Betreff
Anregung nach § 24 GO NRW
Erhalt der Albert-Schweitzer-Schule
und Theodor-Heuss-Schule,
Bau von Sozialwohnungen,
Erhalt von verschiedenen Grünflächen
Vorlage
WP 14-20 SV 61/082
Aktenzeichen
IV/61_Bplan-254_Bopp
Art
Anregung/Beschwerde nach § 24 GO NRW

Begründung:

 

Der Zuzug von mehr als 1 Mio. Flüchtlingen erfordert bundesweit den Neubau von Schulen. Dies wird auch zukünftig eine kommunale Aufgabe sein. Daher ist es nicht vertretbar, dass trotz des enorm hohen Bedarfs an Schulraum weitgehend intakte Gebäude abgerissen werden, um an anderer Stelle mit hohem finanziellen Aufwand Erweiterungs- bzw. Neubauten zu realisieren.

Ist es daher nicht sinnvoller das erforderliche Bauland für preiswerten Wohnraum für junge bzw. kinderreiche Familien und Sozialwohnungen an anderer Stelle zu suchen, z. B. im Bereich der alten Turnhalle an der Lindenstraße. Dort würden hierdurch die Probleme einer Reihenhausbebauung entlang der Lindenstraße mit 7 Reiheneigenheimen gelöst. Neben ebenerdigen alten- bzw. behindertengerechten Wohnungen könnten dann, entlang der Lindenstraße, in den drei Obergeschossen der bisher an anderer Stelle geplante, familiengerechte, preiswerte Wohnraum entstehen.

Gleichzeitig würde dies die angespannte Haushaltslage der Stadt Hilden entlasten – keine Abrisskosten, Einsparungen bei der Erschließung, keine bald notwendigen Schulneubauten sowie die Verbesserung der Vermarktung der Grundstücke an der Lindenstraße ermöglichen.

So könnten auch die Grün- und Spielflächen an der Overbergstraße, am Bruchhauser Kamp und der Hochdahler Straße erhalten werden, weil der aktuelle Bedarf an Sozialwohnungen so erreichbar ist.

 


Antragstext:

Der Rat der Stadt Hilden möge beschließen, dass

1.    aufgrund der aktuellen bundesweiten Lage die Beschlüsse des Rates der Stadt Hilden aus dem Jahre 2015 zum Abriss der Albert-Schweitzer-Schule und Teilabriss der Theodor-Heuss-Schule nicht umgesetzt werden,

2.    an der Lindenstraße im Bereich der ehemaligen Turnhalle altengerechte und Sozialwohnungen gebaut werden,

3.    in der Folge zu 2. die Grün- und Spielflächen an der Overbergstraße, am Bruchhauser Kamp und der Hochdahler Straße erhalten bleiben.


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Mit eMail vom 29.02.2016 hat Herr Dirk Linke, Am Lindengarten 15, 40723 Hilden die in der Anlage beigefügte Anregung gemäß § 24 GO NRW Frau Bürgermeisterin Alkenings übersandt.

 

Mit dem Antrag sowie in seiner Begründung werden folgende Themen – vor allem der Stadtentwicklung – angesprochen:

a)    Erhalt und Weiter- bzw. Wiedernutzung der Albert-Schweitzer-Schule und der Theodor-Heuss-Schule als Schulgebäude, insbesondere aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen und des daraus entstehenden Schulbedarfs,

b)    Bau von altengerechten und Sozialwohnungen an der Lindenstraße im Bereich des Plangebiets des Bebauungsplans Nr. 254,

c)    Durch die geplante Reihenhausbebauung entlang der Lindenstraße würden in diesem Bereich Probleme entstehen,

d)    Der Bedarf an Sozial- und altengerechten Wohnungen sowie das erforderliche Bauland für preiswerten Wohnraum für junge bzw. kinderreiche Familien in Hilden könne im Bereich des Bebauungsplans Nr. 254 an der Lindenstraße gedeckt werden,

a.    Daher könnten an drei anderen Stellen im Stadtgebiet Grünflächen bzw. Spielplätze erhalten bleiben, die mit öffentlich geförderten bzw. preisgebundenen Wohnungen bebaut werden sollen,

e)    Entlastung der Haushaltslage durch Einsparungen bei der Erschließung,

f)     Bessere Vermarktbarkeit der Grundstücke an der Lindenstraße.

