Betreff
Direktvergabe von öffentlichen Personenverkehrsdiensten
Vorlage
WP 14-20 SV I/016
Aktenzeichen
I/Dn
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.  Der Rat der Stadt Hilden beschließt im Rahmen der Zuständigkeit für die Planung, Organisation und Ausgestaltung des öffentlichen Straßenpersonennahverkehrs (ÖSPV), gemeinsam mit der Landeshauptstadt Düsseldorf (LHD) und dem Kreis Mettmann sowie mit Zustimmung der mitbedienten Aufgabenträger und unter satzungsgemäßer Mitwirkung des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR)

 

-        die Rheinbahn AG (Rheinbahn),

-        die Kreisverkehrsgesellschaft Mettmann GmbH (KVGM) und

-        die Verkehrsgesellschaft Hilden mbH (VGH)

          als „Gruppe von Verkehrsunternehmen Rheinbahn/ KVGM/ VGH“

mit der Verwaltung und Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unte­rliegenden öffentlichen Personenverkehrsdiensten in einem integrierten Gesamtnetz im Wege der Direktvergabe für einen Zeitraum von 22,5 Jahren beginnend zum 01.11.2019 zu betrauen. Die Betrauung erfolgt im Rahmen der entsprechenden Regelungen der Sat­zung des Zweckverbandes VRR und der „Richtlinie zur Finanzierung des ÖSPV im Ver­kehrsverbund Rhein-Ruhr“ nach dem VRR-Vergabemodell. Die Umsetzung der Betrauung durch Erteilung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags (ÖDA) steht unter dem Vorbe­halt einer positiven Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) im laufenden Nachprüfungsverfahren.

Gegenstand der zu beschließenden Direktvergabe ist das in der Vorabbekanntmachung der Vergabeabsicht (2018/S 097-222323, ABl./S S97 vom 24.05.2018, 222323-2018-DE) beschriebene, bisher schon von der Rheinbahn, der KVGM und der VGH gemeinsam bediente Netz als integrierte Gesamtleistung bestehend aus Straßenbahn-, Stadtbahn- und Busverkehren. Zu diesem Netz zählen auch grenzüberschreitende Linien, die in die Gebiete benachbarter Aufgabenträger (mitbediente Aufgabenträger) führen.

Umfang, Art und Weise und Qualität der in diesem Gesamtnetz zu erbringenden Ver­kehrsdienste richten sich nach den vom Rat der LHD und dem Kreistag des Kreises Mettmann verabschiedeten jeweiligen Nahverkehrsplänen sowie den Vorgaben der Nahverkehrspläne der mitbedienten Aufgabenträger, soweit diese die hier umfassten Verkehrsdienste betreffen. Die Betrauung beinhaltet Möglichkeiten zur Umsetzung politisch gewollter Leistungsänderungen während des Betrauungszeitraumes, insbesondere auch um geänderte Nahverkehrsplanungen berücksichtigen zu können.

Die Verwaltung wird beauftragt, für den zu erteilenden ÖDA entsprechende Regelungen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen (im Folgenden „Lokale Regelungen“) auszuformulieren, die den vorgenannten Anforderungen entsprechen und im Rahmen des VRR-Vergabesystems Bestandteile des ÖDA werden.

2.  Der Rat beauftragt die städtische Kapitalvertreterin, in der Gesellschafterversammlung der Stadt Hilden Holding GmbH einen Beschluss herbeizuführen, der die Geschäftsführung verpflichtet, in der Gesellschafterversammlung der Stadtwerke Hilden GmbH einen Beschluss herbeizuführen, der die Geschäftsführung verpflichtet, in der Gesellschafter­versammlung der VGH einen Beschluss herbeizuführen, der Geschäftsführung der VGH die Weisung zu erteilen, die vom Rat beschlossene Direktvergabe incl. der Betrauung der Gruppe von Verkehrsunternehmen Rheinbahn/ KVGM/ VGH mit den sich daraus auch für die VGH ergebenden Verpflichtungen einschließlich der von der Verwaltung aufzustellenden Lokalen Regelungen verbindlich zu beachten.

