Betreff
Antrag der Fraktion Bündnis´90/DIE GRÜNEN: Flächenanteil für öffentlich geförderte Wohnungen bei Bebauungsplänen
Vorlage
WP 14-20 SV 61/163
Aktenzeichen
IV/61.3 640-00 St
Art
Antragsvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Erläuterungen zum Antrag:

 

Die Anzahl von öffentlich geförderten Wohnungen hat sich in den letzten 15 Jahren mehr als halbiert. Im Zusammenwirken mit steigenden Mieten führt dies dazu, dass gerade auch junge Familien Hilden verlassen (müssen). Durch die Festschreibung eines Anteils an öffentlich geförderten Wohnraum mittels städtebaulicher Verträge wird sichergestellt, dass auch bei privaten Baumaßnahmen bezahlbarere Wohnungen entstehen. In anderen Städten ist dies bereits ein gängiges Konzept.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Susanne Vogel            Klaus-Dieter Bartel


Antragstext:

 

Bei der Aufstellung von Bebauungsplänen zur Schaffung von Wohnraum ist grundsätzlich mittels städtebaulicher Verträge sicherzustellen, dass der Flächenanteil öffentlich geförderter Wohnungen mindestens 30% beträgt.


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Mit dem beigefügten Antrag strebt die Fraktion Bündnis´90/DIE GRÜNEN an, parallel zur Aufstellung jedes Bebauungsplans zur Schaffung von Wohnraum einen städtebaulichen Vertrag abzuschließen, um für den Geltungsbereich dieses Bebauungsplans einen Flächenanteil für öffentlich geförderten Wohnungen von mindestens 30% zu vereinbaren.

 

 

    Das Instrument „Städtebaulicher Vertrag“

Grundsätzlich ermöglicht das Baugesetzbuch den Kommunen zur „Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen“ sowie zum „Erwerb angemessenen Wohnraums durch einkommensschwächere und weniger begüterte Personen der örtlichen Bevölkerung“ städtebauliche Verträge abzuschließen.

Der Anwendung des Instruments „Städtebaulicher Vertrag“ sind jedoch enge Grenzen gesetzt: das Gebot der Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung, die Gleichbehandlung, die Transparenz, die Kalkulierbarkeit und das Koppelungsverbot sind bei Abschluss eines städtebaulichen Vertrags zu beachten. Falls diese Punkte nicht angemessen berücksichtigt sind, kann der Vertrag seine Verbindlichkeit verlieren.

Erste Voraussetzung für die Nutzung des Instruments „Städtebaulicher Vertrag“ ist die Mitwirkungsbereitschaft des Grundstückseigentümer und/oder des Investors. Es muss eine Win-Win-Situation für die künftigen Vertragspartner erreicht werden. Man kann einen Investor nicht zu einer unwirtschaftlichen Umsetzung eines Bauvorhabens zwingen.

Deshalb kann der Abschluss eines städtebaulichen Vertrags – parallel zur Aufstellung eines Bebauungsplans – nur diskutiert werden, wenn Grundstückseigentümer und/oder Investor – trotz einer „freiwilligen“ Verpflichtung einen Ertrag aus der Ausweisung von neuen Baumöglichkeiten erzielen. Wie viele „neue“ Baumöglichkeiten geschaffen werden müssen, um trotz einer „freiwilligen“ Verpflichtung noch einen angemessenen Ertrag erzielen zu können, kann nicht allgemein verbindlich festgelegt werden.
Der Sozialdezernent des Kreises Mettmann hat in einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung – laut Darstellung in der Rheinischen Post – zuletzt von „größeren“ Bebauungsplänen gesprochen, bei denen die Kommunen die Errichtung von öffentlich geförderten Wohnungsbau herbeiführen können.
Im Zuge der Vergabe von städtischen Grundstücken weist die Stadt Köln darauf hin, dass die Erfahrung anderer Anwenderstädte bei der Vergabe öffentlicher Grundstücke nach Konzeptqualität (kurz: Konzeptvergabe) gezeigt habe, dass sich insbesondere die Grundstücke eignen, auf denen mindestens 30 Wohneinheiten (Geschosswohnungsbau) errichtet werden können. Dennoch verfolgt die Stadt Köln bei der Vergabe ihrer eigenen Grundstücke den Ansatz, „bei dem zunächst auch kleinere Grundstücke ab zehn Wohneinheiten nach Konzeptvergabe (Geschosswoh­nungs­bau) vergeben werden können“.

Bei Grundstücken mit bestehendem Baurecht – unabhängig ob in Gebieten, in denen die Zulässigkeit von Bauvorhaben auf Grundlage des § 34 Baugesetzbuch (BauGB) oder eines Bebauungsplanes zu beurteilen ist – besteht kein Ansatzpunkt, Grundstückseigentümer und/oder Investoren über einen „freiwilligen“ Abschluss eines städtebaulichen Vertrags zu verpflichten, öffentlich geförderten Wohnraum zu errichten.

