Antrag der Fraktion ALLIANZ für Hilden vom 31.10.2018
Erläuterungen zum
Antrag:
Der Studie des Landesamtes für Natur, Umwelt
und Verbraucherschutz (LANUV) zufolge, leiden in Hilden derzeit etwa 38.000
Menschen (70 %) bei sommerlichen Wetterlagen bereits heute unter besonders
großen Hitzebelastungen. Besonders stark verdichtete und hoch bebaute
Innenstadtbereiche ohne Grünflächen wirken sich negativ aus, da hier Wärme- und
Hitzeinseln durch Gebäude und Straßen entstehen und durch den geringen
Luftaustausch die Temperaturen bis zu 10 Grad Celsius höher sind, als im
Umland. Der Studie zufolge ist eine Begrünung der Stadt vor allem deshalb
sinnvoll, da durch die Verdunstung von Wasser durch Pflanzen Wärmeenergie
verbraucht wird, um so die Umgebungsluft abzukühlen.
gez. Claus Munsch gez.
Friedhelm Burchhartz
Fraktionsvorsitzender stellvertretender
Fraktionsvorsitzender
Antragstext:
Die ALLIANZ für Hilden beantragt,
1. dass die Verwaltung prüft, ob
die vom Deutschen Wetterdienst entwickelte Software für Klimasimulation
zukünftig in Hilden eingesetzt werden kann. Durch diese Software, die ab Mitte
2019 auch den Kommunen zur Verfügung stehen soll, können die Stadtplaner berechnen,
wie sich das neue Bauwerk oder sogar einzelne Bäume auf Luftströmungen und
lokale Temperaturen auswirken.
2. sofern die
Klimasimulationssoftware in Hilden eingesetzt werden kann, soll diese vor einer
Beschlussvorlage zum Bebauungsplan für die Oderstraße genutzt werden, um so die
Auswirkungen für die Hildener Bürger zu ermitteln.
Stellungnahme der
Verwaltung:
Die Fraktion ALLIANZ für Hilden beantragt auf
Grund der vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV)
prognostizierten Erhöhung der Hitzebelastung insbesondere in den baulich
verdichteten Bereichen, dass die Verwaltung prüfen soll, ob der Einsatz eines
neu entwickelten Klimasimulationsmodells zukünftig in die Planung einfließen
kann.
In der Sitzungsvorlage WP 14-20 SV 66/112 mit
dem Thema „Wie reagiert Hilden auf Klimawandel und Hitzebelastung“ wurde im
Anhang unter Punkt 2. (Beispiele für vorhandenes Datenmaterial und weitere
Untersuchungsmöglichkeiten) unter anderem das Angebot eines neuen
Stadtklimamodells (PALM-4U) erwähnt, in dem atmosphärische Prozesse für
Stadtgebiete gebäudeauflösend simuliert werden können.
Es handelt es sich hierbei um ein
Forschungsvorhaben im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
(BMBF) mit dem Ziel, ein innovatives Stadtklimamodell zu entwickeln, das die
kommunalen Akteure bei ihren Handlungen und Entscheidungen unterstützen soll
und 2016 begonnen wurde.
Das übergreifende Forschungsprogramm
"Stadtklima im Wandel" besteht aus drei Modulen: Modellentwicklung,
Modellevaluation und Überprüfung der Praxistauglichkeit.
Parallel zur Modellentwicklung und zu den
Messkampagnen arbeitet das Regionale Klimabüro Essen des DWD (Deutscher
Wetterdienst) als Partner in einem Konsortium (aus den Institutionen DWD, FiW,
GEO-NET, TU Dortmund, Difu) im Modul C (Projekt KliMoPrax) daran, die
Anwendbarkeit des neuen Stadtklimamodells PALM-4U in der Praxis sicher zu
stellen. Dafür werden Nutzeranforderungen in Zusammenarbeit mit Partnerkommunen
erhoben und ausgewertet. Darauf aufbauend wird das neue Stadtklimamodell
laufend in seinem aktuellen Entwicklungsstand mit Testanwendungen und
Fallstudien auf seine Praxis- und Nutzertauglichkeit überprüft.
Diese Informationen kommen zu einem großen
Teil aus den Internetauftritten des Difu (Deutsches Institut für Urbanistik)
und des DWD mit weiterführenden Links auf folgenden Internetseiten:
https://difu.de/projekte/2016/klimoprax-klimamodelle-fuer-die-praxis.html
https://www.dwd.de/DE/klimaumwelt/klimaforschung/klimawirk/stadtpl/projekt_uc2/stadtpl_uc2_node.html
Ein Mitarbeiter des Regionalen Klimabüros
Essen des DWD hat auf Nachfrage den aktuellen Stand zum Simulationsmodell und
die Nutzungsmöglichkeiten genauer erläutert.
