Betreff
Anregung der Bürgerinitiative MUT e.V. vom 28.02.2017:
Erstellung von Statistiken zum Grün- und Freiflächenbestand
Vorlage
WP 14-20 SV 61/130
Aktenzeichen
IV/61.1-Antrag-STEP-Hol
Art
Anregung/Beschwerde nach § 24 GO NRW

Begründung:

 

1.       Hilden ist die am dichtesten besiedelte Kreisangehörige Stadt in ganz Deutschland. Trotzdem sollen immer wieder weitere Baugebiete unterschiedlicher Größe neu ausgewiesen werden, aktuell im Besonderen für preisgünstigen Wohnraum. Dazu werden gerne statistische Vergleiche mit Nachbarstädten zur Begründung angeführt.

2.       Die Siedlungsdichte wird bei den zum Vergleich angeführten Städten nicht ausgewiesen und nicht bewertet.

3.       Statistische Erhebungen zu Grün- und Freiflächen fehlen völlig, dabei ist der Anteil an Grünflächen mitentscheidend für die Wohnqualität in der Stadt.

 


Antragstext:

 

1.       Der Rat beauftragt die Verwaltung Statistiken zum Grün- und Freiflächenbestand in Hilden zu erstellen und permanent zu pflegen. Bei Planung neuer Bauvorhaben sind ggf. vorhandene Daten über Grün- und Freiflächen von Nachbarstädten sowie Städten gleicher Größenordnung wie Hilden auszuwerten und die Daten gegenüber zu stellen.

2.       Statistische Vergleiche mit anderen Städten zum Bestand von preisgünstigem Wohnraum werden zur Begründung neuer Bauvorhaben nur noch herangezogen, wenn Punkt 1 des Bürgerantrags erfüllt ist.

3.       Bei einer Neuplanung von Baumaßnahmen ist immer die Siedlungsdichte von Hilden zu berücksichtigen. Diese ist der Siedlungsdichte von Nachbarstädten und von Städten gleicher Größenordnung wie Hilden gegenüberzustellen.

 


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Zu Punkt 1 des Antrages:

 

Die Bürgerinitiative MUT e.V. regt zum einen an, dass bezüglich des Grün- und Freiflächenbestandes in Hilden Statistiken erstellt und gepflegt werden sollen.

 

Im statistischen Jahrbuch der Stadt Hilden sind Daten über den Bestand an Grün- und Freiflächen vorhanden. Und zwar in der „Gliederung des Gemeindegebietes nach Katasternutzungsarten“. Hier gibt es einen Vergleich mit den vergangenen Jahren, d.h. man kann die Entwicklung verfolgen.

In der folgenden Grafik ist die Entwicklung des Freiraumes (landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzte Flächen, Waldflächen, Gewässer, Öd- und Abbauland, Heide) seit 1995 bis 2013 dargestellt. Die Jahre 1974 und 1975 sind mit erfasst, da sie die Flächengrößen vor und nach der Gemeindereform darstellen.

 

 

Des Weiteren gibt es eine Auflistung der Flächengrößen nach den „tatsächlichen Nutzungen“ in der die verschiedenen Nutzungen aus der ersten Tabelle nochmals gegliedert werden. Beide Tabellen aus dem Jahrbuch 2013 sind der Sitzungsvorlage beigefügt und zudem auch jeweils die  Tabellen aus den Jahrbüchern 1999, 2002, 2007, 2012 in der die Entwicklung der Flächengrößen (siehe Abbildung) dargestellt sind.

Das komplette Jahrbuch 2013 ist unter folgendem Link im Internet einsehbar: „https://www.hilden.de/sv_hilden/Unsere%20Stadt/Zahlen%20+%20Fakten/Jahrbuch%202013-web.pdf“

 

Zum anderen regt der MUT e.V. an, dass bei der Planung neuer Bauvorhaben die Daten von Nachbarstädten und mit Hilden vergleichbaren Städten ausgewertet und den Hildener Daten gegenübergestellt werden sollen. 

 

Hierbei gibt es, abgesehen von den evtl. daraus entstehenden Personalkosten, verschiedenes zu beachten:

Für eine Vergleichbarkeit der Daten müssten die Begriffe „Grün- und Freiflächen“ genau definiert sein, was sie im Antrag des MUT e.V. nicht sind. Es ist also nicht klar, ob es Flächen sind die einer bestimmten Nutzung (z.B. Erholung, Sport, Wald, Landwirtschaft etc.) unterliegen und wenn ja welcher, oder ob z.B. alle unversiegelten Flächen im Stadtgebiet gemeint sind, inklusive aller Hausgärten.

