Beschlussvorschlag:
Der
Jugendhilfeausschuss nimmt den Sachstandsbericht zu den Angeboten in den Frühen
Hilfen in Hilden zur Kenntnis
Erläuterungen und Begründungen:
Mit der SV WP 14-20 SV 51/110 wurde am 01.12.2016 dem Jugendhilfeausschuss (JHA) das Konzept der Frühen Hilfen für Hilden vorgestellt. In 2018 erfolgte dann mit der SV WP 14-20 SV 51/192 der Bericht über das im Jahr 2017 eingeführte Angebot der niederschwelligen Hilfe durch die Familienhebamme. Am 23.06.2021 wurde mit der SV WP 20-25 SV 51/036 der Bericht über den Einsatz der FamHeb/FGKiKP aktualisiert.
Im folgenden Sachstandsbericht wird dem Jugendhilfeausschuss eine Gesamtdarstellung der Frühen Hilfen in Hilden vorgelegt.
Die Frühen Hilfen in Hilden orientieren sich dabei sowohl an den Fördergrundsätzen der Bundesstiftung Frühe Hilfen, als auch am erweiterten Landesgesamtkonzept Frühe Hilfen des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration NRW.
Frühe Hilfen sind seit 2012 im Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) verankert. Seitdem erfährt das Aufgabenfeld bundes- und landesweit quantitativ und qualitativ eine stetige und dynamische Weiterentwicklung und damit auch in den Kommunen. Seit 2018 ist die dauerhafte Förderung durch die Bundestiftung langfristig gesichert.
Frühe Hilfen sind frühzeitige und niedrigschwellige Angebote für werdende Eltern und Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern bis zu einem Alter von drei Jahren. In den Frühen Hilfen finden sich Angebote mit Komm-Struktur als auch aufsuchende Angebote. Sie sind durch die enge Kooperation der Gesundheits- und Jugendhilfe miteinander vernetzt und koordiniert.
Die Angebote der Frühen Hilfen richten sich grundsätzlich an alle (werdenden) Eltern, insbesondere sollen hier aber (werdende) Familien in besonders belastenden Lebenssituationen und Risikolagen angesprochen werden, wie etwa:
· Ein-Eltern-Teil Familien ohne unterstützendes Netzwerk
· Neu zugewanderte Eltern ohne Netzwerk und fehlendem Wissen über Infrastruktur
· Sehr junge und/oder minderjährige Eltern
· Eltern mit eigenen belastenden Kindheitserfahrungen
· Eltern mit Belastungen durch Armutslage
· Eltern mit Belastung durch Sucht und/oder psychischer Erkrankung
· Mehrlingsschwangerschaften/-geburten
· Kinder mit Beeinträchtigungen und drohender Behinderung (z.B. Frühgeborene)
· Kinder mit Heil- und Hilfsmittelversorgung (Monitor, Sauerstoff, Medikamente usw.)
In den letzten ca. 20 Monaten waren die Angebote mit Komm-Struktur über lange Strecken nicht umsetzbar. Auch einige aufsuchende Angebote, z.B. Babybesuche, fanden nicht bzw. sehr eingeschränkt und unter strengen Vorschriften statt. Somit war die Niederschwelligkeit ausgesetzt. Die Gesundheitsfachkräfte haben die Arbeit indes durchgehend fortgesetzt.
Im Folgenden werden die Abkürzungen für die Gesundheitsfachkräfte wie folgt benutzt: Familienhebamme (FamHeb) und Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger (FGKiKP).
Die Bundesstiftung fördert die Kommunen anhand eines Schlüssels, berechnet nach Anzahl der Kinder zwischen 0-3 Jahren im SGB II-Bezug. Für Hilden stehen aus diesem Topf aktuell 22.446 € zur Verfügung, die nach den Fördergrundsätzen der Bundestiftung eingesetzt werden müssen bzw. dürfen. In Hilden gibt es 231 Kinder zwischen 0-3 im SGB II Bezug (Stand 2018).
