Betreff
Städtische Grundstücke für preisgünstigen Wohnraum:
Antrag der Fraktion ALLIANZ für Hilden für den Rat am 16.03.2016
Vorlage
WP 14-20 SV 61/080
Aktenzeichen
IV/61.3 640-00 St
Art
Antragsvorlage

Erläuterungen zum Antrag:

 

Ausgangslage für diesen Antrag ist die Sitzungsvorlage WP 14-20 SV 61/070, in dem die Verwaltung die Vermarktung der Grundstücke zum Bau von Sozialwohnungen vorgeschlagen hat. Die ALLIANZ für Hilden hat zu den Ausführungen der Verwaltung im Nachgang eine Anfrage gestellt, in der u.a. nach den Bodenwerten/Verkehrswerten für Wohngrundstücke ohne bzw. mit der Zweckbindung im öffentlich geförderten Wohnungsbau gefragt wurde. Gemäß Antwortschreiben der Verwaltung  IV/61.3-230-20-1 vom 29.01.2016 ergibt sich eine Subventionierung in Höhe von 1.075.040 € für die Objektförderung im sozialen Wohnungsbau, die wie folgt ermittelt wird:

 

 

Grundstücksgröße

Bodenricht­wert
€/m²

Bodenwert-
Grundstück

Bodenwert
Grundstück
Sozialwhg.

Hochdahler Str. 233

     1.400

               370 €

        518.000 €

      210.000 €

Am Bruchhauser Kamp 4a

        800

               380 €

        304.000 €

      115.000 €

Overbergstraße 12,12a

     2.564

               360 €

        923.040 €

      345.000 €

Gesamt

     4.764

                       

     1.745.040 €

      670.000 €

Subvention
Sozialwohnungen

             

                       

                       

   1.075.040 €

 

Die o.a. Grundstücke hätten als Baugrundstücke lt. Bodenrichtwertkarte per Stichtag zum 01.01.2015 einen Marktwert von ca. 1.745.040 €.

Im Schreiben der Verwaltung IV/61.3-230-20-1 vom 29.01.2016 wird ausgeführt, dass sich diese Grundstücke für den sozialen Wohnungsbau nur für ca. 670.000 € veräußern lassen. Der Mindererlös in Höhe von ca. 1 Mio. € ist unserer Auffassung nach bei der derzeitigen Haushaltslage nicht tragbar.

 

Bereits im vergangenen Jahr hat der Senioren- und Behindertenbeirat beantragt, dass auf dem Gelände der Theodor-Heuss-Schule 30% der dort zu errichtenden Wohnungen im Rahmen des öffentlich geförderten Wohnungsbaus entstehen sollen (SV WP 14-20 SV 61/060). Hier hatte die Verwaltung empfohlen, dem Antrag des Beirates vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Situation der Stadt Hilden nicht zu folgen.

 

Die Verwaltung erläutert in ihrem Antwortschreiben vom 29.01.2016 weiter, dass ihr die Quote der Fehlbelegung der öffentlich geförderten Wohnungen in Hilden seit Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe in 2006 nicht bekannt ist.
Laut offiziellen Aussagen, z.B. durch Kölner Haus- und Grundbesitzverein, liegen häufig 40 Prozent der Bewohner von Sozialwohnungen schon drei Jahre nach Einzug über den für die Sozialbindung zulässigen Einkommensgrenzen. Dieser Anteil steige deutlich, je länger das Objekt bewohnt würde.
Anhand des Alters des Sozialwohnungsbestandes in Hilden und der damit im Zusammenhang stehenden Mietdauer und der infrage stehenden Mietberechtigung, kann von einer Fehlbelegung von bis zu 80% ausgegangen werden.

 

Wir, die ALLIANZ für Hilden, gehen daher davon aus, dass eine Subventionierung in Höhe von ca. 1 Mio. € als ein verlorener Zuschuss anzusehen ist, da nach wenigen Jahren durch die – nicht vermeidbare – steigende Fehlbelegung die falschen Zielgruppen gefördert bzw. subventioniert werden. Die Wiedereinführung einer Fehlbelegungsabgabe würde unter Umständen zu einem anderen Ergebnis führen. In Hessen ist inzwischen die Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe ab i. Juli 2016 beschlossen worden.

 

gez.
Angelika Urban
Fraktionsvorsitzende


Antragstext:

 

Der Rat der Stadt Hilden möge beschließen, dass aufgrund der aktuellen Haushaltslage auf die Subventionierung der Objektförderung, wie in WP 14-20 SV 61/070 beabsichtigt, bis auf weiteres verzichtet wird.


