Betreff
Antrag der CDU vom 17.06.2020 und der FDP vom 23.09.2020: Parkraumbewirtschaftungssystem
Vorlage
WP 20-25 SV 32/001
Aktenzeichen
I/32-MS
Art
Antragsvorlage

Erläuterungen zum Antrag:

 

Die schriftlichen Erläuterungen beider Fraktionen sind in Anlage zu dieser Sitzungsvorlage beigefügt.

 


Antragstext:

 

Die Antragstexte beider Fraktionen sind in Anlage zu dieser Sitzungsvorlage beigefügt.


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Hilden hat in der Sitzung des Rates vom 17.06.2020 beantragt, dass in der anstehenden Ausschreibung von neuen Parkscheinautomaten auch die Zahlungsmöglichkeit mittels sog. Park-App berücksichtigt werden soll, da dies eine moderne und zeitgemäße Parkraumbewirtschaftung darstellen würde.

 

Einen thematisch vergleichbaren Antrag hat die FDP-Fraktion in der Sitzung des Rates am 23.09.2020 gestellt, so dass die Verwaltung beide Anträge im Rahmen einer gemeinsamen Sitzungsvorlage bewertet.

 

Die Verwaltung empfiehlt, beide Anträge im Kontext der anstehenden Neubeschaffung der Parkscheinautomaten zurückzustellen, soweit sie sich auf ein zusätzliches digitales Parkraumbewirtschaftungssystem „Park-App“ beziehen, und begründet dies wie folgt:

 

1. Neuausschreibung der Parkscheinautomaten und vorgesehene Bezahlmöglichkeiten

 

Bei den bisherigen Parkscheinautomaten besteht ausschließlich die Möglichkeit der Bargeldzahlung. Dies ist zum einen wenig komfortabel für die Nutzer und zudem auch aufwendungsintensiv und somit unwirtschaftlich für die Stadt. Unabhängig davon, dass es heute nicht mehr grundsätzlich üblich ist, Münzgeld mit sich zu führen, ist die Verwaltung und der Transport von Bargeldbeständen auch kostenintensiv. 

 

Da das Bezahlen mit Münzgeld aber immer noch Bedeutung hat und dennoch auch zeitgerechtere Zahlungsmöglichkeiten angeboten werden sollten, sieht das erstellte Leistungsverzeichnis für die Ausschreibung der Parkscheinautomaten bereits eine Bezahlung mit Münzgeld, Debitkarte und zweier gängiger Kreditkarten vor. Die Zahlung per Karte soll sowohl über einen Kartenleser als auch über eine NFC-Schnittstelle (near field Communication = kontaktlos) möglich sein. Dabei kann die kontaktlose Zahlung sowohl über einen Chip in der Debitkarte ausgeführt werden als auch über Smartphones, in denen eine Kreditkarte hinterlegt wurde (z.B. Apple-Pay).

 

2. Park-App als zusätzliches digitales Buchungs- und Bezahlangebot

 

Als Park-App sind digitale Lösungen für die Parkraumbewirtschaftung zu verstehen. Diese benötigen keine Konnektivität zu einem stationären Parkscheinautomaten, sondern werden ausschließlich über iPhone/Smartphone bedient.

 

Die Park-App, die mittlerweile auf dem deutschen Markt von mehreren Systembetreibern angeboten wird, bietet den Parkplatzsuchenden im Wesentlichen nachfolgende Grund-Funktionen an:

 

-       Anzeige von Gebührentarifen

-       Bar- und ticketlose Buchung und Bezahlung des Parkplatzes

-       In aller Regel minutengenaue Abrechnung der Parkdauer

 

Der Nutzer sucht sich einen Parkplatz, bucht sich über eine Mobilnummer ein und aus und rechnet die entstandenen Gebühren z.B. mit seinem Mobilfunkanbieter ab, der wiederum die Gebühren gemindert um eine Provision an die Stadt weiterleitet. Der Nutzer kann hierbei in aller Regel minutengenau abrechnen. Zudem entfällt das Ziehen und Auslegen eines Parkscheins.