     Ferner beauftragt der Rat den/die städtische/n Kapitalvertreter/in, in der Gesellschafter­versammlung der VGH, einen Beschluss zuzustimmen, mit dem der Geschäftsführung der VGH die Weisung erteilt wird, die vom Rat beschlossene Direktvergabe einschließlich der Betrauung der Gruppe von Verkehrsunternehmen Rheinbahn/KVGM/VGH mit den sich daraus auch für die VGH ergebenden Verpflichtungen einschließlich der von der Verwaltung aufzustellenden Lokalen Regelungen verbindlich zu beachten. Die LHD und der Kreis Mettmann beabsichtigen, entsprechende Weisungen an die Rheinbahn bzw. die KVGM auf den Weg zu bringen.

3.  Die LHD, der Kreis Mettmann und die Stadt Hilden sind Aufgabenträger der öffentlichen Personenverkehrsdienste in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich. Sie gehören in Bezug auf die Direktvergabe zur Gruppe von Behörden im Sinne des Art. 2 lit b) VO (EG) Nr. 1370/2007 nach Maßgabe der satzungsrechtlichen Bestimmungen im VRR. Der Rat stimmt in diesem Zusammenhang einem Zusammenschluss der Stadt Hilden mit der LHD und dem Kreis Mettmann zu einer Arbeitsgemeinschaft gemäß § 2 des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit NRW und dem Abschluss des hierfür erforderlichen öffentlich-rechtlichen Vertrages zu.

4.  Der Rat ermächtigt die Verwaltung, alle erforderlichen Schritte für eine Betrauung der Gruppe von Verkehrsunternehmen Rheinbahn/ KVGM/ VGH zum 01.11.2019 zu ergrei­fen, um die Verkehrsbedienung im bisher schon von der Rheinbahn, der KVGM und der VGH gemeinsam bedienten Netz als integrierte Gesamtleistung bestehend aus Straßen­bahn-, Stadtbahn- und Busverkehren im unmittelbaren Anschluss an die zum 31.10.2019 ablaufende bisherige Betrauung dieser Unternehmen weiterhin zu gewährleisten. Dies umfasst auch Notmaßnahmen bzw. Interimsvergaben, falls in dem laufenden Nachprüfungsverfahren eine negative Entscheidung des OLG getroffen werden sollte oder sich eine Entscheidung verzögert und hierdurch eine Betrauung beginnend zum 01.11.2019 gefährdet wäre.

 

Der Kreis Mettmann und die LHD beabsichtigen, entsprechende Beschlüsse des Kreistages bzw. des Rates herbeizuführen.

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Der Rat der Stadt Hilden hat in seiner Sitzung vom 13.12.2017 (Vorlage WP 14-20 SV 61/162) die Absicht beschlossen, die Gruppe von Verkehrsunternehmen Rheinbahn/ KVGM/ VGH im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags (ÖDA) mit der Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten in einem integrierten Gesamtnetz einschließlich der damit verbundenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Wege der Direktvergabe im Rahmen der Gruppe von Behörden im VRR gemäß Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 1370/2007 zu betrauen. Die LHD und der Kreis Mettmann entsprechende Direktvergabeabsichten beschlossen.

 

Die Gruppe von Verkehrsunternehmen Rheinbahn/ KVGM/ VGH erbringt neben den gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistungen im Zuständigkeitsgebiet der LHD, des Kreises Mettmann und der Stadt Hilden auch gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen auf gebietsübergreifenden Stadt- und Straßenbahnlinien sowie auf Buslinien in mitbedienten Aufgabenträgergebieten. Die mitbedienten Aufgabenträger haben entsprechende Zustimmungsbeschlüsse gefasst.

Die Zusammenfassung aller zu diesem Netz gehörenden Verkehre in einer Hand ermöglicht eine übergreifende Planung und betriebliche Steuerung sowie die permanente Abstimmung der Linien- und Fahrpläne. Das vertaktete Angebot von Bahn- und Buslinien bedarf einer solch intensiven Kooperation.

Auf Basis der Beschlussfassungen erfolgte am 24.05.2018 die Vorabbekanntmachung der beabsichtigten Direktvergabe an die Gruppe von Verkehrsunternehmen Rheinbahn/ KVGM/ VGH im EU-Amtsblatt durch den VRR für die Gruppe von Behörden. Am 07.07.2018 wurde eine Korrektur dieser Vorabbekanntmachung veröffentlicht. Am 24.05.2019 ist das gemäß Art. 7 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 1370/2007 einzuhaltende Wartejahr zwischen Veröffentlichung der Vorabbekanntmachung und Vornahme der Direktvergabe abgelaufen.

