Betreff
Bericht zur Unterbringung und Integration von Flüchtlingen
Vorlage
WP 14-20 SV 50/161
Aktenzeichen
III/50-02/wo
Art
Mitteilungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Sozialausschuss und der Integrationsrat nehmen die Ausführungen der Verwaltung zur Unterbringung und Integration von Flüchtlingen zur Kenntnis.

 

 

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Seit Anfang 2015 erfolgt in jeder Sitzung des Sozialausschusses eine ausführliche Berichterstattung zur aktuellen Flüchtlingssituation in Hilden. In jeder Sitzung des Sozialausschusses steht diese ausführliche Berichterstattung sowie ggf. die Beratung weiterer Maßnahmen zur Flüchtlingsunterbringung auf der Tagesordnung. Diese Vorgehensweise hat sich bewährt und garantiert eine aktuelle Information sowie eine situative Entscheidungsfindung.

 

Unterbringung:

 

Aktuelle Entwicklung der Flüchtlingszahlen

Im Jahr 2019 haben sich die Asylzahlen im Zeitraum März wie folgt entwickelt:

 

Im bisherigen Berichtsjahr 2019 wurden 39.948 Erstanträge vom Bundesamt entgegengenommen. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres wurden 40.932 Erstanträge gestellt; dies bedeutet einen Rückgang der Antragszahlen um 2,4 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der Folgeanträge im Berichtsjahr 2019 stieg gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreswert (5.894 Folgeanträge) um 10,8 % auf 6.529 Folgeanträge. Damit nahm das Bundesamt insgesamt 46.477 Asylanträge im bisherigen Berichtsjahr 2019 entgegen; im Vergleich zum Vorjahr (46.826  Asylanträge) bedeutet dies einen Rückgang um 0,7 %. (Quelle: Asylgeschäftsstatistik des BAMF, März 2019).

 

Die zehn zugangsstärksten Herkunftsländer (nach Erstanträgen) sind für den Zeitraum März  2019:

 

 

TOP 10 Staatsangehörigkeiten

Anzahl

%

1.

Syrien

10.471

 26,1 %

2.

Irak

4.107

 9,4 %

3.

Nigeria

4.036

 9,3 %

4.

 Türkei

2.445

  5,8 %

5.

 Iran Islam. Rep.

2.441

5,5 %

6.

Afghanistan

2.595

 5,5 %

7.

Georgien

1.303

 2,9 %

8.

Ungeklärt

1.163

 2,5 %

9.

Guinea

1.054 

 2,4 %

10.

Somalia

1.036

 2,2 %

Ergebnis

 

46.477

 71,6

 

Das heißt, die Anzahl der Asylbewerber ist im Vergleich zu den Jahren 2015-2016 deutlich zurückgegangen.

 

Für den Monat März 2019 lag die Gesamtschutzquote für alle Staatsangehörigkeiten bei  37,9%.

 

 

Situation in Hilden

 

Die Unterbringungssituation in Hilden ist nach wie vor als stabil zu bezeichnen, die bislang geschaffenen Unterbringungseinheiten sind ausreichend. Sollte der weitere Zuzug von Flüchtlingen im bisherigen Trend verbleiben, ist die Unterbringung der Menschen voraussichtlich über das Jahr 2019 hinaus gesichert.

 

Die Wohnraumsituation für die Anzahl der anerkannten Flüchtlinge ist weiterhin sehr angespannt. Es steht nach wie vor kein ausreichender und bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung, so dass das Amt für Soziales, Integration und Wohnen weiterhin mit den Integrationsbemühungen aller Flüchtlingsgruppen befasst ist, da die anerkannten Flüchtlinge alle mit der Wohnsitzauflage für Hilden für die Dauer von drei Jahren ausgestattet sind. In diesem Zeitraum müssen die Menschen in Hilden wohnen. Ein Umzug in eine andere Gemeinde ist nicht, bzw. nur in Ausnahmefällen möglich. Dennoch gelingt es Einzelnen, auch Familien, sich immer wieder mit Wohnraum zu versorgen

 

Mit Stand 14.05.2019 sind in Hilden 559 Flüchtlinge in städtischen Übergangsheimen untergebracht. Der starke Rückgang gegenüber dem letzten Berichtszeitraum erklärt sich durch zahlreiche Auszüge, indem Menschen privaten Wohnraum fanden, freiwillig ausreisten oder durch Abschiebungen außer Landes gebracht wurden. Von diesen 559 Personen sind 461 Personen im Leistungsbezug des AsylbLG. Wir erhielten im Monat März für 299 Personen aus dieser Gruppe Zuschüsse nach der FlüAG–Pauschale.