Mit dem Aktionsprogramm
"Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche" des
Bundesministeriums für Familien, Frauen, Senioren und Jugend hat die Stadt
Hilden für 2021 eine weitere Zuwendung von 6.600 € erhalten. In 2022 wird eine
erneute Zuwendung von zusätzlichen 16.050 € aus dem Aktionsprogramm erwartet.
Mitte September 2021
legen BMFSFJ und BMG den Bericht „Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und
Jugendliche durch Corona“ vor. Es wird empfohlen, die Frühen Hilfen weiter
auszubauen und eine (befristete) Ausweitung auf die Zielgruppe der 0 bis nun 6-jährigen
zu prüfen. Zum anderen soll stärker auf bestehende Angebote in den Frühen
Hilfen aufmerksam gemacht werden. Eine konkrete Handlungsempfehlung auf
Landesebene bleibt noch abzuwarten.
Im Folgenden soll die Angebotslandschaft mit ihren Kosten in Hilden dargestellt werden.
Offene, kostenfreie Angebote mit Komm-Struktur:
- Junge-Mama- Gruppe (JuMa-Gruppen)
Im Familienbüro „Stellwerk“ gibt es wöchentlich folgende Gruppenangebote:
- Erster Halt – Offener Treff für Mütter/ Väter mit Babys von 0 - 6 Monaten und schwangere Mütter (1 Termin pro Woche)
- Offener Treff für junge Mamas
+ Papas mit Babys von 1 - 18 Monaten / schwangere Mütter (2 Gruppen pro
Woche)
Hinzu kommen Quartalsangebote für Alleinerziehende und Eltern von Mehrlingsgeburten; Inhalt: Spielanleitung mit dem Kind, Austausch mit anderen Müttern/Vätern, Beratung und Begleitung in allen Fragen rund um das Kind, Vernetzung
Finanzierung: eigenes Personal
- Elterncafé auf dem Abenteuerspielplatz mit Frühstück
Der „Elterntreff“ wird geleitet von einer päd. Fachkraft/ 1x wöchentlich
Es wird zusammen gefrühstückt, die Kinder bekommen Spielanregungen, die Mütter/Väter lernen sich kennen und es entsteht ein unterstützendes Netzwerk. Die Gruppe richtet sich vor allem an Eltern für die, die Schwelle zu regulären Babykursen zu hoch sind. Die inhaltlichen Schwerpunkte sind: Familienberatung, Spieltherapie, Trauerarbeit, Vernetzung untereinander und Anbindung an den Abenteuerspielplatz
Finanzierung: Personalkosten: 2.100 €
Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen: 1.200 €
- DRK-Müttercafé
Das DRK-Familienbildungswerk ist eine anerkannte Einrichtung der Weiterbildung (WbG NRW) und erfüllt ihren Auftrag gemäß Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Das „Müttercafé“ ist ein wöchentlicher, offener und niederschwelliger, transkultureller Treffpunkt und wird geleitet von einer Elternbegleiterin. Inhaltlich ist das „Müttercafé“ ausgerichtet auf alle Themen des Familienlebens und der Elternkompetenz. Es ermöglicht die Teilhabe der Mütter am sozialen Leben durch Einbindung in den Sozialraum und dem Erwerb und Vertiefung der deutschen Sprache.
Finanzierung: Städt. Zuschuss: 1.500 €
- Babysprechstunde der
Psychologischen Beratungsstelle Hilden
für Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern (0−3 Jahre), zu allen
Fragen bzgl. Allgemeine Entwicklung, Füttern, Schreien und Schlafen.
Finanzierung: eigenes Personal
- Schlafsacksprechstunde
Die Schlafsackstunde wird vom Hildener Kinderschutzbund angeboten und von
einer
Familienkinderkrankenpflegerin durchgeführt. In den regelmäßig
stattfindenden Terminen werden Eltern zum gesunden und sicheren Babyschlaf
beraten und es gibt einen Schlafsack als Geschenk dazu. Eingeladen wird über
einen Gutschein, der im Babybegrüßungsbeutel (s.o.) enthalten
ist.