Die beabsichtigte Direktvergabe wurde von einem privaten Busunternehmen gerügt. Da dieser Rüge nicht abgeholfen wurde, stellte das private Busunternehmen einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Rheinland (VK). Inhaltlich wurde gegen die beabsich­tigte Direktvergabe insbesondere angeführt, dass Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 1370/2007 auf die beabsichtigte Direktvergabe nicht anwendbar sei und keine ordnungsgemäße Gruppe von Behörden nach Art. 2 lit. b) der VO (EG) Nr. 1370/2007 bestehe. Gleichzeitig wurde u.a. die Einbindung der KVGM in die Gruppe als Verstoß gegen die in Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 1370/2007 verankerte Selbsterbringungsquote beanstandet.

Die VK hat mit Beschluss vom 04.01.2019 den Zuschlag auf den ÖDA untersagt. Sie ging dabei von der Anwendbarkeit des Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 1370/2007 aus. Das Zuschlagsverbot wurde damit begründet, dass auf Aufgabenträgerseite mangels der nach Auffassung der VK erforderlichen vollständigen Übertragung der Interventionsbefugnis und Aufgabenträgerschaft von den Städten und Kreisen auf den VRR hier keine Gruppe von Behörden begründet werden könne.

Gegen diesen Beschluss der VK ist fristgerecht Beschwerde beim OLG eingelegt worden. Das OLG hat im Nachgang in einem Parallelverfahren erkennen lassen, dass es die Möglichkeit einer Gruppenbildung abweichend von der VK hier sehr wohl sieht. Vor diesem Hintergrund wird davon ausgegangen, dass das OLG das Zuschlagsverbot der VK aufheben wird.

Auch das Urteil des EuGH vom 21.03.2019, das klarstellt, dass das spezielle Vergaberecht des Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 1370/2007 nur gilt, wenn der ÖDA als Dienstleistungskonzession gestaltet wird, steht der beabsichtigten Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 1370/2007 nicht entgegen. Zum einen behandelt das Urteil nicht den – hier gegebenen – Fall der Erteilung des ÖDA durch einseitige Rechtsakte, die von vornherein nicht dem allgemeinen Vergaberecht unterliegen und schon aus diesem Grund in den Anwendungsbereich der speziellen Vergaberegeln des Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 fallen. So ergeht im hier zugrundeliegenden VRR-Vergabesystem ein Finanzierungsbescheid, der die für einen ÖDA erforderlichen beihilferechtlichen Regelungen trifft. Der Finanzierungsbescheid verweist auf die hiesige Beschlussfassung, die durch gesellschaftsrechtliche Weisung gegenüber dem Betreiber umgesetzt wird. Zum anderen sind auch die Voraussetzungen der Dienstleistungskonzession vorliegend erfüllt.

Die Dienstleistungskonzession ist dadurch gekennzeichnet, dass die Gegenleistung des Auftraggebers in einem Recht des Auftragnehmers zur wirtschaftlichen Verwertung seiner Leistung besteht und nicht ausschließlich in einem Entgelt des Auftraggebers. Bei einer Zuzahlung, die weniger als 50 % der Kosten der Verkehrser­bringung abdeckt, kann nach der Rechtsprechung von einer Übernahme eines wesentlichen Teils des wirtschaftlichen Risikos ausgegangen werden. Der Kostendeckungsgrad des hier in Rede stehenden Verkehrsnetzes liegt ausgehend von den am Markt erzielten Erlösen (Fahrgeldeinnahmen und hiervon abhängige Tarifausgleiche für die Beförderung Schwerbe­hinderter und Ausbildungsverkehr) deutlich oberhalb 50 %. Insoweit werden die Anforderun­gen an eine Dienstleistungskonzession und die Anwendbarkeit des Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 1370/2007 entgegen der Auffassung des Antragstellers erfüllt. Hilfsweise wären im Übrigen auch die Anforderungen eines Inhouse-Geschäfts erfüllt, das der EuGH in seinem vorgenannten Urteil als einen ebenfalls rechtlich zulässigen Weg für eine Direktvergabe ansieht.

