Betreff
Anregung nach § 24 GO NRW: Keine Freiflächen-Bebauung Am Bruchhauser Kamp und Overbergstraße
Vorlage
WP 14-20 SV 61/084
Aktenzeichen
IV/61_Pe
Art
Anregung/Beschwerde nach § 24 GO NRW
Untergeordnete Vorlage(n)

Begründung:

 

Hiermit stellen wir gemäß Paragraph 24 der Gemeindeordnung NRW einen Bürgerantrag an die Stadt Hilden.

 

Es ist geplant, zwei Freiflächen, und zwar am Bruchhauser Kamp 4a sowie in der Overbergstrasse 12/12a, zu bebauen. Dieses Vorhaben können wir nicht nachvollziehen.

 

Das Grundstück an der Overbergstrasse mit den nördlich davon liegenden Grünflächen dient der

Stadt als Freiluftschneise, die insbesondere im Sommer für Frischluft im Stadtgebiet beiträgt und

damit die Lebensqualität in Hilden verbessert. Zudem hat das Grundstück in Einheit mit den eben

erwähnten nördlich angrenzenden Grünflächen einen parkähnlichen Charakter. Durch die Vernetzung entsteht ein Naherholungseffekt, der verloren geht, sobald man das Gesamtgebilde der Grünflächen fragmentiert.

 

Des Weiteren ist der Wasserstand in dem betroffenen Gebiet außerordentlich hoch mit einer entsprechend hohen Gefahr von Überschwemmungen. Die Freifläche an der Overbergstrasse ist daher bewusst als Überflutungsbecken angelegt, um einen Hochwasserschutz zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang interessiert uns, welche alternativen Maßnahmen geplant sind, um einen gleichwertigen Hochwasserschutz zu gewährleisten, wenn das Grundstück einmal bebaut ist und diese Funktion daher nicht mehr erfüllen kann.

 

Insbesondere aber leidet infolge der geplanten Bebauung der beiden Freiflächen die Lebensqualität für die Kinder, die in der Umgebung leben. Durch den Bau von drei Straßenschwellen in der Overbergstrasse, die die Stadt dankenswerterweise beschlossen und umgesetzt hat, können die Kinder sich heute wieder in der verkehrsberuhigten Zone ungefährdet zum Spielen aufhalten. Diese Möglichkeit wird von den Kindern reichlich und gerne genutzt. Sie würde ihnen wieder genommen, da durch die Bebauung mit zahlreichen Wohneinheiten der Verkehr massiv zunehmen würde.

 

Ähnliches trifft für den Kinderspielplatz am Bruchhauser Kamp zu. Wir selbst sind Eltern von Kindern im Alter zwischen vier und zehn Jahren und wissen, dass sie den Spielplatz gerne und häufig besucht haben, um sich dort mit zahlreichen Freunden aus Kindergarten und Schule zu treffen, bis ohne jede Benachrichtigung die Spielgeräte entfernt wurden. Zudem wurde der Spielplatz durch den integrativen Kindergarten „Karnaper Regenbogen" intensiv genutzt. Ein solcher Ort, der die Begegnung unter Kindern und damit die Entwicklung ihrer Sozialkompetenz fördert, ist für die Kinder von besonderem Wert, so dass wir nicht nachvollziehen können, warum ihnen diese Möglichkeit genommen wurde. Was nutzt neuer Wohnraum, wenn sich gleichzeitig die Lebensbedingungen und Spielräume der Kinder verschlechtern?

 

Die Spielplätze am Topsweg und der Pestalozzistrasse sind als Ausweichalternativen eindeutig nicht geeignet, weil beide von der Strasse aus nicht bzw. nur schlecht einsehbar sind. Welche enorme Gefahr ein derart abseits gelegener Standort in sich birgt, zeigte sich vergangenes Jahr, als tagsüber ein junges Mädchen auf dem Spielplatz an der Pestalozzistrasse vergewaltigt wurde.

