Betreff
Personalaustausch mit der Provinzregierung Guizhou/VR China - Weiterführung des Austauschs
Vorlage
WP 04-09 SV 01/044
Aktenzeichen
Team 01-Mx
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

 

Der Rat der Stadt Hilden beschließt, den am 27.11.2003 mit der Provinz Guizhou/VR China geschlossenen Vertrag über einen regelmäßigen Personalaustausch fortzuführen.

 

Den dafür erforderlichen Mitteln von 21.000,-- Euro (siehe Anlage 1) stehen nach jetziger Kenntnis Fördermittel der gGmbH inWent in Höhe von 11.000,-- Euro gegenüber. Die verbleibenden 10.000 Euro werden im Haushalt 2006 bereitgestellt.

 

 

 


 

Erläuterungen und Begründungen:

Am 27. November 2003 wurde zwischen Vertretern der Provinzregierung Guizhou/VR China und der Stadt Hilden eine Vereinbarung über den Personalaustausch im Bereich öffentlicher Verwaltung und der lokalen Wirtschaft geschlossen.

 

Der Kontakt zur Provinzregierung Guizhou konnte entwickelt werden, da die Stadt Hilden bereits seit 1991 für führendes chinesisches Verwaltungspersonal Vorträge zu unterschiedlichen Bereichen der öffentlichen Verwaltung gegeben hatte. Die Delegationen erhielten von hiesigen Verwaltungsfachkräften Informationen zur Organisationsstruktur der Kommunalverwaltung, Personalmanagement, Arbeitsrecht, Haushaltsrecht und Berichte aus Verwaltungspraxis und lokaler Wirtschaft. Den Kontakt der Delegationen zur Stadt Hilden hatte der Leiter des Institutes für öffentliche Verwaltung hergestellt.

 

Aufgrund der geschlossenen Vereinbarung über den Personalaustausch kam es im Jahr 2004 erstmalig zum Besuch von Fachpersonal aus der Provinz Guizhou in Hilden. Für einen Zeitraum von annähernd drei Monaten absolvierten zwei Mitarbeiter der Provinzregierung Guizhou und eine Mitarbeiterin der Stadtverwaltung Guiyang (Hauptstadt der Provinz Guizhou) sehr erfolgreich ein Praktikum bei der Stadtverwaltung Hilden.

 

Hierbei lernte das Fachpersonal die Aufgaben der einzelnen Dezernate und Ämter aber auch die Aufgaben z. B. des Personalratsvorsitzenden und der Gleichstellungsbeauftragten kennen. In diesem Zusammenhang erhielten sie Informationen zu Gesetzesgrundlagen für das kommunale Handeln und den Staatsaufbau. Die chinesische Besuchsdelegation lernte ebenfalls verschiedene Gremien und Parlamente kennen. Hierzu besuchten sie das Europäische Parlament in Brüssel, den Bundestag in Berlin, den Landtag in Düsseldorf sowie natürlich den Rat der Stadt Hilden. Es fanden im Einzelnen jeweils Fachvorträge und –gespräche statt. Weitere Themenbereiche wie z. B. öffentliche Sicherheit und Katastrophenschutz wurden in Gesprächen mit der Polizeistation Hilden und dem Landrat des Kreises Mettmann erörtert. Informationsveranstaltungen fanden auch bei der Industrie- und Handelskammer in Düsseldorf, dem Wirtschaftsförderungsamt in Düsseldorf und bei Hildener Unternehmen statt. An dem  Besuchsprogramm beteiligten sich z. B. die Stadtwerke Hilden GmbH, die Firma Royal Appliances, die Firma der Kluth, die Firma Wielpütz GmbH & Co und die Bäckerei Schüren. Kulturveranstaltungen und traditionelle Veranstaltungen wie das Hoppedizerwachen oder St. Martin rundeten das Austauschprogramm ab.

 

Bei der Vorbereitung des Austauschprogrammes und auch bei dessen Durchführung stellten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer wieder fest, dass das Interesse an der fremden Kultur groß ist und dass trotz der Sprachbarriere (es wurde allerdings nur zeitweise ein Dolmetscher eingesetzt)  alle Terminanfragen gern bestätigt wurden. Das Austauschpersonal hat durch sein aufgeschlossenes, hoch interessiertes, qualifiziertes, sehr freundliches und zuvorkommende Wesen einen überaus positiven Eindruck seiner eigenen Kultur vermittelt. Die Partnerseite nimmt das Austauschprogramm sehr ernst. Für die chinesischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bedeutete eine Teilnahme an diesem Austausch im Vorfeld monatelange intensive sprachliche Vorbereitung (englisch). Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben für sich damit an einem Weiterbildungsprogramm teilgenommen, dass ihnen in ihrer Heimat weitere Berufsaufstiegschancen gewährt.

 

Die Zusammenarbeit war für beide Seiten sehr lehr- und erfolgreich und führte dazu, wechselseitige Kenntnisse und das Verständnis weiter auszubauen. Eine Übersetzung des von der Delegation für InWent gefertigten Berichtes ist beigefügt (Anlage 2).

