Betreff
Antrag der CDU-Fraktion - Anpassung der Vergabewertgrenzen
Vorlage
WP 14-20 SV 20/140
Aktenzeichen
Vergabe I 2020
Art
Antragsvorlage

Erläuterungen zum Antrag:

 

 

Die Stadtverwaltung Hilden schreibt alle Aufträge nach UVgO und VOB ab 20.000 Euro öffentlich auf einer Internetplattform deutschlandweit aus. Verhandlungs-/ freihändige Vergaben sind im UVgO-Bereich bis 20.000 €, im VOB-Bereich nur bis 10.000 € möglich. Von 10.000 € bis 20.000 € sind hier beschränkte Ausschreibungen zugelassen.

Eine freihändige/Verhandlungs-Vergabe oder beschränkte Ausschreibung, wie es der Kreis Mettmann deutlich umfangreicher praktiziert, geht schneller und erfordert nicht so viele bürokratische Hürden für den Anbieter wie eine öffentliche Ausschreibung. Bei der Verhandlungs-/ freihändigen Vergabe oder bei einer beschränkten Ausschreibung wird der Unternehmer direkt von der Verwaltung aufgefordert, ein Angebot abzugeben.

Gerade in Zeiten von Covid19 sollten mittelständige und kleine Betriebe in unserer Region unterstützt werden. Mit der Änderung der Vergabeordnung/Wertgrenzen hilft die Stadt Hilden Betrieben in der Umgebung mit der Vergabe von Aufträgen durch freihändige Vergabe oder beschränkte Ausschreibung, Arbeits- und Ausbildungsplätze zu erhalten.

Es kostet die Verwaltung keinen Cent mehr Geld, wenn von der bisherigen Vergabepraxis abgewichen wird und die Vergabepraxis/Wertgrenzen des Kreises übernommen werden. Der Kalkulierende weiß nicht, wer zur Angebotsabgabe aufgefordert worden ist. Es hilft aber dem Unternehmer in unserer Region die Covid19 Krise zu überstehen.

Eine Stadt sollte ein lebhaftes Interesse daran haben, die heimische Wirtschaft – die ja schließlich vor Ort Arbeitsplätze und Lehrstellen schafft sowie Realsteuern zahlt – nach Kräften und im Rahmen des Erlaubten zu unterstützen.

 


Antragstext:

 

Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Hilden bittet die Verwaltung, die Wertgrenzen für die Vergabe von Leistungen nach VOB sowie nach UVgO zu ändern und die gültigen Wertgrenzen des Kreises Mettmann vorerst bis zum 31.März 2021, mit der Option einer weiteren Verlängerung, zu übernehmen. Die Wertgrenzen des Kreises liegen als Anlage bei. Die Verwaltung wird beauftragt in der ersten Ratssitzung des Jahres 2021 einen Erfahrungsbericht vorzulegen.

 


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Von der CDU Fraktion wird eine zunächst temporäre Anpassung der Wertgrenzen für das Vergabewesen auf das Niveau der Wertgrenzen für das Vergabewesen des Kreis Mettmann vorgeschlagen. Dies entspricht einer deutlichen Erhöhung der Wertgrenzen, was eine daraus resultierende Ausweitung der freihändigen / Verhandlungsvergaben für Liefer-, Dienst- und Bauleistungen bedeutet. Begründet wird dies mit einer Senkung der formalen Anforderungen für die Bieter und der Möglichkeit, gezielter kleine und mittelständische Unternehmen aus der Region in der aktuellen, durch Covid19 bedingten, Situation unterstützen zu können.

 

In den vergangenen drei Jahren wurden nach den Aufzeichnungen der zentralen Vergabestelle und des BPAes in Hilden jeweils durchschnittlich knapp 600 freihändige bzw. Verhandlungs-vergaben mit einem durchschnittlichen Gesamtvolumen pro Jahr von fast 5 Mio. € durchgeführt. Insgesamt lagen durchschnittlich 33 Vergaben pro Jahr über 20.000 € (einige davon 6-stellig) und wurden aufgrund spezieller Regelungen oder Ausnahmetatbeständen freihändig bzw. als Verhandlungsvergabe durchgeführt. Gleichzeitig wurden in diesen Jahren durchschnittlich ca. 40 beschränkte und öffentliche Ausschreibungen unter 100.000 € mit einem Gesamtvolumen von durchschnittlich 1,7 Mio. €/Jahr und 17 Vergaben über 100.000 € mit einem Gesamtvolumen von durchschnittlich 7,1 Mio. €/Jahr durchgeführt.