Das OLG hat die mündliche Verhandlung im Nachprüfungsverfahren auf den 11.09.2019 terminiert. Mit Blick auf das Ablaufen der bestehenden Betrauung der Gruppe von Verkehrsunternehmen Rheinbahn/ KVGM/ VGH bereits am 31.10.2019, soll unter dem Vorbehalt eines für die Behördengruppe positiven Ausgangs des Nachprüfungsverfahrens die beab­sichtigte Betrauung zum 01.11.2019 beschlossen werden. Mit der Erteilung des ÖDA nach Aufhebung des Zuschlagsverbots soll das mit dem Ratsbeschluss vom 13.12.2017 und der anschließenden Vorabbekanntmachung auf den Weg gebrachte Verfahren der Direktvergabe abgeschlossen werden.

 

Für den etwaigen Fall, dass absehbar ist, dass bis zum 31.10.2019 das Nachprüfungsverfahren (noch) nicht erfolgreich abgeschlossen bzw. das Zuschlagsverbot bis dahin (noch) nicht beseitigt werden kann, ist wegen des Ablaufens der bestehenden Betrauung am 31.10.2019 dennoch eine Betrauung der Gruppe von Verkehrsunternehmen Rheinbahn/ KVGM/ VGH zum 01.11.2019 erforderlich, um die Verkehrsversorgung für die Allgemeinheit auf dem bisherigen Niveau aufrechtzuerhalten. Die Verwaltung wird daher ermächtigt, im Rahmen des rechtlich Zulässigen alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Unterbrechung oder Einschränkung der Verkehrsdienste wegen der damit verbundenen massiven Beeinträchtigung der öffentlichen Verkehrsinteressen in jedem Fall zu vermeiden.

 

Dies umfasst erforderlichenfalls die Vornahme von Notmaßnahmen im Sinne von Art.5 Abs. 5 der VO (EG) Nr. 1370/2007 bzw. von Interimsvergaben nach den Regelungen des allgemeinen Vergaberechts. Da die Notmaßnahmen bzw. Interimsvergaben zum Ziel haben, das Angebot des öffentlichen Personenverkehrs im Bestand und auf dem bisherigen Niveau für die Allgemeinheit als Bestandteil der Daseinsvorsorge aufrechtzuerhalten wird davon ausgegangen, dass diese aufgrund des ganz überwiegenden öffentlichen Interesses einer etwaigen gerichtlichen Überprüfung Stand halten werden. Die Notmaßnahmen wären zeitlich begrenzt wirksam. Die ggf. zu überbrückende Zeitdauer hängt vom weiteren Verlauf des Nachprüfungsverfahrens ab. Sollte es beispielsweise zu einem Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof kommen, wäre die Zeit bis zur abschließenden Entscheidung des OLG zu überbrücken. Sollte hingegen das OLG entgegen der hiesigen Erwartung zu der Entscheidung kommen, dass die beabsichtigte Direktvergabe in der vorgesehenen Form nicht rechtmäßig ist, wäre ein erneutes Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags nach der VO (EG) Nr. 1370/2007 unter Berücksichtigung der Entscheidung im laufenden Nachprüfungsverfahren auf den Weg zu bringen und dafür eine erneute Vorabbekanntmachung zu veröffentlichen.

 

Zustandekommen des ÖDA

Die LHD und der Kreis Mettmann sind Verbandsmitglieder des Zweckverbandes VRR (VRR), dessen satzungsmäßige Aufgabe die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung im öffentlichen Personennahverkehr ist. Die Stadt Hilden, die nicht Mitglied des Zweckverbandes ist, hat mit dem VRR eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung geschlossen, wodurch sie sich an der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung beteiligt.

 

Im VRR erfolgt die Vergabe des ÖDA gemeinsam durch den VRR und die Aufgabenträger als Gruppe von Behörden, namentlich für die jeweils die Kontrolle ausübenden Aufgabenträger sowie die Aufgabenträger, die neben diesen von den in Rede stehenden Verkehrsdiensten bedient werden.