 

Wir beantragen daher, die Grünflächen in der Overbergstrasse sowie den Spielplatz am Bruchhauser Kamp zu erhalten. Wie Sie aus den Unterschriftenlisten, die diesem Antrag als Anlage beigefügt sind, ersehen können, unterstützen zahlreiche Anwohner der Gegend dieses Anliegen.

 

(Original-Anschreiben siehe Anlage 1 zu dieser Sitzungsvorlage)

 


Antragstext:

 

Wir beantragen, die Grünflächen in der Overbergstraße sowie den Spielplatz Am Bruchhauser Kamp zu erhalten.


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Der Antrag nach § 24 GO NRW wurde von Anliegern der Overbergstraße / Am Bruchhauser Kamp als Interessengemeinschaft c/o Dirk Hensmann gestellt und am Montag, den 14.03.2016 Frau Bürgermeisterin Alkenings übergeben.

 

Die Antragsteller haben eine Unterschriftenliste mit 406 Unterschriften gegen die Bebauung eingereicht.

 

Für einen Antrag nach § 24 GO NRW ist formal betrachtet nur eine Unterschrift erforderlich. Daher sind die Unterschriftenlisten nicht beigefügt, da so auch nicht die entsprechenden Datenschutzerklärungen eingefordert werden mussten.

Falls für eine Entscheidungsfindung erforderlich, können die Unterschriftenlisten von den Ausschuss- und Ratsmitgliedern im Rathaus eingesehen werden.

 

Zudem wurde eine Liste von 154 „Likes“ eingereicht, welche durch einen Beitrag der Antragssteller auf der Plattform Facebook unter der Rubrik „Citytalk Hilden“ zustande gekommen ist.

Der Verwaltung liegt der Verlauf dieser „virtuellen Unterhaltung“ vor. Hieraus geht hervor, dass dabei durchaus kontrovers diskutiert wurde.

Aus Datenschutzgründen konnte diese Liste nicht der Sitzungsvorlage beigefügt werden.

 

Vorbemerkung:

 

Wie in der Sitzungsvorlage WP 14-20 SV 61/070 erläutert, wurden von der Verwaltung alle städtischen Eigentumsflächen geprüft, ob sie unter Umständen als Wohnbauflächen mit der Zielrichtung „Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbegehrende“ oder „öffentlich geförderten Wohnungsbau bzw. preisgedämpften Wohnungsbau“ genutzt werden könnten.

 

Es wurden daraufhin in der genannten Sitzungsvorlage ursprünglich drei Flächen vorgeschlagen, die ohne Bau neuer öffentlicher Infrastrukturen (z.B. Straßen, Kanäle) in Wohnbauland umgewandelt werden könnten. Nach Vorberatung im Stadtentwicklungs- sowie im Wirtschafts- und Wohnungsbauförderungsausschuss wurde im Rat der Stadt Hilden am 16.03.2016 unter anderem mehrheitlich beschlossen, den Spielplatz „Am Bruchhauser Kamp“ für ein ergebnisoffenes Bebauungsplan-Änderungsverfahren (Nr. 35, 7. Änderung) zur Verfügung zu stellen.

 

Overbergstraße 12, 12a:

 

Mit der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 177, 15. beschleunigte Änderung durch den Stadtentwicklungsausschuss am 20.01.2016 sollten die planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bau eines Mehrfamilienhauses für öffentlich geförderten Wohnungsbau geschaffen werden.

 

Nach der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses und vor der Beratung im Rat am 16.03.2016 wurden der Stadtverwaltung von der Bezirksregierung Düsseldorf neue Karten zur – ggfs. vorläufigen – Sicherung der Überschwemmungsgebiete für den Garather Mühlenbach zur Verfügung gestellt.

Aus diesen Karten ist ersichtlich, dass die Bezirksregierung auf großen Teilen des Grundstücks Overbergstraße 12, 12a ein Überschwemmungsgebiet festsetzen wird.

 

In einem vorläufig gesicherten sowie in einem endgültig festgesetzten Überschwemmungsgebiet ist insbesondere die Ausweisung von neuen Baugebieten in Bauleitplänen oder sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch sowie die Errichtung und Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 Baugesetzbuch untersagt.

