Erläuterungen zum
Antrag:
Die Stadtverwaltung Hilden schreibt alle Aufträge nach UVgO und VOB ab
20.000 Euro öffentlich auf einer Internetplattform deutschlandweit aus.
Verhandlungs-/ freihändige Vergaben sind im UVgO-Bereich bis 20.000 €, im
VOB-Bereich nur bis 10.000 € möglich. Von 10.000 € bis 20.000 € sind hier beschränkte
Ausschreibungen zugelassen.
Eine freihändige/Verhandlungs-Vergabe oder beschränkte Ausschreibung,
wie es der Kreis Mettmann deutlich umfangreicher praktiziert, geht schneller
und erfordert nicht so viele bürokratische Hürden für den Anbieter wie eine
öffentliche Ausschreibung. Bei der Verhandlungs-/ freihändigen Vergabe oder bei
einer beschränkten Ausschreibung wird der Unternehmer direkt von der Verwaltung
aufgefordert, ein Angebot abzugeben.
Gerade in Zeiten von Covid19 sollten mittelständige und kleine Betriebe
in unserer Region unterstützt werden. Mit der Änderung der
Vergabeordnung/Wertgrenzen hilft die Stadt Hilden Betrieben in der Umgebung mit
der Vergabe von Aufträgen durch freihändige Vergabe oder beschränkte
Ausschreibung, Arbeits- und Ausbildungsplätze zu erhalten.
Es
kostet die Verwaltung keinen Cent mehr Geld, wenn von der bisherigen
Vergabepraxis abgewichen wird und die Vergabepraxis/Wertgrenzen des Kreises
übernommen werden. Der Kalkulierende weiß nicht, wer zur Angebotsabgabe aufgefordert
worden ist. Es hilft aber dem Unternehmer in unserer Region die Covid19 Krise
zu überstehen.
Eine Stadt sollte
ein lebhaftes Interesse daran haben, die heimische Wirtschaft – die ja
schließlich vor Ort Arbeitsplätze und Lehrstellen schafft sowie Realsteuern
zahlt – nach Kräften und im Rahmen des Erlaubten zu unterstützen.
Antragstext:
Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Hilden bittet die Verwaltung, die
Wertgrenzen für die Vergabe von Leistungen nach VOB sowie nach UVgO zu ändern
und die gültigen Wertgrenzen des Kreises Mettmann vorerst bis zum 31.März 2021,
mit der Option einer weiteren Verlängerung, zu übernehmen. Die Wertgrenzen des
Kreises liegen als Anlage bei. Die Verwaltung wird beauftragt in der ersten
Ratssitzung des Jahres 2021 einen Erfahrungsbericht vorzulegen.
Stellungnahme
der Verwaltung:
Von
der CDU Fraktion wird eine zunächst temporäre Anpassung der Wertgrenzen für das
Vergabewesen auf das Niveau der Wertgrenzen für das Vergabewesen des Kreis
Mettmann vorgeschlagen. Dies entspricht einer deutlichen Erhöhung der
Wertgrenzen, was eine daraus resultierende Ausweitung der freihändigen /
Verhandlungsvergaben für Liefer-, Dienst- und Bauleistungen bedeutet. Begründet
wird dies mit einer Senkung der formalen Anforderungen für die Bieter und der
Möglichkeit, gezielter kleine und mittelständische Unternehmen aus der Region
in der aktuellen, durch Covid19 bedingten, Situation unterstützen zu können.
In den vergangenen drei Jahren wurden nach den Aufzeichnungen der zentralen Vergabestelle und des BPAes in Hilden jeweils durchschnittlich knapp 600 freihändige bzw. Verhandlungs-vergaben mit einem durchschnittlichen Gesamtvolumen pro Jahr von fast 5 Mio. € durchgeführt. Insgesamt lagen durchschnittlich 33 Vergaben pro Jahr über 20.000 € (einige davon 6-stellig) und wurden aufgrund spezieller Regelungen oder Ausnahmetatbeständen freihändig bzw. als Verhandlungsvergabe durchgeführt. Gleichzeitig wurden in diesen Jahren durchschnittlich ca. 40 beschränkte und öffentliche Ausschreibungen unter 100.000 € mit einem Gesamtvolumen von durchschnittlich 1,7 Mio. €/Jahr und 17 Vergaben über 100.000 € mit einem Gesamtvolumen von durchschnittlich 7,1 Mio. €/Jahr durchgeführt.