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Der Antrag der Fraktion ALLIANZ für Hilden bezieht sich auf die Sitzungsvorlage WP 14-20 SV 61/070 „Städtische Grundstücke für preisgünstigen Wohnraum“, die in der Ratssitzung am 16.03.2016 zur Beratung und ggfs. Beschlussfassung ansteht.

 

Auf Grundlage dieser Sitzungsvorlage hat der Stadtentwicklungsausschuss am 20.01.2016 und der Wirtschafts- und Wohnungsbauförderungsausschuss am 10.02.2016 mit großer Mehrheit beschlossen, dass die drei Grundstücke Hochdahler Straße 233 (Flur 7 Flurstücke 1040 und 1111), Am Bruchhauser Kamp 4a (Flur 22 Flurstück 588 sowie eine Teilfläche aus Flur 22 Flurstück 583) und Overbergstraße 12,12a (Flur 22 Flurstück 778) in Wohnbaugrundstücke umgewandelt und dem öffentlich geförderten Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden sollen. Hierzu sollen sie der WGH Wohnungsbaugesellschaft Hilden mbH angeboten werden.

 

Die Fraktion ALLIANZ für Hilden scheint dem ersten Teil des Beschlussvorschlags mit der Umwandlung der drei bisherigen Grünflächen in Wohnbauland zuzustimmen.
Aber sie beantragt, diese und alle weiteren potentiellen Baugrundstücke nicht als Baugrundstücke für den öffentlichen geförderten Wohnungsbau zu betrachten, sondern sie zur Reduktion des Haushaltsdefizits an Investoren zu veräußern.

 

Zur Begründung ihres Antrages hat die Fraktion ALLIANZ für Hilden auf Grundlage von Bodenrichtwerten eine eigene Bewertung der Bodenwerte der drei genannten Grundstücke ermittelt und meint auf dieser Basis eine Subventionierung in Höhe von 1.075.040 € zu erkennen.

 

In der von den Antragstellern zitierten Antwort vom 29.01.2016 hat die Verwaltung deutlich gemacht, dass bei einem freien Investorenauswahlverfahren Kaufpreise auf Grundlage der Bodenrichtwerte nicht immer dem Markt angemessen sind.
Aus Sicht von Wohnungsbauunternehmen und Bauträgern ist der Kaufpreis für ein Baugrundstück für ein Mehrfamilienhaus von der zu errichtenden Wohn- und Nutzfläche, den Baukosten (Grundstücksaufbereitung, Planungs- und Herstellungskosten) sowie von der Anzahl und Unterbringung der nachzuweisenden Stellplätze abhängig und nur eingeschränkt von der Größe des Baugrundstücks. Dies ist bei Baugrundstücken für Einfamilienhäuser anders.
Bei den letzten Grundstücksverkäufen – in der Regel in der Hildener Innenstadt und mit Übernahme der Abrisskosten der aufstehenden Gebäude – hat die Stadt Hilden Kaufpreise je m² der entstehenden Wohn- und Nutzfläche zwischen ~ 225 €/m² und ~ 320 €/m² erzielen können.
Unter Berücksichtigung der Lage und vorbehaltlich der Ergebnisse der Bebauungsplanverfahren sowie der zu entwickelnden Bebauungskonzepte für die drei genannten Grundstücke geht die Verwaltung davon aus, dass ein Wert von rund 300 €/m² Wohn- und Nutzfläche (zzgl. Notarkosten und Grunderwerbsteuer) erzielbar wäre.
Ausgehend von den sehr überschlägig geschätzten Wohn- und Nutzflächen hätten die Grundstücke auf dieser Grundlage folgenden Bodenwert:

     -    Hochdahler Straße 233:        ~ 900 m²                                 = 270.000 €

     -    Am Bruchhauser Kamp 4a:   ~ 500 m²                                 = 150.000 €

     -    Overbergstraße 12,12a:     ~ 1.500 m²                                 = 450.000 €

     Summe                                                                                         870.000 €

 

Die von der Verwaltung in der Antwort vom 29.01.2016 abgeschätzten Auswirkung auf den Wert der Baugrundstücke, wenn sie ausschließlich dem öffentlich geförderten Wohnungsbau dienen dürfen, basiert auf der Richtlinie der Stadt Düsseldorf vom 05.07.2012 zum Grunderwerb für die Errichtung öffentlich geförderter Wohnungen.

