Erläuterungen zum
Antrag:
„Das Problem des Schulabsentismus verstärkt sich in den letzten Jahren. Hier ist nicht an das „Blaumachen“ gedacht, das vielleicht jeder von uns aus der Schulzeit kennt. Sondern hier ist an Fehlzeiten von Jugendlichen gedacht, die über Wochen und Monate nicht die Schule besuchen, die z.T. in ihrer eigenen Welt gefangen sind und nicht mehr in der Lage sind, selbstständig den Schulbesuch wieder aufzunehmen. Hier möchte die CDU-Fraktion den jungen Menschen mit qualifizierter Hilfe eine Perspektive geben.“
Antragstext:
Die Verwaltung wird beauftragt, ein Projekt gegen Schulabsentismus für die Stadt Hilden zu erarbeiten. Dabei soll sich das Projekt an dem Projekt Zündstoff orientieren.
Stellungnahme der
Verwaltung:
Das Thema Schulabsentismus ist seit vielen
Jahren kontinuierlicher Bestandteil in der Arbeit der Verwaltung. Es existiert
die gewachsene Erkenntnis, dass hier nur im Netzwerk wirksam gehandelt werden
kann. Zündstoff ist in diesem Kontext eine wichtige Erweiterung der Handlungsoptionen.
Das Projekt „Zündstoff“ wurde im Oktober 1999
gestartet. Träger ist der SKFM Erkrath e.V.. Zielgruppe des Projektes sind
Schüler und Schülerinnen zwischen 12 und 16 Jahren. Aus Hilden sind aktuell die
Marie-Colinet-Sekundarschule und die Theresienschule Kooperationspartner des
Projektes. Die Schulen können eigenständig mit der Projektleitung in Kontakt
treten und Einzelfallkooperationen verabreden. Projektziel ist stets die
Reintegration in die Regelschule. Das Gesamtbudget von Zündstoff umfasste
185.000€ in 2018 Die Finanzierung erfolgt u.a. aus Mitteln des europäischen Sozialfonds und des Bundes.
Schirmherrin ist MdB Frau Michael Noll.
Grundlage der Teilnahme am Projekt ist ein
Vertrag, der mit Eltern und Schülern abgeschlossen wird. Die Schüler*innen
werden in Kleingruppen von maximal 6 in den Hauptfächern unterrichtet und in
der Werkstatt von einem Werkpädagogen angeleitet. Das Schulamt stellt eine
Lehrkraft im Umfang von 15 Wochenstunden zur Verfügung. Darüber hinaus sollen
Lehrerstunden durch die Kooperationsschulen für das Projekt bereitgestellt
werden. 2018 wurde im Umfang von 18 Wochenstunden unterrichtet. Ein
wesentlicher Projektbestandteil ist die
psychosoziale Unterstützung und Förderung. Die Reintegrationsquote der im
Schuljahr 2017/2018 beendeten Betreuungen betrug 60%. 6 Schüler konnten nicht
erreicht werden.
Die Verwaltung hat mit dem Träger der
Maßnahme vereinbart, im Rahmen einer Dienstleistung bis zu 6 Schülerinnen und
Schüler pro Schuljahr bei Zündstoff anmelden zu können. Die Kosten betragen pro
Halbjahr und Schüler/Schülerin 1700,00 €. In den vergangenen 3 Jahren wurde die
Quote Hildener Schülerinnen und Schüler wie folgt in Anspruch genommen.
2016 |
2017 |
2018 |
6 Meldungen |
5 Meldungen |
6 Meldungen |
Das Controlling der Maßnahme, insbesondere
bei der Frage der Rückschulungsperspektive, erfolgt über die
Bildungskoordination Hilden.
Bereits in den vergangenen Jahren wurde
innerhalb der Verwaltung verschiedentlich diskutiert, ein eigenes Projekt in
Hilden aufzulegen. Bislang setzte sich allerdings stets die Überzeugung durch,
dass ein überregionales Projekt, gestützt durch externe Mittel, wirtschaftlich
und qualitativ die bessere Lösung sei. Der strategische Nachteil, das Angebot
nicht unmittelbar vor Ort zu haben,
wurde bislang diesen Aspekten untergeordnet. Bei steigendem Bedarf
könnte die Verwaltung ggfls. durch eine Erhöhung der Haushaltsmittel
nachsteuern.
Das Projekt Zündstoff ist allerdings auch nur
ein Teil der Hildener Maßnahmen zum Thema Schulabsentismus. Dieses Thema wird
in Hilden seit Jahren konsequent bearbeitet. Die Maßnahmen zielen auf die stärkere Vernetzung
der handelnden Akteure ab. Mit den Jugendlichen muss abgestimmt von
unterschiedlichen Fachkräften (Lehrer, Sozialarbeiter, Psychologen, Ärzte)
unter Einbeziehung der Eltern, frühzeitig
gearbeitet werden. Nur so ist
einer Ausweitung der Problematik wirksam zu begegnen.
Zündstoff ist in diesem Kontext dann oft die
„ultima ratio“. Es gilt der Problematik präventiv zu begegnen.
