Betreff
Sachstandsbericht Hilfen zur Erziehung
Vorlage
WP 20-25 SV 51/091
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Sachstandsbericht Hilfen zur Erziehung zur Kenntnis


Erläuterungen und Begründungen:

 

Mit dem vorliegenden Sachstandsbericht gibt die Verwaltung dem Jugendhilfeausschuss einen Einblick über die aktuelle Situation innerhalb der Sozialen Dienste.

 

Alle Fachdienste vereint der gesetzliche Auftrag des Jugendamts, das Wohl von Kindern und Jugendlichen zu schützen. Die Fachkräfte der Sozialen Dienste gehen allen Hinweisen nach, wenn ein Kind in Gefahr sein könnte. Sie suchen den Kontakt zu der betroffenen Familie, um gemeinsam mit ihr Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Dabei arbeiten die Pädagoginnen und Pädagogen eng mit anderen Institutionen zusammen, zum Beispiel mit Kindertagesstätten, Schulen, Ärzten und der Polizei.

Im Mittelpunkt steht dabei immer die Frage: Was muss sich ändern, damit das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen wieder geschützt ist? Im äußersten Fall muss das Jugendamt Kinder in Obhut nehmen und zunächst fremd unterbringen, um ihr Wohlergehen sicherzustellen.

 

Die Kinder kehren in die Familie zurück, wenn die Eltern in solch einer schwierigen und belastenden Situation bereit sind, Hilfe anzunehmen und aktiv daran mitzuwirken, dass das Kindeswohl wieder geschützt ist.

 

Nehmen die Eltern keine Hilfe an oder ist trotz Einsicht der Eltern und eines umfassenden Unterstützungsnetzwerks das Wohl der Kinder im Haushalt der Eltern auf Dauer gefährdet, stellen die Sozialen Dienste beim Familiengericht einen Antrag auf § 1666 BGB - Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls. In diesem Fall entscheidet das Familiengericht final über das Sorgerecht und damit einher über den Lebensort der Kinder.

 

Kindeswohlgefährdungsmeldungen:

Im letzten Jugendhilfeausschuss stellte das Fachamt die Zahlen der Kindeswohlgefährdungsmeldungen für die Jahre 2019 und 2020 gegenüber und informierte, ausgehend davon, über die wahrzunehmenden Folgen der Pandemie im Kontext des Kinderschutzes.

Im Vergleich zu 2019 gab es im Jahr 2020 in Hilden mit 128 Meldung einer möglichen Kindeswohlgefährdung (KIWO) 23% mehr Meldungen. In der detaillierten Betrachtung fällt auf, dass sich die deutlichste Zunahme der KIWO im Vergleich zum Vorjahr im 3. Quartal ereignete (vergl. 2019 27 Meldungen, 2020 41 Meldungen).

Der Anstieg lässt sich mit der Zunahme der Belastungen in den Familien nach dem ersten Lockdown ab Juni 2020 erklären. Im letzten Bericht galt es noch abzuwarten, wie sich die Meldungen im bzw. nach dem zweiten Lockdown entwickeln. Für das Jahr 2021 weist das Jugendamt bis zum Stichtag 23.09.2021 104 KIWO - Meldungen auf. Das sind exakt so viele Meldungen wie im gesamten Jahr 2019. Neben der Polizei (Meldungen von häuslicher Gewalt) erfahren die Sozialen Dienste inzwischen wieder verstärkt von Schulen über eine mögliche KIWO.

 

 

„Systemsprenger“

Bereits im letzten Jugendhilfeausschuss informierte die Verwaltung innerhalb des Controllingberichtes (WP 20-25 SV 51/067) über die deutliche Zunahme an kostenintensiven und komplexen Fällen, die von den Kollegen und Kolleginnen der Sozialen Dienste betreut werden. Für diese Kinder und Jugendlichen wird oft der Begriff „Systemsprenger“ verwendet.

Als „Systemsprenger“ oder auch „Grenzgänger“ werden dabei Kinder und Jugendliche bezeichnet, für die es auf Grund ihres auffälligen Verhaltens nur wenig bis gar keine adäquaten Unterstützungs- oder Betreuungsmöglichkeiten im Rahmen der Jugendhilfe gibt.

Um diesen, teils noch sehr jungen Kindern oder Jugendlichen dennoch ein „zuhause“ bieten zu können, müssen flankierend zu der stationären Maßnahme (Vollzeitpflege nach § 33 oder stationäre Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung nach § 34 SGB VIII) intensive pädagogische und therapeutische Zusatzmaßnahmen installiert werden, ohne diese der Verbleib des Kindes/Jugendlichen in der Maßnahme nicht möglich wäre.

Die Sozialen Dienste betreuen derzeit 7 Maßnahmen, die einen monatlichen Aufwand von über 8.500 € (> 100.000 € pro Jahr/pro Fall) aufweisen. Drei dieser Fälle liegen zudem oberhalb der 10.000 € monatlich. Darüber hinaus zeichnen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt zusätzlich in einem Fall Maßnahmen ab, die monatliche Kosten von ca. 30.000 € verursachen und nicht in der aktuellen Haushaltsplanung enthalten sind. Diese Maßnahmen sind alternativlos.

 

 

gez.

Dr. Claus Pommer

Bürgermeister