 

Die Überprüfung, ob ein gültiger „Parkvorgang“ vorliegt, erfolgt durch die Verkehrsüberwachung des Ordnungsamtes mittels App über die Angabe des Kennzeichens des Fahrzeugs im Buchungssystems des Drittanbieters. Der Aufwand für die Überwachungskräfte wäre dadurch etwas größer als der aktuell erforderliche Blick auf einen ausgelegten oder eben nicht ausgelegten Parkschein, da grundsätzlich bei jedem Fahrzeug ohne ausgelegten Parkschein die Überprüfung zu erfolgen hat, ob in diesem Fall ein zulässiger Parkvorgang aufgrund der Nutzung einer Park-App vorliegt. Dieser Mehraufwand sollte aber kein signifikantes Argument gegen den Einsatz der Park-App darstellen.

 

Eine weitere Zusatz-Option stellt das Finden freier Parkplätze mit Navigation an den Zielort mittels einer Park-App dar. Hierzu ist dann aber ein Kapazitätensteuerungssystem für „online“ buchbare Parkplätze erforderlich, welches zunächst mit geeigneten Mitteln einzurichten wäre. Hier kommen Zugangssysteme für Parkplätze und andere zusammenhängende Parkflächen und/oder optische Erkennungssysteme (Kameras / Sensoren / Radar) in Betracht.

 

Solche Parkmanagementsysteme sind eigenständige Lösungen als Ersatz für Parkscheinautomaten und bieten sich an, wenn die zugänglichen Parkmöglichkeiten nicht bereits mit geeigneten bestehenden Mitteln (z.B. Parkleitsysteme) aufgerufen werden können und ein Engpass an Parkplätzen besteht, der dazu führt, dass Autos auf der Suche nach freien Parkplätzen die Verkehrsräume verstopfen und vermeidbare Schadstoffausstöße verursachen. Solche „Suchfahrten“ sind in Hilden aktuell nicht zu beobachten, die Parkleitsysteme erfüllen den gewünschten Effekt und weisen bis auf wenige Spitzenzeiten zuverlässig auf freie Parkflächen hin. Somit käme aus Sicht der Verwaltung allenfalls die Nutzung einer Park-App ohne Kapazitätensteuerungssystem in Betracht.

 

Grundsätzlich wäre es durch den ausschließlichen Einsatz einer Park-App möglich, zukünftig überhaupt keine Parkscheinautomaten mehr im Hildener Stadtgebiet aufzustellen. Dies würde dann allerdings auch bedeuten, dass nur noch Parken und Bezahlen per „smarte“ Zahlvorgänge möglich wäre. Dies ist in dieser Ausschließlichkeit noch nicht realistisch, da andere Bezahlformen (bar, EC, Handybezahlung) noch überwiegend genutzt werden.

 

3. Erfahrungen mit Park-Apps und Empfehlung

 

Mittlerweile gibt es verschiedene Anbieter bzw. verfügbare Apps auf dem Markt. Die Nachfrage und somit Nutzung hält sich deutschlandweit jedoch (noch) stark in Grenzen. Die Stadt Warendorf (Regierungsbezirk Münster) hat ihr im Oktober des Jahres 2017 gestartetes Projekt mit der Park-App im März 2019 mangels Nachfrage eingestellt, da nur 1,5 Prozent der parkplatzsuchenden Autofahrer die App nutzten.

Die Stadt Dinslaken zog Anfang des Jahres 2020 Bilanz und bezeichnete den Versuch als „gefloppt“.

Selbst in der Großstadt Hamburg liegt der Anteil der App-Nutzer nur bei 8 Prozent.

 

Auch in der Kreisstadt Mettmann ist der Vertrag mit einem App-Anbieter durch die Stadt gekündigt worden. Zum einen lag es auch hier an der geringen Nutzung, aber auch an gestiegenen Forderungen des Anbieters, der eine höhere Umsatzbeteiligung verlangte.

 

Welche Aufwendungen entstehen für die Nutzerinnen und Nutzer sowie für die Gemeinden?

 

Die Angebote für die Nutzerinnen und Nutzer unterscheiden sich hier nicht wesentlich. Zumeist werden je Parkvorgang über das Parkentgelt hinausgehende Nutzungsgebühren zwischen 19 Cent bis 25 Cent oder zwischen 15% bis 20% ausgehend von der tatsächlichen Parkgebühr erhoben. Alternativ besteht bei einigen Anbietern auch die Möglichkeit eines „Abos“. Hierfür werden dann pauschal zwischen 2 € bis 3 € monatlich erhoben. Für Vielparker ist die Abo-Lösung somit durchaus attraktiv, dennoch sind die Nutzungszahlen deutschlandweit immer noch sehr gering.

 

Wann rechnet sich die App für den Nutzer bei Einzelabrechnung je Parkvorgang?