Zudem müssten die Nachbarkommunen für einen direkten Vergleich die gleiche Definition von Grün- und Freiflächen für ihre Datenerfassung verwenden.

Außerdem stellt sich die Frage, welche Grundlage dazu dienen soll, die Ähnlichkeit Hildens mit einer anderen Stadt auszumachen. Grundsätzlich könnten dafür z.B. die Flächengröße der Stadt in Frage kommen, die Einwohnerzahl, ob es eine Mittel-, Groß- oder Kleinstadt ist, die Bevölkerungsdichte (Einwohner/km²), das Verhältnis von Freiraum zu Siedlungsraum (z.B. gemäß des Regionalplanes) oder Kombinationen aus den Eigenschaften.

Außerdem hat Hilden bezüglich der Bevölkerungsdichte seit der Gemeindereform von 1975 eine Sonderstellung inne, da es sich bei dem Großteil der abgegebenen Fläche (ca. 500 ha westlich und nördlich der Elb) um Freiflächen handelte. Zwar ist die Fläche statistisch für Hilden verloren gegangen und so der Dichtewert stark angestiegen, faktisch ist dieser Freiraum aber noch vorhanden und dient weiterhin ökologischen Belangen sowie der Erholung auch der Hildener Bevölkerung.

 

Die unterschiedlichen Definitionsmöglichkeiten zeigen bereits, wie schwer es ist, einen sinnvollen Abgleich mit den Nachbarstädten, wie es vorgeschlagen wurde, herzustellen.

 

Für einen groben Vergleich kann eine Statistik der Bezirksregierung Düsseldorf dienen. Es handelt sich um das „Datenmosaik 2014: Vergleichsdaten der Städte und Gemeinden im Regierungsbezirk Düsseldorf“. Sie ist im Internet unter folgendem Link zu finden: „http://www.brd.nrw.de/planen_bauen/regionalmonitoring_statistik/Datenmosaik.html“.

 

Hier gibt es einen Flächenvergleich zwischen 1995 und 2013 in Prozent für Hilden. (Datenblatt siehe Anhang)

 

 

In den 18 Jahren hat sich gemäß der Bezirksregierung die Siedlungs- und Verkehrsfläche Hildens um 6% vergrößert und damit der Freiraum um die 6% verkleinert.

Stellt man dieser Erhebung allerdings die Daten von 1995 und 2013 aus dem Statistischen Jahrbuch Hildens gegenüber, lag der Anteil des Freiraumes am gesamten Stadtgebiet 1995 bei 46,4% und 2013 bei 42,2%, so dass sich hiernach der Freiraum nur um 4,2% verkleinert hat.

Diese nicht übereinstimmenden Ergebnisse sind wiederum mit einer unterschiedlichen Datengrundlage zu erklären.

 

Schaut man im „Datenmosaik 2014“ auf die anderen Städte im Regierungsbezirk, ist es schwierig, eine vergleichbare Stadt zu finden. Die Städte mit einer ähnlichen prozentualen Aufteilung von Freiraum und Siedlungsraum sind Großstädte mit einer deutlich größeren Bevölkerungsdichte. Diese Städte hatten einen Freiflächenverbrauch seit 1995 von im Durchschnitt um die 3%. Allerdings besagt die höhere Bevölkerungsdichte auch, dass der Siedlungsraum stärker genutzt wird und damit bereits jetzt stärker versiegelt ist als in Hilden.

Lediglich die Stadt Duisburg hat eine ähnliche Konstellation bezüglich der Verteilung von Frei- und Siedlungsraum sowie der Einwohnerdichte aufzuweisen. Hier liegt der Freiraumverbrauch bei 2,3%. Nur ist eine Stadt, die eine ähnliche Struktur aufweist wie Hilden, nicht sehr aussagekräftig im Hinblick auf den „üblichen“ Umgang mit dem Freiraumverbrauch bzw. -schutz.

 

 

Zu Punkt 2 des Antrages:

 

Die Bürgerinitiative MUT e.V. beantragt zudem, dass, wenn es keinen Freiraumvergleich mit anderen Städten gibt, auch kein Vergleich bezüglich preisgünstigem Wohnraum erfolgen soll.

 

Dieses Ansinnen ist nicht ganz verständlich, da der Eindruck entsteht, dass lediglich der Bau von preisgünstigem Wohnraum zu einer Inanspruchnahme von Freiflächen führen könnte.

