Betreff
Antrag der CDU Fraktion Hilden zum Thema "Schulabsentismus"
Vorlage
WP 14-20 SV 51/280
Aktenzeichen
III/51 UB
Art
Antragsvorlage

Erläuterungen zum Antrag:

 

„Das Problem des Schulabsentismus verstärkt sich in den letzten Jahren. Hier ist nicht an das „Blaumachen“ gedacht, das vielleicht jeder von uns aus der Schulzeit kennt. Sondern hier ist an Fehlzeiten von Jugendlichen gedacht, die über Wochen und Monate nicht die Schule besuchen, die z.T. in ihrer eigenen Welt gefangen sind und nicht mehr in der Lage sind, selbstständig den Schulbesuch wieder aufzunehmen. Hier möchte die CDU-Fraktion den jungen Menschen mit qualifizierter Hilfe eine Perspektive geben.“


Antragstext:

 

Die Verwaltung wird beauftragt, ein Projekt gegen Schulabsentismus für die Stadt Hilden zu erarbeiten. Dabei soll sich das Projekt an dem Projekt Zündstoff orientieren.


Stellungnahme der Verwaltung:

 

 

Das Thema Schulabsentismus ist seit vielen Jahren kontinuierlicher Bestandteil in der Arbeit der Verwaltung. Es existiert die gewachsene Erkenntnis, dass hier nur im Netzwerk wirksam gehandelt werden kann. Zündstoff ist in diesem Kontext eine wichtige Erweiterung  der Handlungsoptionen.

Das Projekt „Zündstoff“ wurde im Oktober 1999 gestartet. Träger ist der SKFM Erkrath e.V.. Zielgruppe des Projektes sind Schüler und Schülerinnen zwischen 12 und 16 Jahren. Aus Hilden sind aktuell die Marie-Colinet-Sekundarschule und die Theresienschule Kooperationspartner des Projektes. Die Schulen können eigenständig mit der Projektleitung in Kontakt treten und Einzelfallkooperationen verabreden. Projektziel ist stets die Reintegration in die Regelschule. Das Gesamtbudget von Zündstoff umfasste 185.000€ in 2018 Die Finanzierung erfolgt u.a. aus Mitteln des  europäischen Sozialfonds und des Bundes. Schirmherrin ist MdB Frau Michael Noll.

Grundlage der Teilnahme am Projekt ist ein Vertrag, der mit Eltern und Schülern abgeschlossen wird. Die Schüler*innen werden in Kleingruppen von maximal 6 in den Hauptfächern unterrichtet und in der Werkstatt von einem Werkpädagogen angeleitet. Das Schulamt stellt eine Lehrkraft im Umfang von 15 Wochenstunden zur Verfügung. Darüber hinaus sollen Lehrerstunden durch die Kooperationsschulen für das Projekt bereitgestellt werden. 2018 wurde im Umfang von 18 Wochenstunden unterrichtet. Ein wesentlicher Projektbestandteil ist  die psychosoziale Unterstützung und Förderung. Die Reintegrationsquote der im Schuljahr 2017/2018 beendeten Betreuungen betrug 60%. 6 Schüler konnten nicht erreicht werden.

Die Verwaltung hat mit dem Träger der Maßnahme vereinbart, im Rahmen einer Dienstleistung bis zu 6 Schülerinnen und Schüler pro Schuljahr bei Zündstoff anmelden zu können. Die Kosten betragen pro Halbjahr und Schüler/Schülerin 1700,00 €. In den vergangenen 3 Jahren wurde die Quote Hildener Schülerinnen und Schüler wie folgt in Anspruch genommen.

2016

2017

2018

6 Meldungen

5 Meldungen

6 Meldungen

 

Das Controlling der Maßnahme, insbesondere bei der Frage der Rückschulungsperspektive, erfolgt über die Bildungskoordination Hilden. 

Bereits in den vergangenen Jahren wurde innerhalb der Verwaltung verschiedentlich diskutiert, ein eigenes Projekt in Hilden aufzulegen. Bislang setzte sich allerdings stets die Überzeugung durch, dass ein überregionales Projekt, gestützt durch externe Mittel, wirtschaftlich und qualitativ die bessere Lösung sei. Der strategische Nachteil, das Angebot nicht unmittelbar vor Ort zu haben,  wurde bislang diesen Aspekten untergeordnet. Bei steigendem Bedarf könnte die Verwaltung ggfls. durch eine Erhöhung der Haushaltsmittel nachsteuern.

Das Projekt Zündstoff ist allerdings auch nur ein Teil der Hildener Maßnahmen zum Thema Schulabsentismus. Dieses Thema wird in Hilden seit Jahren konsequent bearbeitet. Die  Maßnahmen zielen auf die stärkere Vernetzung der handelnden Akteure ab. Mit den Jugendlichen muss abgestimmt von unterschiedlichen Fachkräften (Lehrer, Sozialarbeiter, Psychologen, Ärzte) unter Einbeziehung der Eltern, frühzeitig  gearbeitet werden.  Nur so ist einer Ausweitung der Problematik wirksam zu begegnen.

