Beschlussvorschlag:
"Der Rat der
Stadt Hilden beschließt die in vollem Wortlaut vorliegende Vergnügungssteuersatzung
(Anlage 1) mit
Wirkung ab 01.01.2006 (Artikel 2) bzw. rückwirkend zum 01.01.2005 (Artikel 1).
Der Bürgermeister
wird beauftragt, das Weitere zu veranlassen."
(G. Scheib)
Erläuterungen und Begründungen:
Die
Vergnügungssteuer für Spielautomaten wird nach der derzeit geltenden Satzung
der Stadt Hilden sowohl für Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit als auch für
Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit nach einem Stückzahlmaßstab erhoben. Die
Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab erfolgt unabhängig vom erzielten Umsatz.
Die Rechtsprechung
hat sich bereits häufig mit dem Stückzahlmaßstab auseinandergesetzt.
Durchgreifende Bedenken wurden bislang nicht erhoben. Auch die Mustersatzung
des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen basierte bis vor kurzem
bezüglich der Spielautomaten auf diesem Maßstab.
Das
Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr in drei Entscheidungen am 13.04.2005 den
Stückzahlmaßstab unter bestimmten Voraussetzungen für nicht tauglich erklärt.
Nach Überzeugung des
Gerichtes ist der Stückzahlmaßstab für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit
untauglich, wenn „die Einspielergebnisse von Gewinnspielautomaten mehr als 50 %
von dem Durchschnitt der Einspielergebnisse der Automaten gleicher Art im
Satzungsgebiet abweichen.“ Gemeint ist hier eine Schwankungsbreite von mehr als
50 %. Der Durchschnitt der Einspielergebnisse der Gewinnspielautomaten darf
durch die Einspielergebnisse der einzelnen Geräte um nicht mehr als 25 % über-
oder unterschritten werden (S. 17 des Urteils BVerwG 10 C 5.04).
Damit hat das
Bundesverwaltungsgericht die Grenze für die Schwankungsbreite der Einspielergebnisse
von Gewinnspielautomaten, bis zu der der allenfalls durch Charakter der
Aufwandsteuer geforderte lockere Bezug zwischen Stückzahlmaßstab und
Vergnügungsaufwand noch als gewahrt angesehen werden kann, neu definiert.
Die Frage, ob in
Hilden die vom Bundesverwaltungsgericht genannten Kriterien erfüllt sind und
somit der Stückzahlmaßstab für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit sich noch
als tauglicher Maßstab erweist, wäre nur nach Durchführung umfangreicher
Ermittlungen zu beantworten. Hierfür wären von sämtlichen Automatenaufstellern
der betroffenen Spielautomaten Aufstellungen der Einspielergebnisse für einen
Zeitraum von mindestens acht besser 12 Monaten anzufordern, um
Durchschnittswerte und Abweichungen hiervon feststellen zu können.
Derzeit liegen
jedoch bereits Widersprüche von drei Automatenaufstellern vor, die auf die
mögliche Untauglichkeit des Stückzahlmaßstabs für Gewinnspielautomaten in
Hilden hinweisen. Die entsprechenden Vergnügungssteuerbescheide wurden zunächst
von der Vollziehung ausgesetzt. Die strittigen Steuerbeträge betragen insgesamt
rd. 75.000 Euro.
Der Städte- und
Gemeindebund hat nunmehr die Vergnügungssteuer-Mustersatzung aufgrund der
Urteile des Bundesverwaltungsgerichtes überarbeitet. Der Maßstab für
Besteuerung der Automaten mit Gewinnmöglichkeit stellt auf die
Einspielergebnisse (sog. Kasseninhalt) ab. Auf Antrag ist jedoch auch in
Zukunft eine Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab zulässig.
Die sofortige
Anpassung der Vergnügungssteuersatzung der Stadt Hilden an die Mustersatzung
des Städte- und Gemeindebundes würde die o. g. umfangreichen Ermittlungen
erübrigen und durch das Inkrafttreten der Änderungssatzung zum 01.01.2006 würde
der Zeitraum einer rechtlich unsicheren Lage enorm verkürzt.
Da für das Jahr 2005
Widersprüche von drei Automatenaufstellern vorliegen, ist neben der Satzungsänderung
zum 01.01.2006 zusätzlich eine rückwirkende Änderung der bestehenden Satzung
erforderlich. Die rückwirkende Änderung wird in Artikel 1 der Satzung geregelt.
Sie betrifft nur die Besteuerung von Automaten nach § 5 der Satzung und kommt
nur für die Steuerpflichtigen in Betracht, deren Bescheide durch Widerspruch
noch nicht bestandskräftig geworden sind.
Nach Mitteilung des
Städte- und Gemeindebundes ist die rückwirkende Änderung der Vergnügungssteuer-Satzung
zulässig, da es sich um eine unechte Rückwirkung handelt.