 

Zu diesen Themen nimmt die Verwaltung folgendermaßen Stellung:

a)    Erhalt und Weiter- bzw. Wiedernutzung der Albert-Schweitzer-Schule und der Theodor-Heuss-Schule als Schulgebäude, insbesondere aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen und des daraus entstehenden Schulbedarfs

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Rat noch keine Entscheidung getroffen hat, wie das Grundstück der Theodor-Heuss-Schule nach Aufgabe der Hauptschule genutzt werden soll. Die entsprechende Sitzungsvorlage der Stadtverwaltung wurde im Stadtentwicklungsausschuss am 24.09.2015 vertagt, damit der Zweckverband vhs Hilden-Haan seinen langfristigen Raumbedarf festlegen kann.

 

Die Entwicklung der kommunalen Schullandschaft wird von einem dynamischen Veränderungsprozess geprägt. Dieser entsteht durch gesellschaftliche Themen wie Inklusion, Ganztagsbetreuung, Elternwahlrecht, die allgemeine demografische Entwicklung wie auch die Flüchtlingsproblematik. Die Entwicklungsprozesse sind daher in ihrer Gesamtheit sehr komplex. Die Einflussfaktoren sind nicht im Vorhinein bestimmbar und lassen daher keine mittel- und langfristige Planungssicherheit zu. Bislang führt die Schulversorgung der Flüchtlingskinder in diesem Zusammenhang dazu, dass der bisher zu verzeichnende demographisch bedingte Rückgang der Schülerzahlen positiv verändert wird.

 

So ist es in Hilden bislang gut gelungen, alle Flüchtlingskinder mit einem Schulplatz zu versorgen. Die einzelnen Schulstandorte und die vorhandenen Klassengrößen bieten zudem Möglichkeiten, weitere Schulplätze für Flüchtlinge zu schaffen. Eine Notwendigkeit, weiteren Schulraum - wie vom Antragssteller dargestellt - in erheblichem Umfang an anderer Stelle neu zu schaffen, ist in Hilden nicht erkennbar.

 

Zudem ist festzustellen, dass ein weiterer Betrieb der Albert-Schweitzer-Hauptschule und der Theodor-Heuss-Hauptschule ganz erhebliche Investitionen in die Sanierung und Modernisierung der Gebäude erfordern würde, die sich nicht wesentlich von Neubaukosten unterscheiden würden.

 

Die Verwaltung empfiehlt daher, dem Antrag in diesem Punkt nicht zu folgen.

 

b)    Bau von altengerechten und Sozialwohnungen an der Lindenstraße im Bereich des Plangebiets des Bebauungsplans Nr. 254

Der Rat hat in seiner Sitzung am 16.03.2016 beschlossen, die sieben Baugrundstücke an der Lindenstraße an die städtische Tochter WGH Wohnungsbaugesellschaft Hilden mbH zu übertragen, um dort die im am 17.06.2015 beschlossenen Vermarktungskonzept vorgesehenen Reihenhäuser zu errichten.

Im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 254 wurde die Ansiedlung von gefördertem Wohnungsbau erörtert. Im Vermarktungskonzept für das Bebauungsplangebiet Nr. 254 ist ein rund 2000 m² großes Baugrundstück für Wohnprojekte / Mehrgenerationenwohnen an anderer Stelle vorgesehen. Zudem wird ein ebenfalls gut 2000 m² großer Teilbereich des Gebietes für die Bebauung durch die städtische WGH Wohnungsbaugesellschaft Hilden mbH zur Verfügung gestellt. Diese Nutzungszwecke waren bereits während des Planverfahrens bekannt und wurden entsprechend durch Ratsbeschlüsse bestätigt.

Die sieben Baugrundstücke an der Lindenstraße haben eine Größe von gut 1000 m². Hieraus wird deutlich, dass diese Grundstücke nicht die im Vermarktungskonzept beschlossene Flächenanforderung erfüllen können.

Die Verwaltung empfiehlt daher, dem Antrag in diesem Punkt nicht zu folgen.

