Betreff
Nutzung einer Software zur Klimasimulation
Antrag der Fraktion ALLIANZ für Hilden vom 31.10.2018
Vorlage
WP 14-20 SV 61/221
Aktenzeichen
IV/61.1-Antrag-Hol
Art
Antragsvorlage

Erläuterungen zum Antrag:

 

Der Studie des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) zufolge, leiden in Hilden derzeit etwa 38.000 Menschen (70 %) bei sommerlichen Wetterlagen bereits heute unter besonders großen Hitzebelastungen. Besonders stark verdichtete und hoch bebaute Innenstadtbereiche ohne Grünflächen wirken sich negativ aus, da hier Wärme- und Hitzeinseln durch Gebäude und Straßen entstehen und durch den geringen Luftaustausch die Temperaturen bis zu 10 Grad Celsius höher sind, als im Umland. Der Studie zufolge ist eine Begrünung der Stadt vor allem deshalb sinnvoll, da durch die Verdunstung von Wasser durch Pflanzen Wärmeenergie verbraucht wird, um so die Umgebungsluft abzukühlen.

 

 

gez. Claus Munsch                                                     gez. Friedhelm Burchhartz

Fraktionsvorsitzender                                                 stellvertretender Fraktionsvorsitzender


Antragstext:

 

Die ALLIANZ für Hilden beantragt,

 

1.  dass die Verwaltung prüft, ob die vom Deutschen Wetterdienst entwickelte Software für Klimasimulation zukünftig in Hilden eingesetzt werden kann. Durch diese Software, die ab Mitte 2019 auch den Kommunen zur Verfügung stehen soll, können die Stadtplaner berechnen, wie sich das neue Bauwerk oder sogar einzelne Bäume auf Luftströmungen und lokale Temperaturen auswirken.

2.  sofern die Klimasimulationssoftware in Hilden eingesetzt werden kann, soll diese vor einer Beschlussvorlage zum Bebauungsplan für die Oderstraße genutzt werden, um so die Auswirkungen für die Hildener Bürger zu ermitteln.

 


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Die Fraktion ALLIANZ für Hilden beantragt auf Grund der vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) prognostizierten Erhöhung der Hitzebelastung insbesondere in den baulich verdichteten Bereichen, dass die Verwaltung prüfen soll, ob der Einsatz eines neu entwickelten Klimasimulationsmodells zukünftig in die Planung einfließen kann.

 

In der Sitzungsvorlage WP 14-20 SV 66/112 mit dem Thema „Wie reagiert Hilden auf Klimawandel und Hitzebelastung“ wurde im Anhang unter Punkt 2. (Beispiele für vorhandenes Datenmaterial und weitere Untersuchungsmöglichkeiten) unter anderem das Angebot eines neuen Stadtklimamodells (PALM-4U) erwähnt, in dem atmosphärische Prozesse für Stadtgebiete gebäudeauflösend simuliert werden können.

 

Es handelt es sich hierbei um ein Forschungsvorhaben im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mit dem Ziel, ein innovatives Stadtklimamodell zu entwickeln, das die kommunalen Akteure bei ihren Handlungen und Entscheidungen unterstützen soll und 2016 begonnen wurde.

Das übergreifende Forschungsprogramm "Stadtklima im Wandel" besteht aus drei Modulen: Modellentwicklung, Modellevaluation und Überprüfung der Praxistauglichkeit.

Parallel zur Modellentwicklung und zu den Messkampagnen arbeitet das Regionale Klimabüro Essen des DWD (Deutscher Wetterdienst) als Partner in einem Konsortium (aus den Institutionen DWD, FiW, GEO-NET, TU Dortmund, Difu) im Modul C (Projekt KliMoPrax) daran, die Anwendbarkeit des neuen Stadtklimamodells PALM-4U in der Praxis sicher zu stellen. Dafür werden Nutzeranforderungen in Zusammenarbeit mit Partnerkommunen erhoben und ausgewertet. Darauf aufbauend wird das neue Stadtklimamodell laufend in seinem aktuellen Entwicklungsstand mit Testanwendungen und Fallstudien auf seine Praxis- und Nutzertauglichkeit überprüft.

