Betreff
Bericht über die Entwicklung der Sozialhillfe, Wohngeld und Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz
Vorlage
WP 20-25 SV 50/018
Aktenzeichen
III/50.1 Ni
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Sozialausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 


Erläuterungen und Begründungen:

In der Sitzung des Sozialausschusses vom 12.02.2020 ist die Entwicklungssituation für die Bereiche Sozialhilfe, Wohngeld und Unterhaltsvorschuss im Zeitraum 01.01.2017 bis 31.12.2019 vorgestellt worden. Der heute vorliegende Bericht stellt die weitere Entwicklung für das Jahr 2020 dar. Die Daten für den Bereich des SGB XII basieren auf den Statistikauswertungen des Kreises Mettmann, die Leistungsdaten für den Bereich Wohngeld werden durch IT.NRW zur Verfügung gestellt. Die Daten für den Bereich Unterhaltsvorschuss sind durch das Amt für Soziales, Integration und Wohnen ermittelt worden.

 

Sozialhilfe nach dem SGB XII

 

 

Sozialhilfe ist eine staatliche Leistung, auf die in Not geratene Menschen unter bestimmten Voraussetzungen nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XII) einen Anspruch haben. Die Aufgabe der Sozialhilfe besteht darin, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen.

 

 

Hilfe zum Lebensunterhalt – 3. Kapitel SGB XII –

 

Die Hilfe zum Lebensunterhalt stellt vornehmlich auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse eines Menschen im täglichen Leben ab. Dabei geht es vorrangig um die Sicherstellung des Lebensunterhaltes durch den maßgeblichen Regelsatz sowie die Berücksichtigung der angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten. Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten die Personen, die länger als 6 Monate, aber nicht dauerhaft als erwerbsunfähig gelten. Unterhalb der 6 Monate erhält dieser Personenkreis Leistungen nach dem SGB II durch das Jobcenter.

 

Die Entwicklung der Leistungsberechtigten und gezahlter Leistung (Jahresdurchschnitt) für die Jahre 2018 bis 2020 kann aus der nachfolgenden Übersicht entnommen werden.

 

 

2018

2019

2020

Leistungsberechtigte  (LB)

149

140

121

Summe Zahlleistungen/Jahr

1.294.934 €

1.251.076 €

1.071.297 €

 

In der Hilfe zum Lebensunterhalt ist auch weiter ein Rückgang zu verzeichnen.

Die Verfahrensänderung in der Zusammenarbeit mit dem Jobcenter (Rechtskreisübergang vom SGB II ins SGB XII wegen vorübergehenden Verlustes der Erwerbsfähigkeit) greift. Erst nach vollständiger Klärung des Sachverhaltes kann der Kunde aus dem SGB II in das SGB XII wechseln. Hinzu kommt, dass ein Wechsel der Kunden zwischen dem 3. und 4. Kapitel aufgrund von Alter bzw. Änderung der Erwerbsunfähigkeit stattfindet.

 

 

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – 4. Kapitel SGB XII –

 

Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung des Vierten Kapitel tritt an die Stelle der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel, wenn entweder aus Altersgründen nicht mehr erwartet werden kann, dass die materielle Notlage einer Person durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit überwunden wird, oder dies aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht möglich ist.

 

Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung haben

 

  • Personen, die die Altersgrenze erreicht haben und
  • Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft erwerbsgemindert sind,

 

sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht ausreichend oder überhaupt nicht aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, sicherstellen können.

 

Die Entwicklung der Leistungsberechtigten und gezahlter Leistung (Jahresdurchschnitt) für die Jahre 2018 bis 2020 kann aus der nachfolgenden Übersicht entnommen werden.

 

 

2018

2019

2020

LB unter der Altersgrenze

217

229

324

LB über der Altersgrenze

448

452

428

Summe Zahlleistungen/Jahr

3.934.813 €

3.996.863 €

4.832.832 €

 

Seit dem 01.01.2020 sind die örtlichen Sozialhilfeträger für die existenzsichernden Leistungen (sog. BTHG-Fälle) zuständig. Diese finden sich in der o.g. Tabelle wieder.

 

 

Hilfe zur Pflege a.E. – 7. Kapitel SGB XII –

 

Die Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch ergänzt die im Elften Buch geregelte soziale Pflegeversicherung. Die Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch stellen lediglich eine Grundsicherung dar, die nicht bedarfsdeckend ausgestaltet ist. Sie haben damit nur entlastenden Charakter. Aus den Strukturprinzipien des Sozialhilferechts folgt dagegen eine an den Besonderheiten des Einzelfalles unter Berücksichtigung des Ziels der Sicherung eines menschenwürdigen Lebens orientierte Einbeziehung des gesamten Bedarfs der leistungsberechtigten Person. Die Hilfeleistungen im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bleiben damit trotz des Vorhandenseins einer gesetzlichen Pflegeversicherung notwendig.