Zündstoff ist in diesem Kontext dann oft die „ultima ratio“. Es gilt der Problematik präventiv zu begegnen.

Definition

Der Begriff Schulabsentismus ist der Überbegriff für unterschiedliche und nicht einheitlich definierte  Formen von Fehlzeiten in Schulen. Nach Christoph Lenzen et al. wird unterschieden zwischen „Schulschwänzen“ und „Schulverweigerung“. Schulschwänzen erfolgt in der Regel zunächst ohne Wissen der Eltern, Schulverweigerung geht oft einher mit psychosomatischen Beschwerden. Als dritte Form benennt Heinrich Ricking das „Zurückhalten“ (Eltern decken und dulden die Fehlzeiten). Verlässliche Daten gibt es zu diesem Bereich, auch aufgrund der fehlenden einheitlichen Definition, nicht.

Sicher ist, dass hohe Fehlzeiten die psychosoziale Entwicklung und die schulische und berufliche Integration massiv gefährden. Unstrittig ist auch, dass bei  Schulabsentismus frühzeitig interveniert werden muss, da sich das Verhalten schnell chronifiziert.

Historie

In Hilden wurde bereits 2003 die erste Vereinbarung zum Umgang mit Schulabsentismus mit den weiterführenden Schulen geschlossen. Diese wurde nachfolgend mehrfach überprüft. Weitere Elemente der verstärkten  Vernetzung von Schule und Jugendhilfe wurden kontinuierlich, u.a. mit der Installation der Bildungskoordinationsstelle und der Clearingrunde Übergang Schule/Beruf, installiert.

 

11/2003

 

Hildener Vereinbarung zum Vorgehen bei Schulabsentismus

02/2007, 11/2009

Reflexion der Verfahrensabsprache

04/2009

Einrichtung der Stelle eines Bildungskoordinators

2012

Einrichtung Clearingrunde Übergang Schule / Beruf

 

Vernetzung von Schule, Jugendhilfe und Gesundheitshilfe

Für die Konzeptentwicklung  und –umsetzung im Bereich Schulabsentismus stellt die Abstimmung der vielfältigen Akteure eine zentrale Herausforderung dar. Die Abstimmung zwischen Schule und Jugendhilfe stand früher im Mittelpunkt (Schule, Schulsozialarbeit, Psychologische Beratungsstelle, Allgemeiner Sozialdienst, Hilfen zur Erziehung …). In zunehmender Weise stellen jedoch die Fälle die größte Herausforderung dar, in denen Fehlzeiten psychisch/familiendynamisch bedingt und oft entschuldigt sind. Schule und Jugendhilfe kommen hier häufig an ihre Grenzen. Immer wichtiger wird daher zusätzlich Fachkräfte der Gesundheitshilfe in die Kooperationsabläufe miteinzubeziehen (u.a. Sozialpsychiatrischer Dienst, Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, Kinder- und Jugendpsychiatrie). Zielsetzung ist daher, eine integrierte Hilfeplanung von Schule, Jugendhilfe und Gesundheitshilfe zu unterstützen.

 

Arbeitskreis Schulabsentismus

Im letzten Jahr wurde von Schulleitungen weiterführender Schulen ein Bedarf für erweiterte Konzepte zum Umgang mit Schulabsentismus formuliert. Das Bildungs- und Planungsbüro führte zur Vorbereitung im 2. Halbjahr 2018 Gespräche mit Schulleitungen, Schulsozialarbeiter*innen, Beratungsinstitutionen und Begleitungsprojekten durch. Fachliteratur und Konzepte anderer Städte wurden gesammelt und ausgewertet. Die Anregungen wurden zu einer systematisierten Ideensammlung gebündelt, die mögliche Handlungsbausteine nach 4 Phasen gliedert (Prävention, Erzieherisches/Pädagogisches Einwirken, Pädagogische Intervention, Rechtliche Intervention).

Zur Sammlung der Bedarfe und Abstimmung der Kooperationsabläufe wurde im Januar 2019 der Arbeitskreis Schulabsentismus gegründet. Der Arbeitskreis setzt sich aus Vertretern der weiterführenden Schulen, Schulsozialarbeit, Beratungsstellen, Betreuungsprojekten („Zukunft Aktiv Gestalten“ und „Zündstoff“) und Gesundheitshilfe zusammen. Von Seiten der Gesundheitshilfe ist der Sozialpsychiatrische Dienst, der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst und zukünftig auch die Ambulanz und Tagesklinik der Kinder- und Jugendpsychiatrie vertreten.