 

Diese Informationen kommen zu einem großen Teil aus den Internetauftritten des Difu (Deutsches Institut für Urbanistik) und des DWD mit weiterführenden Links auf folgenden Internetseiten:

https://difu.de/projekte/2016/klimoprax-klimamodelle-fuer-die-praxis.html

https://www.dwd.de/DE/klimaumwelt/klimaforschung/klimawirk/stadtpl/projekt_uc2/stadtpl_uc2_node.html

 

Ein Mitarbeiter des Regionalen Klimabüros Essen des DWD hat auf Nachfrage den aktuellen Stand zum Simulationsmodell und die Nutzungsmöglichkeiten genauer erläutert.

Die Entwicklung des Modells läuft noch bis ca. Mitte 2019, dann könnte jede Kommune das Modell kostenlos herunterladen und damit arbeiten – theoretisch.

Problematisch ist, dass das Modell derzeit nur auf einem Linux-Betriebssystem läuft, welches in der Bedienung sehr kompliziert ist. Zwar ist das Betriebssystem im Sachgebiet Informationstechnologie der Stadt Hilden vorhanden, steht der Gesamtverwaltung aber erstmal nicht zur Verfügung. Außerdem bedürfte die Nutzung eine extra Schulung desjenigen, der das Simulationsprogramm bedient. Angedacht ist seitens des Regionalen Klimabüros Essen eine Vereinfachung dadurch, dass Institutionen ihre Server zur Bearbeitung zur Verfügung stellen. Das wird allerdings erst in ca. zwei Jahren erwartet.

Ein weiteres Hindernis ist die Bedienung des Simulationsmodells selber, insbesondere bei Berechnungen mit sehr feinen Gitterweiten von weniger als 10 Metern. Um z.B. relevante Daten für ein geplantes IV-geschossiges 20 m langes Gebäude zu erhalten, ist eine Gitterweite von 2 bis 4 m sinnvoll. Bei dieser Auflösung ist unter anderem auch die vorhandene Vegetation oder die Oberflächengestaltung des Gebäudes für das Ergebnis wichtig. Die Bedienung setzt in diesem Fall sehr viel Erfahrung, Übung und eine vorangehende Schulung voraus. Ausbildungskonzepte für eine Routineanwendung des Modells werden allerdings erst zukünftig entwickelt. Der Mitarbeiter vom DWD geht davon aus, dass dieser Prozess noch 2 bis 3 Jahre dauern wird und dass dann die Modellberechnungen fallbezogen auch als Dienstleistung von z.B. Planungsbüros angeboten werden.

 

Fazit:

 

Aus dem bisher dargestellten Sachverhalt kann man entnehmen, dass eine kurzfristige Nutzung des Simulationsmodells personell sehr aufwändig und mit dem Einsatz der vorhandenen Mitarbeiter nicht zu bewältigen wäre.

Aber auch langfristig ist es fraglich, ob es rentabel ist, die Modellberechnungen selber zu erstellen. Da der Umgang mit dem Modell auf Grund seiner Komplexität nur Sinn macht, wenn eine Arbeitsroutine entstehen kann, ist die eigene Bearbeitung für die Stadt Hilden auf Grund der zu geringen Fallzahlen nicht zu befürworten. Zudem entstünden Kosten durch einen erhöhten Personalbedarf. Auch wenn die Kosten einer fallbezogenen externen Vergabe noch nicht bekannt sind, werden sie voraussichtlich geringer ausfallen als notwendige Personalkosten bei einer internen Bearbeitung.

Bezüglich des Bebauungsplanes Nr. 62A, 2. Änderung (Bereich Oderstraße) wurde bereits eine fallbezogene gutachterliche Stellungnahme zum Einfluss der beabsichtigten Nutzungsänderung auf das Schutzgut Klima eingeholt, und zwar von der Firma GEO-NET, die auch an der hier vorgestellten Entwicklung des Stadtklimamodells beteiligt ist.

 

Von der Verwaltung wird daher zu den beiden beantragten Punkten der Fraktion ALLIANZ für Hilden empfohlen, den Antrag abzulehnen.

 

1.  Der Einsatz des Stadtklimamodells PALM-4U kann in der Stadt Hilden „fallbezogen“ im Rahmen der Bauleitplanung extern vergeben werden, sobald diese Auswertungen in ca. 2 bis 3 Jahre von Fachbüros angeboten werden.

 

2.  Die Nutzung des Stadtklimamodells im Bebauungsplanverfahren Nr. 62A, 2. Änderung (Bereich Oderstraße) wird auf Grund dessen, dass es bereits eine fallbezogene gutachterliche Stellungnahme der Firma GEO-NET gibt und der langen Zeitspanne bis das Klimamodell auch für Hilden nutzbar sein wird, nicht befürwortet.

 

 

gez.
Birgit Alkenings