Betreff
Anregung gem. §24 GO NRW:
Flächennutzungsplanänderungen und Bebauungspläne ruhend stellen
Vorlage
WP 09-14 SV 61/218
Aktenzeichen
IV/61.1 Groll_STEP
Art
Anregung/Beschwerde nach § 24 GO NRW

Begründung:

 

Der aktuelle FNP ist seit dem Jahr 1993 und damit seit 20 Jahren rechtskräftig. Laut Gesetz soll spätestens alle 15 Jahre eine Überprüfung erfolgen. Dies ist auch Inhalt des Grundsatzbeschlusses des Stadtrates aus dem Jahr 2006. Es gibt bereits jetzt mindestens 51 rechtskräftige bzw. noch in Bearbeitung befindliche Änderungsverfahren.

 

Da laut eigenen Angaben der Verwaltung das Personal fehlt, um den FNP zu bearbeiten, ist es auch aus diesem Grund dringend erforderlich, die jetzt noch nicht fertigen Bebauungspläne, soweit durch diese eine Ausweitung von Baurecht bewirkt würde, ruhen zu lassen, bis der übergeordnete und rechtliche verpflichtende und durch den Rat beschlossene Auftrag der „Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes“ abgearbeitet ist.

 

Viele Bürger wehren sich nicht mehr nur in ihrer unmittelbaren Umgebung, sondern stadtweit gegen weitere Verdichtungen ihrer Heimatstadt. Damit die längst überfällige Diskussion auf der dazu gesetzlich vorgesehenen Ebene geführt werden kann, ist die Neuaufstellung des FNP die richtige, geeignete und wichtige Plattform.

 

Hilden ist jetzt schon die dichtest besiedelte Stadt im dichtest besiedelten Kreis in NRW. Mit jeder Fläche, die im Innenbereich noch zugebaut wird, wächst auch der Innendruck und auch der Druck auf die Außenbereiche. Wenn z.B. dann doch wieder für eine öffentliche Aufgabe eine Fläche benötigt wird, z.B. VHS, (Sonder-)Schule oder etwas anderes, wird es sich als Fehler  erweisen, alle kurzfristig nicht benutzten Schulgebäude abgerissen zu haben.

 

Eine Flächennutzungsplanung mit breiter Bürgerbeteiligung bietet für Hilden die Chance einer gemeinschaftlichen Zukunftsperspektive. Damit kann sich Hilden von den hochversiegelten Ballungskernen abheben, wenn man den noch bestehenden grünen Standortvorteil ernst nimmt.

Jetzt wollen die Menschen in Hilden wohnen, weil es noch grüne Flecken gibt. Wenn alles zugebaut ist, ziehen besonders die vielumworbenen jungen Familien weg und es stehen Häuser und Wohnungen leer.

 

Laut Mikrozensus wohnten im Jahr 2011 54.390 Einwohner in Hilden, damit etwa 1.100 weniger als gedacht.

 

Dafür gab es 28.838 Wohnungen, 360 mehr als gedacht, und mehr als 500 Wohnungen standen leer. Auch diese aktuellen Entwicklungen müssen in der Diskussion um die Neuaufstellung des FNP berücksichtigt werden.


Antragstext:

 

Der Rat der Stadt Hilden möge beschließen,

 

dass die zum Zeitpunkt dieses Bürgerantrages anhängigen Flächennutzungsplanänderungen und Bebauungspläne, soweit damit eine Ausweitung von Baurecht bewirkt würde, ruhend gestellt werden, bis der in Neuaufstellung befindliche Flächennutzungsplan (FNP) mit den Bürger/innen unserer Stadt diskutiert und rechtskräftig beschlossen ist.


Stellungnahme der Verwaltung:

 

Der Stadtentwicklungsausschuss hat in seiner Sitzung am 18.09.2013 die erste Version des vorliegenden Antrages diskutiert. Die Verwaltung hat hierzu die Sitzungsvorlage WP 09-14 SV 61/211 erstellt.

Der Stadtentwicklungsausschuss hat den Antrag damals mehrheitlich abgelehnt, daraufhin ist der Antrag vor einer abschließenden Kenntnisnahme durch den Haupt- und Finanzausschuss am 02.10.2013 durch die Antragsteller zurückgezogen worden.

Es wird hierzu auf die Anlagen verwiesen.

 

Gleichzeitig haben die Antragsteller einen „neuen“ Antrag gestellt. Es handelt sich um den Ursprungsantrag, der allerdings in seinem Text etwas verändert wurde:

 

In den Beschlussvorschlag der Antragsteller wurde der Halbsatz „soweit damit eine Ausweitung von Baurecht bewirkt würde“ eingefügt. Ebenso wurde dieser Text in die Antragsbegründung eingefügt (siehe Anlage 1).

 

Auf die Stellungnahme der Verwaltung kann dieser neu eingefügte Text jedoch keine Auswirkungen haben, so dass im Wesentlichen die Ausführungen in der Sitzungsvorlage SV 61/211 aufrechterhalten werden können (siehe Anlage 2).

 

Ergänzend wird folgendes ausgeführt:

 

+       Der Ausdruck „Ausweitung des Baurechts“ ist zunächst unbestimmt. Im Sinne der Antragsteller wird hier davon ausgegangen, dass solche Bauleitplan-Verfahren gemeint sind, die zusätzliche Wohnbauflächen zum Ziel haben (neue Gewerbeflächen sind derzeit nicht in Planung).
Nach dem aktuellen Bericht über den Stand der Bauleitplan-Verfahren (STEA 18.09.2013) fallen folgende Verfahren unter die o.g. Kategorie:

          -    Bebauungsplan Nr. 73A, 6.Änderung für den Bereich Hochdahler Str./ Mittelstraße/Mühlenstr. (Reichshof)

          -    Bebauungsplan Nr. 151A (An den Linden/Ohligser Weg/Kirschenweg)

          -    Bebauungsplan Nr. 165A (Walder Straße/ Kirchhofstraße)

          -    Bebauungsplan Nr. 225 (Zeissweg/Eichenstraße)

          -    Bebauungsplan Nr. 254 (Kunibertstr./Lindenstr./Am Wiedenhof – Gelände Albert-Schweitzer-Schule)

          -    Bebauungsplan Nr. 255 (Karnaper Str./Schürmannstr./Diesterwegstr.)

