Resolution des Rates der Stadt Hilden
Beschlussvorschlag:
Der Rat der Stadt
Hilden beschließt nach Vorberatung im Stadtentwicklungsausschuss folgende
Resolution:
Der Rat der Stadt
Hilden fordert den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr AöR auf, das derzeitige
Tarifsystem so zu reformieren, dass ÖPNV-Kund*innen aus kreisangehörigen
Kommunen bei Fahrten in eine benachbarte Großstadt (und umgekehrt) gegenüber
den Kund*innen bei Fahrten innerhalb einer Großstadt nicht benachteiligt
werden.
Der Rat bittet
den Kreis Mettmann, seine Vertreterinnen und Vertreter in den VRR-Gremien zu
verpflichten, in diesem Sinn tätig zu werden.
Erläuterungen und Begründungen:
Grundlage der Preisberechnung im Verbundraum sind
Tarifgebiete, Waben und Kurzstrecken. Ein Tarifgebiet umfasst i.d.R. eine Stadt
oder mehrere kleinere Städte/Gemeinden und setzt sich aus einer oder mehreren
„Waben“ zusammen.
Ein einfacher einheitlicher Tarif für alle
zugehörigen Kommunen gehörte zu den Grundgedanken bei der Gründung des VRR 1980
und stellt noch heute den Kern des Verkehrsverbundes dar.
Zugunsten der Nutzer des Nahverkehrs/ÖPNV sollten
kommunale und regionale Grenzen tariflich aufgelöst werden.
Die Sicherstellung eines „integrierten ÖPNV (Tarif,
Angebot, Qualität)“ ist oberste Prämisse des Verkehrsverbundes und ist so auch
im ÖPNV-Gesetz des Landes NRW vorgegeben.
Da aber die Tarifgebiete in Großstädten räumlich
wesentlich größer sind als bei Städten im Kreisgebiet, werden ÖPNV-Nutzer aus den
kreisangehörigen Kommunen hinsichtlich der möglichen Fahrtlänge im Hinblick auf
das zu entrichtende Entgelt benachteiligt.
Bei der Entwicklung der Tarife muss jeweils
zwischen der Einfachheit des Tarifes und der „Gerechtigkeit“ des Tarifes
abgewogen werden. Einfache Tarife sind oft auch „ungerecht“, „gerechtere“
Tarife dagegen sehr häufig kompliziert und/oder unübersichtlich.
Gleichzeitig gilt es, den Anforderungen der
bedienenden Verkehrsunternehmen und den finanziellen Rahmenbedingungen der
Kommunen gerecht zu werden.
Jede Verbindung innerhalb des VRR-Raumes ist einer
Preisstufe zugeordnet. Neben der Kurzstrecke gibt es die Preisstufen A, B, C
und D. Die Preisstufen bilden also in erster Linie eine Entfernungsgröße ab.
Die Preisstufe D gilt dabei für den gesamten Verbundraum. -
Die Stadt Hilden liegt im Tarifgebiet 64
Erkrath/Haan/Hilden; dieses Tarifgebiet besteht aus den „Waben“ 640, 642 und
644 (Hilden).
Für Fahrten innerhalb des Tarifgebietes 64 gilt die
Preisstufe A.
Daraus ergibt sich in der Tarif-Logik, dass für
eine Fahrt in die Nachbarstädte (außerhalb des Tarifgebietes 64) grundsätzlich
die Preisstufe B gilt; etwa für Fahrten von Hilden nach Düsseldorf, Solingen,
Wuppertal, Langenfeld oder in die Kreisstadt Mettmann. Aufgrund der auf
den kommunalen Gebietsgrenzen basierenden Flächenabgrenzungen
von Tarifgebieten und Waben kommt es dann u.U. zu Preissprüngen.
Beispielsweise gilt innerhalb der Stadt Düsseldorf
in der Regel die Preisstufe A 3 (2,90€ je Einzelfahrschein). D.h., für die
Fahrt von Düsseldorf-Benrath nach Düsseldorf-Zentrum muss ein Ticket der Preisstufe
A 3 gelöst werden, für die nur unwesentlich längere Strecke von Hilden-Bahnhof
nach Düsseldorf-Zentrum jedoch ein Ticket der Preisstufe B (6,00€ je
Einzelfahrschein).
