Betreff
Anregung gem. § 24 Gemeindeordnung NW
hier: Verzicht auf die in der Haushaltssatzung 2005 vorgesehene Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer / Ressle Spedition und Andere
Vorlage
WP 04-09 SV 20/022
Aktenzeichen
II 20
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

 

Der Rat der Stadt lehnt die Anregung nach § 24 GO NW, die Grund- und Gewerbesteuerhebesätze nicht anzuheben, ab.

 

 

 

 

 

 


 

Erläuterungen und Begründungen:

 

Mit Schreiben vom 5. April 2005 stellte die Geschäftsleitung der Ressle Spedition den Antrag – siehe Anlage - gemäß § 24 GO NW auf die in der Haushaltssatzung 2005 vorgesehene Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer zu verzichten.

 

Die gleichlautende Begründung ist von 184 weiteren Antragsstellern ebenfalls als Antrag eingegangen.

 

Zur Begründung führen die Antragssteller aus, dass die Grund- und Gewerbesteuererhöhung nicht in die jetzige Wirtschaftslandschaft passen würde. Der im Haushaltsplanentwurf eingeplante Haushaltsansatz für die Gewerbesteuer könne auch ohne Hebesatzerhöhung beibehalten werden, so dass ein Defizit nicht entstehen würde. Die bisherige Gewerbesteuer – bundesweit - hätte gezeigt, dass hier mit Mehreinnahmen zu rechnen sei.

 

Der durch Nichtanhebung bedingte Ausfall bei der Grundsteuer soll durch eine globale Minderausgabe bei den Personal- und Sachausgaben eingespart werden. Die Verwaltung sei hier aufgefordert, durch geeignete Instrumente die Einsparung im Laufe des Jahres zu erwirtschaften, notfalls auch durch einen Nachtragshaushaltsplan oder durch eine Haushaltssperre.

 

In der dem Aufruf zur Unterzeichnung dieser Resolution vorangegangenen Begründung des Antragsstellers heißt es weiterhin, dass die Nachbarn Langenfeld und Düsseldorf es vormachen würden. Mit solider Haushaltspolitik wäre man auf dem Weg zur schuldenfreien Stadt, könne Steuern sogar senken und damit letztlich ein höheres Steueraufkommen erzielen.

 

Hierzu muss folgendes angemerkt werden:

 

Selbstverständlich besteht Verständnis dafür, dass Steuererhöhungen grundsätzlich nicht Begeisterungsstürme auslösen. Egal zu welcher Zeit diese Erhöhungen vorgenommen werden. Selbst zu Zeiten der Hochkonjunktur, bei explosionsartigen Gewinnen von Unternehmen, wurden entsprechende Proteste bei Steuererhöhungen immer gemacht. Dass die Industrie- und Handelskammer als Interessenvertreter der Wirtschaft daher Steuererhöhungen ablehnt, ist logisch und aus Sicht der Verbandsinteressen konsequent.

 

Die Stadt Hilden ist in der Vergangenheit mit dem Instrument „Drehen an der Steuerschraube“ immer vorbildlich und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sowie der örtlichen Wirtschaft umgegangen. Die letzte Steuererhöhung in Hilden bei Grund- und Gewerbesteuer ist immerhin 10 Jahre her.

 

Bereits seit 1998 beträgt der fiktive Hebesatz bei der Grundsteuer B 330 %, die Stadt Hilden hat aber auf diese Erhöhung verzichtet und weiter 320 %-Punkte erhoben. Dies bedeutete einen durchschnittlichen jährlichen Einnahmeausfall in Höhe von rund 220.000,- Euro, zuzüglich einer echten Mehrbelastung von etwa 100.000,- € für die Kreisumlage und den Solidarbeitrag.

Im Jahre 2003 wurden die fiktiven Hebesätze der Gewerbesteuer von 380 auf 403 %-Punkte und von der Grundsteuer von 330 auf 381 %-Punkte heraufgesetzt. Dieser prozentuale Satz ist Ausgangspunkt für die Berechnung der Umlagelasten der Stadt Hilden. Hierzu zählen Kreisumlage und Solidarbeitrag. In der Praxis bedeutet dies, dass egal ob die Stadt Hilden die Beträge erhebt oder nicht, sie so gestellt wird, als würde sie nach diesen Sätzen Steuern erheben und auch die entsprechenden Ausgaben sind auf dieser Basis zu leisten. Ab dem Jahr 2003 bedeutete dies, dass die Stadt Hilden ein jährliches Strafgeld in Höhe von 850 000,- € aufbringen musste. Mit dem Verzicht auf die Anhebung sind allein im Jahre 2003 und 2004 Einnahmeausfälle zu Gunsten der Bürgerinnen und Bürger sowie der Gewerbetreibenden von 5,6 Mio. € entstanden. Rechnet man jetzt noch die Beträge hinzu, die aus der Zeit von 1998 bis 2003 resultieren, so hat die Stadt auf Einnahmen von rd. 7,2 Mio.  € verzichtet.

 

 

Man muss sich hier einmal verdeutlichen, dass diese Summe ungefähr ein Viertel der gesamten Nettoverschuldung der Stadt Hilden ausmacht. Hierbei sind die sich daraus ergebenen Zins- und Tilgungseffekte noch nicht einmal berücksichtigt.

 

Allein aus dieser Aufstellung wird deutlich, wie behutsam die Stadt mit dem Instrument der Steuererhöhung umgegangen ist.