 

Allerdings ist insgesamt der Druck der Nachfrage nach Wohnraum in einigen Städten stark gestiegen, unter anderem in Hilden.

Zum einen möchten immer mehr Menschen in den Großstädten und ihrer näheren Umgebung leben, zum anderen steigt die Geburtenrate und es gab/gibt eine Einwanderungswelle von außen, so dass der vor einigen Jahren prognostizierte Rückgang der Bevölkerung zumindest in den Ballungsräumen nicht eintritt, sondern eher ein Wachstum zu verzeichnen ist.

Mit diesem Szenario geht einher, dass der Wohnraum immer teurer wird und für viele Menschen nicht mehr bezahlbar ist. Aus sozialer und stadtplanerischer Sicht ist es wichtig, für „alle“ Menschen in einer Stadt Wohnraum zu schaffen und dabei eine Durchmischung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen anzustreben.

Die vergleichenden Zahlen mit anderen Städten dienten dazu, darzustellen, dass in Hilden der Anteil des preisgünstigen Wohnraums sehr gering ist und daher einige Bevölkerungsgruppen bei ihrer Wohnungssuche stark benachteiligt sind. Damit sollte gezeigt werden, dass bei neuen Bauvorhaben der günstige Wohnraum eine höhere Priorität einnehmen sollte, als das in den letzten Jahren der Fall war, um hier wieder ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen den unterschiedlich teuren Wohnformen zu schaffen.

 

Wenn es um eine Abwägung zwischen unterschiedlichen städtischen Nutzungen geht, sollte man die Wohnbautätigkeit als Ganzes betrachten. Es geht also zum einen um die Abwägung zwischen Freiraum und Wohnnutzung und zum anderen in einem weiteren Schritt um die Abwägung zwischen den verschiedenen Arten der Wohnnutzung, hierfür diente der in der Sitzungsvorlage WP 14-20 SV 61/104 „Entwicklungskonzept: Preisgünstiger Wohnraum in Hilden“ dargelegte Vergleich zu anderen Städten. Zudem ist bei diesem Vergleich die Datengrundlage eindeutig.

 

 

Zu Punkt 3 des Antrages:

 

Bei Planungen von Neubaumaßnahmen sind die Siedlungsdichte und der Freiflächenverbrauch immer ein Abwägungsbelang. Es gibt die raumplanerische Maßgabe, den im Regionalplan ausgewiesenen Freiraum nicht durch andere Nutzungen zu beanspruchen. Daran hält sich die Stadt Hilden, da beabsichtige Baumaßnahmen nur im Siedlungsbereich geplant werden. Hierzu wird ausdrücklich auch auf Punkt 1 der in der Sitzungsvorlage WP 14-20 SV 61/104 „Entwicklungskonzept: Preisgünstiger Wohnraum in Hilden“ in Abschnitt 4.1 dargelegten Anforderungen an Neubaupotentialflächen verwiesen.

Neben dem Abwägungsbelang des Freiflächenschutzes gibt es allerdings auch andere Belange, z.B. der starke Druck auf den Wohnungsmarkt, der unter anderem durch die besondere Lage Hildens (angrenzend an die sehr nachgefragte Stadt Düsseldorf mit guten verkehrlichen Anbindungen) und die verstärkte Einwanderung ausgelöst wird.

Letztlich ist es eine Entscheidung des Rates, ob Neubaupotentialflächen im Siedlungsbereich untersucht und ggfs. in Angriff genommen und damit dem durch geänderte Gegebenheiten entstandenen Druck auf den Wohnungsmarkt Rechnung getragen bzw. eine höhere Gewichtung gegeben wird, oder der Erhalt von Freiflächen die höhere Priorität bekommt.

Dass Hilden eine hohe Einwohnerdichte (auch im Vergleich mit anderen Städten) aufweist, ist hinlänglich bekannt und war somit schon in der Vergangenheit ein Abwägungsbelang. Hier könnte eine Abwägung auch beinhalten, dass nicht darüber entschieden wird, „ob“ gebaut wird oder nicht, sondern darüber „was“ und „wie“ gebaut wird und somit eine die Freiflächen schonende und ökologische Nachverdichtung erfolgen kann.

 

 

Die Verwaltung empfiehlt, dem Antrag des MUT e.V. nicht zu folgen, da bereits Statistiken zu den Grün- und Freiflächen existieren, die hohe Einwohnerdichte Hildens hinreichend bekannt ist und eine Vergleichbarkeit zu anderen Städten aus den oben dargestellten Gründen nicht gegeben ist.

 

 

 

gez.

Birgit Alkenings

Bürgermeisterin