Zielsetzungen des Arbeitskreises sind:

  • Erarbeitung eines Qualitätsrahmens für den Umgang mit Schulabsentismus
  • Abstimmung von Verfahrenswegen und Bekanntmachung von Ansprechpartner*innen

Fachreferate des Sozialpsychiatrischen Dienstes und der Psychologischen Beratungsstelle führten in das Thema ein. Im zweiten Treffen des Arbeitskreises, am 20.05.2019, wurde die Ideensammlung (4 Phasenmodell) gemeinsam intensiv diskutiert. Ein zweiter Entwurf wurde erstellt, der im nächsten Treffen am 16.09.2019 gegebenenfalls abschließend beraten wird.

 

Zentrale Diskussionsergebnisse:

  • Ein breiter Konsens besteht über die Notwendigkeit einer frühzeitigen Intervention und eines abgestimmten Verfahrens.
  • Besonderheiten der Einzelfälle lassen sich kaum in allgemeine Verfahrensabsprachen fassen.
  • Verfahrenswege müssen kompatibel zu unterschiedlichen Organisationsformen sein.
  • Informationen zu Ansprechpartnern und Vernetzung werden allseits gewünscht.

 

Beratung schwieriger Einzelfälle – „Clearingrunde“

Zusätzlich zum Arbeitskreis wurde in diesem Jahr ein Beratungsgremium geschaffen, in dem schwierige Einzelfälle multiinstitutionell beraten werden. Die Beratung erfolgt in anonymisierter Form. An der Beratung nehmen unter anderem teil: Schulvertreterinnen, Schulsozialarbeit, Psychologische Beratungsstelle, Allgemeiner Sozialdienst, Sozialpsychiatrischer Dienst, Jugendförderung, ZAG und Suchtberatung. Die Clearingrunde startete im März 2019 und findet einmal monatlich in der Campus OT in Räumlichkeiten der Marie-Colinet-Schule statt.

Problemlösungsansätze

Schulabsentismus stellt ein komplexes Problem dar und erfordert mehrstufige Problemlösungsansätze. Wichtige Pfeiler, um eine gelingende Kooperation im Einzelfall abzusichern, sind dabei ein funktionierendes Netzwerk,  ein gemeinsamer Qualitätsrahmen für die Kooperation, multiinstitutionelle Beratung von schwierigen Einzelfällen und die Einbeziehung der Gesundheitshilfe.

 

 

Ausblick

Problemlösungsansätze für den Bereich Schulabsentismus sind auf dem Weg. Die entwickelten Maßnahmen fokussieren dabei nicht nur auf das Thema Schulabsentismus. Zielsetzung ist es, Grundlagen für eine gelingende, lösungsorientierte Kooperation zwischen Schule, Jugendhilfe und der Gesundheitshilfe weiterzuentwickeln. Ob dies gelingt, hängt nicht zuletzt davon ab, inwieweit die notwendigen Zeitressourcen für die Entwicklung und Umsetzung der Maßnahmen bei allen Beteiligten zur Verfügung stehen.

Das Projekt „Zündstoff“ läuft weiter. Die Teilnehmerzahlen variieren in letzten Jahren zwischen (5 und 6). Sollte sich zukünftig ein höherer Bedarf ergeben ist eine Nachsteuerung über den Haushalt möglich.Es bleibt abzuwarten, wie sich die eingeleiteten Maßnahmen bewähren und ob darüber hinaus ein eigenes Schulabsentismus-Projekt in Hilden zukünftig zielführend sein könnte.

 

 

gez.

Birgit Alkenings

 


Finanzielle Auswirkungen  

 

Produktnummer / -bezeichnung

060305 Netzwerk Bildung

Investitions-Nr./ -bezeichnung:

 

 

Pflichtaufgabe oder

freiwillige Leistung/Maßnahme

Pflicht-

aufgabe

 

(hier ankreuzen)

freiwillige

Leistung

 

(hier ankreuzen)

 

 

Folgende Mittel sind im Ergebnis- / Finanzplan veranschlagt:

(Ertrag und Aufwand im Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen)

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

2019 ff

0603050020

529100

Dienstleistungen 6 Pauschalen für Zündstoff e.V.

10.200

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aus der Sitzungsvorlage ergeben sich folgende neue Ansätze:

(Ertrag und Aufwand im Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen)

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei über-/außerplanmäßigem Aufwand oder investiver Auszahlung ist die Deckung  gewährleistet durch:

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stehen Mittel aus entsprechenden Programmen des Landes, Bundes oder der EU zur Verfügung? (ja/nein)

ja

X

(teilw. bei Landesstellen)

(hier ankreuzen)

nein

X (Kommune)

(hier ankreuzen)

Freiwillige wiederkehrende Maßnahmen sollen auf drei Jahre befristet werden.

 

 

 

Wurde die Zuschussgewährung Dritter durch den Antragsteller geprüft – siehe SV?

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Finanzierung/Vermerk Kämmerer

 

Die dargestellten Finanzmittel stehen unter dem Vorbehalt des Ergebnisses der Haushaltsberatungen 2020/2021

 

Franke