 

Den Verbandsmitgliedern obliegt dabei die Definition der gemeinwirtschaftlichen Verpflich­tungen im ÖDA. Die Stadt Hilden legt dementsprechend im Rahmen ihrer Aufgabenträgerverantwortung – in Abstimmung mit dem Kreis Mettmann und der LHD sowie den mitbedienten Aufgabenträgern – die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zum Bedienungsangebot und seine Qualitätsmerkmale fest. Der ÖDA bildet - v.a. in den Lokalen Regelungen - die zu verankernden Anforderungen an die Verkehrsbedienung ab. Sie richten sich an den Vorgaben des vom Rat der LHD beschlossenen Nahverkehrsplans Düsseldorf sowie der Nahverkehrspläne des Kreises Mettmann und der mitbedienten Aufgabenträger, soweit diese betroffen sind, aus. Auch die dort vorgesehene Anpassung der Bedienung an sich ändernde Umstände wird über Änderungsklauseln, die zu den Lokalen Regelungen des ÖDA gehören, geregelt.

 

Inhaltliche Eckpunkte des ÖDA

Gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 sind im ÖDA die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und geografischen Geltungsbereiche klar zu definieren sowie vorab und objektiv aufzustellende Parameter für die Ausgleichsleistungen einschließlich der Durchfüh­rungsvorschriften für die Zuordnung von Kosten und Einnahmen und Art und Umfang gewährter Ausschließlichkeitsrechte zu regeln.

Der ÖDA an die Gruppe von Verkehrsunternehmen Rheinbahn/ KVGM/ VGH soll eine adäquate Versorgung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im ÖSPV im Zuständigkeitsbereich der drei Aufgabenträger LHD, Kreis Mettmann und Stadt Hilden sowie der mitbedienten Aufgabenträger auch in Zukunft sicherstellen.

Gegenstand des ÖDA ist mithin die Erbringung der öffentlichen Personenverkehrsdiente im bisher schon von der Rheinbahn, der KVGM und der VGH gemeinsam bedienten Netz als integrierte Gesamtleistung bestehend aus Straßenbahn-, Stadtbahn- und Busverkehren einschließlich der ausbrechenden Verkehre. Der ÖDA soll eine Laufzeit von 22,5 Jahren haben. Die lange Laufzeit resultiert aus der Amortisationsdauer der zur Erfüllung des ÖDA erforderlichen Investitionen. Der ÖDA verpflichtet die Gruppe von Verkehrsunternehmen Rheinbahn/KVGM/VGH, den überwiegenden Anteil der gebundenen Wirtschaftsgüter bereit zu stellen und erhebliche Investitionen insbesondere in Schienenfahrzeuge und Infrastruktur vorzunehmen. Dem wird durch die Erteilung eines ÖDA mit der maximal möglichen Laufzeit Rechnung getragen.

Die Regelung der Ausgleichsleistungen erfolgt durch das VRR-Finanzierungssystem, insbe­sondere durch die VRR-Finanzierungsrichtlinie und den vom VRR im Rahmen der Direktvergabe zu erlassenden Finanzierungsbescheid. Insoweit sind von kommunaler Seite keine besonderen Regelungen zu treffen.

Ausschließlichkeitsrechte werden der Gruppe von Verkehrsunternehmen Rheinbahn/ KVGM/ VGH im Zuge der Betrauung nicht eingeräumt.

 

Konkretisierung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen

Im Rahmen der Erteilung des ÖDA obliegt den beteiligten Aufgabenträgern, wie oben dargestellt, die Definition der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, d.h. die inhaltliche Festlegung der Anforderungen an die Verkehrsbedienung. Der zu erteilende ÖDA wird insoweit verknüpft mit Anforderungen an den Fahrplan und das Leistungsangebot allgemein, die Beförderungsentgelte und die einzuhaltenden Standards. Die maßgeblichen Anforderungen wurden grundlegend bereits mit der Vorabbekanntmachung beschrieben (vgl. Drs.-Nr. 001/80/2017). Im nun zu erteilenden ÖDA werden diese Anforderungen im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Weisung näher ausgestattet. Dazu zählen konkretisierte Anforderungen an das einzusetzende Personal, die Fahrzeuge, Qualitätskriterien und ihre Messung, die Infrastrukturvorhaltung sowie die Erfüllung von Regie- und Vertriebsaufgaben.