          -    46. Änderung des Flächennutzungsplanes (Kunibertstr./Lindenstr./Am Wiedenhof).

 

          Alle Verfahren beschäftigen sich mit Flächen für den Wohnungsbau; ein „Ruhendstellen“ mit unkalkulierbaren Zeithorizont würde den Druck auf „Baulücken“, untergenutzte Grundstücke, Hinterland-Grundstücke und noch nicht komplett ausgenutzte Bebauungsplangebiete weiter erhöhen, die Grundstückspreise weiter steigen lassen und die Wohnungsmarktsituation zunehmend problematischer gestalten.

 

+       Für einige der o.g. Verfahren gibt es Zwangspunkte. Für den Bebauungsplan Nr. 225 Zeissweg etwa gilt eine Veränderungssperre, die erst im September 2013 vom Rat beschlossen wurde. Hier muss das Planverfahren weiter betrieben werden, um bestimmte planerische Inhalte auch gegenüber Dritten zu sichern.
Die 46. Änderung des Flächennutzungsplanes steht zum Beschluss an (siehe Sitzungsvorlage in der gleichen Sitzung des StEA), gleiches gilt für den Bebauungsplan Nr. 254. Hier nach einer Planungsphase von fast vier Jahren das Verfahren zu stoppen, ist angesichts des enormen finanziellen und planerischen Aufwandes, der bisher betrieben wurde, kaum nachvollziehbar und nicht zu vermitteln.

 

+       Es sei nochmals daran erinnert, dass die o.g. Verfahren nicht von anonymen Bauträgern oder der Verwaltung ohne jegliche Beteiligung und ohne Rechtsgrundlage betrieben werden. Vielmehr sind mit allen Verfahren entsprechende verfahrensbegleitende Beschlüsse der zuständigen parlamentarischen Gremien (Rat, Fachausschuss) einhergegangen, den Vorgaben des Baugesetzbuches wurde in jeder Hinsicht (etwa was die Öffentlichkeitsbeteiligung oder die Erstellung von Fachgutachten angeht) Genüge getan.

 

+       Damit ist inhaltlich immer verbunden, dass es auch in verdichteten Siedlungsbereichen ein Mindestmaß an Durchgrünung gibt. Diese Durchgrünung ist im Interesse der in Hilden einzig möglichen Innenentwicklung unverzichtbar, um gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu gewährleisten. Das Beispiel der Stadt Hilden zeigt, dass es möglich ist, eine hohe Bevölkerungsdichte mit hoher Lebensqualität zu verbinden.

 

+       Überhaupt ist die im Antrag formulierte Aussage, Hilden sei „die am dichtesten besiedelte Stadt im am dichtesten besiedelten Kreis in NRW“, zwar auf der einen Seite rechnerisch richtig, auf der anderen Seite jedoch relativ aussageschwach. Wie schon ausgeführt, besteht kein Sachzusammenhang zwischen Bevölkerungsdichte und Lebensqualität. Es gibt Städte mit wesentlich höherer Bevölkerungsdichte und trotzdem hoher Lebensqualität und gleichzeitig andere Städte mit geringer Bevölkerungsdichte und dennoch geringer Lebensqualität. Auch die entgegengesetzten Konstellationen finden sich. Dazu kommt, dass sich andere Ergebnisse einstellen, wenn man die Grundlagen der Berechnungen ändert.

          Nimmt man nicht mehr das gesamte Stadtgebiet für die Berechnung, sondern nur noch die tatsächlich bebauten „Gebäude- und (Gebäude-) Freiflächen“ (also die Flächen, in denen die Menschen tatsächlich leben), ergibt sich ein anderes Bild. Nicht mehr Hilden ist die am dichtesten besiedelte Stadt des Kreises Mettmann, sondern die Städte Erkrath und Monheim (siehe Anlage 3).

          Mit diesem Beispiel soll die tatsächlich ja durchaus großstädtische Bevölkerungsdichte in Hilden nicht „verniedlicht“ werden. Es ist aber wichtig, darauf hinzuweisen, dass es zu planerischen Beurteilung noch zahlreiche andere Aspekte gibt, die jeweils in Bauleitplan-verfahren einfließen – in die Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes, aber auch in die bereits laufenden Planaufstellungsverfahren. Eine auf das Thema Bevölkerungsdichte gestützte Argumentation hilft dabei nicht weiter.

 

+       Besonders von Bedeutung ist die vorhandene kompakte Siedlungsstruktur für die Aspekte des Klimaschutzes, wie aus dem „Integrierten Klimaschutzkonzept für die Stadt Hilden“ (Oktober 2013) hervorgeht. Es ergeben sich darüber hinaus weitere Vorteile, etwa die i.d.R. kurzen Wege innerhalb Hildens oder der weitgehende Schutz der „grünen“ Außenbereiche der Stadt.

 

Wie schon in der Sitzungsvorlage 61/211 ausgeführt, kann die Verwaltung daher nur vorschlagen, den vorliegenden – nun leicht veränderten – Antrag erneut abzulehnen.

 

 

gez.

H. Thiele