 

Beispiel

 

Parken je Stunde ohne App bei einer

tatsächlichen Parkdauer von nur 45 Minuten:           1 €

 

Parkdauer 45 Minuten mit App (minutengenau):       75 Cent

+ Zuschlag 19 Cent bzw. 25 Cent:                             94 Cent bzw. 1 €

 

Nutzt der Autofahrer somit eine „teurere“ App mit Gebührenaufschlag von 25 Cent, so würde sich die App lediglich bei einer Parkdauer bis 44 Minuten „rechnen“, bei einer „günstigeren“ App hingegen bis ca. 48 Minuten.

 

Realistisch betrachtet ist die App somit für die Nutzerinnen und Nutzer in erster Linie wegen ihrer Komfortfunktionen, weniger wegen des monetären Vorteils attraktiv.

 

Für die Gemeinden entstehen bei Abschluss eines Vertrages mit einem App-Anbieter in aller Regel monatliche Verwaltungs- bzw. Bearbeitungsgebühren (nach den bisherigen Erkenntnissen zwischen 150 € und 200 €). Zudem wird eine Umsatzbeteiligung an den Parkentgelten verlangt. In Mettmann verlangte der Anbieter zuletzt eine 20%ige Umsatzbeteiligung, was letztlich dazu führte, dass die Stadt Mettmann den Vertrag kündigte.

 

Dennoch hat die Stadt Mettmann das Projekt „Park-App“ noch nicht ganz aufgegeben. Zwischenzeitlich bietet der Markt auch sog. „Plattformen“ an. Bei dieser Lösung besteht seitens der Stadt ein Vertrag mit einem Unternehmen, welches wiederum eine Plattform für verschiedene Park-Apps anbietet. Die Nutzerinnen und Nutzer sind somit nicht auf einen bestimmten Park-App-Anbieter in einer Stadt angewiesen, sondern können auf dieser Plattform unter mehreren, verschiedenen Anbieter aussuchen. Hierdurch soll eine gewünschte wettbewerbliche Situation anbieteroffen erreicht werden.

 

Der entscheidende Vorteil für die Stadt als Vertragspartnerin ist, dass hierdurch keine Aufwendungen für die Stadt selbst entstehen. Die Stadt Mettmann hat sich für diese Lösung (ohne Kapazitätensteuerungssystem) entschieden und testet diese über einen Zeitraum von zwei Jahren aus.

 

Die Verwaltung hält die „Plattform-Lösung“ grundsätzlich für interessant, ist aber skeptisch im Hinblick auf die Preisentwicklung für die Nutzerinnen und Nutzer. Durch die Plattform-Lösung soll auf dem Markt der Wettbewerb aktiviert werden, was sich zunächst scheinbar positiv auf die Nutzungspreise auswirken soll. Die Verwaltung nimmt aber mit Sicherheit an, dass auch der Plattform-Anbieter „Geld verdienen“ möchte, insofern kann die Verwaltung die preislichen Vorteile für die App-Nutzerinnen und -Nutzer noch nicht erkennen. Bleibt es unter dem Strich bei den alten Konditionen für die Nutzerinnen und Nutzer, oder verteuern sich diese sogar, dann ist aktuell nicht ersichtlich, wie sich dies positiv auf eine höhere Nutzungsintensität der Park-Apps auswirken sollte.

 

Die Schaffung einer zusätzlichen und dabei digitalen Nutzungs- und Bezahlfunktion für (bislang) nur wenige Nutzerinnen und Nutzer macht somit aus Sicht der Verwaltung - Stand heute - noch keinen Sinn. Die Verwaltung empfiehlt dem Rat der Stadt Hilden jedoch ausdrücklich, die Entwicklung des Marktes, insbesondere die Erfahrungen in der Kreisstadt Mettmann mit einer Plattform-Lösung, innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr zu beobachten, um dem Rat dann erneut darüber zu berichten.

 

Da diese Option unabhängig von den Parkscheinautomaten auch weiter besteht und zusätzlich aufrufbar ist, wird zunächst vorgeschlagen, die Akzeptanz der bargeldlosen Zahlungen und die Zufriedenheit mit den damit geschaffenen Service-Funktionalitäten abzuwarten.

 

 

In Vertretung

gez. Norbert Danscheidt

Erster Beigeordneter     

 

 

 

Klimarelevanz:

 

Die vorliegenden Anträge der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion haben keine Klimarelevanz.