Dies wird
geringfügig dadurch gemildert, dass es noch
die sog. „Zwei Waben-Beziehung“ gibt. Dabei gilt die Preisstufe A (A 2 oder A
3), wenn die beiden „Waben“ unmittelbar benachbart sind, auch wenn die „Waben“
in unterschiedlichen Tarifgebieten liegen. Das gilt beispielsweise für die
Fahrtstrecke von Hilden nach Düsseldorf-Benrath.
Regelmäßige
Nutzer oder Berufspendler haben im VRR eine Auswahl verschiedener
Abonnement-Tickets, bei denen sich die Unterschiede der Einzelfahrt-Preise zwar
stark relativieren. Aber insbesondere bei den entfernungsbezogenen Tickets für
Berufspendler (Ticket 1000 oder 2000) liegen die kritisierten Preissprünge
ebenfalls vor - wenn auch nicht in dem Maße wie bei Einzeltickets für
Gelegenheitsnutzer.
Um die ÖPNV-Nutzung gegenüber dem Motorisierten
Individualverkehr (MIV) zu stärken, ist das Tarifsystem von besonderer
Bedeutung. Nutzer außerhalb einer Großstadt sollten Nutzern innerhalb einer
Großstadt gegenüber gleichartig behandelt werden. Das gilt für Tarife wie für
die Angebote des ÖPNV.
Das Tarif-System des VRR unterliegt ständiger
Beobachtung und entwickelt sich auch ständig weiter.
So wurde in 2015 die Tarifstufe A 3 für die fünf
Großstädte Bochum, Dortmund, Düsseldorf, Essen und Wuppertal eingeführt.
Im Jahr 2016 wurde wiederum die Tarifstufe E (bis
dahin die Stufe für den Verbund-Gesamtraum) abgeschafft.
Auch der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr sucht nach
Wegen, die vorhandenen „Ungerechtigkeiten“ im Tarifsystem aufzulösen.
Derzeit in der Erprobungsphase befinden sich
elektronische Ticketing-Systeme.
Eines davon läuft unter der Bezeichnung „nextTicket
2.0“. Es soll die Vorstufe zu einem NRW-einheitlichen Tarif für den ÖPNV
darstellen, zunächst nur für Gelegenheitsnutzer. Innerhalb dieses Systems
werden die Fahrtkosten nach der Luftlinien-Entfernung abgerechnet; mit einem
Grundpreis von 1,40€ und einem Preis von 0,26€ je Luftlinienkilometer. Die
Testphase läuft noch mindestens bis Juni 2021.
Eine Ausweitung und Individualisierung dieses
elektronischen Tarifs ist das „MyZone-Ticket“, für das derzeit eine Erprobung
vorbereitet wird. In diesem Ticket können Nahverkehrskunden eine persönlich
zugeschnittene „ÖPNV-Flatrate“ erwerben (MyZone), z.B. zwischen ihrer
Wohnadresse und einer Zieladresse (einer typischen Pendelrelation). Hierbei
spielen die bekannten Tarifstufen dann nur eine untergeordnete Rolle. Kunden würden sich ihre „Tarif-Grenzen“ quasi
selbst festlegen. Sollte zu diesem Modell tatsächlich ein konkreter Modellversuch
durchgeführt werden, müsste noch eine tarifrechtliche Ausgestaltung erfolgen
und auch die VRR-Gremien zustimmen. Hier könnte der Kreis Mettmann mit seinen
Stimmen in den VRR-Gremien einen Beitrag leisten.
Mit Hilfe dieser neuen Tarifinstrumente sollen
Preissprünge auf Grund von Flächenzonengrenzen sowohl für Gelegenheitsnutzer
als auch für Berufspendler reduziert oder ganz ausgeräumt werden.
Allerdings - darüber muss man sich als Kommune im
Klaren sein - führen diese Modelle bei jetziger Ausgestaltung jeweils zu
Mindereinnahmen, die durch die Kommunen ausgeglichen werden müssten.
Der im Beschlussvorschlag genannte
„Resolutionstext“ soll dazu beitragen, dass die sich in Erprobung befindlichen
elektronischen Ticketing-Systeme oder ggfls. andere Maßnahmen, die die
Preissprünge auflösen, möglichst zügig als Regelelemente in das
VRR-Tarif-System aufgenommen werden.
Gez.
Dr. Claus Pommer
Bürgermeister