 

Die aktuelle Anzahl der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren beläuft sich auf 140 Menschen.

 

In Hilden sieht die Verteilung nach Nationalitäten mit Stand 14.05.2019 wie folgt aus:

 

 

TOP 10 Staatsangehörigkeiten

Anzahl

%

1.

Syrien

73

13

2.

Irak

61

11

3.

Afghanistan

41

7

4.

Nigeria

29

5

5.

Eritrea

33

6

6.

Guinea

31

6

7.

Iran

29

4,5

8.

Türkei

21

4

9.

Russland

21

4

10.

Pakistan

19

3

358

63,5

 

Es gibt zwei verschiedene Aufnahmeverpflichtungen für die Stadt Hilden mit unterschiedlichen Zielgruppen. Für die Zuweisung dieser Menschen ist die Bezirksregierung Arnsberg zuständig, die die Aufnahmeverpflichtung täglich aktuellen Entwicklungen anpasst.

Diese beiden Personengruppen unterteilen sich nach Asylbewerbern im laufenden Asylverfahren und nach Personen, die bereits über eine Anerkennung als Asylbewerber verfügen und verpflichtet sind, sich für 3 Jahre nach ihrer Anerkennung in Hilden aufzuhalten (§12a Aufenthaltsgesetz). Darüber hinaus werden Asylbewerber in Unterkünften der Stadt Hilden untergebracht, deren Asylverfahren abgeschlossen ist, die sich aber aus verschiedenen Gründen noch in Hilden aufhalten, z.B. wegen eines Abschiebungsverbotes.

 

 

Die folgende Tabelle (Statistik der Bezirksregierung Arnsberg) vermittelt einen Überblick.

 

Stand 5.5.2019

Bewohner im Asylverfahren

Anerkannte Asylbewerber mit Aufenthaltsverpflichtung in Hilden nach §12a Aufenthaltsgesetz

Tatsächliche Bewohneranzahl in Hilden

298

321

Weitere Aufnahmeverpflichtung

-76

201

Erfüllungsquote der Bezirksregierung

134,9*

61,5*

Gesamtzahl aufzunehmender Personen

221

522

 

*Die Quoten werden nicht gegeneinander aufgerechnet.

 

Hilden werden zurzeit monatlich 1-5 Flüchtlinge zugewiesen.

 

Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass sich die Anzahl anerkannter Asylbewerber mit Wohnsitzauflage steigern wird, so wie die Anzahl derer, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die aber aufgrund von eingelegten Rechtsmitteln oder Abschiebeverboten, nicht ausreisen werden. Im letzteren Fall endet die Berechtigung auf Erstattungen der Stadt Hilden nach FlüAG mit Ablauf von drei Monaten nach Eintritt der vollziehbaren Ausreisepflicht bzw. der Entscheidung.

 

Ca. 460 Personen befinden sich im einen noch laufenden Asylverfahren oder das Verfahren wurde ohne Anerkennung als Asylberechtigter abgeschlossen. Somit ergibt sich eine Anzahl von ca. 160 Leistungsberechtigten, deren Kosten für Unterkunft, Lebensunterhalt und Krankenhilfe vollständig von der Stadt Hilden zu tragen sind und vom Land nicht erstattet werden. Insbesondere die Kosten für Krankenhilfe können erhebliche Summen erreichen.

