Betreff
Änderung der Zuständigkeitsordnung
Vorlage
WP 14-20 SV 01/170
Art
Beschlussvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Beschlussvorschlag:

 

Die Verwaltung wird beauftragt, bis zur nächsten Ratssitzung einen Entwurf zur Neufassung der Zuständigkeitsordnung vorzulegen und dabei eine eigenständige und selbstsprechende sachorientierte Zuordnung von Beratungs- und Entscheidungszuständigkeiten zu beachten, Zuständigkeiten für eine strategisch ausgerichtete Investitionstätigkeit sowie Zuständigkeiten für die Steuerung der Beteiligungsunternehmen einzufügen.

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Die Aufgabenverteilung zwischen Rat, seinen Ausschüssen und der Bürgermeisterin / dem Bürgermeister (Verwaltung) ist zunächst in § 41 GO NRW geregelt.

 

Grundsätzlich ist der Rat für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig. Neben verschiedenen Zuständigkeiten, die der Rat nicht übertragen kann, können Zuständigkeiten auf Ausschüsse oder den Bürgermeister / die Bürgermeisterin übertragen werden. Die Geschäfte der laufenden Verwaltung gelten grundsätzlich auf den Bürgermeister/die Bürgermeisterin übertragen. Dies sind zunächst Routinearbeiten des Verwaltungsvollzugs von nicht-wesentlicher Bedeutung. Der unbestimmte Rechtsbegriff ist - sinnvoller Weise in der Zuständigkeitsordnung einer Kommune und damit an einer Stelle aussagekräftig sowie zeitgerecht und vollständig nachvollziehbar - auszuprägen, da in Abhängigkeit von der Größe und Struktur der Kommune und von lokalen Besonderheiten verschiedene Abgrenzungen über Entscheidungssachverhalte und Betragsgrenzen notwendig sind.

Die Verwaltung schlägt vor, die Zuständigkeitsordnung im Kontext von Prozessoptimierungen und veränderten Rahmenbedingungen redaktionell anzupassen und zu ergänzen. So sollen Änderungen und Nachträge von Gebührensatzungen vereinheitlicht werden und die Vorberatung und Entscheidung zu Investitions(phasen) erweitert werden. In diesem Kontext wurde eine grundständige Neufassung der Zuständigkeitsordnung erwogen, da die bestehende Zuständigkeitsordnung 1999 in Kraft getreten und diese seitdem in 14 Nachträgen fortgeschrieben wurde.

In diesem Kontext wurden die Zuständigkeitsordnungen anderer Kommunen mit der Regelung der Stadt Hilden verglichen, um wesentliche Unterschiede und deren Auswirkungen auf die Entscheidungsprozesse zu untersuchen. Ein sich aus einer Neufassung der Zuständigkeitsordnung möglicherweise ergebende Neuzuschnitt von Aufgaben, Zuständigkeiten und Entscheidungsprozessen könnte auch Auswirkungen auf die Besetzung der Ausschüsse haben. Eine solche grundlegende Überarbeitung der Zuständigkeitsordnung sollte daher ganz bewusst am Anfang einer Ratsperiode erfolgen, soweit gewünscht. Im Folgenden werden daher im Sinne der Entwicklung eines Best-Practice-Modells die wesentlichen Unterschiede und deren Auswirkungen auf die kommunalen Berichts-, Beratungs- und Entscheidungsprozesse dargestellt mit der Option, die Verwaltung mit der Erarbeitung einer Neufassung der Zuständigkeitsordnung zu beauftragen.

Wesentliche Unterschiede kommunaler Zuständigkeitsordnungen (untereinander, insbesondere aber zur Stadt Hilden) liegen vor

·        bei der Definition der Aufgaben des Rates, der Ausschüsse und des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin:
Teilweise werden Aufgabenkataloge abschließend aufgeführt, teilweise wird auf Zuständigkeiten aus der Geschäftsverteilung der Verwaltung zur Verzahnung von Budgetverantwortungen mit dem Haushalt verwiesen, teilweise ist der Beratungs- und Entscheidungsumfang der Ausschüsse dynamisch an den Verwaltungsaufbau / Fachbereiche gekoppelt. Letzteres Modell findet sich in der Zuständigkeitsordnung der Stadt Hilden wieder (Ausnahme: Ordnungsangelegenheiten als inhaltliche Aufgabenzuordnung). Die Beratungszuständigkeiten sind über den Verweis „in die einzelnen Fachbereiche fallenden Aufgaben“ den Ausschüssen zugeordnet. Welche Fachbereiche (vermutlich = Ämter) welchen Ausschüssen zugeordnet sind, ist nicht festgelegt. Eine Zuordnung könnte aus der Ausschussbezeichnung abgeleitet werden oder aus den einzeln aufgeführten Entscheidungszuständigkeiten der jeweiligen Ausschüsse. Die Verteilung der Aufgaben der Ämter unterliegen - ausgenommen des Aufgabenzuschnitts der Beigeordneten - dem Bürgermeister / der Bürgermeisterin, so dass sich über den dynamischen Verweis auf die Verwaltungsstruktur Beratungszuständigkeiten ändern, sobald sich die Aufgabenzuordnung in der Verwaltung ändert.
Um diese nicht vom Rat gesteuerte Wanderung von Zuständigkeiten zu verhindern, bietet sich daher eine Aufgaben- oder Produkt(gruppen)gliederung der Beratungszuständigkeiten an. 