Bei der Aufstellung von Bebauungsplänen zur Entwicklung von neuen Baumöglichkeiten ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren ergebnisoffen durchgeführt wird. Der Rat muss zu jedem Zeitpunkt bei der Abwägung der einzelnen Belange die Möglichkeit haben, auch zu entscheiden, dass keine neue Baumöglichkeit ausgewiesen wird. Hierbei darf es grundsätzlich keinen Unterschied machen, ob es sich um frei finanzierten, preisgedämpften oder öffentlich geförderten Wohnraum handelt. Die Entscheidung pro oder contra zu den neuen Baumöglichkeiten muss in sich sachgerecht sein.
Deshalb können Vereinbarungen in städtebaulichen Verträgen erst verbindlich werden, wenn der Rat den Satzungsbeschluss zu einem Bebauungsplan beraten und abschließend beschlossen hat. In der Regel werden daher städtebauliche Verträge im Laufe des Aufstellungsverfahrens besprochen bzw. inhaltlich abgestimmt und erst zum Satzungsbeschluss, also zum Ende des Verfahrens, dem Rat mit zur Entscheidung vorgelegt.

Regelmäßig sehen städtebaulichen Verträge von Großstädten, die das Ziel verfolgen, bestimmte Bevölkerungsgruppen mit Wohnungen zu versorgen, üblicherweise folgende Regelung vor: Der Private verpflichtet sich Sozialwohnungen herzustellen. Im Gegenzug erlangt er Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau im Rahmen eines Wohnungsbauförderungsprogramms. Diese Möglichkeit besteht für kreisangehörige Kommunen in NRW nicht, da nicht die Kommunen sondern die Kreisverwaltungen Bewilligungsbehörde für die Wohnungsbauförderung sind.

Außerdem möchte die Verwaltung auf ein Risiko hinweisen:
Unter der Bezeichnung der „Sozialgerechten Bodennutzung“ (SoBoN) werden z.B. in München nur dann neue Bauflächen ausgewiesen, wenn sich die Bauherren vertraglich bereit erklären, das Wohngebiet selbst zu erschließen, möglichst alle aus der Entwicklung entstehenden Kosten und Lasten (insbesondere für die äußere Erschließung und/oder Anpassung der sozialen Infrastruktur) zu tragen und ein Drittel des neu geschaffenen Wohnraums für den öffentlich geförderten Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. „Aber das Paradoxe ist: Ausgerechnet in München offenbart das vielgepriesene Modell Schwächen. Dort ist der Grundstücksmarkt derart umkämpft, dass sich durch den Sozialanteil die frei finanzierten Wohnungen umso stärker verteuerten – und für die Mittelschicht unerschwinglich wurden.“ (Spiegel Heft 49/2012 Seite 74)
Es ist nicht auszuschließen, dass dieser unbeabsichtigte Effekt auch in Hilden auftreten wird.


    Öffentliche Förderung von Wohnraum

In den Wohnraumförderungsbestimmungen (WFB), die das Land NRW auf der Grundlage des Gesetzes zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen (WFNG NRW) erlässt, wird definiert, was „förderfähiger Wohnraum“ darstellt sowie wie und wann das Land mit Hilfe der NRW.Bank die Errichtung und Sanierung von Wohnungen fördert.
Weiterhin wird über die Einkommenshöhe definiert, wer die geförderten Wohnungen beziehen darf.

Neben dieser Förderung stellt auch die „freiwillige“ Verpflichtung eines Bauherrn, den neu zu errichtenden Wohnraum zu „preisgedämpften“ Miet- oder Kaufpreisen künftigen Nutzern anzubieten, eine Form der öffentlichen Förderung dar.
Jedoch gibt es keine Definition, was in Hilden als „preisgedämpfter Miet- oder Kaufpreis“ gelten soll.

Es gibt ausschließlich öffentlich zugängliche Auswertungen, was in Hilden marktüblich ist:

#   Der Mieterbund und der Hauseigentümerverein haben einen neuen Mietspiegel für Hilden miteinander abgestimmt und ihn im Sommer 2017 gemeinsam veröffentlicht. Laut diesem Mietspiegel sind für Wohnungen mit mehr als 80 m² Wohnfläche, die ab 2011 errichtet wurden, in mittleren Wohnlagen Mieten zwischen 8,70 und 9,90 €/m² und für gute Wohnlagen zwischen 8,80 und 10,05 €/m² angemessen – ohne Zuschläge für besondere Ausstattungen wie z.B. separates Gäste-WC, Zweitbad/Zweitdusche, Einfamilienhaus.

#   Laut Grundstücksmarktbericht 2017 des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis Mettmann betrug in der Periode 2015-2016 das Preisniveau bei Erstverkauf im Neubau im Teilmarkt Wohneigentum (inkl. Grundstücksanteil):

Baujahr

Wohn-fläche

Anzahl der Fälle

Ø WF

Ø Lage

Mittel

Min.