Der Antrag betrifft mit den beschränkten und öffentlichen Vergaben zwischen 20.000 und 100.000 € also ca. 6 % der insgesamt durchgeführten Vergaben und ca. 12 % des durchschnittlichen jährlichen Vergabevolumens.
Der
Kreis Mettmann orientiert sich bei der Staffelung der eigenen Wertgrenzen für
das Vergabewesen an den in den Kommunalen Vergabegrundsätzen des Ministeriums
für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung (Ministerialerlass vom 28.
August 2018) aufgeführten Wertgrenzen. Auch die Stadt Hilden könnte sich, wie
in dem Antrag vorgeschlagen, an diesen Wertgrenzen orientieren. Dies würde zu
einer Liberalisierung der Beschaffungen der Stadt Hilden führen. Das
Vergaberecht ist allerdings auch als Instrument der Korruptionsvorbeugung und
Vermeidung von Wettbewerbsbeschränkungen installiert. Es gilt daher, eine
Abwägung von konkurrierenden Interessen innerhalb der gesetzten
Rahmenbedingungen zu treffen.
Der
Ministerialerlass gilt für alle Gebietskörperschaften in NRW, also sowohl für
die ganz großen Körperschaften (Landschaftsverbände, Großstädte) wie ganz
kleine Gemeinden. Damit sind die Wertgrenzen auch als Obergrenze von Spannen zu
sehen, die in Abhängigkeit von der jeweiligen Angebots- und Nachfragesituation
für die lokalen Regelungen Anwendung finden sollen. Es ist nicht sinnvoll und
vom Erlass nicht intendiert, überall identische Grenzwerte zu verwenden. Der
Kreis Mettmann hat z.B. eine erheblich höhere Einwohnerzahl, ein höheres
Haushaltsvolumen und eine deutlich höhere Anzahl an Anbietern für verschiedene
Leistungen. Ungewollte Absprachen und unvorteilhafte Preisfindungen für die
Auftraggeber sind bei kleinen Anbieterzahlen grundsätzlich begünstigt.
Eine Stadt darf und sollte zwar Interesse daran haben, wie
es im letzten Absatz des Antrages heißt, die heimische Wirtschaft nach Kräften
und im Rahmen des Erlaubten zu unterstützen. Der Rahmen des Erlaubten wäre
jedoch bei jeder Verkürzung des Wettbewerbs auf einen Bieterkreis überschritten,
der nicht mehr zuverlässig überregionale Marktpreise aufruft und bei dem eine
objektive Überprüfung der Geeignetheit der Bieter nicht mehr möglich ist.
Die
notwendige Prüfung der Geeignetheit der Bieter bei Verhandlungsvergaben bis
100.000 € würde zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand führen. Die Eignung der
Bieter wäre nach wie vor zu prüfen, Leistungsverzeichnisse wären zur erstellen
und Angebote zu fertigen. Aufwandssteigernd würde die erhöhte
Dokumentationsnotwendigkeit wirken.
Dieser
Mehraufwand ist mit einer möglichen Entlastungswirkung für die Bieter
abzuwägen. Die in allen Vergabeverfahren erforderlichen Nachweise (z. B.
Geeignetheit, steuerliche Unbedenklichkeit, Nachweise nach dem
Tariftreuegesetz) wären weiterhin zu erbringen, Kalkulationen wären
anzustellen, Leistungsverzeichnisse mit Einzel- und Gesamtpreisen auszufertigen
und Angebote zu erstellen. Bei Angebotsaufklärungen müssen die Bieter
mitarbeiten bis hin zur Vorlage einer Urkalkulation. Eine deutliche
Entlastung der Bieter hinsichtlich der formalen Anforderungen würde daher nicht
erreicht.
