Betreff
Änderung der Vergnügungssteuersatzung
Vorlage
WP 04-09 SV 20/047
Aktenzeichen
II/20-22.31.01
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

 

"Der Rat der Stadt Hilden beschließt die in vollem Wortlaut vorliegende Vergnügungssteuersatzung

(Anlage 1) mit Wirkung ab 01.01.2006 (Artikel 2) bzw. rückwirkend zum 01.01.2005 (Artikel 1).

 

Der Bürgermeister wird beauftragt, das Weitere zu veranlassen."

 

 

 

(G. Scheib)

 

 


 

Erläuterungen und Begründungen:

Die Vergnügungssteuer für Spielautomaten wird nach der derzeit geltenden Satzung der Stadt Hilden sowohl für Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit als auch für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit nach einem Stückzahlmaßstab erhoben. Die Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab erfolgt unabhängig vom erzielten Umsatz.

 

Die Rechtsprechung hat sich bereits häufig mit dem Stückzahlmaßstab auseinandergesetzt. Durchgreifende Bedenken wurden bislang nicht erhoben. Auch die Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen basierte bis vor kurzem bezüglich der Spielautomaten auf diesem Maßstab.

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr in drei Entscheidungen am 13.04.2005 den Stückzahlmaßstab unter bestimmten Voraussetzungen für nicht tauglich erklärt.

Nach Überzeugung des Gerichtes ist der Stückzahlmaßstab für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit untauglich, wenn „die Einspielergebnisse von Gewinnspielautomaten mehr als 50 % von dem Durchschnitt der Einspielergebnisse der Automaten gleicher Art im Satzungsgebiet abweichen.“ Gemeint ist hier eine Schwankungsbreite von mehr als 50 %. Der Durchschnitt der Einspielergebnisse der Gewinnspielautomaten darf durch die Einspielergebnisse der einzelnen Geräte um nicht mehr als 25 % über- oder unterschritten werden (S. 17 des Urteils BVerwG 10 C 5.04).

Damit hat das Bundesverwaltungsgericht die Grenze für die Schwankungsbreite der Einspielergebnisse von Gewinnspielautomaten, bis zu der der allenfalls durch Charakter der Aufwandsteuer geforderte lockere Bezug zwischen Stückzahlmaßstab und Vergnügungsaufwand noch als gewahrt angesehen werden kann, neu definiert.

 

Die Frage, ob in Hilden die vom Bundesverwaltungsgericht genannten Kriterien erfüllt sind und somit der Stückzahlmaßstab für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit sich noch als tauglicher Maßstab erweist, wäre nur nach Durchführung umfangreicher Ermittlungen zu beantworten. Hierfür wären von sämtlichen Automatenaufstellern der betroffenen Spielautomaten Aufstellungen der Einspielergebnisse für einen Zeitraum von mindestens acht besser 12 Monaten anzufordern, um Durchschnittswerte und Abweichungen hiervon feststellen zu können.

Derzeit liegen jedoch bereits Widersprüche von drei Automatenaufstellern vor, die auf die mögliche Untauglichkeit des Stückzahlmaßstabs für Gewinnspielautomaten in Hilden hinweisen. Die entsprechenden Vergnügungssteuerbescheide wurden zunächst von der Vollziehung ausgesetzt. Die strittigen Steuerbeträge betragen insgesamt rd. 75.000 Euro.

 

Der Städte- und Gemeindebund hat nunmehr die Vergnügungssteuer-Mustersatzung aufgrund der Urteile des Bundesverwaltungsgerichtes überarbeitet. Der Maßstab für Besteuerung der Automaten mit Gewinnmöglichkeit stellt auf die Einspielergebnisse (sog. Kasseninhalt) ab. Auf Antrag ist jedoch auch in Zukunft eine Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab zulässig.

 

Die sofortige Anpassung der Vergnügungssteuersatzung der Stadt Hilden an die Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes würde die o. g. umfangreichen Ermittlungen erübrigen und durch das Inkrafttreten der Änderungssatzung zum 01.01.2006 würde der Zeitraum einer rechtlich unsicheren Lage enorm verkürzt.

 

Da für das Jahr 2005 Widersprüche von drei Automatenaufstellern vorliegen, ist neben der Satzungsänderung zum 01.01.2006 zusätzlich eine rückwirkende Änderung der bestehenden Satzung erforderlich. Die rückwirkende Änderung wird in Artikel 1 der Satzung geregelt. Sie betrifft nur die Besteuerung von Automaten nach § 5 der Satzung und kommt nur für die Steuerpflichtigen in Betracht, deren Bescheide durch Widerspruch noch nicht bestandskräftig geworden sind.