Max.

 

[m²]

 

[m²]

 

[€/m²]

[€/m²]

[€/m²]

2015-2016

≤ 50

0

-

-

-

-

-

51-80

6

70

6,3

3.700,-

3.340,-

3.990,-

> 80

25

104

6,4

3.340,-

2.680,-

3.980,-

insg.

31

98

6,4

3.410,-

2.680,-

3.990,-

 

     Auf dieser Basis wäre vom Rat bzw. seinen Ausschüssen festzulegen, was im jeweiligen städtebaulichen Vertrag aktuell als „preisgedämpfter“ Miet- und/oder Kaufpreis zu vereinbaren wäre.

Weiterhin ist nicht definiert, wer in den Genuss dieser „preisgedämpften“ Konditionen kommen darf und wer nicht.


    Weitere Fragen

Aus Sicht der Verwaltung ist der Antrag sehr global gefasst und bedarf bei folgenden Formulierungen einer Konkretisierung:

    „Schaffung von Wohnraum“:
Ist es im Sinn der Antragstellerin richtig verstanden, wenn unter „Schaffung von Wohnraum“ in Erweiterung von bestehenden Baumöglichkeiten / Baurechts die Ausweisung von neuen und zusätzlichen Wohnbaumöglichkeiten zu verstehen ist oder sind auch Verfahren gemeint, in denen z.B. bestehendes Baurecht nur modifiziert wird?

    „grundsätzlich“:
Grundsätzlich bedeutet, dass es Ausnahmen oder Abweichungen vom Grundsatz gibt. Welche Ausnahmen soll es aus Sicht der Antragstellerin bzw. des Rates geben? Welche Abweichungen sollen aus Sicht der Antragstellerin bzw. des Rates toleriert werden?

    „Flächenanteil“:
Ist die Anzahl der künftigen Wohneinheiten, die Nettowohnbaufläche (in der Regel als Wohnfläche bezeichnet) oder die Bruttowohnbaufläche gemeint, von der ein Anteil von 30% „öffentlich geförderte Wohnungen“ sein sollen?

 

    Beschlussempfehlung

Aus Sicht der Verwaltung sollte – im Sinne einer Einzelfallprüfung – in jedem einzelnen Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans, der die Schaffung von zusätzlichem bzw. neuen Wohnraum ermöglicht, geprüft werden, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, dass ein städtebaulicher Vertrag zur Absicherung von öffentlich geförderten oder preisgedämpften Wohnraum abgeschlossen werden könnte. Wenn ja, ist ein entsprechender Vertrag anzustreben.

Der vorliegende grundsätzliche Antrag der Fraktion Bündnis´90/DIE GRÜNEN ist nach Meinung der Verwaltung zu global gefasst. Er sollte stattdessen die Einzelfallprüfung beinhalten und auf Grundlage der Fragen der Verwaltung noch konkretisiert werden.

Die Einzelfallprüfung sowie die ggfs. anschließende Erstellung und Verhandlung eines städtebaulichen Vertrags bindet natürlich personelle Ressourcen. Aus heutiger Sicht kann nicht verbindlich geschätzt werden, wie viele Ressourcen hierfür benötigt werden. Aber die Erfahrung zeigt, dass hier viel Zeit benötigt wird.

Ob die Stadt eigene finanzielle Ressourcen oder finanzielle Ressourcen von „städtischen Töchtern“ zur Umsetzung von öffentlich gefördertem Wohnraum als Gegenleistung zur „freiwilligen“ Verpflichtung einsetzen muss, ist auch vom jeweiligen Einzelfall abhängig.


gez.
B. Alkenings
Bürgermeisterin


Finanzielle Auswirkungen  

 

Produktnummer / -bezeichnung

 

Investitions-Nr./ -bezeichnung:

 

 

Pflichtaufgabe oder

freiwillige Leistung/Maßnahme

Pflicht-

aufgabe

 

(hier ankreuzen)

freiwillige

Leistung

 

(hier ankreuzen)

 

 

Folgende Mittel sind im Ergebnis- / Finanzplan veranschlagt:

(Ertrag und Aufwand im Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen)

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aus der Sitzungsvorlage ergeben sich folgende neue Ansätze:

(Ertrag und Aufwand im Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen)

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei über-/außerplanmäßigem Aufwand oder investiver Auszahlung ist die Deckung  gewährleistet durch:

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stehen Mittel aus entsprechenden Programmen des Landes, Bundes oder der EU zur Verfügung? (ja/nein)

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Freiwillige wiederkehrende Maßnahmen sind auf drei Jahre befristet.

Die Befristung endet am: (Monat/Jahr)

 

 

Wurde die Zuschussgewährung Dritter durch den Antragsteller geprüft – siehe SV?

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Finanzierung/Vermerk Kämmerer

 

Gesehen Klausgrete