Beschlussvorschlag:
Der Rat der Stadt
Hilden beschließt die in Anlage beigefügte Ordnungsbehördliche Verordnung über
die zusätzliche Öffnung von Verkaufsstellen im Jahr 2018.
Erläuterungen und Begründungen:
Der Rat der Stadt Hilden hat in seiner Sitzung vom 21.03.2018 die
sonntägliche Öffnung von Verkaufsstellen in der Hildener Innenstadt am 6. Mai
2018 (anlässlich der Hildener Modenschau, des Weinfestes und des
Frühlingsfestes) und am 18. September 2018 (anlässlich der Autoschau) beschlossen.
Die Stadtmarketing Hilden GmbH als Antragstellerin hatte sich zunächst
auf diese beiden Termine beschränkt, um die durch die Landesregierung zwar
angekündigte, aber noch nicht durch den nordrhein-westfälischen Landtag
beschlossene Novellierung des Ladenöffnungsgesetz NRW (LÖG NRW) abzuwarten.
Dies ist zwischenzeitlich mit Beschluss des Landtags vom 21.03.2018
erfolgt. Die Gesetzesnovelle ist dabei Teil des „ Gesetzes zum Abbau unnötiger
und belastender Vorschriften im Land Nordrhein-Westfalen – Entfesselungspaket
I“ und soll u.a. dazu beitragen, das Verfahren zur Zulassung sonntäglicher
Verkaufsöffnungen in Anbetracht der in den letzten beiden Jahren zahlreichen Klageverfahren
durch die Gewerkschaft ver.di rechtssicherer zu gestalten und insbesondere
rechtliche Anforderungen konkreter festzulegen.
Die Stadtmarketing Hilden GmbH hat mit Datum vom 11. Juni 2018 den
Antrag auf Durchführung von zwei weiteren sonntäglichen Verkaufsöffnungen
- am 4. November 2018 im
Zusammenhang mit dem Büchermarkt (Innenstadt)
und
- am 2. Dezember im
Zusammenhang mit dem Großen Weihnachtsmarkt (Innenstadt)
gestellt.
Neuregelung für
verkaufsoffene Sonntage (und Feiertage)
War bis zur Novellierung des Gesetzes die Verkaufsöffnung nur aus Anlass von örtlichen Festen,
Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an bis zu vier Sonn- und
Feiertagen möglich, so erfährt die
Neufassung des § 6 Abs. 1 Satz 2 LÖG NRW unter Bezugnahme auf das öffentliche
Interesse eine deutliche Erweiterung auch im Hinblick auf die Anzahl
(höchstens an acht Sonn- und Feiertagen):
Ein öffentliches Interesse liegt
insbesondere vor, wenn die Öffnung
1. im Zusammenhang mit örtlichen Festen,
Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen erfolgt,
2. dem Erhalt, der Stärkung oder
der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebot dient,
3. dem Erhalt, der Stärkung oder
der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche dient,
4. der Belebung der Innenstädte,
Ortskerne, Stadt- oder Ortsteilzentren dient oder
5. die überörtliche Sichtbarkeit
der jeweiligen Kommune als attraktiver und lebenswerter Standort insbesondere
für den Tourismus und die Freizeitgestaltung, als Wohn- und Gewerbestandort sowie
Standort von kulturellen und sportlichen Einrichtungen steigert.
Bezugnehmend auf den vorliegenden
Antrag, der unter der vorstehenden Ziffer 1 zu fassen ist, genügt es nunmehr
schon, wenn ein räumlicher und zeitlicher Zusammenhang (§ 6 Abs. 1 Satz 3 LÖG
NRW) zur Veranstaltung existiert. Der zuvor enger gefasste Anlassbezug mit
Prognose und Vergleich der Besucherströme von Veranstaltung und Ladenöffnung
entfällt.
Bewertung des vorliegenden Antrags
Die Verwaltung sieht die
gesetzliche Voraussetzung für die Öffnung der Verkaufsstellen am Sonntag, den
4. November 2018, im Zusammenhang mit der Durchführung des Büchermarktes und am
Sonntag, den 2. Dezember 2018, im Zusammenhang mit dem Großen Weihnachtsmarkt,
als erfüllt an. Um die Voraussetzung des „räumlichen Zusammenhangs“ zu
erfüllen, ist es aber weiterhin erforderlich, die Verkaufsöffnungen
ausschließlich auf Einzelhandelsbetriebe in der Hildener Fußgängerzone bzw. im
Innenstadtbereich zu beschränken. Dieses Gebiet wird durch den beigefügten
Lageplan, der Bestandteil der Ordnungsbehördlichen Verordnung ist, dargestellt.
Die zu beteiligenden Institutionen
(Kirchen, Gewerkschaft, IHK, Handwerkskammer und Handelsverband) sind mit
Schreiben vom 11.06.2018 mit der Bitte um Rückmeldung bis zum 26.06.2018 beteiligt
worden. Die bis zu diesem Tag eingegangen Stellungnahmen sind beigefügt.
Die Evangelische Kirchengemeinde
Hilden spricht in Ihrem Schreiben vom 14. Juni 2018 die Empfehlung aus, wie
auch schon anlässlich des ersten Antrags für das Jahr 2018, auch auf die weiteren
Verkaufsöffnungen zu verzichten. Nach Ansicht der Gemeinde hat der Gesetzgeber
„das hohe Schöpfungsgut der Arbeitsruhe
am siebten Tag“ nicht hinreichend berücksichtigt.
