der Region erfordern regionale Aufgaben, gerade im Bereich der Mobilität, auch regionale Ansätze, also die Zusammenarbeit über Stadtgrenzen hinweg.

 

Dementsprechend enthält das IRM als Ergebnis zwei regionale Netze, für den Fahrradverkehr und für den Öffentlichen Personenverkehr zwischen Rhein und Wupper.

 

Zum Fahrradverkehr:

 

Bereits heute stehen im Rhein-Wupper-Raum hochwertige regionale Routen für den Radverkehr zur Verfügung, wie die Panoramaradwege Balkantrasse oder Niederbergbahn, die hauptsächlich als Freizeitrouten vermarktet werden. In Planung oder Umsetzung befinden sich derzeit auch Trassen für den Alltagsverkehr, wie der Radschnellweg Neuss – Düsseldorf – Langenfeld / Monheim am Rhein oder die Veloroute Wuppertal – Solingen – Hilden – Düsseldorf.

 

Abgesehen von kommunalen Radwegekonzepten, welche selbstverständlich Verbindungen in Nachbargemeinden berücksichtigen, liegt für die Region bislang keine regionale Gesamtnetzplanung vor. Angesichts steigender Verkaufszahlen von Pedelecs sowie daraus resultierenden höheren Durchschnittsreiseweiten, auch in Regionen mit bewegter Topographie, erfolgt eine Radnetzkonzeption mit dem Fokus auf den Alltagsverkehr. Ziel ist eine qualitativ hochwertige und durchgängige Radverkehrsinfrastruktur zu schaffen, damit Alltagsziele sicher, schnell, komfortabel und ohne Umwege mit dem Fahrrad erreicht werden können. Die Planung berücksichtigt die Anschlüsse an die kommunalen Radwegenetze und an die Radwegenetze der angrenzenden Regionen.

 

Zunächst wurde für den Kooperationsraum ein regionales Wunschliniennetz nach fachlichen Standards auf Basis der Richtlinie für integrierte Netze entwickelt. Im nächsten Schritt erfolgte auf Grundlage der vorhandenen Planungen und Konzepte eine Umlegung auf das Straßen- und Wegenetz.

Dabei sollte jede Kommune mit ihrer direkten Nachbarkommune unter Einbezug großer und regional bedeutsamer Stadtteile verbunden werden. Netzergänzungen bzw. -verdichtungen, die nicht dieser Systematik entsprachen (Planungen und Ideen der Gebietskörperschaften; Freizeitrouten) wurden in Abstimmungen mit den Kommunen ergänzt.

 

In einem weiteren Schritt erfolgte die Potenzialermittlung, in die Parameter wie die Anzahl der Pendelnden, der potenzielle Anstieg des Radverkehrsanteils sowie die Anteile des Einkaufs- und Freizeitverkehrs berücksichtigt wurden. Im Ergebnis wurden den Routen somit Qualitätsstandards zugeordnet.

 

 

Anschließend sind nun Machbarkeitsstudien zu erarbeiten, um den endgültigen Trassenverlauf, die detaillierten Potenziale und den daraufhin umzusetzenden Standard zu ermitteln.

 

Nicht nur die Radwege, sondern auch die begleitende Infrastruktur und der Betrieb sind bedeutsam für die Qualität des Radverkehrsnetzes. Im Fokus stehen dabei Wegweisung, regelmäßige Pflegearbeiten, wie Grünschnitt oder Winterdienst sowie Markierungen und Beleuchtung. Letzteres ist innerorts vorzusehen und außerorts anzustreben. Hierbei sollten auch innovative Beleuchtungsansätze, beispielsweise dynamische, bedarfsgesteuerte Leuchtsysteme verwendet werden können. Alternativ und/oder ergänzend bieten sich reflektierende Längsmarkierungen an.

 

Zum Öffentlichen Personenverkehr:

 

Der regionale ÖPNV im Rhein-Wupper-Raum weist bereits heute eine hohe Angebotsqualität auf. Ein leistungsstarkes Schienennetz aus Regionalverkehren, S-Bahnen und Stadtbahnen verbinden die Städte und Kreise untereinander. Die zahlenmäßig stärksten Pendlerverflechtungen sind so über die Schiene abgedeckt. Schnellbusse ergänzen das Angebot im Zulauf auf Düsseldorf, Leverkusen und Wuppertal.

 

Jedoch bestehen auch Angebotslücken im hochwertigen ÖPNV auf einigen Relationen. Relativ hohe Pendlerverflechtungen ohne ÖPNV-Angebot auf der Schiene finden sich zwischen Remscheid und Wermelskirchen oder zwischen Ratingen und Duisburg. Auch Monheim am Rhein ist nicht direkt an die Schiene angeschlossen, verfügt aber über sehr gute Umsteigeverbindungen zwischen Bus und Bahn auf den relevanten Achsen nach Düsseldorf und Langenfeld. Auf einer der Verbindungen mit den höchsten Pendlerströmen und bisher fehlender Direktverbindung, Remscheid über Solingen nach Düsseldorf, soll ein Angebot zukünftig realisiert werden.

 

Potenziale für die Weiterentwicklung des regionalen ÖPNV sind vielfältig. Einen hohen Wirkungsgrad haben Maßnahmen im Schienenverkehr. Manche werden bereits realisiert, wie der Ausbau der Nord-Südstrecke für den Rhein-Ruhr-Express. Andere befinden sich in Planung, wie die Aktivierung der Ratinger Weststrecke für den Personenverkehr oder die Elektrifizierung der S-Bahnlinie 7 Wuppertal - Remscheid - Solingen durch batterieelektrische Fahrzeuge mit Durchbindung nach Düsseldorf.