 

c)    Durch die geplante Reihenhausbebauung entlang der Lindenstraße würden in diesem Bereich Probleme entstehen

Die angesprochene geplante Reihenhausbebauung an der Lindenstraße ist im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 254 abgewogen und im Dezember 2014 beschlossen worden. Sie entspricht der Bebauung in anderen Bereichen der Lindenstraße und im weiteren Verlauf des Erikaweges. Probleme in Bezug auf diese Nutzung oder die Zufahrten sind im Planverfahren nicht geäußert worden und nicht bekannt. Die vorgesehene Nutzung ist aus stadtplanerischer Sicht als unproblematisch zu werten.

Der neue Standort der signalisierten Fußgängerquerung über die Lindenstraße wird im Zuge der Bauplanung der WGH Wohnungsbaugesellschaft Hilden mbH mit dem Tiefbau- und Grünflächenamt abgestimmt, um keine Konflikte zwischen der privaten Grundstückszufahrt zur Garage und den Nutzern der Fußgängerquerung zu schaffen.

Die Verwaltung empfiehlt daher, dem Antrag in diesem Punkt nicht zu folgen.

 

d)    Der Bedarf an Sozial- und altengerechten Wohnungen sowie das erforderliche Bauland für preiswerten Wohnraum für junge bzw. kinderreiche Familien in Hilden könne im Bereich des Bebauungsplans Nr. 254 an der Lindenstraße gedeckt werden. Daher könnten an drei anderen Stellen im Stadtgebiet Grünflächen bzw. Spielplätze erhalten bleiben (Grün- und Spielflächen an der Overbergstraße, am Bruchhauser Kamp und an der Hochdahler Straße), die mit öffentlich geförderten bzw. preisgebundenen Wohnungen bebaut werden sollen.

Zum 31.12.2015 standen in Hilden noch 1.287 öffentlich geförderte Mietwohnungen zur Verfügung, im Jahr 1996 waren es 2.795. Wenn außer den derzeit bewilligten Bauvorhaben keine neuen öffentlich geförderten Mietwohnungen mehr errichtet werden, stehen im Jahr 2025 in Hilden nur noch 899 öffentlich geförderte Mietwohnungen zur Verfügung (siehe Beschlussvorlage WP 14-20 SV 50/051 „Bericht über die Entwicklung im öffentlich geförderten Wohnungsbau“ des Wirtschafts- und Wohnungsbauförderungsausschusses am 10.02.2016).

Daher hat der Rat am 16.03.2016 die Umnutzung zweier städtischer Flächen (Grün- und Spielflächen am Bruchhauser Kamp und an der Hochdahler Straße) zu Wohnbauland für geförderten Wohnungsbau beschlossen. Da vor dem Ratsbeschluss festgestellt wurde, dass ein Teilbereich der Fläche an der Overbergstraße künftig als Überschwemmungsfläche ausgewiesen wird, wurde hier auf ein Bebauungsplan-Änderungsverfahren verzichtet. Das bereits eingeleitete Bauleitplanverfahren soll eingestellt werden (Die entsprechende Beschlussvorlage wird im April dem Stadtentwicklungsausschuss vorgelegt).

Die Standorte Hochdahler Straße sowie Bruchhauser Kamp sind infrastrukturell erschlossen, eine Ergänzung der öffentlichen Infrastruktur ist nicht erforderlich. Wenn die Neubauten auf diesen Grundstücken, wie beabsichtigt, sich von ihrer Größe her in die Umgebungsbebauung einpassen, können an der Hochdahler Straße 233 ca. zehn Wohnungen und Am Bruchhauser Kamp fünf bis sechs Wohnungen gebaut werden. Da die Stadt Hilden nur über wenige Flächen mit ausreichender Infrastruktur verfügt, sollten diese Ressourcen genutzt werden. Eine Alternative wäre sonst gegebenenfalls die Schaffung von Wohnbauflächen am bisher unbebauten Stadtrand, welche aus Gründen der Ressourcen-Ersparnis und der damit verbundenen hohen Infrastrukturkosten möglichst vermieden werden sollte.

Die Schaffung von preisgünstigem Wohnungsraum ist – wie oben bereits erläutert – an anderer Stelle, als im Bürgerantrag vorgeschlagen, im Bereich des Bebauungsplans Nr. 254 vorgesehen und durch das gegebene Planrecht möglich. Der Bau soll durch die WGH erfolgen (ca. 37 17 (geä. am 14.4.2016) Wohneinheiten). Außerdem sind ca. 29 Wohneinheiten vorgesehen, die durch ein Mehrgenerationen-Wohnprojekt bebaut werden können. Somit ist im Plangebiet den Zielen Rechnung getragen, Wohnraum für alle Generationen und Menschen aus verschiedenen sozialen Lagen zu schaffen. 