 

Da das Grundstück Overbergstraße 12, 12a dadurch keine Aussicht mehr auf eine wirtschaftliche Bebaubarkeit inkl. der notwendigen Nebenanlagen hat, machte die angestrebte und ursprünglich vorgeschlagene Umnutzung keinen Sinn. Somit hat die Verwaltung dem Rat vorgeschlagen, das Grundstück – entsprechend den heute bestandskräftigen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 177 – weiterhin als öffentliche Grünfläche zu nutzen. Diesem Vorschlag ist der Rat gefolgt.

 

Detaillierte Ausführung zu diesem Sachverhalt finden Sie in den zusätzlichen Erläuterungen zur Sitzungsvorlage WP 14-20 SV 61/070/1 und in der Sitzungsvorlage zur Einstellung des Bebauungsplanverfahrens Nr. 177, 15. beschleunigte Änderung (WP 14-20 SV 61/083).

 

Insoweit hat sich aus Sicht der Verwaltung der Bürgerantrag der Interessengemeinschaft erledigt.

 

Am Bruchhauser Kamp 4a:

 

Mit der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 35, 7. beschleunigte Änderung durch den Stadtentwicklungsausschuss am 20.01.2016 sollen ebenfalls die planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bau eines Mehrfamilienhauses für öffentlich geförderten Wohnungsbau geschaffen werden. Mit der Umnutzung der Plangebietsfläche ist die Aufgabe des Kinderspielplatzes „Am Bruchhauser Kamp“ verbunden.

 

Das Ziel des Bebauungsplan-Änderungsverfahrens ist die Realisierung eines Mehrfamilienhauses mit 5 bis 6 Wohneinheiten im Rahmen des öffentlich geförderten Wohnungsbaus durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft WGH.

Derzeit werden die grundlegenden Informationen über das Grundstück zusammengestellt (Versickerungsfähigkeit, Artenschutzprüfung Stufe 1, Bebauungsentwurf etc.) sowie die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange um Stellungnahme gebeten, um dann Mitte Mai 2016 in einer frühzeitigen Bürgerbeteiligung (in Form einer Bürgeranhörung) den Entwurf des Bebauungsplans zur Diskussion zu stellen.

 

Bauleitplan-Verfahren sind grundsätzlich ergebnisoffen. Im vorliegenden Fall wird das Interesse an öffentlich gefördertem Wohnungsbau mit anderen im Planverfahren geäußerten Positionen und Interessen abgewogen werden.

 

Die Verwaltung hat dieses Gelände für Wohnbebauung vorgeschlagen, nachdem eine Arbeitsgruppe, die sich aus Vertretern des Amtes für Jugend, Schule und Sport, des Tiefbau- und Grünflächenamtes, dem zentralen Bauhof und des Planungs- und Vermessungsamtes zusammensetzte, im Rahmen der Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung alle Spielplätze im Stadtgebiet überprüft hat. Diese Arbeitsgruppe hat u.a. dieses Spielplatzgrundstück für eine andere Verwendung vorgeschlagen.

 

Primäres Ziel war die Prüfung, ob auf bestimmten Flächen Einsparungen erzielt werden könnten (Geräteausstattung, Fallschutz, Flächengröße, Anzahl). Der Aspekt der grundsätzlichen Aufgabe von Spielplätzen wurde jedoch nicht außer Acht gelassen.

Der Spielplatz „Am Bruchhauser Kamp“ wurde dabei wie folgt bewertet:

„Der Spielplatz ist komplett überholungsbedürftig und weist wenig Nutzungsspuren auf. In nur geringer Entfernung befindet sich der Spielplatz Pestalozzistraße (Typ A). Der KSP „Am Bruchhauser Kamp“ könnte komplett entfallen. Der nächste Spielplatz KSP Pestalozzistr. ist nur 70 - 120m entfernt und durch das Wohngebiet erreichbar. Hierfür sollte eine Ergänzungsausstattung auf dem KSP Pestalozzistraße erfolgen, da hier kein Angebot für Kleinkinder vorliegt“.