Die Gewerkschaft ver.di teilte am
24.06.2018 telefonisch mit, dass die schriftliche Stellungnahme voraussichtlich
nicht vor dem 02.07. oder gar 03.07.2018 vorliegen würde, da der vorliegende Antrag
noch anwaltlich überprüft würde. Hierauf wurde mitgeteilt, dass diesseits Ladungsfristen
zu beachten sind und bei einem
verspäteten Eingang der Stellungnahme über dessen Inhalt dem Rat nur noch mündlich
oder per Tischvorlage berichtet werden könnte. Völlig überraschend erklärte die
Mitarbeiterin der ver.di dann, dass der Antrag ohnehin abzulehnen sei, da für
die beantragten Verkaufsöffnungen eine Besucherprognose nicht vorliegt. Ich
hatte bereits dargestellt, dass es einer Prognose nach der Gesetzesänderung im
Zusammenhang mit Festen, Märkten etc. nicht mehr bedarf, soweit der räumliche
und zeitliche Bezug der Verkaufsöffnung zu diesen Veranstaltungen
sichergestellt ist. Insofern kann die zunächst mündlich erteilte Aussage von
ver.di weder nachvollzogen noch geteilt werden. Zur Verdeutlichung der
Rechtslage ist der Sitzungsvorlage die ministerielle Anwendungshilfe zum
Ladenöffnungsgesetz NRW beigefügt (s. Seite 4 der Anwendungshilfe).
Sollte die Gewerkschaft ver.di bei
ihrer aus meiner Sicht rechtsfehlerhaften Bewertung auch in ihrer noch
abzuwartenden schriftlichen Stellungnahme bleiben, ist nicht auszuschließen,
dass bei einer positiven Beschlussfassung Klage eingereicht wird.
Eine Stellungnahme der Kath.
Kirche ist nicht eingegangen.
Da aus Sicht der Verwaltung die
gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung der beantragten
Verkaufsöffnungen vorliegen, wird die Beschlussfassung der beigefügten
Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen am
Sonntag, den 4. November 2018 und 2. Dezember
2018 empfohlen.
Wichtigkeit der Begründung des öffentlichen Interesses (Aussicht) für
Folgeanträge
Die Novellierung hat die
Möglichkeiten für Verkaufsöffnungen an Sonn- und Feiertagen deutlich erweitert,
aber dennoch den Städten und Gemeinden keinen „Freifahrtschein“ ausgestellt.
Insbesondere die vorstehend unter
den Ziffern 2 bis 5 gefassten Gründe des § 6 LÖG NRW (ohne gleichzeitig
stattfindende Veranstaltung) für das Vorliegen eines öffentlichen Interesses
müssen hinreichend begründet und dargelegt werden, um die engen
verfassungsrechtlichen Grenzen zu respektieren. Etwaige Öffnungen aus diesen
Gründen werden nur dann einer gerichtlichen Kontrolle standhalten, wenn die
Prüfung des öffentlichen Interesses dem verfassungsrechtlich verankerten Gebot
der Sonntagsruhe hinreichend Rechnung trägt. Dazu reicht eben nicht jedwedes
öffentliches Interesse aus, sondern nur ein solches, das dem Gebot der
Sonntagsruhe gleich- oder höherwertiger ist.
Für veranstaltungsgetragene
Öffnungen wird es neben dem räumlichen und zeitlichen Aspekt nach wie vor von
dem Charakter und der Größe der Veranstaltung abhängig sein.
Schwieriger ist die Ausgangslage
bei der Öffnung von Verkaufsstellen zur Stärkung des Einzelhandels bzw. zur
Belebung der Innenstädte. Schon dem Urteil des BVerfG vom 01.12.2009 ist zu
entnehmen, dass allgemeine Umsatz- oder Erwerbsinteressen nicht ausreichen. Mit
dem Hinweis auf die Stärkung des stationären Einzelhandels, die Belebung der
Innenstadt oder die Sichtbarkeit der Kommune als attraktiver und lebenswerter
Standort kann die Öffnung an Sonn- und Feiertagen allein nicht begründet
werden. Stattdessen muss ein öffentliches Interesse herausgearbeitet werden,
das über die allgemeinen Umsatz- und Erwerbsinteressen hinausgeht und das
letztlich nur in der individuellen Situation der Kommune wurzeln kann (evtl. in
der besonderen Gefahr der Entstehung oder Verfestigung struktureller Defizite,
der durch die Zulassung verkaufsoffener Sonntage entgegengewirkt werden soll).
Wie soll das rechtssicher
geschehen?
Problem ist aktuell, dass die
gesetzliche Novellierung noch nicht hinreichend in Einzelfällen durch die
Verwaltungsgerichte und das Oberverwaltungsgericht Münster überprüft wurde,
somit im Wege des Ausschlussverfahrens noch keine wertvollen Hinweisen
vorliegen, wie es „richtig“ zu machen ist.
Die mittels Schnellbrief 121/2018
durch das Wirtschaftsministerium NRW erlassene Anwendungshilfe vom 09.05.2018
kann dies naturgemäß auch nicht vollständig auflösen. Hier gilt es Erfahrungswerte,
auch aus anderen Städten und Gemeinden, abzuwarten.
gez. Birgit Alkenings
Bürgermeisterin