Durch die
rückwirkend in Kraft gesetzte Satzung wird nicht auf einen (erst nach Entstehen
der Abgabenpflicht) abgeschlossenen Tatbestand mit Wirkung für die Zukunft
eingewirkt, so dass es sich hier nicht um den Fall einer echten, sondern einer
grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung handelt. Einem etwaigen Vertrauen
eines Betroffenen wegen der Unwirksamkeit des Steuermaßstabes der ursprünglichen
Satzung darauf, von einer Abgabenpflicht überhaupt verschont zu bleiben, fehlt
die Schutzwürdigkeit, weil er mit einer Belastung durch die Vergnügungssteuer
rechnen musste.
Artikel 1 sieht
allerdings eine Begrenzung der Höhe der Vergnügungssteuer auf den bisher beim
Stückzahlmaßstab erhobenen Betrag vor.
Die neue Satzung
sieht eine Besteuerung der Gewinnspielautomaten nach einem Prozentsatz der
Einspielergebnisse vor. Der Städte- und Gemeindebund hat in seiner
Mustersatzung keinen Prozentsatz vorgegeben, da bisher nur wenige Zahlen über
Einspielergebnisse vorliegen. Er geht jedoch davon aus, dass bei einer
Besteuerung von 8 bis 10 Prozent der Einspielergebnisse die bisherigen
Steuereinnahmen gehalten werden können.
Da auch in Hilden kaum
Angaben über Einspielergebnisse vorliegen und diese auch ohne weiteres von den
Automatenaufstellern für vergangene Zeiträume nicht angefordert werden könnten,
kann eine Berechnung, bei welchem Prozentsatz die bisherigen Steuereinnahmen
gehalten werden können, derzeit nicht erfolgen. Es wird daher vorgeschlagen, in
die Satzung einen Prozentsatz zur Besteuerung der Einspielergebnisse von 10
Prozent aufzunehmen.
Bei der Gestaltung
der Steuersätze ist – ebenso wie allen anderen Abgaben auch – das "Erdrosselungsverbot"
zu beachten, so dass eine Steuergestaltung, die den Einzelnen seiner
wirtschaftlichen Existenz berauben würde, einer rechtlichen Überprüfung nicht
standhalten würde. Darüber hinaus kann es nicht im Interesse der
steuerberechtigten Körperschaften liegen, eine Steuer so zu gestalten, dass
durch den Rückgang der Zahl der Steuerpflichtigen das Aufkommen letztlich geringer
wird.
Neben dem Zweck der
Einnahmebeschaffung bzw. – insbesondere angesichts der äußerst schwierigen
Haushaltslage der Gemeinden – der Einnahmeverbesserung können die Steuersätze
als steuerlichen Nebenzweck jedoch auch eine gewisse Lenkungswirkung entfalten,
die hinsichtlich der Vergnügungssteuer auf eine Eindämmung der Spielsucht
abzielt.
Verwaltungsseitig
erscheint unter diesen Gesichtspunkten und unter der Berücksichtigung der derzeit
geltenden Steuersätze der anderen Städte des Kreises Mettmann, den Steuersatze
bei der Besteuerung nach der Anzahl der Apparate mit Gewinnmöglichkeit für in
Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen aufgestellte Spielgeräte von 180,00 Euro
auf 200,00 Euro pro Apparat anzuheben, für angemessen. Der durchschnittliche
Steuersatz im Kreis Mettmann für diese Apparate beträgt derzeit 214,70 Euro,
wobei drei Städte (einschließlich Hilden) einen Steuersatz von unter 200,00
Euro, zwei Städte einen Steuersatz von 200,00 Euro und fünf Städte einen
Steuersatz zwischen 220,00 und 300,00 Euro erheben.
Die übrigen
Steuersätze für Spielautomaten liegen bereits im Bereich des
Kreis-Durchschnitts und erwirken auch nicht in dem Maße eine Lenkungswirkung
wie der Steuersatz für Apparate mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen.
Da derzeit noch
keine Aussage über Einspielergebnisse oder über die Anzahl der Betroffenen, die
auch weiterhin von der Möglichkeit der Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab
Gebrauch machen werden, gemacht werden kann, lässt sich noch nicht abschätzen,
inwieweit die Änderung der Vergnügungssteuersatzung Einfluss auf die Einnahmen
bei der Vergnügungssteuer haben wird. Der Haushaltsansatz bei Haushaltsstelle
9000.0210 wird daher in der bisherigen Höhe von 350.000 Euro zunächst
beibehalten.
(G. Scheib)
Anlagen
1.
Vergnügungssteuersatzung
2.
Synopse
der bisherigen Satzung und der zukünftigen Satzung (aufgeführt sind nur die §§,
die neu hinzugekommen sind oder die sich geändert haben)