 

Neue Schnellbusstrecken als Querverbindungen zwischen Strecken des Schienenpersonennahverkehrs, beispielsweise Düsseldorf – Heiligenhaus – Velbert – Hattingen oder Leverkusen – Burscheid – Wermelskirchen – Hückeswagen – Wipperfürth schaffen schnelle und attraktive Verbindungen. Die Stadtbahnplanungen und -konzeptionen in Düsseldorf und Leverkusen verdichten das Angebot weiter und heben die Attraktivität der kommunalen Systeme mit regionaler Bedeutung.

 

 

 

Viele Projekte haben noch den Status einer Idee und sollten in den nächsten Jahren vertieft untersucht werden. Hierzu gehören Potenzial- und Grundlagenstudien für die Optimierung der Anbindung schienenferner Räume (Potenzialachsen) oder Schließung von Netzlücken durch Verlängerung bestehender Linien. Für einige Projekte gilt es auch die Realisierung durch Trassensicherung perspektivisch zu ermöglichen. Großes Potenzial bietet hier beispielsweise die Langenfelder Ostbahn von Hilden über Langenfeld nach Leverkusen-Opladen, die für eine Aktivierung im Personenverkehr ausgebaut werden könnte – hierfür stehen aktuell noch keine Flächen zur Verfügung.

 

Zusammen mit Maßnahmen der Digitalisierung, bei Tarifen, stärkerem Fokus auf regionale Verbindungen und dem Ausbau von bedarfsgesteuerten Verkehren, entsteht ein ÖPNV-Zielnetz für den Rhein-Wupper- Raum, das mit Fahrzeiten von Pkws konkurrenzfähigen Verbindungen, eine hohe Erreichbarkeit und einen dichten Takt geprägt ist.

 

Von hoher Bedeutung für die Realisierung sind nun ein frühzeitiges und konsequentes Angehen von Projekten, vertiefende Untersuchungen und Trassensicherungen sowie das Einwerben von Fördermitteln zur Finanzierung.

 

Vernetzung

 

Vernetzte Mobilität ist ein wesentlicher Baustein zur Förderung des Umweltverbundes. Die Aufgabenträger NVR und VRR haben in den letzten Jahren Gutachten erarbeiten lassen, welche die Untersuchung von potenziellen Standorten von Mobilstationen zum Inhalt hatten. Mobilstationen sind Orte, an denen Mobilität an einem Ort gebündelt angeboten wird. So entstehen multimodale Angebote, die dazu anregen sollen, Verkehrsmittel bedarfs- und wegebezogen zu wählen. Der hochwertige ÖPNV auf langen Distanzen und dessen Haltestellen bilden das Rückgrat. Neben dem ÖPNV stehen an Mobilstationen beispielsweise Park oder Bike and Ride-Flächen, Fahrradverleih-Angebote oder Carsharing zur Verfügung, um auch „die letzte Meile“ überbrücken zu können. Weiterer Service, wie Gastronomie und Einzelhandel, (Gepäck-) Schließfächer, Packstationen oder E-Ladesäulen attraktiveren das Angebot deutlich.

 

Die Idee der Mobilstation kann in einem zweiten Schritt auch auf wichtige Radverkehrsachsen (Haltestellen des Radverkehrs) und Quartiere übertragen werden. Mit dem Zukunftsnetz Mobilität NRW und den beiden Aufgabenträgern stehen Akteure zur Seite, die für den Aufbau eines landesweiten Netzes an Mobilstationen im einheitlichen Design mobil.nrw koordinierend und beratend zur Verfügung stehen. Für die einzelnen Ausstattungselemente werden vielfältige Fördermöglichkeiten geboten.

 

Das vorgeschlagene Netz aus Mobilstationen schafft in seiner Gesamtheit ein großes Angebot, dass zur Nutzung nachhaltiger Mobilitätsformen anregt und als wichtiger Baustein vorangetrieben werden sollte.

 

Fazit und Ausblick

 

Mit dem IRM liegen jetzt fachlich abgestimmte Netze für das Schienen- und Schnellbussystem im Kooperationsraum und die regionalen Hauptradwegeverbindungen vor. Das IRM beschreibt die für die Ertüchtigung bzw. den Ausbau erforderlichen Maßnahmen und setzt damit den Handlungsrahmen für die nächsten Schritte zur Umsetzung. Diese liegen nur in seltenen Fällen in den Händen einer einzelnen Stadt, sondern erfordern auch weiterhin eine intensive interkommunale Zusammenarbeit bei Planung, Finanzierung und Realisierung. Dabei unterstützt das IRM die Argumentation gegenüber Fördermittelgebern und übergeordneten Verkehrsträgern und damit letztlich auch die kommunalen Entscheidungen.

 

Nicht erst mit dem StadtUmland.NRW-Wettbewerb wurde offenbart, dass das Thema (Alltags-)Mobilität ein regionales Thema ist, das nur gemeinsam bewältigt werden kann. Eine Verstetigung der regionalen Zusammenarbeit muss daher weiterhin das Ziel bleiben. Das IRM ist dafür der Anfang.

 

Denn die Arbeit geht noch weiter: bis Ende 2022 ist das Regionale Mobilitätsmanagement für den Kooperationsraum bei der Bergischen Gesellschaft gesichert und unterstützt die Kooperationspartner dabei, erste Maßnahmen bereits kurzfristig auf die Straße bzw. Schiene zu bringen.

 

Aus der als Anlage beigefügten Kurzfassung des „Integrierten Regionalen Mobilitätskonzeptes“ gehen alle Informationen über die Vorgehensweise bei der Erstellung des Konzeptes und über die inhaltlichen Details des Konzeptes hervor.

 

 

gez.

Dr. Claus Pommer

Bürgermeister