 

Werden alle Personengruppen zusammengefasst, halten sich in Hilden ca. 780  Personen (160 zzgl. der Personen, die über die Bezirksregierung Arnsberg zugewiesen wurden, s.o.) auf, wovon 559 derzeit in städtischen Unterkünften leben. Demzufolge haben ca. 220 Personen eine anderweitige Unterkunft gefunden und sind damit der gesellschaftlichen Integration näher gekommen.

 

Das Amt für Soziales, Integration und Wohnen wird weiterhin eine ständige Beobachtung der Entwicklungen hinsichtlich der

 

-      Zuweisungen von Asylbegehrenden durch die Bezirksregierung

-      Zuweisungen der Menschen mit Wohnsitzauflage

-      Entwicklung der Quotenerfüllung bei den Zuweisungen

-      Entwicklung der Zu-/Abnahme der Flüchtlinge, die aus der FLüAG Berechtigung herausgefallen sind

-      Gesamtentwicklung der Asylbewerberzahlen

leisten.

 

Ob der Trend des weiteren Rückgangs der Asylerstanträge anhält, was zwar prognostiziert wird, ist von der künftigen internationalen politischen Entwicklung abhängig.

 

Die Anzahl der Personen, mit der in Hilden im Rahmen des Familiennachzugs zu rechnen ist, wird weiterhin mit ca. 100 Personen angenommen. Seit dem letzten Bericht hat die Stadt Hilden weitere sechs Personen im Rahmen des Familiennachzugs aufgenommen.

 

Integration

 

Die Unterbringung der Flüchtlinge in Hilden ist eng mit sozialarbeiterischen Hilfestellungen zur Integration verknüpft. Im Mittelpunkt stehen dabei für Neuankömmlinge zunächst formale Dinge, wie das Erläutern der Hausordnung, Anmeldung und Begleitung von Kindern zur Schule und Weiterleitung an andere Behörden oder Dienste wie Jobcenter, Ausländeramt, Sprachkursträger, Ärzte oder Spezialkliniken. Dinge wie diese werden auch als „formale Integration“ bezeichnet, welche die Basis für das Leben in der neuen Heimat darstellen.

 

Erst danach schließen sich weitere Schritte zur „sozialen Integration“ an.

Hierzu bieten die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter Maßnahmen und Projekte aus eigener Hand, aber auch in Abstimmung mit zahlreichen Kooperationspartnern an. Ferienangebote für Kinder werden z.B. aus eigener Hand durchgeführt.

 

Integrationsrat, Parteien und Bürgervereine suchen die Kooperation mit der Abteilung „Besondere soziale Dienste“, um Kindern bei Gelegenheiten wie z.B. St. Martin eine Freude zu machen. Dabei sollten übliche Bedingungen des Zusammenlebens verstärkt in den Fokus genommen werden, um Sonderrollen nicht zu verfestigen.

 

Auch die Kirchen und Moscheegemeinden beteiligen sich an der Integration der Flüchtlinge. Katholische und evangelische Kirche betreiben regelmäßig Cafés, wo Flüchtlinge Kontakt und Rat erhalten. Die türkische Moschee lädt alle Flüchtlinge an einem Tag zum gemeinsamen Fastenbrechen im Ramadan ein. Unabhängig davon knüpfen viele muslimische Flüchtlinge Kontakte zu allen Moscheegemeinden.

 

Im September ist auf dem Grundstück des Übergangsheimes Schalbruch und dem benachbarten Spielplatz ein Nachbarschaftsfest geplant, zu dem zahlreiche Organisationen ihre Kooperation angeboten haben, wie z.B. die benachbarte Kita und die Grundschule, das Nachbarschaftszentrum St. Marien der katholischen Kirche, der Jugendtreff Area 51 und auch der Abenteuerspielplatz. Die derzeitige Planung sieht den 8.9.2019 als Termin vor.

 

Das Nachbarschaftsfest am Brahmsweg im vergangenen Jahr ist auf große Resonanz gestoßen, organisiert durch die sehr engagierte Nachbarschaft.

 

Auch zum Schutz der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter wurde die Beratungstätigkeit im 1. Quartal 2019 umstrukturiert. Auslöser war eine Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze in den Unterkünften.