 

·         in der Trennung und Auflistung von Beratungs- und Entscheidungszuständigkeiten

 

·        bei der Ausschusszuordnung von Aufgaben der Haushaltsausführung / Mittelverwendung
(in Hilden atypische Beschränkung der Rats- und Ausschusszuständigkeiten auf Forderungserlasse).
Der Haushaltsplan setzt einen Rahmen für das Verwaltungshandeln - in Hilden auf Produktebene, die Ansätze der Produkte sind auf Ämterebene zu Budgets zusammengefasst (Besonderheiten aus dem Personal- und Unterhaltungsbudget werden hier nicht beschrieben). Neben den so zusammengefassten Ermächtigungsobergrenzen in Euro existieren Einzelverwendungsbeschlüsse aus Rats- und Ausschussbeschlüssen (aus laufender Befassung und aus der Haushaltsplanung), die nur einen geringen Anteil des Gesamtbudgets im Ergebnishaushalt ausprägen. Die weitere Mittelverwendung obliegt der Verwaltung. Der Budgethoheit des Rates sollte in der Haushaltsausführung ein höherer Stellenwert bemessen werden, in dem über wesentliche Mittelverwendungen vor Abschluss von Verpflichtungsgeschäften durch die Verwaltung (Aufträge, Vergaben, Verträge, Zuschussbescheide) eine Entscheidungszuständigkeit einbezogen wird. Diese sollten über Wertgrenzen und Arten von Verpflichtungsgeschäften abgegrenzt werden und auf einem Berichtssystem über jeweils zum Entscheidungszeitpunkt disponible Haushaltsmittel aufsetzen.

 

·        bei der Gestaltung und Umsetzung des gesamten Investitionsprogramms (Bedarfsbeschlüsse, Ausführungs-/Umsetzungsbeschlüsse, Finanzierungsbeschlüsse, Änderungsbeschlüsse, Baubeginnbeschlüsse, Gestaltungsberatung, Beratung und Zustimmung zu Baukostenüberschreitungen).
In Hilden sind verschiedene „Investitionsmaßnahmen“ der Beratungszuständigkeit von Ausschüssen zugeordnet. Ob es sich aber um Beratungen z.B. über den Bedarf an Gebäuden einschließlich des Zeitpunktes der Inbetriebnahme, deren Standort, deren Gestaltung, deren energetische Ausprägung, deren Baubeginn im Zusammenhang mit Ausschreibungsergebnissen und deren haushaltswirtschaftlicher Verankerung geht, ist nicht stringent / vollständig und die Entscheidung über die Investitionstätigkeit gar nicht (außerhalb des Haushaltsplans) geregelt. So ist z.B. der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz zuständig für alle Angelegenheiten des Amtes für Gebäudewirtschaft, insbesondere Neubau- und Unterhaltungsmaßnahmen. Dass aber alle Baumaßnahmen in einem „Amt für Gebäudewirtschaft“ verwaltet werden, ist keineswegs festgelegt (s.o.). Das Produkt „Investitionen“ im Amt 26 ist ein Konstrukt, das in der Haushaltsstruktur in NRW nicht vorgesehen ist. Gebäude für Kindertageseinrichtungen wären z. B. dem Produktbereich 06 Kinder-, Jugend- und Familienhilfe zuzuordnen.

Für die Beratung über Wirtschaftlichkeitsvergleiche und Baupläne, Kostenberechnungen und Erläuterungen für Baumaßnahmen als Voraussetzung für die Veranschlagung im Haushalt ist allerdings der Haupt- und Finanzausschuss zuständig. Eine Zuständigkeit für ein langfristiges Investitionsprogramm, in das auch Gebäudeplanungen und -bedarfe aufgenommen werden, ohne, dass schon Veranschlagungsreife vorliegt, ist nicht zugeordnet.

Die vom Rat oder seinen Ausschüssen beschlossenen strategischen Fachkonzepte und Strategiepapiere sind nicht optimal mit dem Haushalt und der Ressourcenplanung verzahnt und werden in der Regel nur auf Ebene des jeweiligen Fachamtes durchgeführt und ggfs. dokumentiert. Für die Gebäude im Eigentum der Stadt Hilden (Anteil am Anlagevermögen = 33 %) liegt ein strategische Entwicklung- und Instandhaltungsplanung noch nicht vor.