 

Anforderungen für Fahrplan / Fahrplan-Standards

Den Verkehrsdiensten, die Gegenstand des beabsichtigten ÖDA werden sollen, liegt der Integrationsgedanke zu Grunde. Sowohl in wirtschaftlicher als auch in verkehrlicher Hinsicht bietet die Vergabe eines integrierten Netzes Vorzüge: Anschlussverknüpfungen werden reduziert und nicht zu vermeidende Umsteigebeziehungen aufeinander abgestimmt, was einem verbesserten Fahrplanangebot dient.

Der ÖSPV, der mit dem beabsichtigten ÖDA vergeben werden soll, ist in besonderer Weise durch ein hierarchisch gegliedertes Netz gekennzeichnet. Die Haupterschließungsfunktion hat dabei das Stadtbahn- und Straßenbahnnetz mit u.a. darauf ausgerichteten Zubringerbuslinien zu übernehmen. Eine wichtige Rolle spielt auch die Verknüpfung mit dem SPNV. In der Planung der einzelnen Fahrten ist daher eine detaillierte Abstimmung von Stadtbahn/Straßenbahn und Bus vorzunehmen, wobei der Bus der Stadtbahn/Straßenbahn nachfolgt.

 

Allgemeine Anforderungen an das Leistungsangebot

Die mit dem ÖDA verknüpften Anforderungen an das Leistungsangebot werden in hinterleg­ten Liniensteckbriefen funktional beschrieben. Sie enthalten Vorgaben hinsichtlich Haltestellen, Bedienungshäufigkeit und Bedienungszeitraum. Die Vorgaben der Liniensteckbriefe werden ergänzt durch die konkreten Fahrpläne. Diese sind als Referenzfahrpläne zu verstehen. Unter Einhaltung der Vorgaben der Nahverkehrspläne sind sie fortzuschreiben, um das Angebot an veränderte Verkehrsbedürfnisse anzupassen. Die aus der Fahrplanstruktur abzuleitende Anschlusssystematik an allen wichtigen Verknüpfungspunkten sowie die Abstimmung der Fahrplantakte von über längere Streckenabschnitte sich ergänzenden Linien sind dabei aufrecht zu erhalten und zu gewährleisten.

Die Tageslinien sind in der Spitzennachfrage durch Verstärkerfahrten zu ergänzen. Zudem sind Sonderverkehre bei Veranstaltungen (z.B. Rheinkirmes, Messen, Fußballspiele) durchzuführen.

Anforderungen für Beförderungsentgelte / Tarif-Standards

Der ÖDA wird mit der Anforderung verbunden sein, dass der Betreiber bei der Erbringung der öffentlichen Personenverkehrsdienste auf den in die Vergabe einbezogenen Linien ausschließlich die gültigen Tarife des VRR, VRS, AVV, Auszüge aus dem DB Tarif, Übergangstarife, Sondertarife und den NRW-Tarif anzuwenden hat. Des Weiteren sind die jeweils geltenden Allgemeinen Beförderungsbedingungen, Qualitätsstandards und Richtlinien des VRR zu beachten.

 

Anforderungen für sonstige Standards

Die zu vereinbarenden sonstigen Standards betreffen insbesondere

-           Anforderungen an das einzusetzende Personal, einzuhaltende Sozialstandards und die medizinische Betreuung des Personals,

-           die Verfügbarkeit des Angebots und das Störungsmanagement,

-           die Pünktlichkeit,

-           funktionierende Anschlussrelationen, den Ausbau von Anschlussgarantien,

-           das Platzangebot,

-           die Sicherheit,

-           den Kundenservice,

-           den Vertrieb, hier insbesondere auch die unkomplizierte Nutzung moderner Vertriebswege und

-           das Beschwerdemanagement.

 

Infrastruktur / Regie- und Vertriebsaufgaben

Der ÖDA wird sich nicht auf die Erbringung des vorstehend beschriebenen Leistungsangebots beschränken. Vielmehr gehört zu den mit dem ÖDA verbundenen Pflichten auch der Betrieb der für die Verkehrsdienste erforderlichen Anlagen und Einrichtungen (Verkehrsinfrastruktur), insbesondere auch der Anlagen und Einrichtungen der schienengebundenen Verkehrsmittel (Stadt- /Straßenbahn). Zudem wird der ÖDA den Betreiber auch zur Erbringung von Regie- und Vertriebsaufgaben verpflichten.