 

Die Büros aller Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter wurden in das Verwaltungsgebäude an der Herder Straße verlegt. Die Sprechstunden finden hier parallel zu den Öffnungszeiten der Kolleginnen der Verwaltungsabteilung statt, was zu zusätzlichen Synergieeffekten in der Betreuung der Asylbewerberinnen und Asylbewerber führt, sei es aus leistungsrechtlicher oder sozialarbeiterischer Sicht. Darüber hinaus werden die Unterkünfte wöchentlich in Zweier Teams aufgesucht, um die örtliche Situation der Bewohnerinnen und Bewohner nicht aus den Augen zu verlieren, und um auch außerhalb der frei zugänglichen Sprechzeiten eine niederschwellige Kontaktaufnahme zu ermöglichen.

 

Das Engagement ehrenamtlicher Kräfte besteht weiter fort. Neben den Menschen, die sich in den Kirchen engagieren, gibt es eine Liste von 10 Integrationslotsen, die (auch spontan) angefragt werden können, um Neuankömmlingen bei den unterschiedlichsten Angelegenheiten zur Seite zu stehen.

 

Darüber hinaus werden Förderpotentiale des Kreises Mettmann ausgeschöpft. Verschiedene Ko-operationspartner werden ihre Beratungsangebote voraussichtlich auch in der Herderstraße an-bieten können, so dass neben eigenen Beratungsangeboten auch andere Spezialangebote wahrgenommen werden könnten.

 

Eine im Januar 2019 begonnene Maßnahme in Kooperation mit dem Kinderschutzbund wird aufgrund der bisherigen Nachfrage weiter geführt. Dieses Angebot entstand aus den regelmäßig stattfindenden „Schlafsacksprechstunden“ des Kinderschutzbundes, bei denen schnell klar wurde, dass gerade Mütter von Babys und Kleinkindern einen speziellen und erhöhten Gesprächs- und Beratungsbedarf haben.

Daher gibt es seit dem 18.01.2019 das Café Mima (Migration und Mama). Es bietet einmal im Monat die Möglichkeit für junge Mütter, die in den Hildener Unterkünften leben, sich zwanglos in geschütztem Rahmen mit anderen Frauen in gleicher Situation auszutauschen.

Das Café wird von einer Mitarbeiterin des Kinderschutzbundes, einer Kinderkrankenschwester und einer städtischen Sozialarbeiterin betreut und begleitet.

 

Die zahlenmäßige Stagnation der zugewiesenen Flüchtlinge ermöglicht es, sich intensiver um die Belange der Bewohnerinnen und Bewohner in den Unterkünften zu kümmern, und somit deren Integration zu verbessern.

 

Die zunächst vordringliche Aufgabe, Flüchtlingen eine Unterbringung zu ermöglichen, hat sich dahingehend gewandelt, dass eine regelgerechte Integration, gleichgültig in welchem Bereich, angestrebt werden muss. Die angespannte Wohnungsmarktlage und gleichzeitig sehr moderate Anzahl untergebrachter Flüchtlinge wird es ermöglichen, einen positiven Einfluss auf die Wohnsituation der Bewohnerinnen und Bewohner zu nehmen. Daher werden derzeit auch mit dem Jugendamt Möglichkeiten erläutert, wie man die Unterbringungssituation und die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen und/oder Dienstleistungen durch Flüchtlinge verbessern kann, die einer Arbeit oder Ausbildung nachgehen, ebenso wie die von Familien. Dabei wird auch die Situation der Bewohnerinnen und Bewohner ohne Bleiberechtsperspektive beleuchtet, damit sie möglichst auch die Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe erhalten, so lange sie in Hilden ansässig sind.

 

Zusätzlich wurde eine Software zur besseren Erfassung der Ressourcen Geflüchteter und damit Verbesserung zielgerichteter Integrationsbemühungen eingekauft. Manuelle Erfassung und Aus-wertung durch im Asylbereich Beschäftigte sollte damit künftig entfallen und die Integrationsarbeit, gleichgültig in welchem Bereich, erleichtern.

 

 

gez.

Birgit Alkenings