Im Vergleich zum in Hilden bestehenden und künftig entstehenden Bedarf an günstigem Wohnraum sind auf den aufgeführten Flächen nur wenige geförderte bzw. preisgebundene Wohnungen neu zu schaffen. Doch angesichts der eingangs aufgeführten Zahlen der aus der Preisbindung fallenden Wohnungen sollte auf keine der Flächen verzichtet werden.

Ebenso ist in Hilden die Vorhaltung von Flächen für Wohnungen für Familien erforderlich, wie im Bebauungsplan Nr. 254 u.a. entlang der Lindenstraße vorgesehen. Die aufgeführten Bedarfe allein über die Bebauung der Flächen an der Lindenstraße abzudecken, ist ausgeschlossen.

e)    Entlastung der Haushaltslage durch Einsparungen bei der Erschließung

Durch den Verzicht auf den Abriss der Schulgebäude könnte nicht darauf verzichtet werden, ganz erhebliche Investitionen an diesen Gebäuden zu tätigen. Der Erhalt der Schulgebäude würde durch die notwendigen Sanierungskosten erhebliche Summen erfordern. Zudem kann auch bei Abriss der Theodor-Heuss-Schule sowie der bereits aus der Schulnutzung gefallenen Albert-Schweitzer-Schule, wie bereits erläutert, die Notwendigkeit eines Schulneubaus aus heutiger Sicht ausgeschlossen werden.

Hingegen ist die Vorhaltung von Flächen für den Wohnungsbau erforderlich und kann an anderer Stelle nicht in qualitativ gleichwertiger Lage, also integriert in den Bestand unter der Bedingung bereits vollständig vorhandener Infrastruktur, nachgewiesen werden. Die Erschließung der Fläche ist daher weiterhin erforderlich, sobald die Flächen wieder verfügbar sind.

f)     Bessere Vermarktbarkeit der Grundstücke an der Lindenstraße.

Die Grundstücke lassen sich derzeit aufgrund der Erfahrung aus der ersten Ausschreibung (Herbst 2015) nicht gut vermarkten. Während sich für die Einfamilienhaus-Grundstücke laut Interessentenliste 123 Familien (Stand vom Oktober 2014) beworben haben, haben nur neun Familien eine – teils unvollständige - Bewerbung auf die konkrete Ausschreibung hin abgegeben. Von diesen ist mittlerweile nur eine Familie als Interessentin für ein konkretes Grundstück übrig geblieben, so dass auf dieser Grundlage die Ausschreibung nicht aufrechterhalten werden konnte. Teilweise stehen hinter diesem mangelnden Interesse an den ausgeschriebenen Grundstücken persönliche Vorlieben der Bewerber für andere Grundstücke im Plangebiet. Von einigen Interessenten wurde auch geäußert, dass sie lieber ein fertiges Haus erwerben würden, als selbst zu bauen Als Gründe für diese Situation werden seitens der Verwaltung außerdem vermutet:

-       die nicht absehbare Dauer der Nutzung der ehemaligen Schulgebäude für ein Erstaufnahmelager des Landes NRW zur Unterbringung von Asylbegehrenden und Flüchtlingen.

-       die daher ebenfalls unklare Dauer bis zur Einrichtung und Beendigung der Baustellen für den Straßen- und Kanalbau sowie für den Bau der weiteren Gebäude in der Mehrgenerationensiedlung.

Dennoch wird derzeit davon ausgegangen, dass die Reihenhäuser nach ihrer Erstellung durch die WGH Wohnungsbaugesellschaft Hilden mbH problemlos verkauft oder – je nach Entscheidung der zuständigen Gremien – auch vermietet werden können

Hiermit würde der mit dem Vermarktungskonzept zum Bebauungsplans Nr. 254 dokumentierte Wille des Rats der Stadt Hilden, wie das Grundstück genutzt werden soll, entsprochen.

 

Auf der Grundlage der aufgeführten Argumente empfiehlt die Verwaltung, dem Bürgerantrag insgesamt nicht zu entsprechen.

 

gez.
B. Alkenings
Bürgermeisterin