Die Entwicklung des Modells läuft noch bis
ca. Mitte 2019, dann könnte jede Kommune das Modell kostenlos herunterladen und
damit arbeiten – theoretisch.
Problematisch ist, dass das Modell derzeit
nur auf einem Linux-Betriebssystem läuft, welches in der Bedienung sehr
kompliziert ist. Zwar ist das Betriebssystem im Sachgebiet
Informationstechnologie der Stadt Hilden vorhanden, steht der Gesamtverwaltung
aber erstmal nicht zur Verfügung. Außerdem bedürfte die Nutzung eine extra
Schulung desjenigen, der das Simulationsprogramm bedient. Angedacht ist seitens
des Regionalen Klimabüros Essen eine Vereinfachung dadurch, dass Institutionen
ihre Server zur Bearbeitung zur Verfügung stellen. Das wird allerdings erst in
ca. zwei Jahren erwartet.
Ein weiteres Hindernis ist die Bedienung des
Simulationsmodells selber, insbesondere bei Berechnungen mit sehr feinen
Gitterweiten von weniger als 10 Metern. Um z.B. relevante Daten für ein
geplantes IV-geschossiges 20 m langes Gebäude zu erhalten, ist eine Gitterweite
von 2 bis 4 m sinnvoll. Bei dieser Auflösung ist unter anderem auch die
vorhandene Vegetation oder die Oberflächengestaltung des Gebäudes für das
Ergebnis wichtig. Die Bedienung setzt in diesem Fall sehr viel Erfahrung, Übung
und eine vorangehende Schulung voraus. Ausbildungskonzepte für eine
Routineanwendung des Modells werden allerdings erst zukünftig entwickelt. Der
Mitarbeiter vom DWD geht davon aus, dass dieser Prozess noch 2 bis 3 Jahre
dauern wird und dass dann die Modellberechnungen fallbezogen auch als
Dienstleistung von z.B. Planungsbüros angeboten werden.
Fazit:
Aus dem bisher dargestellten Sachverhalt kann
man entnehmen, dass eine kurzfristige Nutzung des Simulationsmodells personell
sehr aufwändig und mit dem Einsatz der vorhandenen Mitarbeiter nicht zu
bewältigen wäre.
Aber auch langfristig ist es fraglich, ob es
rentabel ist, die Modellberechnungen selber zu erstellen. Da der Umgang mit dem
Modell auf Grund seiner Komplexität nur Sinn macht, wenn eine Arbeitsroutine
entstehen kann, ist die eigene Bearbeitung für die Stadt Hilden auf Grund der
zu geringen Fallzahlen nicht zu befürworten. Zudem entstünden Kosten durch
einen erhöhten Personalbedarf. Auch wenn die Kosten einer fallbezogenen
externen Vergabe noch nicht bekannt sind, werden sie voraussichtlich geringer
ausfallen als notwendige Personalkosten bei einer internen Bearbeitung.
Bezüglich des Bebauungsplanes Nr. 62A, 2.
Änderung (Bereich Oderstraße) wurde bereits eine fallbezogene gutachterliche
Stellungnahme zum Einfluss der beabsichtigten Nutzungsänderung auf das
Schutzgut Klima eingeholt, und zwar von der Firma GEO-NET, die auch an der hier
vorgestellten Entwicklung des Stadtklimamodells beteiligt ist.
Von der Verwaltung wird daher zu den beiden
beantragten Punkten der Fraktion ALLIANZ für Hilden empfohlen, den Antrag
abzulehnen.
1. Der Einsatz des
Stadtklimamodells PALM-4U kann in der Stadt Hilden „fallbezogen“ im Rahmen der
Bauleitplanung extern vergeben werden, sobald diese Auswertungen in ca. 2 bis 3
Jahre von Fachbüros angeboten werden.
2. Die Nutzung des
Stadtklimamodells im Bebauungsplanverfahren Nr. 62A, 2. Änderung (Bereich
Oderstraße) wird auf Grund dessen, dass es bereits eine fallbezogene
gutachterliche Stellungnahme der Firma GEO-NET gibt und der langen Zeitspanne
bis das Klimamodell auch für Hilden nutzbar sein wird, nicht befürwortet.
gez.
Birgit Alkenings