 

In diesem Abwägungsprozess wurden die Einwohnerzahlen im relevanten Alter (0-6 Jahre) im Einzugsbereich der Spielplätze herausgesucht.

Im Falle des Spielplatzes „Am Bruchhauser Kamp“ wurde festgestellt, dass in den benachbarten Baublöcken (Nr. 46/110 und Nr. 46/140 gemäß statistischem Bericht) sieben Kinder im Alter von 0-5 Jahren und sieben Kinder im Alter von 6-9 Jahren wohnen. Diese Anzahl von Kindern im näheren Umfeld erklärt auch die geringe Nutzung des Spielplatzes.

 

Als Ausweichstandort hat die Verwaltung den Kinderspielplatz Pestalozzistraße vorgesehen, welcher vom heutigen Spielplatz „Am Bruchhauser Kamp“ Luftlinie nur ca. 70 Meter entfernt liegt. Dieser Kinderspielplatz ist mit ca. 7400 qm (plus anschließender Grünfläche von ca. 5.840 qm) zehn Mal so groß, wie der Spielplatz „Am Bruchhauser Kamp“. Da dieser Spielplatz nur für die Altersgruppe 11-13 ausgebaut ist, muss seine Ausstattung noch für die jüngeren Altersgruppen ergänzt werden, so dass er dann die Erfordernisse der Spielplatzkategorien A, B und C bedient.

 

Dadurch würde in der unmittelbaren Nachbarschaft an der Pestalozzistraße ein angemessener Ersatz geschaffen, wodurch auf den Spielplatz „Am Bruchhauser Kamp“ verzichtet werden könnte.

 

Derzeit befinden sich auf dem Spielplatz „Am Bruchhauser Kamp“ noch eine Doppelschaukel, ein Vierer-Wippgerät „Kleeblatt“, ein Drehstab „Spica“ aus dem Jahr 2001 und eine Wippe „Vogelschar“. Aufgrund des Alters (Unterteil 1992, Oberteil 2008) und des aktuellen Gerätezustandes der Wippe, wird im Fall einer weiteren deutlichen Verschlechterung des Gerätezustandes auch hier ein Geräteabbau aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich werden.

 

Wie bereits am 04.03.2016 in der Presse mitgeteilt, ist die bereits erfolgte Demontage der Spielkombination auf dem Spielplatz „Am Bruchhauser Kamp“ das Ergebnis einer turnusmäßigen Kontrolle. Bei dieser wurde festgestellt, dass die Sicherheit des Gerätes nicht mehr ausreichend gewährleistet ist.

Bilder zu den Schädigungen der abgebauten Spielkombination sind in der Anlage zu dieser Sitzungsvorlage beigefügt (siehe Anlage 3 zu dieser Sitzungsvorlage).

 

Da die Bestückung eines Spielplatzes mit Spielgeräten immer individuell mit Rücksicht auf Platzverhältnisse, Topographie und Kinderwünsche erfolgt, würde dies auch bei dem Ausbau des Spielplatzes Pestalozzistraße für die Altersgruppe unter 6 Jahren berücksichtigt.

Falls der Spielplatz „Am Bruchhauser Kamp“ aufgegeben wird, würden die heute noch vorhandenen funktionstüchtigen Spielgeräte anderweitig verwendet werden.

 

Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Verwaltung, das Bebauungsplanverfahren Nr. 35, 7. beschleunigte Änderung für das Grundstück „Am Bruchhauser Kamp 4a“ fortzusetzen, um in einem ergebnisoffenen Bebauungsplanverfahren die Vor- und Nachteile abzuwägen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob eine Bebauung des Spielplatzes möglich und sinnvoll ist.

In diesem Verfahren können auch die Ansprüche der KiTa „Karnaper Regenbogen“ an der Pestalozzistraße eingebracht werden, selbst wenn diese schon heute über große eigene Spielbereiche verfügt.

 

Gez.

B. Alkenings

BürgermeisterinWP 14-20 SV 61/084