 

Nach Mitteilung des Städte- und Gemeindebundes ist die rückwirkende Änderung der Vergnügungssteuer-Satzung zulässig, da es sich um eine unechte Rückwirkung handelt.

 

Durch die rückwirkend in Kraft gesetzte Satzung wird nicht auf einen (erst nach Entstehen der Abgabenpflicht) abgeschlossenen Tatbestand mit Wirkung für die Zukunft eingewirkt, so dass es sich hier nicht um den Fall einer echten, sondern einer grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung handelt. Einem etwaigen Vertrauen eines Betroffenen wegen der Unwirksamkeit des Steuermaßstabes der ursprünglichen Satzung darauf, von einer Abgabenpflicht überhaupt verschont zu bleiben, fehlt die Schutzwürdigkeit, weil er mit einer Belastung durch die Vergnügungssteuer rechnen musste.

Artikel 1 sieht allerdings eine Begrenzung der Höhe der Vergnügungssteuer auf den bisher beim Stückzahlmaßstab erhobenen Betrag vor.

 

Die neue Satzung sieht eine Besteuerung der Gewinnspielautomaten nach einem Prozentsatz der Einspielergebnisse vor. Der Städte- und Gemeindebund hat in seiner Mustersatzung keinen Prozentsatz vorgegeben, da bisher nur wenige Zahlen über Einspielergebnisse vorliegen. Er geht jedoch davon aus, dass bei einer Besteuerung von 8 bis 10 Prozent der Einspielergebnisse die bisherigen Steuereinnahmen gehalten werden können.

Da auch in Hilden kaum Angaben über Einspielergebnisse vorliegen und diese auch ohne weiteres von den Automatenaufstellern für vergangene Zeiträume nicht angefordert werden könnten, kann eine Berechnung, bei welchem Prozentsatz die bisherigen Steuereinnahmen gehalten werden können, derzeit nicht erfolgen. Es wird daher vorgeschlagen, in die Satzung einen Prozentsatz zur Besteuerung der Einspielergebnisse von 10 Prozent aufzunehmen.

 

Bei der Gestaltung der Steuersätze ist – ebenso wie allen anderen Abgaben auch – das "Erdrosselungsverbot" zu beachten, so dass eine Steuergestaltung, die den Einzelnen seiner wirtschaftlichen Existenz berauben würde, einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten würde. Darüber hinaus kann es nicht im Interesse der steuerberechtigten Körperschaften liegen, eine Steuer so zu gestalten, dass durch den Rückgang der Zahl der Steuerpflichtigen das Aufkommen letztlich geringer wird.

Neben dem Zweck der Einnahmebeschaffung bzw. – insbesondere angesichts der äußerst schwierigen Haushaltslage der Gemeinden – der Einnahmeverbesserung können die Steuersätze als steuerlichen Nebenzweck jedoch auch eine gewisse Lenkungswirkung entfalten, die hinsichtlich der Vergnügungssteuer auf eine Eindämmung der Spielsucht abzielt.

Verwaltungsseitig erscheint unter diesen Gesichtspunkten und unter der Berücksichtigung der derzeit geltenden Steuersätze der anderen Städte des Kreises Mettmann, den Steuersatze bei der Besteuerung nach der Anzahl der Apparate mit Gewinnmöglichkeit für in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen aufgestellte Spielgeräte von 180,00 Euro auf 200,00 Euro pro Apparat anzuheben, für angemessen. Der durchschnittliche Steuersatz im Kreis Mettmann für diese Apparate beträgt derzeit 214,70 Euro, wobei drei Städte (einschließlich Hilden) einen Steuersatz von unter 200,00 Euro, zwei Städte einen Steuersatz von 200,00 Euro und fünf Städte einen Steuersatz zwischen 220,00 und 300,00 Euro erheben.

Die übrigen Steuersätze für Spielautomaten liegen bereits im Bereich des Kreis-Durchschnitts und erwirken auch nicht in dem Maße eine Lenkungswirkung wie der Steuersatz für Apparate mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen.

 

Da derzeit noch keine Aussage über Einspielergebnisse oder über die Anzahl der Betroffenen, die auch weiterhin von der Möglichkeit der Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab Gebrauch machen werden, gemacht werden kann, lässt sich noch nicht abschätzen, inwieweit die Änderung der Vergnügungssteuersatzung Einfluss auf die Einnahmen bei der Vergnügungssteuer haben wird. Der Haushaltsansatz bei Haushaltsstelle 9000.0210 wird daher in der bisherigen Höhe von 350.000 Euro zunächst beibehalten.

 

 

 

(G. Scheib)

 

Anlagen

 

1.      Vergnügungssteuersatzung

2.      Synopse der bisherigen Satzung und der zukünftigen Satzung (aufgeführt sind nur die §§, die neu hinzugekommen sind oder die sich geändert haben)