 

Die Einzelheiten dieser Vorgaben werden in Lokalen Regelungen festgelegt, die über die o.g. Weisung auf gesellschaftsrechtlichem Wege der Gruppe von Verkehrsunternehmen Rheinbahn/ KVGM/ VGH vorgegeben und in dem vom VRR zu erlassenden Finanzierungsbescheid in Bezug genommen werden. Hierzu gehören die Anforderungen an die Verkehrsbedienung nebst Tarif und sonstige Standards sowie eine Qualitätsvereinbarung. Die Verwaltung wird beauftragt, entsprechend der hiesigen Beschlussfassung Lokale Regelungen in Abstimmung mit dem Kreis Mettmann und der LHD auszuformulieren, und diese für die Betrauung im Rahmen des ÖDA verbindlich festzulegen.

 

Änderungen der Verkehrsbedienung

Die Eigentümer-Aufgabenträger LHD, Kreis Mettmann und Stadt Hilden sind berechtigt, im Rahmen der Weiterentwicklung des ÖSPV und/oder aufgrund von unvorhergesehenen Ereignissen den Umfang und die Qualität der betrauten öffentlichen Personenverkehrsleistungen an veränderte Gegebenheiten anzupassen. Mit der Betrauung wird ein Rahmen definiert, innerhalb dessen die Stadt diese Anforderungen an die Verkehrsbedienung verändern kann, um sie an geänderte Rahmenbedingungen anzupassen, wie z.B. an einen geänderten Nahverkehrsplan, technische Entwicklungen, Belange des Umwelt- und Klimaschutzes, behördliche Auflagen, gesetzliche Änderungen, Änderungen der Nachfrage bzw. des Nutzerverhaltens.

 

Der in den Liniensteckbriefen angegebene Umfang der zu erbringenden Verkehrsdienste kann erweitert oder unter Wahrung der Ziele des Nahverkehrsplans reduziert werden. Der Korridor für solche Änderungen wird dabei so festgelegt, dass in vergaberechtlicher Hinsicht der Gesamtcharakter des ÖDA erhalten bleibt und keine Neuvergabe ausgelöst wird. Ände­rungen der Ausgleichsbeträge, der Finanzierungsmittel und Finanzierungsbeträge werden nach Maßgabe der VRR-Zweckverbandssatzung und der VRR-Finanzierungsrichtlinie durchgeführt.

 

Arbeitsgemeinschaft mit der LHD und dem Kreis Mettmann

Die LHD, der Kreis Mettmann und die Stadt Hilden sind gemäß § 3 Gesetz über den öffent­lichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen (ÖPNVG NRW) Aufgabenträger für den ÖSPV und zuständige Behörde im Sinne der VO (EG) Nr. 1370/2007.

 

Die drei Gebietskörperschaften bilden einen zusammenhängenden Verkehrsraum mit einem integrierten ÖPNV-Angebot, d.h. einem verkehrlich verflochtenen und einheitlich geplanten Liniennetz (Kooperationsraum). Die Fortführung der bisherigen Verkehrsbedienung in einem integrierten Gesamtnetz erfordert eine gemeinsame Direktvergabe als Gruppe von Behörden im Sinne des Art. 2  lit. b) der VO (EG) Nr. 1370/2007. Die Beteiligten wollen ihre Zusam­menarbeit als Arbeitsgemeinschaft ausgestalten, die über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zustande kommt. Zweck der Arbeitsgemeinschaft wird die Entwicklung, Beratung, Abstim­mung und Einleitung von gemeinschaftlichen Lösungen zur Sicherstellung eines integrierten ÖPNV-Angebots im Kooperationsraum sowie der gemeinsamen Qualitätssteuerung sein. Der Arbeitsgemeinschaft sollen keine Aufgaben oder Befugnisse übertragen werden. Sie soll vielmehr Vorarbeiten zur Entscheidungsfindung und Umsetzung der Entscheidungen leisten.

 

Gez. Birgit Alkenings

Bürgermeisterin