Finanzierung: Kooperationspartner, keine Kosten
- Allgemeine Beratung im Familienbüro „Stellwerk“
und im Allgemeinen Sozialen Dienst
Finanzierung: eigenes Personal
Aufsuchende
Angebote
- Babybegrüßungsbesuche mit Babybegrüßungsbeutel
(Informationsmaterial und Babygeschenk) 0,25 VZÄ
Kinderschutzbund bestückt Babybeutel mit eigenen Mittel zusätzlich mit Gutschein für die Schlafsacksprechstunde (s.o.) und ein Zahnpflegeset.
Finanzierung: Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen: 3.000 €
Ziel der Babybegrüßungsbesuche ist es die Eltern für die Belange des Neugeborenen zu sensibilisieren und ihnen die Unterstützungsmöglichkeiten bei der Erziehung, Förderung und Betreuung ihres Kindes in Hilden zu nennen. Sie erhalten alle notwendigen Informationsmaterialien.
Aufgrund der Pandemielage konnten im ersten Halbjahr 2021 keine Babybegrüßungsbesuche gemacht werden. Den Familien wurde das Hildener Babybegrüßungspaket mit der Post zu geschickt. Für Fragen und Beratungen standen die Mitarbeiter:innen dann selbstverständlich telefonisch zur Verfügung, was in Einzelfällen auch angenommen wurde.
Seit Juli 2021 finden nun wieder Besuche statt, bei denen die Babybegrüßungspakete überreicht werden.
Die Besuche werden sehr gut angenommen und die Mitarbeiter:innen erhalten insgesamt eine positive Rückmeldung.
Im Rahmen der Frühen Hilfen erreichen wir hierdurch fast alle Neugeborenen in Hilden und überreichen den Familien einen ersten Überblick über die Angebote der Stadt.
- KinderZukunft NRW - in Kooperation mit der Geburtsklinik des St. Josefs-KH
Eine FamHeb/FGKiKP (4 Std./Woche) spricht Mütter mit ihren Neugeborenen in der Geburtsklinik an, „screent“ eventuellen Unterstützungsbedarf und vermittelt auf Wunsch der Eltern zu Netzwerkpartner:innen und Angeboten.
Förderbereich II.2 Angebote und Dienste an den Schnittstellen der unterschiedlichen Sozialleistungssysteme (Schnittstellenangebote)
Finanzierung: 1.153 € refinanziert über die Bundesstiftung
eigene Mittel: 5.987 €
- Familienhebammen (FamHeb) und Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegende (FGKiKP)
Längerfristige psychosoziale Unterstützung von Familien in den Frühen Hilfen durch
Fachkräfte, niederschwelliges, aufsuchendes Angebot im Rahmen der Frühen Hilfen
Förderbereich II.1.1 Gesundheitsorientierte Familienbegleitung in den Frühen Hilfen durch FamHeb/FGKiKP
Finanzierung: 8.513 € refinanziert über Bundesstiftung Frühe Hilfen
eigene Mitteln, Leistungen der Jugendhilfe: 16.487 €
Gesamt: 25.000 €
Öffentlichkeitsarbeit
HILDA 2x jährlich Broschüre mit Angeboten in der Stadt für
(werdende) Eltern und Familien mit Kindern von 0-6 Jahren
Elternbegleitheft (im Babybegrüßungsbeutel) Broschüre mit vielen Infos für frischgebackene Eltern mit regionalen und überregionalen Angeboten und Informationen
Schwangerschaftsbegleitheft Informationsbroschüre für werdende Eltern bzw. Schwangere Frauen mir regionalen und überregionalen Angeboten und Informationen
Sonstige ordentliche Aufwendungen: 1.500 €
Netzwerkkoordination
- 0,25 VZÄ Netzwerkkoordination Frühe Hilfen
Förderbereich I: Sicherstellung Netzwerk Frühe Hilfen
12.780 € Personalkosten über Bundesstiftung Frühe Hilfen refinanziert
- Netzwerktreffen KinderZukunft Hilden
6x jährlich mit folgenden Netzwerkpartner:innen:
Familienhebammen und Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen
Dr. Elek Oberarzt (Gynäkologe Geburtsklinik)
Dr. Winkler (niedergelassener Gynäkologe)
Frau Rotenberger (Kinder- und Jugendmedizinerin des Kreisgesundheitsamtes),
Dr. Kratzsch (Sozialpädiater i.R./Stiftungsgründer KinderZukunftNRW),
Schwangerenberatungsstellen Donum Vitae e.V. und Esperanza,
Team Frühe gesundheitliche Hilfen (Kreisgesundheitsamt)
Sozialpsychiatrischer Dienst (Kreisgesundheitsamt)
Kinderschutzbund Hilden e.V.