 

Die Entscheidung über die weitere Fortführung des Personalaustausches und die Gewährung der beantragten Mittel steht nun an. Eine Anfrage für den nächsten Besuch liegt bereits vor. Die Chance, die einmal aufgebauten Kontakte zur chinesischen Provinzregierung weiter zu festigen, sollte unbedingt genutzt werden.

 

Um die in der Vereinbarung genannten Ziele des Erfahrungsaustausches und der Kompetenzsteigerung auf beiden Seiten zu erreichen, ist eine kontinuierliche auf kleinen Schritten basierende, sich entwickelnde, verlässliche Zusammenarbeit erforderlich.

 

Viele Dinge lassen sich nicht „mit der Brechstange“ regeln, sondern erfordern viel Diplomatie und Feingefühl, um zum Erfolg zu führen. Gerade aus diesem Grund, sollten wir ein verlässlicher Partner sein und den aufgebauten Kontakt weiterentwickeln. Für uns ergibt sich der Nutzen, eigene wertvolle und wichtige Erfahrungen für kommende Entwicklungen zu sammeln, Unterschiede verstehen zu lernen und Bedenken und Ängsten die z. B. durch die sich schnell entwickelnde wirtschaftliche Machtposition der VR entstehen könnten, entgegenzuwirken.

 

Natürlich gibt es Bedenken in Bezug auf die Menschenrechtsverletzungen in der VR China. Dieser wichtige Punkt kann jedoch schwerlich auf kommunaler Ebene abschließend diskutiert und konstruktiv bewältigt werden. Das Problem wird von verschiedenen anderen Organisationen und Behörden thematisiert (Vereinten Nationen, Amnesty International). Dennoch wurden die menschenrechtlichen Fragestellungen im privaten Gesprächen behandelt.

 

Ziel ist es, für vergleichbare Probleme gemeinsame lokale Lösungen zu finden, Erfahrungen auszutauschen und die eigenen Gewohnheiten kritisch zu reflektieren. Deshalb muss es das Ziel eine Kommunalverwaltung sein, ihre Erfahrungen interessierten Menschen weiterzugeben. Eine Kommune kann die Chance ergreifen, ihre Lokalpolitik, ihre Wertebasis, ihre Kultur und ihre Traditionen einem andern Volk näher zu bringen. Der Austausch praktizierter Lösungsmodelle ist ebenfalls eines der wesentlichen Bestandteile kommunaler internationaler Beziehungen.

 

Hiervon profitieren nicht nur unsere Partner, sondern auch wir. Durch die intensive Auseinandersetzung mit einer fremden Kultur wird interkulturelle Kompetenz gebildet und gestärkt. Die Beteiligten lernen, mit kultureller Fremdheit umzugehen und mit Menschen fremder Kultur erfolgreich zu kommunizieren und zu interagieren.

 

Ob es weitere Austausche geben wird oder nicht, ist nun von der Zustimmung des Rates abhängig.

 

China ist bereits eine Weltwirtschaftsmacht, trotzdem gilt es derzeit immer noch als Entwicklungsland. Insbesondere die Provinz Guizhou gehört zu den am wenigsten entwickelten Provinzen des Landes. Aus Gesprächen mit unserem Ansprechpartner in Deutschland, Herrn Zuo wissen wir, dass z. B. die Standards in den Krankenhäuser stark verbessert werden müssen. Ebenso bestehen Überlegungen, ein privates Krankenversicherungssystem einzuführen. Dies sind Themen, die bei einem nächsten Besuch von Austauschpersonal in Deutschland intensiv behandelt werden könnten. Im Gegenzug möchten wir natürlich versuchen, über die guten Kontakte zur Provinzregierung Verbindungen zur chinesischen Wirtschaft zu knüpfen und so die Grundlage für Geschäftsbeziehungen örtlicher Unternehmen schaffen.

 

Im Folgenden sind einige Ausschnitte aus Berichten und Interviews aus unterschiedlichen Quellen zusammengestellt, die die Aktualität dieses Themas verdeutlichen sollen, es von unterschiedlichen Seiten zeigen und möglichst zu einer positiven Entscheidungsfindung beitragen sollen.

 

„Der Spiegel“ 8/05:

„Was mit der wirtschaftlichen Öffnung des Landes unter dem Reformer Deng Xiaoping in den siebziger Jahren begann hat mittlerweile eine Dynamik entwickelt, die unaufhaltsam scheint: Seit 25 Jahren wächst die chinesische Wirtschaft Jahr für Jahr durchschnittlich um rund neun Prozent. Immer wieder warnen Skeptiker, das Tempo sei nicht durchzuhalten, ein Rückschlag unvermeidlich – bisher haben sie sich stets geirrt. Es ist für die meisten Experten nur noch eine Frage der Zeit, bis die chinesische Volkswirtschaft an der amerikanischen vorbeizieht. Manche Ökonomen schätzen, dass es schon in 20 Jahren so weit ist, andere erwarten Chinas Aufstieg zur Wirtschaftsmacht Nr. 1 erst in 40 Jahren. Nur eine Minderheit aber hält diese Vision für unwahrscheinlich. Fasziniert und zunehmend irritiert beobachtete die Welt – und vor allem Amerika – den ökonomischen Durchmarsch der Chinesen an die Weltspitze. Dem Staunen folgte Respekt. Nun kommt die Angst.