Der Antrag betrifft mit den beschränkten und öffentlichen Vergaben zwischen 20.000 und 100.000 € also ca. 6 % der insgesamt durchgeführten Vergaben und ca. 12 % des durchschnittlichen jährlichen Vergabevolumens.

Der Kreis Mettmann orientiert sich bei der Staffelung der eigenen Wertgrenzen für das Vergabewesen an den in den Kommunalen Vergabegrundsätzen des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung (Ministerialerlass vom 28. August 2018) aufgeführten Wertgrenzen. Auch die Stadt Hilden könnte sich, wie in dem Antrag vorgeschlagen, an diesen Wertgrenzen orientieren. Dies würde zu einer Liberalisierung der Beschaffungen der Stadt Hilden führen. Das Vergaberecht ist allerdings auch als Instrument der Korruptionsvorbeugung und Vermeidung von Wettbewerbsbeschränkungen installiert. Es gilt daher, eine Abwägung von konkurrierenden Interessen innerhalb der gesetzten Rahmenbedingungen zu treffen.

 

Der Ministerialerlass gilt für alle Gebietskörperschaften in NRW, also sowohl für die ganz großen Körperschaften (Landschaftsverbände, Großstädte) wie ganz kleine Gemeinden. Damit sind die Wertgrenzen auch als Obergrenze von Spannen zu sehen, die in Abhängigkeit von der jeweiligen Angebots- und Nachfragesituation für die lokalen Regelungen Anwendung finden sollen. Es ist nicht sinnvoll und vom Erlass nicht intendiert, überall identische Grenzwerte zu verwenden. Der Kreis Mettmann hat z.B. eine erheblich höhere Einwohnerzahl, ein höheres Haushaltsvolumen und eine deutlich höhere Anzahl an Anbietern für verschiedene Leistungen. Ungewollte Absprachen und unvorteilhafte Preisfindungen für die Auftraggeber sind bei kleinen Anbieterzahlen grundsätzlich begünstigt.

Eine Stadt darf und sollte zwar Interesse daran haben, wie es im letzten Absatz des Antrages heißt, die heimische Wirtschaft nach Kräften und im Rahmen des Erlaubten zu unterstützen. Der Rahmen des Erlaubten wäre jedoch bei jeder Verkürzung des Wettbewerbs auf einen Bieterkreis überschritten, der nicht mehr zuverlässig überregionale Marktpreise aufruft und bei dem eine objektive Überprüfung der Geeignetheit der Bieter nicht mehr möglich ist.

 

Die notwendige Prüfung der Geeignetheit der Bieter bei Verhandlungsvergaben bis 100.000 € würde zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand führen. Die Eignung der Bieter wäre nach wie vor zu prüfen, Leistungsverzeichnisse wären zur erstellen und Angebote zu fertigen. Aufwandssteigernd würde die erhöhte Dokumentationsnotwendigkeit wirken.

Dieser Mehraufwand ist mit einer möglichen Entlastungswirkung für die Bieter abzuwägen. Die in allen Vergabeverfahren erforderlichen Nachweise (z. B. Geeignetheit, steuerliche Unbedenklichkeit, Nachweise nach dem Tariftreuegesetz) wären weiterhin zu erbringen, Kalkulationen wären anzustellen, Leistungsverzeichnisse mit Einzel- und Gesamtpreisen auszufertigen und Angebote zu erstellen. Bei Angebotsaufklärungen müssen die Bieter mitarbeiten bis hin zur Vorlage einer Urkalkulation. Eine deutliche Entlastung der Bieter hinsichtlich der formalen Anforderungen würde daher nicht erreicht.

In der beiliegenden Tabelle werden die unterschiedlichen, im Antrag angesprochenen aktuellen Wertgrenzen dargestellt.

