Betreff
Änderung der Beihilferichtlinien im Bereich der Hilfen zur Erziehung / Vollzeitpflege
Vorlage
WP 14-20 SV 51/102
Aktenzeichen
III/51.5-St
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss beschließt die Ergänzung und Änderung der Beihilferichtlinien für den Bereich der Vollzeitpflege in der vorliegenden Fassung.

 


Erläuterungen und Begründungen:

 

Im Rahmen des SGB VIII werden für junge Menschen und Familien in Hilden vielfältige Hilfen zur Erziehung nach §§ 27ff. erbracht. Soweit eine Hilfe zur Erziehung oder Eingliederungshilfe außerhalb der Familie erbracht werden muss, gehört zum Leistungsumfang nach § 39 SGB VIII auch die Sicherstellung des notwendigen Unterhaltes für das Kind oder den Jugendlichen. Der Unterhalt umfasst den regelmäßig wiederkehrenden Bedarf und auch einmalige Beihilfen und Zuschüsse. Um einheitliche und vergleichbare Entscheidungsabläufe zu sichern, werden die Entscheidungsspielräume durch Richtlinien konkretisiert. Die Beihilferichtlinien wurden zuletzt im JHA am 01.03.2012 (SV 51/172, Beihilferichtlinien Vollzeitpflege und Heimpflege) geändert.

 

Um eine stärkere landesweite Vereinheitlichung herbeizuführen wurden von der Landeskommission Jugendhilfe NRW am 25.11.2010 Empfehlungen für einmalige Beihilfen und Zuschüsse verabschiedet. Dieser Empfehlung wurde mit Änderung der Beihilferichtlinien im JHA am 01.03.2012 Rechnung getragen. Für den Bereich der „Pflegekinder mit erhöhtem Betreuungs- und Erziehungsbedarf in Pflegefamilien“ gab es von der Landeskommission Jugendhilfe keine Ausführungen, so dass nun eine kommunale Auslegung erfolgt.

 

 

Rechtsgrundlage

 

Die Leistungen an Betreuung und Erziehung werden Pflegeeltern grundsätzlich entsprechend dem Bedarf ihres Pflegekindes erstattet. Die Bedarfslage des Kindes ist von vielen Kriterien abhängig und die erhöhten Anforderungen an die Pflegepersonen ergeben sich aus ungünstigen Entwicklungen und Krisen im Leben des Kindes.

 

Rechtsgrundlage dafür ist § 33 SGB VIII in Verbindung  mit § 39 Abs. 4-6 SGB VIII.

 

„Die laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen“

… Sie sollen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. (§ 39 Abs.4 SGB VIII)

 

„Abweichende Leistungen sind anzunehmen, wenn aus gesundheitlichen Gründen ein Mehrbedarf besteht und / oder die Anforderungen an Betreuung und Erziehung besonders hoch sind z.B. bei HIV-infizierten Pflegekindern oder Kindern mit besonderen Schädigungen z.B. durch sexuellen Missbrauch etc..“

(Kommentierung Wiesner, 2006, Rz. 34)

 

 

Verfahren

 

Die finanziellen Aufwendungen für Pflegekinder werden vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW festgelegt. Sie setzen sich zusammen aus materiellen Aufwendungen (Pflegegeld) und Erziehungsbeitrag. Dieser monatliche Erziehungsbeitrag wird regelmäßig vom Land NRW angepasst und umfasst zurzeit 233,-- €.

Ein erhöhter Erziehungsbetrag soll gewährt werden, wenn im Rahmen der Hilfeplanung durch die fallführende Stelle festgestellt und dokumentiert wird, dass den Kriterien entsprechende Verhaltensauffälligkeiten des Kindes vorliegen.

Dieser Betreuungs- und Erziehungsleistung soll durch die Gewährung eines erhöhten Erziehungsbeitrages zeitlich befristet oder langfristig Rechnung getragen werden.