 

„Länderbericht China“, Sonderausgabe für die Landeszentrale für politische Bildung 2000:

„Aufgrund seiner Bevölkerungszahl von 1,3 Milliarden Menschen, aber auch aufgrund der politischen Öffnung und der beachtlichen wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen  Entwicklung der letzten zwanzig Jahre hat die Volksrepublik ein Gewicht erlangt, dem nicht nur Asien, sondern auch Europa und Amerika Bedeutung beimessen müssen. Politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in China haben heute globale Auswirkungen. Welche Politik China hinsichtlich so brennender Probleme wie Bevölkerungswachstum, Migration, Umweltschutz oder Globalisierung der Wirtschaft verfolgt, kann der übrigen Welt nicht gleichgültig sein. Lösungsvorschläge, die der Westen gern und häufig bereithält, beruhen oft auf Unkenntnis der konkreten Verhältnisse in dem ostasiatischen Land, das vielfach in Extremen bewertet wird – entweder als Faszinosum oder als armes Entwicklungsland mit einem die Menschenwürde verachtenden politischen System. Stattdessen sollten die tatsächlichen Probleme Chinas aufgezeigt und die Fortschritte gewürdigt werden, die China insbesondere in den beiden vergangenen Jahrzehnten in Bezug auf die Verbesserung der Lebensumstände der Bevölkerung erzielt hat“.

 

InWent Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH: Partner in alle Richtungen – Gewinn und Nutzen kommunaler Partnerschaften in der Einen-Welt – Praxisleitfaden, Oktober 2004:  Auszüge aus dem Vorwort OBG Petra Roth, Frankfurt:

„Der partnerschaftliche Austausch zwischen Kommunen und der Zusammenschluss haben in Deutschland eine lange Tradition. Die Bedeutung der Kommunen in der internationalen Kooperation und die Gestaltung zukunftsfähiger Entwicklungspolitik steigen, was sich in der Vielzahl internationaler Aktivitäten zeigt. Unablässig wird in der internationalen kommunalen Entwicklungszusammenarbeit darauf hingewirkt, kommunale Interessen in der entwicklungspolitischen Aktivität der Vereinten Nationen zu berücksichtigen. Damit wird der Gedanke der kommunalen Selbstverwaltung ein Aspekt einer nachhaltigen Entwicklungspolitik.

 

Der Deutsche Städtetag setzt sich für diese Entwicklung ein. Im April 2004 ermutigte sein Präsidium in einem Beschluss die Mitglieder, im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen Beitrag zur Gestaltung der globalen Entwicklung  zu leisten. Der Deutsche Städtetag selbst ist in die Arbeit des vor wenigen Wochen neu gegründeten kommunalen Weltverbandes in die internationale Kooperation eingebunden“.

 

InWent Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH: Partner in alle Richtungen – Gewinn und Nutzen kommunaler Partnerschaften in der Einen-Welt – Praxisleitfaden, Oktober 2004:  Geleitworte – Gunther Hilliges, Leiter des Landesamtes für Entwicklungszusammenarbeit:

„Das Entwicklungspotenzial der Kommunen wird weltweit, aber auch in Deutschland nur ansatzweise genutzt. Wo sich zentrale, regionale und lokale Aktivitäten synergetisch für den Nachhaltigkeitsprozess im eigenen Land, aber auch international einsetzen, können Entwicklungsreserven ohne Mehrkosten mobilisiert werden. Angesichts der dramatisch wachsenden Armuts- und Umweltprobleme darf auf diese Beiträge nicht länger verzichtet werden.

 

„…Kommunale Partnerschaften für Entwicklung bieten konkrete Möglichkeiten, internationale Verantwortung und Solidarität vor Ort praktisch zu gestalten und zu erfahren. Den weit verbreiteten Ohnmachtgefühlen, Unsicherheiten und oft auch Ängsten kann durch positive Erfahrungen und Zusammenarbeit an gemeinsamen Aufgaben der Kommunen in der Einen Welt am besten begegnet werden“.

 

„Wirtschaftsblatt“ 3/05:

„Gerade beim Einstieg in fernöstliche Märkte ist eine gründliche Vorbereitung unerlässlich. Dazu gehört, sich vor Ort ein umfassendes Bild der Situation zu machen und erste Kontakte zu knüpfen“.

 

Die aufgeführten Informationen unterstreichen die Wichtigkeit auch unseres Personalaustausches. Der Rat wird um positive Beschlussfassung gebeten.

 

 

 

Günter Scheib

 

 



 

Finanzielle Auswirkungen

Ja

 

Haushaltstelle:

0000.5709                             

Bezeichnung:

Internationaler Austausch

Kosten 21.000,-- Euro           

 

Folgekosten                           

vorgesehen im

 

 

Haushaltsjahr  2006

 

 

Mittel stehen zur Verfügung nein

Finanzierung:

Zuschuss inWent 11.000,-- Euro, Rest Stadt Hilden.

Sichtvermerk Kämmerer