Betreff
Energieversorgungskonzept für das Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 254 "Albert-Schweitzer-Schule"
Vorlage
WP 14-20 SV 61/021
Aktenzeichen
IV/61.1 Bplan-254_Energie_Bp
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

In der Mehrgenerationensiedlung im Gebiet der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule sollen nur Häuser mit mindestens Passivhaus-Standard errichtet werden.
Heizungsanlagen mit Nutzung von Holzpellets oder vergleichbaren Feststoffen sind nicht zulässig.


 

Erläuterungen und Begründungen:

 

Parallel zum Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 254 hat der Rat am 19.09.2012 beschlossen:

„Aus Gründen der Nachhaltigkeit soll im weiteren Verfahren ein Energieversorgungskonzept erstellt werden. Hier ist insbesondere auf alternative Energien Wert zu legen. Es ist die Errichtung von Gebäuden mit einer hohen Energieeffizienz (Niedrig-Energie-Häuser/ Passiv- Häuser/ Plus-Energie-Häuser) anzustreben.“

Daher wurde das Büro GERTEC GmbH, Essen 2013 beauftragt, parallel zur Aufstellung des Bebauungsplans ein Energieversorgungskonzept zu erstellen. In dem Konzept wurde untersucht, welche effizienten Energieversorgungssysteme im Plangebiet unter wirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten eingesetzt werden könnten. Dies betrifft sowohl den Gebäudeenergiebedarf, als auch die Anforderungen an die Energieversorgung und den Einsatz regenerativer Energien. Ferner wurden Vorschläge zur Realisation der in diesem Zusammenhang sinnvollen Systeme gemacht. Das Gutachten wurde mit intensiver Beteiligung der Stadtwerke Hilden GmbH erarbeitet.

Im Folgenden werden die Untersuchungsgegenstände und Ergebnisse des Gutachtens kurzgefasst dargestellt:

In dem Gutachten wurde eine Wirtschaftlichkeitsberechnung (Berechnungsverfahren der Vollkostenrechnung) für die baulichen Mehrkosten für hochwertige energiesparende Neubaustandards und für den Betrieb erstellt. Dieser Berechnung wurden zugrunde gelegt:

·        die aktuellen Energiepreise (Stadtwerke Hilden) sowie

·        Hochpreisszenarien für die entsprechenden Energietarife

·        die Förderung durch Zuschüsse der Kreditanstalt für Wiederaufbau (nach aktueller Verfügbarkeit).

Abschließend wurden die Primärenergie- und die CO2-Bilanz dargestellt. Im Gutachten wurden Neubaustandards nach

·        der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2009,

·        der während der Erstellung des Gutachtens in Vorbereitung befindlichen „EnEV 2016“ (Verschärfung der energetischen Anforderungen bei Neubauten um ca. 20-25 % gegenüber der EnEV 2009)

·        Passivhausstandard

einander gegenübergestellt.

 

Seit dem 1. Mai 2014 gilt die Energieeinsparverordnung EnEV 2014. Zu den wichtigsten Änderungen gegenüber der EnEV 2009 zählen:

·        Verschärfung der Anforderungen an den Primärenergiebedarf von Neubauten in einer Stufe um 25 %, ab dem 1. Januar 2016.

·        Verschärfung der Anforderung im Neubau an die Mindestqualität der Gebäudehülle um durchschnittlich 20 % ab dem 1. Januar 2016.

Der im Folgenden „EnEV 2014“ genannte gesetzliche Standard entspricht damit dem Standard „EnEV 2016“ aus dem Energiekonzept.

 

Im Gutachten untersuchte Neubaustandards:

EnEV 2009 und EnEV 2014

Die Energieeinsparverordnung (EnEV) berücksichtigt sowohl Bauteile als auch Heizsysteme. Zusätzlich gibt das Erneuerbare EnergienWärmegesetz (EEWärmeG) vor, dass bei Neubauten bestimmte Anteile der Wärme aus erneuerbaren Energien bereitgestellt werden müssen. Da in einem Gebäude nach EnEV 2014 das EEWärmeG ohne weitere Maßnahmen erfüllt wird, ist kein Einsatz erneuerbarer Energien zur Wärmeerzeugung erforderlich.