Definition
Der Begriff Schulabsentismus ist der
Überbegriff für unterschiedliche und nicht einheitlich definierte Formen von Fehlzeiten in Schulen. Nach
Christoph Lenzen et al. wird unterschieden zwischen „Schulschwänzen“ und
„Schulverweigerung“. Schulschwänzen erfolgt in der Regel zunächst ohne Wissen
der Eltern, Schulverweigerung geht oft einher mit psychosomatischen
Beschwerden. Als dritte Form benennt Heinrich Ricking das „Zurückhalten“
(Eltern decken und dulden die Fehlzeiten). Verlässliche Daten gibt es zu diesem
Bereich, auch aufgrund der fehlenden einheitlichen Definition, nicht.
Sicher ist, dass hohe Fehlzeiten die
psychosoziale Entwicklung und die schulische und berufliche Integration massiv
gefährden. Unstrittig ist auch, dass bei
Schulabsentismus frühzeitig interveniert werden muss, da sich das
Verhalten schnell chronifiziert.
Historie
In Hilden wurde bereits 2003 die erste Vereinbarung
zum Umgang mit Schulabsentismus mit den weiterführenden Schulen geschlossen.
Diese wurde nachfolgend mehrfach überprüft. Weitere Elemente der
verstärkten Vernetzung von Schule und
Jugendhilfe wurden kontinuierlich, u.a. mit der Installation der Bildungskoordinationsstelle
und der Clearingrunde Übergang Schule/Beruf, installiert.
11/2003 |
Hildener Vereinbarung zum Vorgehen bei
Schulabsentismus |
02/2007, 11/2009 |
Reflexion der Verfahrensabsprache |
04/2009 |
Einrichtung der Stelle eines
Bildungskoordinators |
2012 |
Einrichtung Clearingrunde Übergang
Schule / Beruf |
Vernetzung
von Schule, Jugendhilfe und Gesundheitshilfe
Für die Konzeptentwicklung und –umsetzung im Bereich Schulabsentismus
stellt die Abstimmung der vielfältigen Akteure eine zentrale Herausforderung
dar. Die Abstimmung zwischen Schule und Jugendhilfe stand früher im Mittelpunkt
(Schule, Schulsozialarbeit, Psychologische Beratungsstelle, Allgemeiner
Sozialdienst, Hilfen zur Erziehung …). In zunehmender Weise stellen jedoch die
Fälle die größte Herausforderung dar, in denen Fehlzeiten psychisch/familiendynamisch
bedingt und oft entschuldigt sind. Schule und Jugendhilfe kommen hier häufig an
ihre Grenzen. Immer wichtiger wird daher zusätzlich Fachkräfte der
Gesundheitshilfe in die Kooperationsabläufe miteinzubeziehen (u.a.
Sozialpsychiatrischer Dienst, Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, Kinder- und
Jugendpsychiatrie). Zielsetzung ist daher, eine integrierte Hilfeplanung von
Schule, Jugendhilfe und Gesundheitshilfe zu unterstützen.
Arbeitskreis
Schulabsentismus
Im letzten Jahr wurde von Schulleitungen
weiterführender Schulen ein Bedarf für erweiterte Konzepte zum Umgang mit
Schulabsentismus formuliert. Das Bildungs- und Planungsbüro führte zur
Vorbereitung im 2. Halbjahr 2018 Gespräche mit Schulleitungen,
Schulsozialarbeiter*innen, Beratungsinstitutionen und Begleitungsprojekten
durch. Fachliteratur und Konzepte anderer Städte wurden gesammelt und
ausgewertet. Die Anregungen wurden zu einer systematisierten Ideensammlung
gebündelt, die mögliche Handlungsbausteine nach 4 Phasen gliedert (Prävention,
Erzieherisches/Pädagogisches Einwirken, Pädagogische Intervention, Rechtliche
Intervention).
Zur Sammlung der Bedarfe und Abstimmung der
Kooperationsabläufe wurde im Januar 2019 der Arbeitskreis Schulabsentismus
gegründet. Der Arbeitskreis setzt sich aus Vertretern der weiterführenden
Schulen, Schulsozialarbeit, Beratungsstellen, Betreuungsprojekten („Zukunft
Aktiv Gestalten“ und „Zündstoff“) und Gesundheitshilfe zusammen. Von Seiten der
Gesundheitshilfe ist der Sozialpsychiatrische Dienst, der Kinder- und
Jugendgesundheitsdienst und zukünftig auch die Ambulanz und Tagesklinik der
Kinder- und Jugendpsychiatrie vertreten.
Zielsetzungen des Arbeitskreises sind:
- Erarbeitung eines Qualitätsrahmens für
den Umgang mit Schulabsentismus
- Abstimmung von Verfahrenswegen und
Bekanntmachung von Ansprechpartner*innen
Fachreferate
des Sozialpsychiatrischen Dienstes und der Psychologischen Beratungsstelle
führten in das Thema ein. Im zweiten Treffen des Arbeitskreises, am 20.05.2019,
wurde die Ideensammlung (4 Phasenmodell) gemeinsam intensiv diskutiert. Ein
zweiter Entwurf wurde erstellt, der im nächsten Treffen am 16.09.2019
gegebenenfalls abschließend beraten wird.