 

Hinzu kommt, dass in der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht alle pflegebedürftigen Personen versichert sind, Leistungen erst von einem bestimmten Grad der Pflegebedürftigkeit an erbracht werden und Vorversicherungszeiten erfüllt sein müssen.

 

Die Entwicklung der Leistungsberechtigten und gezahlter Leistung (Jahresdurchschnitt) für die Jahre 2018 bis 2020 kann aus der nachfolgenden Übersicht entnommen werden.

 

 

 

 

2018

2019

2020

Leistungsberechtigte LB

37

25

19

Summe Zahlleistungen/Jahr

387.996 €

308.513 €

277.806 €

 

Die Hilfe zur Pflege unterstützt pflegebedürftige Personen, indem sie die mit der Pflege verbundenen Kosten ganz oder teilweise übernimmt. Der individuelle Unterstützungsbedarf jedes Einzelnen soll ausschlaggebend sein.

 

 

Angehörigen-Entlastungsgesetz

 

Zum 01.01.2020 ist das Angehörigen-Entlastungsgesetz in Kraft getreten. Die wesentlichste Änderung ist die Beschränkung des Rückgriffs auf unterhaltspflichtige Eltern und Kinder auf ein Jahreseinkommen von 100.000 €. Eine solche Regelung gab es bisher nur für die Grundsicherung. Das Gesetz enthält eine Vermutungsregel: Nur in Ausnahmefällen, in denen die Behörden ein Einkommen über der Schwelle vermutet, müssen Betroffene ihr Einkommen offenlegen. Insoweit ist es gängige Praxis, im Sozialhilfeantrag den Berufsstand der unterhaltspflichtigen Kinder abzufragen. Die Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Ehegatten ist hiervon unberührt.

 

Seit dem 01.10.2020 ist die Einleitung und Durchsetzung von übergegangenen Ansprüchen gegen nach bürgerlichen Recht Unterhaltsverpflichtete nach § 94 SGB XII nicht mehr von der Delegation des Kreises umfasst. Die Unterhaltsfälle werden seit dieser Zeit für alle kreisangehörigen Kommunen zentral im Kreissozialamt bearbeitet.

 

Grundrente

 

Zum 01.Januar 2021 tritt das Gesetz zur Grundrente in Kraft. In vielen Fällen kann die neue Grundrente dazu beitragen, dass das Gesamteinkommen der Betroffenen oberhalb des Grundsicherungsniveaus liegt. Doch das wird längst nicht immer der Fall sein.

 

In diesen Fällen gibt es deshalb bei der Grundsicherung einen Freibetrag für die gesetzliche Altersrente. Wichtig ist dabei, dass dieser Freibetrag nicht nur für künftige Rentenbezieher gilt, sondern auch für die derzeitigen Rentner, die einen Zuschlag zu ihrer Rente erhalten können.

Eine entsprechende Regelung wurde als § 82a in das Zwölfte Sozialgesetzbuch eingefügt.

 

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat bereits darauf hingewiesen, dass die Bewilligung einer Grundrente und die damit verbundene Schaffung der Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Freibetrages voraussichtlich nicht vor dem 30.06.2021 erfolgt.

 

Die Auswirkungen auf die Entwicklung der Leistungsberechtigten bleiben abzuwarten.

 

 

 

Wohngeld

 

Aufgabe des Wohngeldes ist es, einkommensschwache Haushalte, deren Lebensunterhalt durch eigene Mittel bestritten wird, bei der Finanzierung ihrer Wohnkosten zu unterstützen, ohne dass diese weitergehende soziale Leistungen in Anspruch nehmen müssen. Das Wohngeld gliedert sich dabei in den Mietzuschuss (für Mieter*innen von Wohnraum) und den Lastenzuschuss (für Eigentümer*innen von Wohnraum). Für die Berechnung des Wohngeldes sind grundsätzlich die Anzahl der Haushaltsmitglieder, die Höhe der Miete bzw. die Höhe der Belastung (jeweils ohne Heizkosten) sowie die Summe der Einkommen aller nicht vom Wohngeld ausgeschlossenen Haushaltsmitglieder maßgebend.

Wohngeld ist ein vom Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen jeweils zur Hälfte getragener Zuschuss zu den Wohnkosten.