 

 

 

 

Kriterien zur Leistungsgewährung in Pflegefamilien:       

 

Zur Vereinheitlichung der Entscheidungskriterien wurde, angelehnt an das Verfahren in Düsseldorf, ein Raster zur Bestimmung der Betreuungsintensität erstellt. Die einzelnen Kriterien der Abstufung sind beispielhaft und nicht abschließend aufgeführt und der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Der Mehrbedarf wird aufgrund der Dauer, der Schwere und der Häufigkeit seines Auftretens begründet.

 

 

1.   Einfacher Erziehungsbeitrag

 

 

Beschreibung zum Kind:

 

  • körperliche Entwicklung alters-

             entsprechend bis leicht verzögert

  • gesund, evtl. Förderbedarf z.B. Ergo-, Logo-Therapie o.ä.)
  • Verhalten dem Entwicklungsalter  entsprechend bis leicht verzögert
  • Integration des Kindes in die Pflegefamilie erscheint möglich
  • Besuch der Regeleinrichtungen erscheint möglich

 

Anforderung an die Pflegeeltern:

 

  • Konzept der elterlichen Feinfühligkeit
  • Aufbau dialogischer Beziehungsstrukturen
  • korrigierende Elternerfahrung
  • Verstehen kindlichen Verhaltens vor dem Hintergrund seiner Biographie
  • Beziehung und Integration
  • Entwicklungsentsprechende Erziehungsleistung
  • alters entsprechende Förderung
  • biografische Arbeit mit dem Kind
  • Besuchskontakte mit der Herkunftsfamilie
  • Zusammenarbeit mit JA gem. § 37 SGB VIII
  • Zusammenarbeit mit externen Stellen z.B. Kindergarten, Schule

 

 

 

 

2.   Zweifacher Erziehungsbeitrag

 

 

Beschreibung zum Kind:

 

  • körperliche Entwicklung erheblich retardiert
  • deutlich eingeschränkte Bindungsfähigkeit / Angstbindung
  • Angstabwehrmechanismen, z.B. Verdrängung, Regression, Projektion
  • Syndrom aggressiver Selbstbehauptung, z.B. Negativismus, Aggressivität, übersteigerte Selbsteinschätzung, Unempfindlichkeit, Zerstörungswut
  • erhöhter Förderbedarf z.B. aufgrund FAS, ADHS
  • Förderbedarf in Regeleinrichtungen
  • Integration des Kindes in die Pflegefamilie ist erschwert

Ergänzende Anforderung an die Pflegeeltern:

·         Erhöhte Erziehungsleistung zur Kompensation der vorhandenen  Störungen

·         Folgen früher Traumatisierung werden erkannt und bearbeitet

·         regelmäßiger begleiteter Kontakt mit der Herkunftsfamilie

·         intensive  Zusammenarbeit mit Fachberatung, Lern- und Reflexionsbereitschaft

·         Kooperation mit zusätzlichen pädagogischen und therapeutischen Hilfen

·         Umgang mit Herkunftsfamilie, die Unterbringung nicht akzeptieren(§ 1666 SGB VIII)

·         Kooperation mit Ergänzungspfleger / Vormund

·         Akzeptanz verzögerter bis eingeschränkter Integrationsleistungen des Pflegekindes 

 

 

 

3.   Dreifacher Erziehungsbeitrag

 

 

Beschreibung zum Kind:

 

  • Belastung durch lebensbeein-trächtigende oder lebensverkürzende körperliche Entwicklung / Behinderung
  • Erhebliche Beeinträchtigung der sozialen und emotionalen Kompetenz
  • ausgeprägte Bindungsstörung
  • Erhöhter Förderbedarf in integrativer Einrichtung und Förderschule
  • hochgradig belastende  traumatisierend wirkende Lebenserfahrung
  • Entwicklungsstörungen, z.B. erheblich verringerte Stressresilienz,  Dissoziationen, erhöhtes Erregungsniveau Kontrollverlust (z.B. Einnässen, Einkoten)

Erhöhte Anforderung an die Pflegeeltern:

  • Semiprofessionalität im alltäglichen Zusammenleben
  • Besondere Empathie in die Welt des behinderten und / oder  schwer traumatisierten Kindes
  • Das Bedürfnis des Kindes nach Kontrolle zur Abwehr von Bedrohung und Retraumatisierung wahrnehmen
  • Begleiteter Besuchskontakt mit „Täter-Eltern“
  • Hohe Flexibilität i.d. Termingestaltung, z.B. Planungsgespräche, Netzwerke, Diagnose- u. Therapieeinrichtungen
  • Hohe Kooperations- und Reflektionsbereitschaft, z.B. mit Fachberatung und zusätzlichen Hilfen
  • Akzeptanz deutlich eingeschränkter bis nicht möglicher Integrationsleistungen des Pflegekindes

 

 

Ein derartiger Kriterienkatalog war bislang nicht vorhanden, diese Lücke wird mit der vorliegenden Ergänzung geschlossen. Die gewährten erhöhten Erziehungsbeiträge haben zurzeit in Hilden unterschiedliche, nicht systematisierte Umfänge.

 

Der Mehraufwand für die Umsetzung dieser Beihilferichtlinienergänzung im Bereich der Vollzeitpflegestelle würde in 2016 etwa 5.340 € betragen. In drei von vier Fällen besteht gegenüber anderen Städten ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 4.000€. Die Mittel sind im Haushalt verschlagt.

 

Mit der Ergänzung zu den Beihilferichtlinien wird die Grundlage geschaffen, besondere Erziehungsleistungen von Pflegeeltern anzuerkennen und damit auch zukünftig Pflegeeltern dafür zu gewinnen, entwicklungsbeeinträchtigten Kindern ein neues Zuhause und eine optimale Förderung zu geben. Für die Kinder stellt dies eine Chance auf ein Aufwachsen in einem „normalen“ familiären Umfeld dar. Für die Kosten im Bereich der Hilfe zur Erziehung ist dies eine Entlastung, da die Kosten für eine Pflegestelle auch mit erhöhtem Erziehungsbeitrag um monatlich ca. 3.000 € geringer sind als bei einer Heimunterbringung.

 

Die Entscheidung über die Gewährung eines erhöhten Erziehungsbeitrages ist durch die Kriterienkataloge nachvollziehbar und transparent.

 

Die Ergänzung der Beihilferichtlinien folgt der Praxis anderer Kommunen und unterstützt die wertvolle Arbeit der Pflegeeltern.

 

 

Im Rahmen dieser Ergänzung wurde die Beihilferichtlinie in weiteren Punkten auf Grundlage der aktuellen Rechtsprechung angepasst.

 

gez.

Birgit Alkenings

 


Finanzielle Auswirkungen: Ja 

 

Produktnummer / -bezeichnung

060301

Bereitstellung v. Hilfen innerh.-u. außerh.v. Familien

Investitions-Nr./ -bezeichnung:

 

 

Pflichtaufgabe oder

freiwillige Leistung/Maßnahme

Pflicht-

aufgabe

x

(hier ankreuzen)

freiwillige

Leistung

 

(hier ankreuzen)

 

 

Folgende Mittel sind im Ergebnis- / Finanzplan veranschlagt:

(Ertrag und Aufwand im Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen)

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aus der Sitzungsvorlage ergeben sich folgende neue Ansätze:

(Ertrag und Aufwand im Ergebnishaushalt / Einzahlungen und Auszahlungen bei Investitionen)

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei über-/außerplanmäßigem Aufwand oder investiver Auszahlung ist die Deckung  gewährleistet durch:

Haushaltsjahr

Kostenträger/ Investitions-Nr.

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stehen Mittel aus entsprechenden Programmen des Landes, Bundes oder der EU zur Verfügung? (ja/nein)

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Freiwillige wiederkehrende Maßnahmen sind auf drei Jahre befristet.

Die Befristung endet am: (Monat/Jahr)

 

 

Wurde die Zuschussgewährung Dritter durch den Antragsteller geprüft – siehe SV?

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Finanzierung/Vermerk Kämmerer

 

Gesehen Klausgrete