Familienbüro Stellwerk
Allgemeiner Sozialer Dienst/Kinderschutzfachkraft
Frühförderung Lebenshilfe e.V.
Psychologischen Beratungsstelle
- Arbeitskreis Intervision FamHeb/FGKiKP
Fall- und Fachberatung mit FGKiKP, Psychologische Beratungsstelle, Allgemeine Soziale Dienst/Kinderschutzfachkraft und Netzwerkkoordinatorin
Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen: 1.000 € ausschl. für Teilnahme FamHeb und FGKiKP
Perspektive:
Gemäß dem Leitbild des Amtes für Jugend, Schule und Sport, „Kein Kind darf verloren gehen“, gilt dies auch insbesondere im präventiven Spektrum der Frühen Hilfen umzusetzen.
Die Aufwendungen für die Frühen Hilfen sind von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Diese sind zum Teil unmittelbar steuerbar, zum Teil aber auch struktureller Natur und somit nicht oder nur langfristig steuerbar.
Um eine Aussage darüber treffen zu können, wie die niederschwelligen sowie aufsuchenden Angebote möglichst zielgerichtet ausgestaltet werden können, um die (werdenden) Eltern, die sich in besonderen oder prekären Lebenslagen befinden, müssen verlässliche Basisinformationen erhoben werden, z.B. wie viele (werdende) Eltern in Hilden entbinden und in welchen konkreten besonderen Lebenslagen sie sich dann befinden.
Zudem muss evaluiert werden, ob und in welchem Umfang die bestehenden Maßnahmen und Angebote die (werdenden) Eltern auch tatsächlich erreichen. Dies bildet eine möglichst transparente Grundlage für weitere Zieldiskussionen, um die Angebotsstruktur in Hilden mittel- bis langfristig so passgenau wie möglich ausrichten zu können.
Es werden dafür in den dargestellten unterschiedlichen Arbeitsbereichen innerhalb der Frühen Hilfen Kennzahlen gebildet, um ab 2022 u.a. Aussagen darüber erhalten zu können, wieviel Prozent der (werdenden) Eltern im Berichtszeitraum, die in der Hildener Klinik entbunden haben und von der dortigen Lotsin in niederschwellige und bedarfsgerechte Unterstützungen vermittelt worden sind. Daraus lässt sich u.a. ableiten, wie hoch der prozentual der Anteil der Alleinerziehenden ist und von Armut bedroht oder betroffen sind, d.h. ob sie weniger als 60 % des Medians des Äquivalenzeinkommens der Bevölkerung in Privathaushalten verfügt haben. Eine weitere Kennzahl soll im Anschluss eine Aussage darüber treffen, wieviel Prozent wiederrum dieser Zielgruppe ein und welches Angebot innerhalb der Frühen Hilfen in Anspruch genommen hat, und ob es im Anschluss dieser niederschwelligen oder aufsuchenden Hilfen Transferleistungen in den Bereichen der Gesundheits- oder Jugendhilfe gab.
Der Ausschuss wird über die Entwicklung informiert.
gez.
Dr. Claus Pommer
Bürgermeister