Die nachfolgende Übersicht gibt einen Überblick über die Entwicklung des Wohngeldes 2018 bis 2020:

 

 

 

 

 

 

 

Jahr

Anzahl der Berechnungen

Wohngeld-fälle

Mietzuschüsse

Lastenzuschüsse

Zahlleistungen gesamt

2018

1.328

387

379

8

  963.659 €

2019

1.271

334

317

17

  844.024 €

2020

1.699

439

424

15

1.135.290 €

 

Die Zahl der Wohngeldanträge ist in diesem Jahr stark gestiegen. Neben einer Wohngeldreform im Januar 2020 ist der Anstieg auch auf die Corona-Krise zurückzuführen. In diesem Jahr sind rund 1.700 Anträge auf Zuschüsse zur Miete gestellt worden, knapp 33 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2019. Letztendlich trug auch die Corona-Krise dazu bei, dass viele Menschen Einkommenseinbußen erlitten. Die veränderten Bedingungen führten nicht in allen Fällen zu einem Wohngeldanspruch, jedoch zu einem erhöhten Beratungsbedarf und mehr Antragstellungen.

 

Gegen die Entscheidung der Wohngeldstelle ist in 4 Fällen Widerspruch eingelegt worden. Die Widersprüche wurden durch den Kreis Mettmann als Widerspruchsstelle zurückgewiesen. Zwei Klagen sind anhängig.

 

In 18 Fällen wurden Bußgelder mit einer Gesamthöhe von 3.058 € festgesetzt.

 

Das Wohngeldgesetz sah in 4 Fällen das Stellen einer Strafanzeige vor. Die Staatsanwaltschaft hat in 2 Fällen das Verfahren unter Hinweis auf §§ 170, 153 StPO eingestellt.

 

Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG)

 

Unterhaltsvorschuss ist eine Leistung für Kinder von Alleinerziehenden. Er soll helfen, die finanzielle Lebensgrundlage eines Kindes zu sichern, wenn Unterhaltszahlungen ausfallen.

 

Seit Inkrafttreten der Reform des UVG zum 01.07.2017 werden alle Kinder, die nur bei einem ihrer Elternteile leben, bis zur Volljährigkeit durch die Leistung unterstützt, wenn der andere Elternteil keinen Unterhalt zahlt, unabhängig davon, ob er nicht zahlen kann oder aus anderen Gründen nicht zahlt. Die frühere Altersgrenze beim Unterhaltsvorschuss (12 Jahre) und die bisherige Höchstleistungsdauer von 72 Monaten wurden aufgehoben.

 

Bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres gewährleistet das Gesetz eine durchgängige Bezugsberechtigung. Für Kinder in der dritten Altersgruppe hat der Gesetzgeber eine differenzierte Regelung eingeführt.

 

In der nachfolgenden Übersicht ist die Entwicklung der positiv beschiedenen Anträge, die gezahlten Leistungen sowie die vereinnahmten Gelder aus übergeleiteten Unterhaltsansprüchen der Jahre 2018 bis 2020 dargestellt:

 

 

 

2018

2019

2020

Anspruchsberechtigte

(Jahresdurchschnitt)

473

 

464

509

Stand 31.12.20  555

Zahlleistungen

(Gesamtaufwand)

1.196.947 €

1.159.905 €

1.367.253 

Erträge aus übergeleiteten Unterhaltsansprüchen

128.930 €

186.039 €

188.404 €

 

 

Die Ausgaben für den Unterhaltsvorschuss werden anteilig von Bund und Ländern getragen.

Das Land NRW beteiligt die Kommunen auf der Grundlage gemäß § 8 Abs. 1, Satz 2 UVG mit folgendem Verteilungsschlüssel:

 

·      Ausgaben: Bund 40 %, Land 30 %, Kommunen 30 %

·      Einnahmen: Bund 40 %, Land 10 %, Kommunen 50 %

 

 

Die Zuständigkeit für die gesamte Fallbearbeitung (Zahlbarmachung der Leistung sowie Refinanzierung) nach dem UVG lag bis 30.06.2019 ausnahmslos bei den Kreisen, kreisfreien Städten und den kreisangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt. Seit dem 01. Juli 2019 gilt eine differenzierte Regelung.

 

Das Landesamt für Finanzen NRW ist in den nachfolgenden Fällen zuständig für den Rückgriff:

 

·        Die Unterhaltsvorschussleistung wurde ab dem 1. Juli 2019 erstmals beantragt.

·        Das Kind hat bisher keine Leistungen nach dem UVG erhalten.

·        Die Vaterschaft des Kindes ist rechtlich gesichert, weil sie entweder anerkannt oder gerichtlich festgestellt wurde oder weil sie auf Grund der ehelichen Geburt des Kindes vermutet wird.

·        Der barunterhaltspflichtige Elternteil ist nicht verstorben.

 

 

In den Fällen, in denen der Unterhaltsrückgriff weiterhin auf der kommunalen Ebene stattfindet, bleibt es bei der o.g. Aufteilung der Einnahmen. In allen anderen Fällen verbleiben die vereinnahmten Mittel in vollem Umfang beim Land.

 

Zum Stichtag 31.12.2020 sind hier in der laufenden Sachbearbeitung 870 Fälle Refinanzierung, an das Land wurden in 2020 87 Fälle abgegeben.

 

 

gez.

Dr. Claus Pommer