 

Im Jahre 2005 ergibt sich die Situation, dass - bedingt durch Hartz IV - sich der Verteilungsmechanismus bei der Sozialhilfe komplett ändert. Bisher trugen die Städte im Kreis Mettmann 50 % dieser Aufwendungen selbst, nur der Restbetrag wurde über die Kreisumlage verteilt. Nach der neuen gesetzlichen Regelung ist dies nur noch möglich, wenn alle Gemeinden sich auf ein einheitliches Verfahren einigen. Dies ist nicht der Fall. Daher wird jetzt der Gesamtbetrag über die Kreisumlage abgerechnet. Bedingt durch die hohe Steuerkraft der Stadt Hilden betragen diese Mehrkosten ca. 2,6 Mio. €. Außerdem gibt es eine ganz erheblich gestiegene Kreisumlage durch die höhere Steuerkraft der Stadt Hilden im Verhältnis zu den anderen Städten im Kreis. Die komplette Mehrbelastung der Kreisumlage beträgt daher fast 8 Mio. €. Dieser Betrag ist im Haushalt ohne kompletten Kahlschlag der gesamten Infrastruktur der Stadt Hilden nicht einzusparen.

 

Der Hinweis, keine Investitionstätigkeiten vorzunehmen, so wie es die IHK in ihrer Stellungnahme vorschlägt, mag aus Sicht der besonderen Interessensvertretung dieses Verbandes auch unproblematisch sein. Wenn man allerdings die Handwerkskammer zu dieser Problematik befragen würde, sähe dies sicherlich völlig anders aus. Die Verwaltung ist davon überzeugt, dass sich auch die Handwerkskammer massiv gegen Steuererhöhungen aussprechen würde. Sie würde aber in keinem Falle sich der Forderung anschließen, dass die Stadt Hilden, als einer der größten Auftragsgeber gerade für kleine und mittlere Betriebe unserer Stadt, auf jede Investitionstätigkeit verzichtet.

 

Weiterhin zeigt die nachstehende Tabelle im Vergleich für das Jahr 2005 (Stand 5. April 2005), dass die Stadt Hilden auch nach der Erhöhung noch eine der Gemeinden ist, die den moderatesten Steuersatz hat.

 

 

Stadt

Hebesatz GWSt

Hebesatz GrdSt B

Wülfrath

440

381

Velbert

440

420

Ratingen

400

380

Heiligenhaus

410

380

Mettmann

395

357

Haan

390

385

Erkrath

400

380

Langenfeld

403

381

Monheim

420

400

Hilden

400

380

Düsseldorf

450

465

 

 

Der Hinweis der Antragssteller auf die Vorbildlichkeit in Sachen Steuern der Städte Langenfeld und Düsseldorf verwundert hier. Die Stadt Langenfeld hat sofort nachdem die fiktiven Hebesätze angehoben wurden, im Jahr 2003 die Steuern erhöht. Die Stadt Düsseldorf hat bei der Gewerbesteuer einen Hebesatz von 450 und bei der Grundsteuer einen Hebesatz 465.

Auch im laufenden Jahr hat Langenfeld diesen Satz nicht gesenkt. Der Verwaltung ist nur von einer einzigen Stadt im Kreis bekannt, dass die Steuern gesenkt wurden. Dies ist aktuell die Stadt Ratingen. Sie hat aber exakt auf den Satz abgesenkt, auf den die Stadt Hilden anheben will. Es kann eigentlich daher nicht sein, dass Städte die vor einigen Jahren die Gewerbesteuer angehoben haben, nun gelobt werden für ihre Entschuldungspolitik und die Stadt Hilden, die im Interesse gerade der Bürgerinnen und Bürger und ihrer Gewerbetreibenden auf diese Erhöhungen bis es nicht mehr ging verzichtet hat, gerügt werden soll.

 

Aus Wirtschaftsförderunggesichtspunkten bestehen gegen diesen Hebesatz ebenfalls keine Bedenken, da er wie bereits erwähnt, am unteren Rand liegt und bei Firmenneuansiedlungen in der Regel die Frage der Gewerbesteuer keine Rolle spielt. Bei den letzten größeren Ansiedlungen waren es vielmehr gerade die in Hilden existierenden hervorragenden weichen Standortfaktoren wie z.B. Kindergartenplätze, schulisches und kulturelles Angebot, die letztendlich den Ausschlag gaben.

 

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der Finanzierungsvorschlag der Antragssteller bei der Gewerbesteuer einfach den Ansatz heraufzusetzen, äußerst problematisch ist. Auch die IHK hat nach Prüfung der Haushaltsansätze der Stadt Hilden bescheinigt, dass der Ansatz realistisch geschätzt ist. Die hohen Nachzahlungsbeträge aus dem Jahr 2004 sind einmalige Nachzahlungen von zwei großen Firmen, wobei eine dieser Firmen die Vorauszahlung bereits wieder reduziert hat.

 

Das Instrument globaler Minderausgaben gibt es auf der Bundesebene nicht aber im Kommunalrecht.

 

Bei einer positiven Beschlussfassung müssten daher haushaltsstellenscharf Kürzungen vorgenommen werden.

 

Aus den vorangegangenen Ausführungen wird deutlich, dass der Steuersatz sowohl bei der Grundsteuer als auch bei der Gewerbesteuer nicht mehr unter den fiktiven Hebesätzen gehalten werden kann.

 

 

 

 

 

 

Günter Scheib

Bürgermeister