Die erforderliche Wärmeleistung kann in den Gebäuden mit unterschiedlichen Heizungssystemen und Energieträgern erzeugt werden. Eine ökologisch wie wirtschaftlich tragfähige Lösung hierfür sind Nahwärme-Blockheizkraftwerke.

Passivhaus

Der überwiegende Teil des Wärmebedarfs wird im Passivhaus aus „passiven“ Quellen wie Sonneneinstrahlung, Abwärme von Personen und technischen Geräten gedeckt. Dabei ist das Passivhaus nicht auf einen bestimmten Gebäudetyp oder eine bestimmte Bauweise beschränkt. Die Technik für Passivhäuser ist inzwischen ausgereift.

Im Passivhausstandard muss eine gegenüber der EnEV 2014 bessere Gebäudedämmung eingesetzt werden. Die im Passivhausstandard zur Beheizung erforderliche Wärmeleistung kann über ein Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung (d.h. ohne Radiatoren oder Flächenheizungen) erzeugt werden. Ein Nahwärmesystem ist hier nicht sinnvoll einsetzbar, weil die Netzverluste ebenso hoch liegen, wie die an die Häuser abgegebene Nutzwärme.

Das Passivhaus erfordert Mehrkosten von

·        etwa 33% gegenüber dem Gebäudestandard EnEV 2009 und

·        etwa 19% gegenüber dem Gebäudestandard EnEV 2014.

Ein wichtiger Aspekt der Kosteneinsparung beim Passivhaus ist der Wegfall der konventionellen Wärmeverteilung (mit Flächenheizungen).

Im Gutachten untersuchte Heizsysteme (Energieerzeugung)

Die Erdgas-Brennwertheizung mit Solaranlage

Dezentrale Gas-Brennwertkessel mit solarer Warmwasserbereitung haben für die EnEV-Standards hohe Emissionen. Der höchste primärenergetische Verbrauch wird durch die Erdgasheizung in Kombination mit einer Solarkollektoranlage für die EnEV-Gebäudestandards verursacht. Für das Passivhaus ist diese Lösung jedoch ein ökologisch sinnvolles und technisch ausgereiftes System.

Elektro-Wärmepumpen mit Erdsonde (beim Passivhaus Luft mit Erdwärmetauscher)

haben für den EnEV-Standard aufgrund des Energieträgers Strom hohe Emissionen, für den Passivhausstandard jedoch sehr niedrige Emissionswerte. Auch in Bezug auf die Primärenergiebilanz hat die Elektro-Wärmepumpe für die EnEV-Dämmstandards eine sehr geringe Belastung, ist jedoch teurer, als eine Lösung mit Gas-Brennwertkessel und Solaranlage.

Die Holzpelletheizung als dezentrale Heizung sowie als Nahwärmelösung mit Holzpellet-Blockheizkraftwerk (BHKW mit/ ohne Erdgaskessel für Spitzenlasten)

produziert Wärmeenergie mit einer sehr guten CO2-Bilanz. Auch in Bezug auf die Primärenergiebilanz haben die Holzpelletvarianten für die EnEV-Dämmstandards eine sehr geringe Belastung.

Dezentrale Holzpelletheizungen erfordern relativ viel Platz im Keller für Anlage und Brennstofflagerung und benötigen einen höheren Bedienungsaufwand als zum Beispiel Gas. Feststoffheizungen sind anfälliger gegenüber Störungen, als Gasheizungen. Für eine zentrale Holzpelletheizung ist ein Heizwerk erforderlich. Dieses könnte im Keller eines Mehrfamilienhauses oder in einem eigenen Gebäude untergebracht werden.

Die Holzpelletsysteme produzieren jedoch einen hohen Feinstaubanteil. In einem städtisch verdichteten Siedlungsraum wie Hilden, der zudem durch mehrere Autobahnen sowie Durchfahrtstraßen belastet ist, sollte eine Erhöhung der durch den Straßenverkehr bestehenden Feinstaub-Grundbelastung durch Holzpellet-Heizungsanlagen grundsätzlich vermieden werden (hohe Belastungsschwerpunkte aufgrund A3, A46 und A59 = 270.000 Kfz/d sowie Richrather Straße und B228 = 42.750 Kfz/d).