Zentrale
Diskussionsergebnisse:
- Ein breiter Konsens besteht über die
Notwendigkeit einer frühzeitigen Intervention und eines abgestimmten
Verfahrens.
- Besonderheiten der Einzelfälle lassen
sich kaum in allgemeine Verfahrensabsprachen fassen.
- Verfahrenswege müssen kompatibel zu
unterschiedlichen Organisationsformen sein.
- Informationen zu Ansprechpartnern und
Vernetzung werden allseits gewünscht.
Beratung
schwieriger Einzelfälle – „Clearingrunde“
Zusätzlich zum Arbeitskreis wurde in diesem
Jahr ein Beratungsgremium geschaffen, in dem schwierige Einzelfälle
multiinstitutionell beraten werden. Die Beratung erfolgt in anonymisierter
Form. An der Beratung nehmen unter anderem teil: Schulvertreterinnen,
Schulsozialarbeit, Psychologische Beratungsstelle, Allgemeiner Sozialdienst,
Sozialpsychiatrischer Dienst, Jugendförderung, ZAG und Suchtberatung. Die
Clearingrunde startete im März 2019 und findet einmal monatlich in der Campus
OT in Räumlichkeiten der Marie-Colinet-Schule statt.
Problemlösungsansätze
Schulabsentismus stellt ein komplexes Problem
dar und erfordert mehrstufige Problemlösungsansätze. Wichtige Pfeiler, um eine
gelingende Kooperation im Einzelfall abzusichern, sind dabei ein
funktionierendes Netzwerk, ein gemeinsamer
Qualitätsrahmen für die Kooperation, multiinstitutionelle Beratung von
schwierigen Einzelfällen und die Einbeziehung der Gesundheitshilfe.
Ausblick
Problemlösungsansätze für den Bereich
Schulabsentismus sind auf dem Weg. Die entwickelten Maßnahmen fokussieren dabei
nicht nur auf das Thema Schulabsentismus. Zielsetzung ist es, Grundlagen für
eine gelingende, lösungsorientierte Kooperation zwischen Schule, Jugendhilfe
und der Gesundheitshilfe weiterzuentwickeln. Ob dies gelingt, hängt nicht
zuletzt davon ab, inwieweit die notwendigen Zeitressourcen für die Entwicklung
und Umsetzung der Maßnahmen bei allen Beteiligten zur Verfügung stehen.
Das Projekt „Zündstoff“ läuft weiter. Die
Teilnehmerzahlen variieren in letzten Jahren zwischen (5 und 6). Sollte sich
zukünftig ein höherer Bedarf ergeben ist eine Nachsteuerung über den Haushalt
möglich.Es bleibt abzuwarten, wie sich die eingeleiteten Maßnahmen bewähren und
ob darüber hinaus ein eigenes Schulabsentismus-Projekt in Hilden zukünftig zielführend
sein könnte.
gez.
Birgit Alkenings
Finanzielle Auswirkungen
Produktnummer
/ -bezeichnung |
060305 Netzwerk Bildung |
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Investitions-Nr./
-bezeichnung: |
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Pflichtaufgabe
oder freiwillige
Leistung/Maßnahme |
Pflicht- aufgabe |
(hier ankreuzen) |
freiwillige Leistung |
(hier ankreuzen) |
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Folgende Mittel sind im Ergebnis- /
Finanzplan veranschlagt: (Ertrag und Aufwand im
Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen) |
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Haushaltsjahr |
Kostenträger/
Investitions-Nr. |
Konto |
Bezeichnung |
Betrag € |
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2019 ff |
0603050020 |
529100 |
Dienstleistungen
6 Pauschalen für Zündstoff e.V. |
10.200 |
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Aus der Sitzungsvorlage ergeben sich
folgende neue Ansätze: (Ertrag und Aufwand im
Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen) |
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Haushaltsjahr |
Kostenträger/
Investitions-Nr. |
Konto |
Bezeichnung |
Betrag € |
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Bei über-/außerplanmäßigem
Aufwand oder investiver Auszahlung ist die Deckung gewährleistet durch: |
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Haushaltsjahr |
Kostenträger/
Investitions-Nr. |
Konto |
Bezeichnung |
Betrag € |
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Stehen Mittel
aus entsprechenden Programmen des Landes, Bundes oder der EU zur Verfügung?
(ja/nein) |
ja X (teilw. bei Landesstellen) (hier ankreuzen) |
nein X (Kommune) (hier ankreuzen) |
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Freiwillige
wiederkehrende Maßnahmen sollen auf drei Jahre befristet werden. |
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Wurde die Zuschussgewährung Dritter
durch den Antragsteller geprüft – siehe SV? |
ja (hier ankreuzen) |
nein (hier ankreuzen) |
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Finanzierung/Vermerk
Kämmerer Die
dargestellten Finanzmittel stehen unter
dem Vorbehalt des Ergebnisses der Haushaltsberatungen 2020/2021 Franke |
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