Aus einem langfristigen, gebündelten und gesteuerten Investitionsprogramm könnte eine Ableitung der notwendigen Finanz- und Personalressourcen sowie eine Priorisierung im Kontext der zur Verfügung stehenden Finanzmittel erfolgen. Unwirtschaftliche Fremdvergaben könnten damit ebenso vermieden werden wie das Wegfallen von Investitionsmaßnahmen über mehrere Haushaltsversionen.

 

·        bei der Zuordnung von Zuständigkeiten von konkreten Rechtsgeschäften (Art des Rechtsgeschäftes/Inhalt des Rechtsgeschäftes/organisatorische Zuordnung der Auswirkungen des Rechtsgeschäftes/Differenzierung nach Nutzungsarten von Vermögen und Rechten/Differenzierung nach Beträgen)

 

·        Einbeziehung von Angelegenheiten der Beteiligungsunternehmen

 

·        Zuordnung von Einzelaufgaben /-zuständigkeiten an den Bürgermeister / die Bürgermeisterin in Ergänzung / Konkretisierung der Aufgaben der laufenden Verwaltung

 

·        Ausweisung von Berichtsstrukturen und Berichtsempfängern für Budgetberichte

 

·        Regelungen von Zuständigkeiten für Eigenbetriebe und eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen sowie Bezirksvertretungen (entfällt in Hilden)

 

·        Aufnahme von Zuständigkeiten des Stadtkämmerers/der Stadtkämmerin

 

·        Zuweisung aller Entscheidungsvorlagen mit finanzieller Auswirkung in den Finanzausschuss

 

Die Auswirkungen eines neuen Zuständigkeiten-Zuschnitts für Entscheidungssachverhalte mit finanzieller / bilanzieller Relevanz (einschließlich Investitionen) wären weitrechend und könnten zu deutlichen Verschiebungen zwischen den Ausschusszuständigkeiten führen. Vorteilhaft wäre aus Sicht der Verwaltung eine Konzentration dieser Entscheidungssachverhalte auf den Finanzausschuss zur Entflechtung der Fach- Nutzungsplanung und Gestaltung von den haushalterischen Aspekten, zur Stärkung der Budget- und Steuerungskompetenz des Rates und zur Optimierung der langfristigen (strategischen) Investitionstätigkeit (Asset-Management). Mögliche Widersprüche in den Beratungsprozessen (Fach-/Nutzerplanung losgelöst von den Haushaltsmitteln) und kleinteilige (Mehrfach-)Befassung mit Haushaltsmitteln innerhalb zur Verfügung stehender Budgets zur Umsetzung von Ratsentscheidungen und nutzerorientierter Bedürfnisse könnten so vermieden werden.

 

Durch die sachorientierte Definition / Auflistung von Aufgaben / Zuständigkeiten könnte mehr Klarheit geschaffen werden und etwaige Änderungen im Organisationszuschnitt der Stadtverwaltung hätten keine Auswirkungen auf die Zuständigkeiten der Ausschüsse. Die Aufgabenkataloge könnten einfach und stetig fortgeschrieben werden.

Die Einrichtung klarer Zuständigkeiten und Verantwortungen für alle Phasen des (langfristigen) Investitionsprozesses ist ausschließlich positiv zu bewerten. So kann bereits deutlich vor und losgelöst von der Haushaltsplanung eine Investitionsplanung erfolgen durch Verzahnung von voraussichtlichen Nutzerzahlen, Instandhaltungsplanungen und Nutzungsdauern mit dem Gebäudeportfolio und der gesteuerten Entwicklung des Sachanlagevermögens (z.B. Fahrzeugmanagement, Digitalausstattung). Die Fertigstellung von Gebäuden zu den Zeitpunkten, in denen Bedarfe gedeckt werden müssen / sollen, kann somit deutlich besser gesteuert werden.

Bei einer Trennung von Beratungs- und Entscheidungszuständigkeiten könnte das Vorlagenmanagement in der Verwaltung vereinfacht werden.

 

Die Zuständigkeit des Rates für die ausgegliederten Aufgabenbereiche (Beteiligungsunternehmen) sollte sich in der Zuständigkeitsordnung niederschlagen. Eine weitgehende (zeitlich und sachliche uneingeschränkte) Delegation der Steuerungsaufgaben auf andere Funktionen entspricht nicht dem corporate governance kodex und nicht dem Willen des Gesetzgebers, der die Steuerung der wesentlichen Belange der Unternehmen in privater Rechtsform dem Rat als Gesellschafter zugeschrieben hat. Der Rat sollte zunächst seine Willensbildung als Gesellschafter grundsätzlich selber - z.B. über einen Ausschuss - fassen und für die dann folgende Umsetzung einen Gesellschaftervertreter benennen, der das zu vollziehen hat, was vorher nach einer politischen Willensbildung beschlossen worden ist.

Die Etablierung von Berichtssystemen in der Zuständigkeitsordnung setzt ein aussagekräftiges und lebendes Zielsystem voraus und könnte erst mittelfristig in Hilden erfolgen.

 

Gez.

Birgit Alkenings