Das Blockheizkraftwerk BHKW (Nahwärme) mit Erdgas
erzeugt niedrige Emissionen in der CO2-Bilanz. Es erfordert eine Heizzentrale in einem eigenen Gebäude oder im Keller eines Mehrfamilienhauses. Hier muss auf gute Schalldämmung zugunsten der im gleichen Gebäude befindlichen Wohn- und Schlafräume geachtet werden. Das System ist wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll für Gebäude nach EnEV 2009- sowie nach EnEV 2014- Standard. Für Passivhäuser ist es jedoch wirtschaftlich und ökologisch nicht sinnvoll.

Fazit des Energiekonzeptes

In der Gesamtbewertung stellt das Gutachten in Bezug auf die Kosten fest, dass alle untersuchten Kombinationen von Gebäudestandards und Heizsystemen zumutbar sind und daher die Vermarktbarkeit nicht beeinträchtigen dürften. Die Mehrkosten im Bau werden bei den höheren Gebäudestandards im Wesentlichen durch Energieeinsparungen kompensiert.

Fazit der wirtschaftlichen Bewertung der Gutachter ist, dass das Kriterium der Jahreskosten nicht aussagekräftig genug ist, da es

·        keine extremen Abweichungen der untersuchten Varianten gibt und

·        Mehrkosten für bessere Standards durch Energieeinsparungen kompensiert werden, so dass nur geringe Unterschiede auftreten.

Daher sollte nach Ansicht der Gutachter das Kriterium der CO2-Emissionen maßgeblich für die Entscheidungsfindung über die Energieversorgung sein. Die folgenden drei Varianten erzeugen mit jeweils deutlich unter 9 kg/m²*a geringe CO2-Emissionen:

In den Gebäuden nach EnEV-Standard

·        sind Holzpellets ökologisch am vorteilhaftesten, werden aber aufgrund der zusätzlichen Feinstaubbelastung nicht empfohlen.

·        ist auch die zentrale BHKW-Nahwärmeversorgung ökologisch vorteilhaft und wird daher empfohlen.

In den Gebäuden nach Passivhaus-Standard

·         ist die dezentrale Wärmeversorgung mittels Erdgas-BW-Kessel und Solarthermie empfehlenswert.

 

Die Entscheidung, welcher bauliche Standard entstehen soll und wie die Grundstücke mit Energie zu versorgen sind, hat unmittelbare Auswirkung auf die Vermarktung:

 

Eine Nahwärmeversorgung ist wirtschaftlich zu betreiben, wenn das Neubaugebiet gleichbleibend mit nahezu 100% angeschlossen wird. Das ist nur über eine privatrechtliche Vereinbarung im Grundstückskaufvertrag sicher zu stellen. Wenn eine Heizzentrale mit Nahwärmesystem mit BHKW gebaut werden soll, sind weitere Vorarbeiten erforderlich:

·         Die Nahwärmeversorgung sollte durch einen Konzessionsnehmer (Contractor, z.B. Stadtwerke Hilden) sichergestellt werden.

·         Es muss ein Projektplan unter Berücksichtigung der Bebauung des Plangebiets, der Ausschreibung und Vergabe der Konzession sowie der Errichtung und Inbetriebnahme der Nahwärmeversorgung erstellt werden. Da die Bebauung der Grundstücke - je nach Beschluss über das Vermarktungskonzept - sich von 2015 bis 2018/20 hinziehen wird, ist entweder das BHKW-Heizwerk als erste Investition im Auftrag der Stadt zu errichten oder es sind aufwändige Zwischenlösungen / Provisorien zu schaffen.

·         Die Nahwärmelösung muss gut kommuniziert werden.

·         Die Nahwärmeleitungen sollten im öffentlichen Straßenraum verlegt werden.