 

 

Kreis Mettmann

Ministerialerlass

derzeitige Regelung Stadt Hilden

UVgO

 

 

 

<= 5.000 €

Direktkauf

(§ 14 UVgO)

Direktauftrag

 

Verhandlungsvergabe

(§12 UVgO)

> 5.000 € bis 100.000 €

Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb oder Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb

(§12 UVgO/§11 UVgO)

Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb oder Beschränkte Ausschreibung ohne / mit Teilnahmewettbewerb

 

Bis 20.000 € Verhandlungsvergabe

(§12 UVgO)

 

Ab 20.000 € Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb

(§ 9 UVgO / § 10 UVgO)

> 100.000 €

Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb

(§ 9 UVgO/§ 10 UVgO)

Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb

 

Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb

(§ 9 UVgO / § 10 UVgO)

>= 214.000 €

EU-Ausschreibung

(VgV)

EU-Ausschreibung

 

EU-Ausschreibung

(VgV)

 

 

 

 

VOB

 

 

 

<= 5.000 €

Direktkauf

(§ 3 (4) VOB/A)

Direktauftrag

Freihändige Vergabe

(§ 3 Nr. 3 VOB/A)

> 5.000 € bis 100.000 €

Freihändige Vergabe

(min. 3 Bieter)

(§ 3 Ziff. 3 VOB/A i.V.m. § 3 a (3) VOB/A)

Freihändige Vergabe (auch ohne

Teilnahmewettbewerb)

Bis 10.000 € Freihändige Vergabe (min. 3 bis 5 Bieter)

(§ 3 Nr. 3 VOB/A i.V.m. § 3 a III VOB/A)

 

Bis 20.000 € Beschränkte Ausschreibung

ohne Teilnahmewettbewerb

(§ 3 Nr. 2 alt. 2 VOB/A i.V.m. § 3 a II VOB/A)

 

ab 20.000 € Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb

(§ 3 Nr. 1 VOB/A / § 3 Nr. 2 VOB/A)

> 100.000 € bis 1.000.000 €

Beschränkte Ausschreibung (ohne Teilnahmewettbewerb)

(§ 3 Ziff. 2 VOB/A i.V.m. § 3 (2) VOB/A)

Beschränkte Ausschreibung

ohne Teilnahmewettbewerb

Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb

(§ 3 Nr. 1 VOB/A /

§ 3 Nr. 2 alt. 2 VOB/A)

> 1.000.000 € bis 5.350.000 €

Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb

(§ 3 Ziff. 1 VOB/A

/ § 3 Ziff. 1 VOB/A)

Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb

Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb

(§ 3 Nr. 1 VOB/A /

§ 3 Nr. 2 alt. 2 VOB/A)

>= 5.350.000 €

EU-Ausschreibung

(VOB/A EU)

EU-Ausschreibung

EU-Ausschreibung

(VOB/A EU)

 

Die aktuellen Wertgrenzen in Hilden sind angemessen für das Auftragsvolumen der Stadt Hilden. Sie weichen wegen der unterschiedlichen Größe des Auftragsvolumens und der Anzahl der Bieter bewusst in sinnvoller Weise von den Wertgrenzen im Kreis Mettmann ab. Die mit einer Anhebung der Wertgrenzen verbunden Risiken hinsichtlich der Korruptionsvorbeugung und des Preisniveaus sind aus Sicht der Verwaltung höher zu bewerten als die niederschwelligen Verfahrenserleichterungen für die Bieter.

 

Aus Sicht der Verwaltung wäre eine Anhebung der Wertgrenzen im vorgeschlagenen Umfang daher weder sachgerecht noch zielführend bezogen auf die vergaberechtlich ausgeschlossene Intention, lokale Anbieter zu begünstigen. Eine moderate Anpassung der Wertgrenzen ist aus Sicht der Verwaltung vertretbar. Sie müsste aber in den Zusammenhang einer Evaluierung der Auswirkungen insbesondere bezogen auf den Wettbewerb und die aufgerufenen Preise gestellt werden.

 

Die Dienstanweisung für das Vergabewesen wird aktuell an gesetzliche Vorgaben angepasst. Dabei soll auch die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei Vergaben einfließen. Der Aspekt der Nachhaltigkeit soll entlang der gesetzlichen Vorgaben ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang wird über eine moderate Anhebung der Wertgrenzen entschieden.

 

 

Klimarelevanz:

keine Auswirkungen