In
der beiliegenden Tabelle werden die unterschiedlichen, im Antrag angesprochenen
aktuellen Wertgrenzen dargestellt.
|
Kreis Mettmann |
Ministerialerlass |
derzeitige Regelung Stadt Hilden |
UVgO |
|
|
|
<= 5.000 € |
Direktkauf (§ 14 UVgO) |
Direktauftrag |
Verhandlungsvergabe (§12 UVgO) |
> 5.000 € bis 100.000 € |
Verhandlungsvergabe
ohne Teilnahmewettbewerb oder Beschränkte Ausschreibung ohne
Teilnahmewettbewerb (§12 UVgO/§11 UVgO) |
Verhandlungsvergabe
ohne Teilnahmewettbewerb oder Beschränkte Ausschreibung ohne / mit
Teilnahmewettbewerb |
Bis 20.000 €
Verhandlungsvergabe (§12 UVgO) Ab 20.000 €
Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit
Teilnahmewettbewerb (§ 9 UVgO / § 10
UVgO) |
> 100.000 € |
Öffentliche
Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb (§ 9 UVgO/§ 10 UVgO) |
Öffentliche
Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb |
Öffentliche
Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb (§ 9 UVgO / § 10
UVgO) |
>= 214.000 € |
EU-Ausschreibung (VgV) |
EU-Ausschreibung |
EU-Ausschreibung (VgV) |
|
|
|
|
VOB |
|
|
|
<= 5.000 € |
Direktkauf (§ 3 (4) VOB/A) |
Direktauftrag |
Freihändige Vergabe (§ 3 Nr. 3 VOB/A) |
> 5.000 € bis 100.000 € |
Freihändige Vergabe (min. 3 Bieter) (§ 3 Ziff. 3 VOB/A
i.V.m. § 3 a (3) VOB/A) |
Freihändige Vergabe
(auch ohne Teilnahmewettbewerb) |
Bis 10.000 €
Freihändige Vergabe (min. 3 bis 5 Bieter) (§ 3 Nr. 3 VOB/A i.V.m. § 3 a III VOB/A) Bis 20.000 €
Beschränkte Ausschreibung ohne
Teilnahmewettbewerb (§ 3 Nr. 2 alt. 2
VOB/A i.V.m. § 3 a II VOB/A) ab 20.000 €
Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit
Teilnahmewettbewerb (§ 3 Nr. 1 VOB/A / § 3 Nr. 2 VOB/A) |
> 100.000 € bis 1.000.000 € |
Beschränkte
Ausschreibung (ohne Teilnahmewettbewerb) (§ 3 Ziff. 2 VOB/A
i.V.m. § 3 (2) VOB/A) |
Beschränkte
Ausschreibung ohne
Teilnahmewettbewerb |
Öffentliche
Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb (§ 3 Nr. 1 VOB/A / § 3 Nr. 2 alt. 2 VOB/A) |
> 1.000.000 € bis 5.350.000 € |
Öffentliche
Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb (§ 3 Ziff. 1 VOB/A / § 3 Ziff. 1 VOB/A) |
Öffentliche
Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb |
Öffentliche
Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb (§ 3 Nr. 1 VOB/A / § 3 Nr. 2 alt. 2 VOB/A) |
>= 5.350.000 € |
EU-Ausschreibung (VOB/A EU) |
EU-Ausschreibung |
EU-Ausschreibung (VOB/A EU) |
Die aktuellen
Wertgrenzen in Hilden sind angemessen für das Auftragsvolumen der Stadt Hilden.
Sie weichen wegen der unterschiedlichen Größe des Auftragsvolumens und der
Anzahl der Bieter bewusst in sinnvoller Weise von den Wertgrenzen im Kreis
Mettmann ab. Die mit einer Anhebung der Wertgrenzen verbunden Risiken
hinsichtlich der Korruptionsvorbeugung und des Preisniveaus sind aus Sicht der
Verwaltung höher zu bewerten als die niederschwelligen Verfahrenserleichterungen
für die Bieter.
Aus Sicht der Verwaltung wäre eine Anhebung der Wertgrenzen im vorgeschlagenen Umfang daher weder sachgerecht noch zielführend bezogen auf die vergaberechtlich ausgeschlossene Intention, lokale Anbieter zu begünstigen. Eine moderate Anpassung der Wertgrenzen ist aus Sicht der Verwaltung vertretbar. Sie müsste aber in den Zusammenhang einer Evaluierung der Auswirkungen insbesondere bezogen auf den Wettbewerb und die aufgerufenen Preise gestellt werden.
Die Dienstanweisung für das Vergabewesen wird aktuell an gesetzliche Vorgaben angepasst. Dabei soll auch die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei Vergaben einfließen. Der Aspekt der Nachhaltigkeit soll entlang der gesetzlichen Vorgaben ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang wird über eine moderate Anhebung der Wertgrenzen entschieden.
Klimarelevanz:
keine Auswirkungen