Beschlussvorschlag:
Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Sachstandsbericht Hilfen zur Erziehung zur Kenntnis
Erläuterungen und Begründungen:
Mit dem vorliegenden
Sachstandsbericht gibt die Verwaltung dem Jugendhilfeausschuss einen Einblick über
die aktuelle Situation innerhalb der Sozialen Dienste.
Alle Fachdienste
vereint der gesetzliche Auftrag des Jugendamts, das Wohl von Kindern und
Jugendlichen zu schützen. Die Fachkräfte der Sozialen Dienste gehen allen
Hinweisen nach, wenn ein Kind in Gefahr sein könnte. Sie suchen den Kontakt zu
der betroffenen Familie, um gemeinsam mit ihr Lösungsmöglichkeiten zu
entwickeln. Dabei arbeiten die Pädagoginnen und Pädagogen eng mit anderen
Institutionen zusammen, zum Beispiel mit Kindertagesstätten, Schulen, Ärzten
und der Polizei.
Im Mittelpunkt steht
dabei immer die Frage: Was muss sich ändern, damit das Wohl des Kindes oder des
Jugendlichen wieder geschützt ist? Im äußersten Fall muss das Jugendamt Kinder
in Obhut nehmen und zunächst fremd unterbringen, um ihr Wohlergehen
sicherzustellen.
Die Kinder kehren in
die Familie zurück, wenn die Eltern in solch einer schwierigen und belastenden
Situation bereit sind, Hilfe anzunehmen und aktiv daran mitzuwirken, dass das
Kindeswohl wieder geschützt ist.
Nehmen die Eltern
keine Hilfe an oder ist trotz Einsicht der Eltern und eines umfassenden
Unterstützungsnetzwerks das Wohl der Kinder im Haushalt der Eltern auf Dauer
gefährdet, stellen die Sozialen Dienste beim Familiengericht einen Antrag auf §
1666 BGB - Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls. In diesem
Fall entscheidet das Familiengericht final über das Sorgerecht und damit einher
über den Lebensort der Kinder.
Kindeswohlgefährdungsmeldungen:
Im letzten
Jugendhilfeausschuss stellte das Fachamt die Zahlen der Kindeswohlgefährdungsmeldungen
für die Jahre 2019 und 2020 gegenüber und informierte, ausgehend davon, über
die wahrzunehmenden Folgen der Pandemie im Kontext des Kinderschutzes.
Im Vergleich zu 2019
gab es im Jahr 2020 in Hilden mit 128 Meldung einer möglichen
Kindeswohlgefährdung (KIWO) 23% mehr Meldungen. In der detaillierten
Betrachtung fällt auf, dass sich die deutlichste Zunahme der KIWO im Vergleich
zum Vorjahr im 3. Quartal ereignete (vergl. 2019 27 Meldungen, 2020 41 Meldungen).
Der Anstieg lässt
sich mit der Zunahme der Belastungen in den Familien nach dem ersten Lockdown
ab Juni 2020 erklären. Im letzten Bericht galt es noch abzuwarten, wie sich die
Meldungen im bzw. nach dem zweiten Lockdown entwickeln. Für das Jahr 2021 weist
das Jugendamt bis zum Stichtag 23.09.2021 104 KIWO - Meldungen auf. Das sind
exakt so viele Meldungen wie im gesamten Jahr 2019. Neben der Polizei
(Meldungen von häuslicher Gewalt) erfahren die Sozialen Dienste inzwischen
wieder verstärkt von Schulen über eine mögliche KIWO.
„Systemsprenger“
Bereits im letzten
Jugendhilfeausschuss informierte die Verwaltung innerhalb des
Controllingberichtes (WP 20-25 SV 51/067) über die deutliche Zunahme an
kostenintensiven und komplexen Fällen, die von den Kollegen und Kolleginnen der
Sozialen Dienste betreut werden. Für diese Kinder und Jugendlichen wird oft der
Begriff „Systemsprenger“ verwendet.
Als „Systemsprenger“
oder auch „Grenzgänger“ werden dabei Kinder und Jugendliche bezeichnet, für die
es auf Grund ihres auffälligen Verhaltens nur wenig bis gar keine adäquaten
Unterstützungs- oder Betreuungsmöglichkeiten im Rahmen der Jugendhilfe gibt.
Um diesen, teils
noch sehr jungen Kindern oder Jugendlichen dennoch ein „zuhause“ bieten zu
können, müssen flankierend zu der stationären Maßnahme (Vollzeitpflege nach § 33
oder stationäre Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung nach § 34 SGB
VIII) intensive pädagogische und therapeutische Zusatzmaßnahmen installiert
werden, ohne diese der Verbleib des Kindes/Jugendlichen in der Maßnahme nicht
möglich wäre.
Die Sozialen Dienste
betreuen derzeit 7 Maßnahmen, die einen monatlichen Aufwand von über 8.500 €
(> 100.000 € pro Jahr/pro Fall) aufweisen. Drei dieser Fälle liegen zudem
oberhalb der 10.000 € monatlich. Darüber hinaus zeichnen sich zum gegenwärtigen
Zeitpunkt zusätzlich in einem Fall Maßnahmen ab, die monatliche Kosten von ca.
30.000 € verursachen und nicht in der aktuellen Haushaltsplanung enthalten
sind. Diese Maßnahmen sind alternativlos.
gez.
Dr. Claus Pommer
Bürgermeister