In welchem Ausmaß die Änderungen der Wohnraumförderungen des Landes NRW – insbesondere im Hinblick auf den Tilgungsnachlass von 25 % für in 2015 und 2016 bewilligte Neubaumaßnahmen – sich auf die wirtschaftlich noch tragfähigen Grundstückspreise auswirken, kann die Verwaltung nicht abschätzen.

 

Die Ausgangslage zur Einschätzung, ob es aus finanzwirtschaftlicher Sicht zu rechtfertigen ist, ein Baugrundstück ausschließlich dem öffentlich geförderten Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen, ist bei den drei in der Sitzungsvorlage WP 14-20 SV 61/070 vorgeschlagenen Grundstücken wesentlich anders zu beurteilen als bei dem Grundstück der Theodor-Heuss-Schule.

Bei einer wohnbaulichen Umnutzung des bebauten Grundstücks der Theodor-Heuss-Schule wären im Haushalt der Stadt Hilden Sonderabschreibungen in Höhe von rund 2 Mio. Euro durchzuführen. Die vorläufige städtebauliche Kalkulation zu diesem Projekt wurde in der Sitzungsvorlage WP 14-20 SV 61/034 ausführlich dargestellt.
Um den Haushalt der Stadt nicht mit solchen Sonderabschreibungen zu belasten, sind alternative Grundstücke ohne Anlagen mit hohem Bilanzwert – wie z.B. die drei genannten Grundstücke – aus haushaltswirtschaftlicher Sicht gut für eine Umnutzung für den öffentlich geförderten Wohnungsbau geeignet.

 

Ob und wenn ja, wie viele öffentlich geförderte Wohnungen zur Zeit in Hilden von Nutzern bewohnt werden, die heute nicht mehr zum Einzug in eine solche Wohnung berechtigt wären – z.B. weil sie ein höheres Einkommen besitzen, ein Partner verstorben ist oder die Kinder ausgezogen sind ist nicht bekannt.

Es ist aber davon auszugehen, dass es sich bei den Bewohnern, die eine Fehlbelegungsabgabe zu zahlen hätten, wenn sie vom Land wieder eingeführt werden würde, nicht um Personen handelt, die im landläufigen Sinne „reich“ sind. Deshalb werden eben nicht, „die falschen Zielgruppen gefördert bzw. subventioniert“.

 

Zum Schluss ist deutlich zu machen, dass die Diskussion, ob eine Wiedereinführung einer Fehlbelegungsabgabe sinnvoll ist oder nicht, nicht im Rat der Stadt Hilden, sondern in den Gremien des Landes NRW zu führen und zu entscheiden ist.

 

In der Sitzungsvorlage WP 14-20 SV 50/051 „Bericht über die Entwicklung im öffentlich geförderten Wohnungsbau“ hat die Verwaltung dem Wirtschafts- und Wohnungsbauförderungsausschuss am 10.02.2016 berichtet, dass zum Stichtag 31.12.2015 in Hilden nur noch 1.287 öffentlich geförderte Mietwohnungen zur Verfügung stehen. Im Jahr 1996 waren es noch 2.795. Und wenn außer den derzeit bewilligten Bauvorhaben keine neuen öffentlich geförderten Mietwohnungen mehr errichtet werden, stehen im Jahr 2025 in Hilden nur noch 899 öffentlich geförderte Mietwohnungen zur Verfügung.

 

In Anbetracht der zu verzeichnenden Reduzierung des öffentlich geförderten Wohnungsbestands hat die Stadt Hilden aus Sicht der Verwaltung die Aufgabe, in Hilden auch Baugrundstücke für Wohnungssuchende mit Wohnberechtigungsschein zur Verfügung zu stellen. Die Stadtverwaltung stimmt der Sichtweise von Bund und Ländern zu, dass in den angespannten Wohnlagen deutlich mehr preiswerter Wohnraum entstehen muss als bisher – auch, aber nicht nur um die große Zahl an Flüchtlingen mit dauerndem Aufenthaltsrecht unterzubringen.

 

Mit Hilfe der städtischen WGH Wohnungsbaugesellschaft Hilden mbH ist es der Stadt Hilden bisher immer wieder gelungen, diese Aufgabe möglichst haushaltsneutral – in der Regel durch Erhöhung des Stammkapitals – zu erfüllen. Dieses Ziel strebt die Verwaltung grundsätzlich weiterhin an.

 

 

Deshalb empfiehlt die Verwaltung, den Antrag der Fraktion ALLIANZ für Hilden abzulehnen.

 

 

gez.
Alkenings