Wenn das Plangebiet im Passivhausstandard bebaut wird und die Versorgung der Gebäude mit individuellen Lösungen (z.B. Erdgas-Brennwertheizungen und Solarkollektoren) erfolgt, entfallen diese Erfordernisse sowie der hiermit verbundene zeitliche Aufwand, der der Vermarktung vorausgehen würde. Zudem ist keine privatrechtliche Verpflichtung zu einem „Anschlusszwang“ gegeben.

Empfehlung

Die Verwaltung empfiehlt, die Käufer privatrechtlich auf den Passivhausstandard in Verbindung mit einer Sicherstellung der individuellen Energieerzeugung (z.B. mit individuellen Erdgas-Brennwertheizungen und Solarthermie) zu verpflichten. Hierdurch

  1. ist die Einrichtung eines Blockheizkraftwerks verzichtbar, welche nur mit (dauerhaftem) Anschlusszwang wirtschaftlich zu errichten und zu betreiben ist - auch ein gleichzeitiger Betrieb von Solaranlagen oder sonstigen Anlagen mit Nutzung regenerativer Energien könnte hier Probleme bereiten.
  2. werden Kosten in der Errichtung vermieden (im Mehrfamilienhaus oder Grundstück und eigenes Gebäude)
  3. werden ggf. zu befürchtende Abrechnungsprobleme im Betrieb der Anlage vermieden.
  4. muss der Käufer nicht mit einem Anschlusszwang für ein Nahwärmesystem belegt und
  5. kann gleichzeitig die Versorgung durch Holzpellet-Heizungen aufgrund ihrer hohen Feinstaubbelastung vermieden werden.
  6. kann die baldige Vermarktbarkeit der Grundstücke gewährleistet werden.

In der Sitzungsvorlage zur Beratung des Energieversorgungskonzepts wird der heutige Kenntnisstand der Verwaltung erläutert. Wenn trotz der Empfehlung zur Passivhaus-Variante seitens des Rates gewünscht wird, eine Nahwärmeversorgung intensiver zu untersuchen, verzögert sich die Vermarktung durch die erforderlichen Untersuchungen und Konzepte entsprechend.

 

gez.
Birgit Alkenings


 

Finanzielle Auswirkungen  

 

Finanzielle Auswirkungen (ja/nein)

ja

Produktnummer / -bezeichnung

?

 

Investitions-Nr./ -bezeichnung:

 

 

Haushaltsjahr:

2015

Pflichtaufgabe oder

freiwillige Leistung/Maßnahme

Pflicht-

aufgabe

x

(hier ankreuzen)

freiwillige

Leistung

 

(hier ankreuzen)

 

 

Die Mittel stehen in folgender Höhe zur Verfügung:

Kostenträger

Bezeichnung

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Mehrbedarf besteht in folgender Höhe:

Kostenträger

Bezeichnung

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Deckung ist gewährleistet durch:

Kostenträger

Bezeichnung

Konto

Bezeichnung

Betrag €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stehen für den o. a. Zweck Mittel aus entsprechenden Programmen des Landes, Bundes oder der EU zur Verfügung? (ja/nein)

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Freiwillige wiederkehrende Maßnahmen sind auf drei Jahre befristet.

Die Befristung endet am: (Monat/Jahr)

 

 

Wurde die Zuschussgewährung Dritter durch den Antragsteller geprüft – siehe SV?

ja

 

(hier ankreuzen)

nein

 

(hier ankreuzen)

Finanzierung:

Sollte trotz der Empfehlung der Verwaltung zur Passivhaus-Variante seitens des Rates gewünscht wird, eine Nahwärmeversorgung intensiver zu untersuchen, sind Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen, um die weiteren Untersuchungen beauftragen zu können.
Weiterhin sind bei Umsetzung einer Nahwärmeversorgung Haushaltsmittel für den Bau der Anlage bereitzustellen, wenn eine Einzelvermarktung angestrebt wird.

Die Höhe der notwendigen Haushaltsmittel – auch für die Konzeptionsphase – kann aus heutiger Sicht nicht geschätzt werden.

Vermerk Kämmerer

 

Gesehen Klausgrete